STAATSMINISTERIUM DER JUSTIZ SACHSISCHES STAATSMINISTERIUM DER JUSTIZ Hospitalstraße 7 I 01097 Dresden Präsidenten des Sächsischen Landtages Herrn Dr. Matthias Rößler Bernhard-von-Lindenau-Platz 1 01067 Dresden Von der vollständigen Beantwortung der vorgenannten Frage wird abgesehen w Freistaat SACHSEN Der Staatsminister Durchwahl Telefon +49 351 564 15000 Telefax +49 351 564 15009 Staatsminister@ smj.justiz.sachsen.de* Aktenzeichen (bitte bei Antwort angeben) 1040E/13/1491 - KLR Parken und behindertengerechter Zugang über Einfahrt Hospitalstraße 7 Hinweise zum Datenschutz erhalten Sie auf unserer lnternetseite . Auf Wunsch senden wir lhnen diese Hinweise auch zu. Dresden, QslMarz2olg Kleine Anfrage des Abgeordneten René Jalaß (DlE LINKE) Drs.-Nr.: 6/16818 Thema: Wann findet die sächsische Justizzur Verhältnismäßigkeit zurück ? Sehr geehrter Herr Präsident, den Fragen sind folgende Ausführungen vorangestellt: ,,vorbemerkung: Durch eine Rundverfügung des sächsischen General' w$twJoB'Mlr'r'DE staatsanwalts soll die sächsische Justiz härter gegen Bagatelldelikte 3;H3,::"*lt"atsmin¡srerrum vorgehen. Davon betroffen wären auch Delikte, die nach $ 31a BIMG we- fl:Ï'äIl"*t gen ,,ger¡nger Schuld" oder ,ngeringer Mengen" einsteltbar wären." 010s7 Dresden Briefpost über Deutsche Post 01095 Dresden Namens und im Auftrag der Sächsischen Staatsregierung beantworte ich die wwwjustiz'sachsen'de/smj Kleine Anfrage wie folgt: :;'J;1,'.";ifliì0""n' Straßenbahnlinien 3,6,7,8, 11 Frage 1: Welchen exakten Wortlaut hat die Rundverfügung? TOB MIT 1' a *Zugang lür eleklronisch signierte Die begehrte Mitteilung des exakten Wortlauts würde faktisch eine Vorlage der ;"Ji".Ïlfäf i:.,'Êå""8:[93Ë:'å"", De-Mail; nähere lnformal¡onen zur Rundverfügung bedeuten. Nach der Rechtsprechung des Sächsischen Verfas- 3!"å':?Jji:i"j,TfriffiJ53lli"ßl l#,..M@ Seite 1 von 6 STAATSMINISTERIUM DER JUSTIZ Freistaat SACHSENw sungsgerichtshofes bietet Artikel 51 Absatz 1 Satz 1 Verfassung des Freistaates Sachsen (SächsVerf) hierfür keine Rechtsgrundlage (vgl. Verfassungsgerichtshof des Freistaates Sachsen [VerfGH], Urteil vom 19. Juli 2012 - Vf . 1 02-l-1 1 -, Rn. 37, juris). lm Folgenden wird zum lnhalt der Rundverfügung, die sich ausschließlich an die Staatsanwaltschaften richtet, wie folgt Stellung genommen: Zunächst enthält die Rundverfügung allgemeine Vorgaben zur Anwendung der strafprozessualen Opportunitätsvorschriften der $S 153, 153a und 154 der Strafprozessordnung (StPO), nach denen in bestimmten Fällen von der Verfolgung einer Tat abgesehen werden kann. So sollen bei der Prüfung, ob ein öffentliches lnteresse an der Strafverfolgung im Sinne der $9 153, 153a SIPO gegeben ist, neben spezialpräventiven Gründen auch die Belange der Allgemeinheit berücksichtigt werden. lnsbesondere bei Straftaten, die im öffentlichen Raum begangen wurden, dadurch über die unmittelbar Betroffenen hinaus Aufmerksamkeit erregt haben und deshalb geeignet sind, das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung zu beeinträchtigen, und/oder den Eindruck erweckt haben, dass sich Ungesetzlichkeiten im Alltagsleben einbürgern und deshalb geeignet sind, das Vertrauen in den Rechtsstaat zu erschüttern, soll in der Regel das öffentliche lnteresse an der Strafverfolgung zu bejahen sein. Zudem wird hervorgehoben, dass trotz der bei massenhaft auftretenden Eigentums- und Vermögensdelikten regelmäßig nur geringen Schadenshöhe es sich in jedem Einzelfall um strafbares Verhalten handelt , auf das entsprechend der lntention des Gesetzgebers grundsätzlich mit einer strafrechtlichen Sanktion zu reagieren ist. Sodann bestimmt die Rundverfügung Wertgrenzen für die Anwendung des I 153 StPO bei massenhaft auttretenden Eigentums- und Vermögensdelikten, bei Betrugshandlungen im öffentlichen Raum, bei Verkehrsstraftaten sowie bei Betäubungsmitteldelikten. So