STAATSMINISTERIUM DES iNNERN SÄCHSISCHES STAATSMINISTERIUM DES INNERN 01095 Dresden Präsidenten des Sächsischen Landtages Herrn Dr. Matthias Rößler Bernhard—von-Lindenau-Platz 1 01067 Dresden Kleine Anfrage der Abgeordneten Juliane Nagel (DIE LINKE) Drs.-Nr.: 6I16897 Thema: Nachfrage zu Drs. 6I16399: Zwangsernährung eines in Abschiebehaft genommenen Menschen Sehr geehrter Herr Präsident, den Fragen sind folgende Ausführungen vorangestellt: „Der Beschluss, die Zwangsernährung zu veranlassen und den Betroffenen zu fesseln, wurde vom Amtsgericht Dresden am 17. Januar getroffen. Wie in der Vorbemerkung zu Drs. 6/16399 bereits angemerkt, war der Betroffene spätestens seit dem 15. Januar in Abschiebehaft wo er seither zwangsernährt und gefesselt wurde.“ Namens und im Auftrag der Sächsischen Staatsregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Warum verzichtet das Staatsministerium des Inneren in Antwort auf Frage 3 darauf, eine Antwort über die Ausübung des § 22 Abs. 3 Nr. 3 SächsPsychKG zu geben? Die Anordnung der Zwangsernährung und Fixierung erfolgte auf Veranlassung des Krankenhauses, in das die betreffende Person zu Zwecken der medizinischen Behandlung eingeliefert wurde, durch einen Richter des zuständigen Betreuungsgerichts auf Grundlage der Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches. Auf die zusammenfassende Antwort auf die Fragen 3 und 4 der Kleinen Anfrage Drs.-Nr. 6/16399 wird verwiesen. Ein expliziter Hinweis auf § 22 Abs. 3 Nr. 3 Sächsisches Gesetz über die Hilfen und die Unterbringung bei psychischen Krankheiten erübrigt sich. FreistaatSACHSEN Der Staatsminister Aktenzeichen (bitte bei Antwort angeben) 2-1053/71/68 Dresden, 29. März 2019 Hausanschrift: Sächsisches Staatsministerium des Innern WilheIm-Buck-Str. 2 01097 Dresden Telefon +49 351 564-0 Telefax +49 351 564-3199 www.smi.sachsen.de Verkehrsanbindung: Zu erreichen mit den Straßenbahnlinien 3, 6, 7. 8, 13 Besucherparkplätze: Bitte beim Empfang WilheIm-Buck- Str. 2 oder 4 melden. STAATSMiNiSTERiUM DES iNNERN Frage 2: Wer kontrolliert von Seiten der Exekutive die sich nach SächsPsychKG und weiteren Gesetzen ergebenden Pflichten eines Krankenhauses bei Betroffenen von Abschiebungshaft bzw. Ausreisegewahrsam, wenn es Zwangsmaßnahmen beantragt ? Die Rechtsaufsicht über die Krankenhäuser übt die Landesdirektion Sachsen als zu— ständige Behörde aus (§ 28 Abs. 1 i. V. m. § 36 Abs. 1 Sächsisches Krankenhausgesetz — SäcthHG). Zuständige oberste Aufsichtsbehörde ist das Staatsministerium für _ Soziales und Verbraucherschutz, in dessen Zuständigkeitsbereich auch das Sächsische Gesetz über die Hilfen und die Unterbringung bei psychischen Krankheiten fällt. Frage 3: Warum haben die Regelungen des Sächsischen Abschiebungshaftvollzugsgesetzes keine Anwendung für medizinische Maßnahmen außerhalb der Abschiebungshafteinrichtung , wo die Betroffenen doch juristisch nach wie vor in Abschiebungshaft sind? Welche Rechtsgrundlage zieht das SMI hierzu heran? Das Sächsische Abschiebungshaftvollzugsgesetz gilt für die Einrichtung zum Vollzug von Abschiebungshaft und Ausreisegewahrsam sowie deren Bedienstete. Davon zu trennen ist die anlassbezogene notwendige Behandlung von Untergebrachten in einem Krankenhaus. Über Art und Umfang der dort als medizinisch notwendig bewerteten Behandlungen entscheiden die behandelnden Ärzte des Krankenhauses. Die Entscheidung über und die Umsetzung der als medizinisch notwendig