STAATSMINISTERIUM DES INNERN Freistaat SACHSEN Der Staatsminister SÄCHSISCHES STAATSMINISTERIUM DES INNERN 01095 Dresden Präsidenten des Sächsischen Landtages Herrn Dr. Matthias Rößler Bernhard-von-Lindenau-Platz 1 01067 Dresden Aktenzeichen (bitte bei Antwort angeben) 16-0141.50/3590 Dresden, 13. März 2019 Kleine Anfrage des Abgeordneten Valentin Lippmann (BÜNDNIS 90IDIE GRÜNEN) Drs.-Nr.: 6I16722 Thema: Neonazistische Aktivitäten in Kleingärten im Jahr 2018 — Aktualisierung der Anfragen 6I14193 und 6I14534 Sehr geehrter Herr Präsident, namens und im Auftrag der Sächsischen Staatsregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkung: Der Fragesteller verwendet in der Kleinen Anfrage den Begriff „extreme Rechte". Für die Beantwortung wird insoweit auf die Vorbemerkung Ziffer l. in der Antwort der Staatsregierung auf die Große Anfrage Drs.-Nr. 5/4956 venNiesen. Frage 1: Wie viele Fälle neonazistischer Aktivitäten in sächsischen Kleingärten sind der Staatsregierung im Jahr 2018 bekannt geworden? (Bitte tabellarisch auflisten nach Landkreisen und kreisfreien Städten sowie Datum.) Frage 2: Um welche Art von Aktivität handelt es sich jeweils bei den unter 1. genannten Fällen (Treffen, Konzert, Party, Vortrag,...)‚ wie viele Personen nahmen teil und welcher rechtsextremer StrukturlPartei/Gruppe sind die Aktivitäten ggf. zuzuordnen? (Bitte in Tabelle einfügen) Frage 3: Um welche Art von Objekt (Vereinsheim, Vereinslokal, Gartengrundstück‚...) handelte es sich jeweils bei den unter 1. genannten Fällen? (Bitte in Tabelle einfügen.) Zusammenfassende Antwort auf die Fragen 1 bis 3: Hausanschrift: Sächsisches Staatsministerium des Innern WilheIm-Buck-Str. 2 01097 Dresden Telefon +49 351 564-0 Telefax +49 351 564-3199 www.smi.sachsen.de Verkehrsanbindung: Zu erreichen mit den Straßenbahnlinien 3, 6. 7. 8. 13 Besucherparkplätze: Bitte beim Empfang WilhelmBuck-Str. 2 oder 4 melden. STAATSMiNiSTERiUiVI DES iNNERN Für das Jahr 2018 sind der Staatsregierung 17 Fälle rechtsextremistischer Aktivitäten in sächsischen Kleingartenanlagen bekannt, davon einer im Landkreis Nordsachsen, acht in der Stadt Leipzig, einer im Landkreis Leipzig, einer im Landkreis Mittelsachsen, einer in der Stadt Chemnitz sowie fünf im Landkreis Zwickau. Die Veranstaltungen, bei denen es sich im Regelfall um Mitgliedertreffen, Schulungen sowie Zeitzeugenvonräge handelte, fanden überwiegend in Vereinslokalen der Kleingar‘tenanlagen statt. Von einer weiteren Beantwortung seitens der Staatsregierung wird abgesehen. Der Staatsregierung liegen Erkenntnisse im Sinne der Fragestellungen vor, deren Mitteilung übenNiegende Belange des Geheimschutzes (Art. 51 Abs. 2 Verfassung des Freistaates Sachsen [SächsVeriD entgegenstehen. Es handelt sich dabei um Informationen, die gemäß Nummer 8 in Verbindung mit der Nummer 3.3 der Ven/valtungsvorschrift der Sächsischen Staatsregierung über die Behandlung von Verschlusssachen vom 4. Januar 2008 (SächsABI. Sonderdruck Jg. 2008) als Verschiusssache eingestuft wurden. Die Einstufung erfolgte zur Sicherstellung der Funktionsfähigkeit des Landesamtes für Verfassungsschutz (LfV) Sachsen und zum Schutz nachrichtendienstlicher Zugänge. Die Informationen sind durch nachrichtendienstliche Mittel (§ 5 Abs. 1 Gesetz über den Verfassungsschutz im Freistaat Sachsen [SächsVSGD erlangt worden. Die Weitergabe dieser Informationen würde die eingesetzten Methoden der Nachrichtenbeschaffung den im Rahmen des parlamentarischen Verfahrens zu beteiligenden Personen offenbaren oder Rückschlüsse auf die Art nachrichtendienstlicher Zugänge ermöglichen und somit die Arbeitsfähigkeit des LfV Sachsen gefährden. Im Falle des Einsatzes von Personen nach § 5 Abs. 1 SächsVSG stehen zudem Rechte Dritter im Sinne von Art. 51 Abs. 2 SächsVerf entgegen. Diese Personen wären bei einer Offenlegung ihrer Identität in ihren Grundrechten auf Leben, körperliche Unversehrtheit oder Freiheit der Person gefährdet. Die Staatsregierung trifft eine Schutzpflicht gegenüber ihren