soll etwa bei massenhaft auftretenden Eigentums- und Vermögensdelikten grundsätzlich das öffentliche lnteresse an der Strafverfolgung auch bei strafrechtlich bislang nicht in Erscheinung getretenen Beschuldigten bereits dann zu bejahen sein, soweit der Schaden einen Betrag von 10 EUR (bisher 25 EUR) übersteigt. Seite 2 von 6 STAATSMINISTERIUM DER JUSTIZ Freistaat SACHSENlw Bei Betäubungsmitteldelikten ist in der Rundverfügung bestimmt, dass vorbehaltlich der besonderen Umstände des Einzelfalls regelmäßig ein öffentliches lnteresse an der Strafverfolgung bei Straftaten nach dem Betäubungsmittelgesetz (BIMG) insbesondere dann gegeben ist, wenn die Straftaten im öffentlichen Raum begangen werden und somit Anlass zur Nachahmung und/oder eine erhöhte Verbreitungsgefahr besteht. Eine Einstellung des Verfahrens nach S 31a Absatz 1 Satz 1 BtMG kommt auch nach der gegenständlichen Rundverfügung in Betracht. Von einer,,geringen Menge" im Sinne der Vorschrift geht die gegenständliche Rundverfügung bei Haschisch und Marihuana sowie bei Ecstasy - nach wie vor - bei den bereits in der Antwort auf die Kleine Anlragezur Drs.-Nr.: 6/10750 mitgeteilten Grenzwerten aus. Auf die Antwort zu der genannten Kleinen Anfrage wird insoweit verwiesen. Mithin ergeben sich im Vergleich zu den bisherigen,,Gemeinsamen Richtlinien der Sächsischen Staatsanwaltschaften zur Strafzumessung und zu sonstigen Rechtsfolgen" insoweit keine Änderungen. lm Folgenden enthält die Rundverfügung konkretisierende Vorgaben für die Anwendung des S 153a StPO. Hier werden insoweit ebenfalls Wertgrenzen bei massenhaft auftretenden Eigentums- und Vermögensdelikten, bei Betrugshandlungen im öffentlichen Raum, bei Verkehrsstraftaten sowie bei Betäubungsmitteldelikten bestimmt. Bei Betäubungsmitteldelikten betreffend Haschisch und Marihuana ist eine Sachbehandlung nach S 153a StPO z.B. bei geringer Überschreitung der Grenzwerte, bei denen eine Einstellung nach $ 31a BIMG in Betracht kommt, nach wie vor möglich. Weiterhin enthält die Rundverfügung konkretisierende Vorgaben für die Anwendung des $ 154 StPO sowie anschließend Straf- und Zumessungsrichtlinien bei ausgewählten Standardkonstellationen, im Einzelnen wiederum bei Eigentums- und Vermögensdelikten , Straßenverkehrsdelikten sowie Betäu bu ngsm itteldelikten. Bei massenhaft auftretenden Eigentums- und Vermögensdelikten soll z.B. auch schon bei geringen Schadenshöhen, in denen keine Einstellung nach $S 153 bzw. 153a SIPO in Betracht kommt, Strafbefehlsantrag gestellt und hier zumindest auf eine Verwarnung mit Strafvorbehalt hingewirkt werden. Seite 3 von 6 STÀATSMINISTERIUM DER JUSTIZ Freistaat SACHSEN# Bei Betäubungsmitteldelikten wurden die Straf- und Zumessungsrichtlinien für den Erwerb , Besitz und den Handel mit Crystal/Methamphetamin verschärft. So soll etwa auch beim erstmaligen Handel mit bis zu einem Gramm Crystal bereits auf eine Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe hingewirkt werden und nicht wie bisher nur zu einer Geldstrafe. Die Rundverfügung enthält ferner Vorgaben für die Verhängung von Fahrverboten gem. $ 44 Absatz 1 Satz 2 des Strafgesetzbuches (SIGB) sowie für die Sachbehandlung von Straftaten gegen Amtsträger, Beschäftigte des öffentlichen Dienstes sowie Rettungskräfte. Die bereits am 1. Mai 2018 in Kraft getretene Rundverfügung zur einheitlichen Sachbehandlung von Straftaten gegen Amtsträger, Beschäftigte des öffentlichen Dienstes und Rettungskräfte wurde insoweit in die hier gegenständliche Rundverfügung übernommen. Frage 2: Wie ist diese Rundverfügung bezüglich "geringer Schuld" oder "geringer Mengen " (vgl. S 31a BtMG) mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz und dem Übermaßverbot (vgl. BVerfGE 90, 145 - Gannabis) verelnbar? Der Beantwortung der Frage ist voranzustellen, dass der Fragesteller augenscheinlich