STAATSMINISTERIUM FÜR WISSENSCHAFT UND KUNST Freistaat SACHSEN Die Staatsministerin STAATSMINISTERIUM FÜR WISSENSCHAFT UND KUNST Postfach 10 09 20 I 01079 Dresden Präsidenten des Sächsischen Landtages Herrn Dr. Matthias Rößler Bernhard-von-Lindenau-Platz 1 01067 Dresden Aktenzeichen (bitte bei Antwort angeben) L-1053/5/43-2019/9360 Dresden, 03.2019 Kleine Anfrage des Abgeordneten Franz Sodann (DIE LINKE) Drs.-Nr.: 6/16754 Thema: 4. Sächsische Landesausstellung und NS-Geschichte Sehr geehrter Herr Präsident, namens und im Auftrag der Sächsischen Staatsregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Welchen Stellenwert nimmt die Periode des Nationalsozialis mus in der 4. Sächsischen Landesausstellung zur 500jährigen Ge schichte der Industrie in Sachsen ein? Die Periode des Nationalsozialismus nimmt in der 4. Sächsischen Landes ausstellung zur 500jährigen Geschichte einen wichtigen Platz ein. Dabei muss generell unterschieden werden zwischen der Zentralausstellung im Audi-Bau in Zwickau, die in einem allgemeinen kulturhistorischen Panorama 500 Jahre Industriekultur Revue passieren lässt, und den branchentypischen Sonderausstellungen an authentischen Schauplätzen der Industriekultur. In der Zentralausstellung der 4. Sächsischen Landesausstellung widmet sich der Abschnitt „Schockensöhne Zwickau und Sachsenstolz" der Zeit vom Vor abend des Ersten Weltkrieges bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges. Das Kapitel steht einerseits für den Aufbruch in eine moderne Konsumgesell schaft, andererseits für die ab 1933 erfolgende Usurpierung ebendieser Mo derne durch den Nationalsozialismus. Der titelgebende Schocken-Konzern und die Familie Schocken werden nicht nur als Wegbereiter eines modernen Massenkonsums gezeigt, sondern auch als Opfer der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft. Bei der 1918 erbauten Schnellzuglokomotive „Sachsenstolz" handelt es sich um eine Ikone des sächsischen Maschinenbaus. Daran anknüpfend versuchte das nationalsozi alistische sächsische Heimatwerk zwischen 1936 und 1945 sächsische Tra ditionen mit der Blut-und-Boden-ldeologie des Nationalsozialismus zu über formen. ir Zertifikat seit 2007 audft berufundfamitie Hausanschrift: Staatsministerium fOr Wissenschaft und Kunst Wigardstraße 17 01097 Dresden www.smwk.sachsen.de Verkehrsanbindung: Zu erreichen mit den Straßen bahnlinien 3, 6, 7, 8, 13 Für Besucher mit Behinderungen befinden sich gekennzeichnete Parkplätze am Hintereingang der Wigardstraße 17. Für alle Besucherparkplätze gilt: Bitte beim Pfortendienst melden. •Kein Zugang für elektronisch signierte sowie für versctilüsselte elektronische Dokumente. STAATSMINISTERIUM FÜR WISSENSCHAFT UND KUNST Freistaat SACHSEN Während in der Zentralausstellung die Periode des Nationalsozialismus und seine Ver brechen eine bedeutende Rolle spielen, wird dieser Zeitraum in den sehr viel kleineren Schauplatzausstellungen unterschiedlich stark thematisiert. Die bedeutendste Rolle spielt die Periode des Nationalsozialismus im Schauplatz Eisenbahn. Die Eisenbahn hatte größte Bedeutung sowohl im Rahmen der militärischen Kriegsführung als auch für die Deportationen von Menschen in die Konzentrations- und Vernichtungslager. Die Zeit des Nationalsozialismus ist Teil der Abteilung „Geschichte des Sächsischen Steinkoh lenbergbaus" im Rahmen der Ausstellung Kohleboom des Bergbaumuseums Oelsnitz /Erzgebirge. In einem gestalterisch hervorgehobenen Bereich wird der Zeitraum des Zweiten Weltkrieges mit Blick auf