nachrichtendienstlichen Personen, weshalb sie jegliche Handlungen zu unterlassen hat, die zu einer Enttarnung führen könnten. Darüber hinaus ist das Vertrauen in die Fähigkeit eines Nachrichtendienstes, die Identität seiner nachrichtendienstlichen Personen zu schützen, für seine Funktionsfähigkeit essenziell. Die Mitteilung von Erkenntnissen, die Rückschlüsse auf nachrichtendienstliche Zugänge zulassen, würde sich nachhaltig negativ auf die Fähigkeit des LfV Sach— sen auswirken, solche Zugänge zu gewinnen bzw. solche Kontakte fortzuführen. Diese teils dauerhafte Beeinträchtigung von Rechtsgütern war mit dem lnformationsinteresse des Abgeordneten abzuwägen. Die Abwägung ergab, dass dem Geheimschutz und dem Schutz der Rechte Dritter Vorrang vor dem lnformationsanspruch des Abgeordneten zukommt. Die Staatsregierung hat in die Abwägung einbezogen, ob andere Formen der Informationsübermittlung möglich sind, die das lnformationsinteresse des Parlaments unter Wahrung berechtigter Geheimhaltungsinteressen der Regierung gleichermaßen befriedigen. Mit Blick auf den im Rahmen der Beantwortung zu beteiligenden Personenkreis kam die Staatsregierung jedoch zu dem Ergebnis, dass der erforderliche Geheimschutz sowie der Schutz Dritter nur dann hinreichend gewährleistet werden können, wenn die Informationsübermittlung unterbleibt. Seite 2 von 3 Freistaat SACH SEN STAATSMINISTERIUM DES INNERN Es wird darauf hingewiesen, dass der Parlamentarischen Kontrollkommission auf deren Verlangen weitergehende Auskunft erteilt werden kann. Der Staatsregierung liegen außerdem Erkenntnisse vor, deren Mitteilung übenNiegende Belange des Datenschutzes entgegenstehen. Auskünfte über personenbezogene Daten, insbesondere Namen von Geschehensbeteiligten, unterliegen dem Schutz des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung (Art. 33 SächsVerf). Gleiches gilt für Angaben, wenn durch ihre Nennung Rückschlüsse auf Personen gezogen werden könnten. Das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung ist ein Recht Dritter im Sinne des Art. 51 Abs. 2 SächsVerf. Die Staatsregierung hat den Informationsanspruch des Fragestellers mit den Rechten Dritter am Schutz ihrer persönlichen Daten abgewogen. Die Abwägung hat in den Fällen, in denen der Staatsregierung über die in der Beantwortung enthaltenen Angaben hinaus personenbezogene Daten bekannt sind, zu dem Ergebnis geführt, dass dem Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung Vorrang zukommt, so dass die Angabe dieser Daten mit Extremismusbezug unterbleiben muss. Gerade die Unterrichtung darüber, dass bestimmte Daten im Sinne von § 2 SächsVSG über eine Person bekannt sind, betrifft einen auch in Bezug auf den öffentlichen wie nichtöffentlichen pariamentarischen Umgang besonders geschützten Daten— kreis, nämiich Daten, die Rückschlüsse auf politische Meinungen zulassen. Der Schutzgedanke hat umso nachhaltiger zu wirken, je mehr es nicht allein um eine schlichte politische Betätigung geht, sondern die betroffene Person einem extremistischen Kontext und einem bestimmten — in der Auseinandersetzung mit anderen befindlichen — Lager zugeordnet werden soll. Frage 4: Welche Erkenntnisse hat die Staatsregierung über die Anzahl von Kleingartengrundstücken die Neonazis gehören oder dauerhaft von Neonazis angemietet wurden? (Bitte tabellarisch auflisten nach Landkreisen und kreisfreien Städten.) Über die Anzahl der Immobilien (d. h. Wohnimmobilien, Geschäftsimmobilien, Kleingar— tengrundstücke etc.), die sich im Besitz (Eigentum, Nutzungsüberlassung, Miete) von Rechtsextremisten befinden, liegen der Staatsregierung keine Erkenntnisse vor. Frage 5: Welche Strategien und Gegenmaßnahmen hat die Staatsregierung bislang ergriffen um die Nutzung von Kleingartenanlagen durch Neonazis einzudämmen bzw. plant die Staatsregierung zu ergreifen? Es wird auf die Stellungnahme der Staatsregierung auf den Antrag Drs.-Nr. 6/16433 verwiesen. r undiichen Grüßen Aßfz Prof. Dr. Roland Wöller Seite 3 von 3 Freistaat SACHSEN