davon ausgeht, dass die Bestimmungen zur Umsetzung des I31a Absatz 1 Satz 1 BtMG, nach dem in bestimmten Fällen von einer Verfolgung der Tat abgesehen werden kann, geändert worden sind. Dies ist unzutreffend. Eine Einstellung des Verfahrens nach S 3laAbsatz 1 Satz 1 BIMG kommtauch nach dergegenständlichen Rundverfügung nach wie vor in Betracht. lnsoweit wird auf die Ausführungen zu Frage 1 verwiesen . Der vom Bundesverfassungsgericht im Beschluss vom 9. März 1994, Az.2 BvL 43, 51, 63, 64, 70,80192,2 BvR 2031192 (BVerfGE 90, 145 ff.) geforderten Wahrung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes sowie dem Übermaßverbot wird daher durch die nach wie vor bestehende Möglichkeit, nach S 31a Absatz 1 Satz 1 BtMG von der Strafverfolgung abzusehen, Rechnung getragen. Seite 4 von 6 STÀATSMINISTERIUM DER JUSTIZ Freistaat SACHSENw Gegen die Vereinbarkeit der gegenständlichen Rundverfügung mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz und dem Übermaßverbot bestehen daher seitens der Staatsregierung keine Bedenken. Frage 3: Dient diese Rundverfügung perspektivisch dem Aufblähen der Urteilsstatistikn um die vielen vorwahlkampfgeprägten, (gemessen am Einsatzaufwand) erfolgund (gemessen an der Wirkung) sinnlosen, jedoch nicht minder personal- und also kostenintensiven (und damit von den Steuerzahler*innen zu tragenden) "Komplexkontrollen" (wie bspw. in Leipzig) nachträglich in ein besseres Licht zu rücken? Frage 4: Welche konkreten politischen, juristischen, kriminologischen u.ä. wissenschaftlich fundierten Erwägungen hinsichtlich der Notwendigkeit, der Verhältnismäßigkeit und des erwarteten Erfolgs liegen der Entscheidung zu dieser Rundverfügung zugrunde? Zusammenfassende Antwort auf die Fragen 3 und 4: Die Rundverfügung dient der effizienteren und konsequenteren Strafverfolgung. Mit ihr werden vor allem auch die Belange der Opfer von Straftaten stärker in den Blick genommen . Anlässlich der von der Sächsischen Staatsregierung mit Regierungserklärung am 31. Januar 2018 vorgestellten Maßnahmen ,,Effizientere und konsequente Strafverfolgung organisieren" und ,,Den Opferschutz stärken" hat der Generalstaatsanwalt des Freistaates Sachsen die bisherigen ,,Gemeinsamen Richtlinien der Sächsischen Staatsanwaltschaften zur Strafzumessung und zu sonstigen Rechtsfolgen" einer Uberprüfung unterzogen. lm Hinblick auf eine konsequentere Strafverfolgung, zur Verbesserung der Spezial- und Generalprävention, z.Jt Verbesserung des Opferschutzes und zur Stärkung des Sicherheitsgefühls der Bevölkerung sollte die sächsische Strafverfolgungspraxis insgesamt verschärft werden. Straftaten sollen konsequent verfolgt und geahndet werden, selbst wenn es sich um sogenannte Bagatelldelikte handelt. Dies Se¡te 5 von 6 STAATSMìNISTERIUM DER JUSTIZ Freistaat SACHSENl# soll vor allem auch für Straftaten gelten, die im öffentlichen Raum begangen werden, sowie für Straftaten gegen Amtsträger, Beschäftigte des öffentlichen Dienstes und Rettungskräfte sowie für Straftaten, die von sogenannten Reichsbürgern begangen werden . Frage 5: Kann die CDU nicht auch einfach Wahlkampf mit Plakaten und ein paar Flyern machen? Von einer Beantwortung der vorgenannten Frage wird abgesehen. Der Staatsregierung als solcher liegen keine entsprechenden Erkenntnisse vor. Die Staatsregierung ist dem Landtag nur für ihre Amtsführung verantwortlich. Sie ist daher nur in solchen Angelegenheiten zur Auskunft verpflichtet, die in ihre Zuständigkeit fallen und muss nicht auf Fragen eingehen, die außerhalb ihres Verantwortungsbereichs liegen. Letzteres ist hier der Fall, denn die Frage betrifft nicht Angelegenheiten der Staatsregierung , sondern der Partei CDU. Mit freundlichen Grüßen Sebastian Gemkow Seite 6 von 6 2019-03-22T12:34:29+0100 GRP: Elektronisches Dokumentations- und Archivsystem Erstellung des Nachweisdokumentes