eingeschätzten Be— handlungen und Maßnahmen erfolgen dabei nicht auf der Grundlage des Sächsischen Abschiebungshaflvollzugsgesetzes. Frage 4: Welche Bescheinigung zur Hafttauglichkeit wurde vorgelegt (bitte genaue Angaben zu Name, Umfang, Anforderung an den Inhalt), von wem wurde die Bescheinigung ausgestellt (genaue Berufsbezeichnung, Arbeitgeber*in) und wie lief die vorherige Untersuchung hinsichtlich Umfang, Dauer und Verständigung zwischen Ärzt*in und Patienten ab? Die Bescheinigung über die Hafttauglichkeit (Haft- und Ausreisegewahrsamsfähigkeitsbescheinigung ) wurde von der Zentralen Ausländerbehörde Oberfranken zuständigkeitshalber vorgelegt. Ausgestellt wurde die Bescheinigung vom Landratsamt Nordhausen , in dessen Bezirk die Person aufgegriffen wurde. Die Haftfähigkeit wurde ohne Besonderheiten attestiert. Für die Hafttauglichkeitsbescheinigung wird ein Formular verwendet , das aus zwei Teilen besteht. Teil 1 enthält die Bestätigung der Hafttauglichkeit. Teil 2 beinhaltet einen Anamnesebogen. Von einer weiteren Beantwortung seitens der Staatsregierung wird abgesehen. Der Staatsregierung liegen keine entsprechenden Erkenntnisse vor. Die Staatsregierung ist dem Landtag nur für ihre Amtsführung verantwortlich. Sie ist daher lediglich in Angelegenheiten zur Auskunft verpflichtet, die in ihre Zuständigkeit fallen und muss nicht auf Fragen eingehen, die außerhalb ihres Verantwortungsbereichs liegen. Seite 2 von 3 FreistaatSACHSEN STAATSMiNiSTERiUiVI DES iNNERN Letzteres ist bei Maßnahmen der Fall, die in den Zuständigkeitsbereich des Landratsamtes Nordhausen fallen und den Verlauf, den Umfang und die Dauer der Untersuchung sowie die Verständigung zwischen Arzt/Arztin und Patienten betreffen. Frage 5: Wird die Landesdirektion Sachsen künftig bei jeglicher lnvolviertheit geborener und ungeborener Kinder, seien sie selber in Haft oder die Kinder einer*s der lnhaftierten , proaktiv das Jugendamt informieren und gegebenenfalls kurzfristige Termine ermöglichen, so wie das im Fall des ersten Hungerstreikenden gewährleistet wurde? Falls nein: Warum nicht und auf welche Weise gedenkt die Landesdirektion den Schutz des Kindeswohl nachweislich und im Einzelfall gewährleisten zu können? Soweit die Zentrale Ausländerbehörde des Freistaates Sachsen im Rahmen ihrer Zuständigkeit eine Aufnahme in der Ausreisegewahrsams— und Abschiebungshafteinrichtung beabsichtigt bzw. einen Haftbeschluss beantragt, ist zur Wahrung des Kindeswohls vorgesehen, grundsätzlich das zuständige Jugendamt/den Sozialdienst zu informieren , sofern ein entsprechender Bedarf erkennbar ist. Der jeweilige Bedarf bemisst sich dabei an den individuellen Gegebenheiten (z. B. ob ein weiterer Erziehungs-/ Betreuungsberechtigter vorhanden ist). Die Beurteilung dessen erfolgt dabei regelmäßig in enger Abstimmung mit der unteren Ausländerbehörde, der der Betroffene zugewiesen ist, da in der Regel nur diese die erforderiichen aktuellen Kenntnisse zur familiären Situation besitzt. Die Abschiebungshafteinrichtung ermöglicht im Rahmen ihrer gesetzlichen Verpflichtungen und/oder den Forderungen der zuständigen Ausländerbehörde auch Behördenund Gerichtstermine. Für Besuche durch Dritte existieren Besuchszeiten. Diese können auch durch Vertreter anderer Behörden genutzt werden. Prof. Dr. Roland. Wöller Seite 3 von 3 FreistaatSACHSEN 2019-03-29T10:52:20+0100 GRP: Elektronisches Dokumentations- und Archivsystem Erstellung des Nachweisdokumentes