die vorangegangenen Jahre seit 1933 thematisiert. Die Sonderausstellung Maschinenboom des Industriemuseums Chemnitz verfolgt das Ver hältnis Mensch und Maschine durch alle Phasen des sächsischen Maschinebaus ab ca. 1800. Die damit verbundenen Strukturbrüche und die Nutzung von Maschinen als Kriegsmaschinen werden dabei thematisiert. Darüber hinaus sind in der Dauerausstel lung des Industriemuseums Chemnitz Kriegsproduktion und Zwangsarbeit Gegenstand der Präsentation. Das August-Horch-Museum fragt in seiner Sonderausstellung Autoboom nach der Gegenwart und Zukunft der Automobilproduktion in Sachsen. Die Periode des Nationalsozialismus mit Kriegsproduktion und Zwangsarbeitereinsatz ist in der be stehenden Dauerausstellung des August-Horch-Museums berücksichtigt. Frage 2: In welchem Umfang und in welcher Form wird die Geschichte der Indust rie während der NS-Zeit in der Landesausstellung dokumentiert und an die Opfer erinnert? In der Zentralausstellung werden anhand exemplarischer Firmen wie der Auto-Union, dem Schreibmaschinenhersteller Wanderer, der Holzbaufirma Christoph & Unmack oder der Metallwarenfabrik Krauß sowie weiteren Industriebetrieben die Verstrickungen der sächsischen Industrie im Nationalsozialismus dargestellt. Der Abschluss des Kapitels „Schockensöhne und Sachsenstolz" zeigt den Tiefpunkt der Industriekultur; Die Entwick lung Sachsens während des Zweiten Weltkrieges zur Schwerpunktregion der deutschen Rüstungsproduktion, die nur durch den menschenunwürdigen Einsatz von Zwangsarbei terinnen und Zwangsarbeitern aufrechterhalten werden konnte. Dabei verdeutlichen per sönliche Objekte von ehemaligen Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeitern des Rüs tungskonzern HASAG in Leipzig und Interviews mit überlebenden Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeitern anhand biographischer Beispiele auf eindrückliche Art und Weise die absolute Reduktion der Menschen auf ihre Arbeitskraft durch die Gewaltherrschaft des Nationalsozialismus. Eine Ausstellungseinheit zur Tötungsanstalt Pirna-Sonnenstein zeigt auf, wie die industrielle Tötung von Menschen für die Administration des National sozialismus zur Blaupause für die nachfolgende Shoah wurde. In der Schauplatzausstellung Eisenbahnboom in Chemnitz sind nach der gegenwärtigen Planung die Themen »Eisenbahn und Krieg« sowie »Eisenbahn und Holocaust« Be standteile des Abschnittes »Eisenbahn & Gesellschaft«. Dieser Abschnitt soll in zwei historischen Güterwagen auf dem Gelände präsentiert werden; einer davon gehört zur Typenreihe, die auch bei den Deportationen zum Einsatz kam. Schwerpunkt der Be schäftigung mit der Zeit des Nationalsozialismus im Rahmen der Ausstellung Kohleboom des Bergbaumuseums Oelsnitz/Erzgebirge sind die Folgen und Auswirkungen, die die Zeit des Nationalsozialismus sowie der Zweite Weltkrieg auf den Steinkohlenbergbau der hiesigen Reviere und deren Bewohner hatten. Kernthemen sind dabei die Art des Einsatzes der Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter, ihre Unterbringung sowie die Seite 2 von 3 STAATSMINISTERIUM FÜR WISSENSCHAFT UND KUNST Freistaat SACHSEN allgemeinen Lebensumstände und der Kontakt zur lokalen Bevölkerung. Der Einsatz von Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeitern sowie Kriegsgefangenen wird anhand von Objekten dokumentiert. Mit freundlichen Grüßen Dr. Eva-Maria Stange^ Seite 3 von 3 2019-03-18T09:56:32+0100 GRP: Elektronisches Dokumentations- und Archivsystem Erstellung des Nachweisdokumentes