STAATSNHNISTERIUM DES INNERN SÄCHSISCHES STAATSMINISTERIUM DES INNERN 01095 Dresden Präsidenten des Sächsischen Landtages Herrn Dr. Matthias Rößler Bernhard-von-Lindenau-Platz 1 01067 Dresden Kleine Anfrage des Abgeordneten Sebastian Wippel (AfD) Drs.-Nr.: 6I17041 Thema: Politisch motivierter Terror im Januar in Döbeln Sehr geehrter Herr Präsident, den Fragen sind folgende Ausführungen vorangestellt: „Vorbemerkung: Mit Datum vom 4. Februar hat die Staatsregierung zum Antrag der AfD- Fraktion ‚Politisch motivierten Terror in Döbeln und Sachsen umfassend aufklären (Drs. 6I16333) Stellung genommen. Dazu ergeben sich einige Nachfragen.“ Namens und im Auftrag der Sächsischen Staatsregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Welche Erkenntnisse hat die Staatsregierung inzwischen zum konkreten Tatmotiv der Tatverdächtigen, zum Ablauf des Anschlags, zur Gesamtzahl der Zeugen und deren Beobachtungen, zu Anzahl der Geschädigten und Art der Schäden sowie zum Umfang des Sachschadens ? Gesicherte Erkenntnisse zum Tatmotiv liegen nach derzeitigem Erkenntnisstand nicht vor. Zwei der Tatverdächtigen stehen im Verdacht, am 3. Januar 2019 in der Tschechischen Republik eine Kugelbombe der Kategorie F4 mit einer Nettoexplosionsstoffmenge von 1.100,00 g enlvorben und diese nach Deutschland verbracht zu haben, ohne die für den Umgang mit derartigen pyrotechnischen Erzeugnissen erforderliche Erlaubnis innezuhaben. Ihnen wird weiter vorgeworfen, ihrem gemeinsamen Tatplan entsprechend, gegen 19:30 Uhr die Kugelbombe auf das Fensterbrett des AfD-Büros ge— legt, eine Mülltonne davor geschoben und die Kugelbombe entzündet zu haben. FreistaatSACHSEN Der Staatsminister Aktenzeichen (bitte bei Antwort angeben) 3-1053/76/71 Dresden, 12. April 2019 Hausanschrift: Sächsisches Staatsministerium des Innern Wilhelm-Buck-Str. 2 01097 Dresden Telefon +49 351 564-0 Telefax +49 351 564-3199 www.smi.sachsen.de Verkehrsanbindung: Zu erreichen mit den Straßenbahnlinien 3, 6. 7, 8. 13 Besucherparkplätze: Bitte beim Empfang WilheIm-Buck- Str. 2 oder 4 melden, STAATSNIiNiSTERIUM DES iNNERN Dem dritten Tatverdächtigen wird vorgeworfen, er habe durch seine Anwesenheit deren Pläne gebilligt und die Tat unterstützt. Es wurden insgesamt 22 Zeugen gehört, wobei 21 Zeugen Wahrnehmungen zur Tat und zur anschließenden Flucht der Tatverdächtigen gemacht haben. Ein Teil der Zeugen hat allerdings nur mittelbare Wahrnehmungen als sogenannte „Knallzeugen“ gemacht . Durch die Tat wurden insgesamt neun Personen und Institutionen geschädigt. Der Umfang des Sachschadens beläuft sich nach derzeitigem Erkenntnisstand auf insgesamt 16.141,61 Euro. Im Einzelnen: Die Schäden am Gebäude, in welchem sich das AfD-Bürgerbüro befindet, belaufen sich — ausweislich der vorliegenden Kostenvoranschläge — auf 7.363,03 Euro. Die In— ventarschäden wurden auf 2.015,00 Euro beziffert. An einem benachbarten Ladengeschäft entstanden Schäden in Höhe von 676,87 Euro. Am gegenüberliegenden Gebäude entstanden Schäden in Höhe von 514,73 Euro. Einer Mieterin dieses Gebäudes entstanden lnventarschäden in Höhe von 139,98 Euro. An einem vor dem AfD-Büro abgestellten Transporter entstanden Schäden in Höhe von 5.312,00 Euro. Die Schäden an der beschädigten Mülltonne belaufen sich auf ca. 120,00 Euro. Die Schäden an ei— nem weiteren, vor dem Büro geparkten Transporter konnten mangels Rückmeldung des Fahrzeughalters bislang nicht beziffert werden. Zudem entstanden der Stadt Dö— beln für den Einsatz der Feuerwehr Kosten in Höhe von 1.563,00 Euro. Frage 2: Welchem politischen Umfeld lassen sich die Tatverdächtigen zuordnen und welche Erkenntnisse gibt es zu weiteren Tatbeteiligten bzw. Mittätern? Gesicherte Erkenntnisse dazu, welchem politischen Umfeld die Tatverdächtigen angehören , liegen nicht vor. Hinweise auf weitere Tatbeteiligte bzw. Mittäter liegen derzeit ebenfalls nicht vor. Entsprechend den bundesweiten kriminalpolizeilichen Richtlinien zur Erfassung und Bewertung von politisch motivierten Straftaten wird der Sachverhalt gegenwärtig der Politisch motivierten Kriminalität -|inks— zugeordnet. Frage 3: Welche Erkenntnisse gibt es bezüglich der Teilnahme der drei Tatverdächtigen an politisch motivierten Veranstaltungen und welche konkreten Hinweise zum Bevorstehen des Anschlags lagen im Vorfeld des Anschlags bei wem vor? Im Vorfeld des Anschlags lagen keine Hinweise zu dessen Bevorstehen vor. Bei einem der drei Beschuldigten ist die Teilnahme an einer politisch motivierten Veranstaltung bekannt. Von einer weiteren Beantwortung der Frage wird abgesehen, da einer Beantwortung Rechte Dritter im Sinne des Artikels 51 Absatz 2 Verfassung des Freistaates Sachsen (SächsVerf) entgegenstehen. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht aus Artikel 15 i. V. m. Artikel 14 Absatz 1 SächsVerf zählt zu den Rechten Dritter im Sinne des Artikels 51 Absatz 2 SächsVerf. Seite 2 von 4 FreistaatSACHSEN STAATSMINISTERIUM DES iNNERN Mit der Frage werden Informationen zu ggf. identifizierbaren Personen begehrt. Das Recht des Einzelnen, grundsätzlich über die Bekanntgabe und Verwendung seiner personenbezogenen Daten selbst zu bestimmen, ist ein hohes verfassungsrechtliches Schutzgut. Dies gilt in besonderem Maße für Beschuldigte eines Ermittlungsverfahrens und hier umso mehr, als dass es sich lediglich um drei Beschuldigte und damit ggf. identifizierbare Personen handelt. Einer weitergehenden Beantwortung der Frage steht daher im konkreten Fall deren Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung (Art. 33 SächsVerf) als besondere Ausprägung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts entgegen, an das die Staatsregierung und der Landtag als unmittelbar geltendes Recht gebunden sind (Artikel 36 SächsVerf). Dem Auskunflsinteresse des Abgeordneten könnte hingegen ggf. durch Beantwortung der Frage in nichtöffentlicher Form Rechnung getragen werden, so 2. B. in einer Sitzung des lnnenausschusses im Sächsischen Landtag. Frage 4: Was ist der aktuelle Sach- und Erkenntnisstand des Prüfvorgangs, den das PTAZ zur Internetdomain https://loslegen.blackblogs.org/ eröffnet hat? Das gegen die unbekannten Urheber der inkriminierten Internetseite wegen des Verdachts der öffentlichen Aufforderung zu Straftaten geführte Verfahren wurde gemäß § 170 Absatz 2 Strafprozessordnung eingestellt, weil nach den erschöpfend durchgeführten Ermittlungen ein Täter nicht zu ermitteln war. Frage 5: Welche konkreten Ergebnisse hat die Erstellung des Lagebildes durch das Landeskriminalamt zu politisch motivierten Straftaten gegen Parteieinrichtungen!- erepräsentanten ergeben? In der en‘ragten Sonderauswer‘tung des Landeskriminalamtes Sachsen (Polizeiliches Terrorismus- und Extremismus-Abwehrzentrum) wurden politisch motivierte Straftaten gegen Amts-lMandatsträger, Parteieinrichtungen und -repräsentanten sowie -veransta|tungen betrachtet. In diesem Kriminalitätsbereich wurden im Jahr 2018 ins— gesamt 218 Fälle und somit erneut weniger Fälle als im Vorjahr (2017: 317 Fälle, 2016: 325 Fälle) erfasst. lm Einzelnen stellt sich die Entwicklung wie folgt dar: Mit 99 politisch motivierten Straftaten gegen Amts-lMandatsträger ist die Fallzahl im Jahr 2018 im Vergleich zu den Vorjahren (2017: 170 Fälle, 2016: 204 Fälle) weiter rückläufig. Die politisch motivierten Straftaten gegen Parteieinrichtungen sind mit 64 Fällen im Jahr 2018 im Vergleich zum Vorjahr (58 Fälle) leicht angestiegen, liegen aber weit unter dem Niveau von 2016 (106 Fälle). Die politisch motivierten Straftaten gegen Parteirepräsentanten sind im Jahr 2018 mit 55 Fällen gegenüber dem Vorjahreszeitraum (83 Fälle) zurückgegangen, wenngleich der Stand von 2016 (18 Fälle) noch nicht erreicht ist. Seite 3 von 4 FreistaatSACHSEN FreistaatSACHSENSTAATSMINISTERIUMDES INNERN Im Jahr 2018 wurden keine politisch motivierten Straftaten gegen Parteiveranstaltungen bekannt. Bereits in den Vorjahren (2017: 6 Fälle, 2016: 1 Fall) spielten entsprechende Straftaten eine untergeordnete Rolle. Mit f undlichen Grüßen&. . Dr. Roland Wöller Seite 4 von 4 2019-04-12T10:57:33+0200 pseudo: Elektronisches Dokumentations- und Archivsystem Erstellung des Nachweisdokumentes