STAATSMINISTERIUM Freistaat DESiNNERN ’ SACHSEN Der Staatsminister SÄCHSISCHES STAATSMINISTERIUM DES INNERN Aktenzeichen 01095 Dresden (bitte bei Antwort angeben)3-1053/76/79 Präsidenten des Sächsischen Landtages Dresden 16- April2019 Herrn Dr. Matthias Rößler Bernhard-von-Lindenau-Piatz 1 01067 Dresden Kleine Anfrage des Alggeordneten Valentin Lippmann (BUNDNIS 90/DIE GRUNEN) Drs.-Nr.: 6/17067 Thema: Wohnraymüberwachung,Telekommunikationsüberwachung , Ubewvachung aus Gründen der inneren Sicherheit von sog. Gefährdern und Relevante Personen Sehr geehrter Herr Präsident, namens und im Auftrag der Sächsischen Staatsregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Bei wie vielen Personen ist in den letzten zwölf Monaten der Einsatz technischer Mittel in oder aus Wohnungen angeordnet worden? Frage 2: __ Bei wie vielen Personen ist in den letzten zwölf Monaten die Uberwachung der Telekommunikation angeordnet worden? Frage 3: In Bezug auf wie viele Personen wurden in den letzten 12 Monaten Te- _ _lekommunikationsverkehrs- und Nutzungsdaten erhoben und der Ein- gggjggiglgfgtaatsmi„Mm satz von IMSI-Catchern angeordnet? des Innern WilheIm-Buck-Str. 2 Frage 4: 01097 Dresden Gegen wie viele Personen wurde seit 2004 eine Überwachung aus Telef°n+49351554-° Telefax +49 351 564-3199Gründen der inneren Sicherheit nach § 54a bzw. seit 1. Januar 2016 wwwsmi'sachsende nach § 56 AufenthG sowie zusätzlich eine elektronische Aufenthaltsüberwachung angeordnet? "e'kemsmbmduwiZu erreichen mit den Straßenbahnlinien 3, 6. 7. 8, 13 Frage 5:. . . . . .. B h k lätz :Wle Viele der Betroffenen nach _Zlffer 1 bIS 4 smd als Gc-efahrder oder Bäufeifl‘äpfang$V„he‚m_3„ck_ Relevante Person emgestuft? (Bltte nach Phanomenberelch und Kate- Str.20der4melden. gorie aufgliedern und auch angeben, in wie vielen Fällen eine Anordnung der oben genannten Maßnahmen gerichtlich aufgehoben bzw. nachträglich für rechtswidrig erklärt bzw. in wie vielen Fällen gerichtlich bestätigt wurde.) STAATSMINISTERIUM DES lNNERN Zusammenfassende Antwort auf die Fragen 1 bis 5: Von einer vollständigen Beantwortung wird abgesehen. Die zur vollständigen Beantwortung der Fragen notwendigen Erkenntnisse liegen der Staatsregierung nicht unmittelbar vor. Sie müssten aufwändig recherchiert werden. Gemäß Artikel 51 Absatz 1 Satz 1 der Verfassung des Freistaates Sachsen ist die Staatsregierung verpflichtet, Fragen einzelner Abgeordneter oder parlamentarische Anfragen nach bestem Wissen unverzüglich und vollständig zu beantworten. Nach dem Grundsatz der Verfassungsorgantreue ist jedes Verfassungsorgan verpflichtet, bei der Ausübung seiner Befugnisse den Funktionsbereich zu respektieren, den die hierdurch mitbetroffenen Verfassungsorgane in eigener Verantwortung wahrzunehmen haben. Dieser Grundsatz gilt zwischen der Staatsregierung und dem Parlament sowie seinen einzelnen Abgeordneten, so dass das parlamentarische Fragerecht durch die Pflicht des Abgeordneten zur Rücksichtnahme auf die Funktions- und Arbeitsfähigkeit der Staatsregierung begrenzt ist. Die Staatsregierung muss nur das mitteilen, was inner— halb der Antwortfrist mit zumutbarem Aufwand in Erfahrung gebracht werden kann. Im vorliegenden Fall wäre durch eine vollständige Beantwortung die Arbeits- und Funktionsfähigkeit der Staatsregierung gefährdet, weil die erfragten Maßnahmen in der präventiv -polizeilichen Vorgangsbearbeitung (soweit nach den Regelungen des Polizeigesetzes des Freistaates Sachsen [SächsPolG] einschlägig) nicht gezielt im Sinne der Fragestellungen erfasst werden, sodass dazu grundsätzlich keine Aussagen getroffen werden können. In Anbetracht von schätzungsweise rd. 700.000 mittels der Integrierten Vorgangsbearbeitung bei der sächsischen Polizei in den letzten zwölf Monaten erfassten Sachverhalten (vgl. Kleine Anfrage Drs.-Nr. 6/16188), die manuell auf die erfragten Umstände hin gesichtet werden müssten, wird von einer solchen Auswertung wegen des hierfür erforderlichen unverhältnismäßigen Aufwandes abgesehen. Auf die kalenderjährliche Unterrichtung gemäß § 41 Abs. 12 SächsPoIG (vgl. zuletzt Drs.-Nr. 6/15509) wird wegen der zum Teil inhaltlichen Uberschneidungen vorsorglich hinge— Wiesen. In der repressiven Vorgangsbearbeitung werden ebenfalls keine Statistiken dazu geführt . Soweit in Frage 1 Teil 1 danach gefragt wird, bei wie vielen Personen in den letzten zwöif Monaten der Einsatz technischer Mittel in Wohnungen angeordnet wurde, ist auszuführen, dass in dem abgefragten Zeitraum im Zuständigkeitsbereich der sächsischen Staatsanwaltschaften in einem Ermittlungsverfahren eine akustische Wohnraumüberwachung gemäß § 1000 Strafprozessordnung (StPO) durchgeführt worden ist. Die Überwachung richtete sich gegen drei Beschuldigte und zwanzig nichtbeschuldigte Personen. Hinsichtlich Frage 1 Teil 2 ist voranzustellen, dass die (Tei|)frage hier so verstanden wird, dass der Abgeordnete nach der Anzahl von Personen fragt, bei denen in den letzten zwölf Monaten der Einsatz technischer Mittel außerhalb von Wohnungen angeordnet wurde. Spezielle Regelungen für Maßnahmen unter Einsatz technischer Mittel aus Wohnungen finden sich in der Strafprozessordnung nicht. Dies vorangestellt sind nach hiesiger Auffassung von Frage 1 Teil 2 Maßnahmen gemäß §§ 100f, 100h und 100i StPO erfasst. Die zur Beantwortung der Frage notwendigen Erkenntnisse liegen hier jedoch nicht unmittelbar vor. Auch werden bei den Staatsanwaltschaften keine Statisti- Seite 2 von 5 FreistaatSACHSEN STAATSMiNiSTERiUM DES iNNERN ken dazu geführt, bei wie vielen Personen in den letzten zwölf Monaten entsprechende Maßnahmen angeordnet worden sind. Ferner werden bei den Staatsanwaltschaften auch keine Statistiken dazu geführt, bei wie vielen Personen im Sinne von Frage 2 in den letzten zwölf Monaten Maßnahmen der Telekommunikationsüberwachung gemäß § 100a StPO angeordnet worden sind. Auch werden bei den Staatsanwaltschaften keine Statistiken dazu geführt, bei wie vielen Personen im Sinne von Frage 3 in den letzten zwölf Monaten Telekommunikationsverkehrs — und Nutzungsdaten (Maßnahmen gemäß § 1009 StPO) oder der Einsatz von IMSI-Catchern (Maßnahmen nach § 100i StPO) angeordnet worden sind. Eine Beantwortung der (Tei|)fragen ist schließlich auch nicht durch eine elektronische Recherche in den Datenbanken der sächsischen Staatsanwaltschaften möglich. Ob in einem Ermittlungsverfahren Maßnahmen gemäß §§ 100a, 100f, 1009, 100h und 100i StPO angeordnet worden sind, wird in den Datenbanken nicht erfasst. Diese Informationen lassen sich auch nicht den kalenderjährlich erstellten Statistiken zu Maßnahmen nach den §§ 100a, 1009 StPO (vgl. § 101b StPO) entnehmen. Denn die genannten Statistiken weisen die Anordnungen entsprechender Maßnahmen verfahrensbezogen und nicht personenbezogen aus. Eine vollständige Beantwortung der Fragen wäre daher nur möglich, wenn man sämtliche relevante Verfahrensakten händisch auswerten würde. Allein eine Beantwortung der Frage 1 Teil 2 und der Frage 3 Teil 2 in Bezug auf angeordnete Maßnahmen gemäß § 100f StPO und § 100i StPO würde zumindestjeweils die manuelle Einzelauswertung aller Verfahrensakten, die die in § 100a Abs. 2 StPO aufgelisteten Straftatbestände betreffen, erfordern. Bereits die Auswertung der Akten von Verfahren gemäß § 100a Abs. 2 Nummer 1k) (Straftaten des Raubes und der Erpressung gemäß §§ 249 bis 255 Strafgesetzbuch [StGBD würde die händische Auswertung von 1.355 Verfahrensakten erfordern, die bei den sächsischen Staatsanwaltschaften gegen bekannte Beschuldigte im abgefragten Zeitraum eingegangen sind. Eine solche Auswertung wäre nur mit einem unverhältnismäßigen Aufwand möglich, der ohne den Verlust der Funktionsfähigkeit der Staatsanwaltschaften in der für die Beantwortung der Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Frist nicht zu leisten wäre. Es wären umfangreiche und zeitaufwändige Recherchen in den Aktenbeständen der sächsischen Staatsanwaltschaften erforderlich. Dabei ist der Zeitaufwand für das Ziehen der Akten aus den Geschäftsstellen und staatsanwaltschaftlichen Archiven, zur Beiziehung versendeter Akten, das Auswerten der Akten und die schriftliche Dokumentation des gefundenen Ergebnisses zu berücksichtigen. Für die entsprechende Auswer— tung der 1.355 Akten ist daher von einem Arbeitsaufwand von durchschnittlich mindestens 30 Minuten je Akte auszugehen. Dies zugrunde gelegt, wird der bei den Staatsanwaltschaften für die händische Auswertung der Akten zu insgesamt 1.355 Vorgängen anfallende zeitliche Aufwand auf mindestens 85 Arbeitstage für einen in Vollzeit tätigen Mitarbeiter geschätzt. Seite 3 von 5 FreistaatSACHSEN STAATSiVIiNiSTERiUM DES iNNERN Auch unter Berücksichtigung des hohen Rangs des parlamentarischen Fragerechts erscheint der zur vollständigen Beantwortung der Fragen erforderliche Aufwand nicht mehr verhältnismäßig und zumutbar. Eine weitergehende Beantwortung würde in erheblichem Umfang eine größere Anzahl von Bediensteten in sächsischen Staatsan— waltschaften, die für laufende Arbeiten nicht mehr zur Verfügung stünden, binden. Die Staatsregierung kam bei der Abwägung zwischen dem parlamentarischen Fragerecht einerseits und der Sicherung der Funktionsfähigkeit der Staatsregierung und der ihr nachgeordneten Behörden andererseits daher zu dem Ergebnis, dass eine weitergehende Beantwortung der Fragen unverhältnismäßig und ohne erhebliche Einschränkung der Funktionsfähigkeit der Rechtspflege nicht zu leisten ist. Hinsichtlich der Frage 2 ist auszuführen, dass allein im Jahr 2018 in 369 Ermittlungs— verfahren Maßnahmen nach § 100a StPO angeordnet wurden. Bereits die notwendige händische Auswertung dieser 369 Verfahrensakten wäre nur mit einem unverhältnismäßigen Aufwand möglich, der ohne den Verlust der Funktionsfähigkeit der Staatsanwaltschaften in der für die Beantwortung der Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Frist nicht zu leisten wäre. Der bei den Staatsanwaltschaften für die händische Auswertung der Akten zu insgesamt 369 Vorgängen anfallende zeitliche Aufwand wird auf mindestens 23 Arbeitstage für einen in Vollzeit tätigen Mitarbeiter geschätzt. Der zur vollständigen Beantwortung der Frage notwendige Aufwand wäre daher — auch unter Berücksichtigung des hohen Rangs des parlamentarischen Fragerechts — offensichtlich nicht mehr verhältnismäßig und zumutbar. Auf die obigen Ausführungen wird verwiesen . Hinsichtlich der Frage 3 Teil 1 ist auszuführen, dass allein im Jahr 2018 in 816 Ermittlungsverfahren Maßnahmen nach § 1009 StPO angeordnet wurden. Bereits die notwendige händische Auswertung dieser 816 Verfahrensakten wäre nur mit einem un— verhältnismäßigen Aufwand möglich, der ohne den Verlust der Funktionsfähigkeit der Staatsanwaltschaften in der für die Beantwortung der Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Frist nicht zu leisten wäre. Der bei den Staatsanwaltschaften für die händische Auswertung der Akten zu insgesamt 816 Vorgängen anfallende zeitliche Aufwand wird auf mindestens 51 Arbeitstage für einen in Vollzeit tätigen Mitarbeiter geschätzt. Der zur vollständigen Beantwortung der (Teil)frage notwendige Aufwand wäre daher — auch unter Berücksichtigung des hohen Rangs des parlamentarischen Fragerechts — offensichtlich nicht mehr verhältnismäßig und zumutbar. Auf die obigen Ausführungen wird insoweit Bezug genommen. Hinsichtlich der Frage 4 Teil 1 ist auszuführen, dass in dem abgefragten Zeitraum im Zuständigkeitsbereich der sächsischen Ausländerbehörden ein Fall erinnerlich ist, bei welchem eine Ausweisung gemäß § 54 Abs. 1 Nr. 5 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) verfügt wurde und somit die gesetzlich normierte Maßnahme des § 54a AufenthG zum Tragen kam. Hinsichtlich der Frage 4 Teil 2 sind im Zuständigkeitsbereich der sächsi— schen Ausländerbehörden zwei Fälle im Zusammenhang mit einer Ausweisungsverfügung bekannt, bei welchen eine Anordnung gemäß § 56 AufenthG erlassen wurde; eine zusätzliche elektronische AufenthaltsübenNachung wurde nicht vorgenommen. Seite 4 von 5 FreistaatSACHSEN FreistaatSACHSENSTAATSMINISTERIUMDES INNERN Im Hinblick auf die Darlegungen zu den Fragen 1 bis 4 ist auch eine Beantwortung von Frage 5 für den staatsanwaltschaftlichen Bereich nur mit unverhältnismäßigem Aufwand verbunden. ndlichen Grüßen Muf—Mi Prof. {Dr. Roland Wöller Seite 5 von 5 2019-04-16T09:33:50+0200 pseudo: Elektronisches Dokumentations- und Archivsystem Erstellung des Nachweisdokumentes