STAATSMINISTEK1UM DES INNERN Freistaat SACHSEN Der Staatsminister SÄCHSISCHES STAATSMINISTERIUM DES INNERN 01095 Dresden Präsidenten des Sächsischen Landtages Herrn Dr. Matthias Rößler Bernhard-von-Lindenau-Platz 1 01067 Dresden Aktenzeichen (bitte bei Antwort angeben) 35-0141.50/8832 Dresden, ,2 Juni 2015 Kleine Anfrage des Abgeordneten Valentin Lippmann, Fraktion BÜNDNIS 90/Die GRÜNEN Drs.-Nr. : 6/1716 Thema: Mögliche Verbindung sächsischer Polizisten zur organisierten rechten Szene Sehr geehrter Herr Präsident, den Fragen sind folgende Ausführungen vorangestellt: '; "L_cler lnternetseite https://linksunten.indvmedia.orfl/de/node/ U3567 wird über mutmaßliche Verbindungen sächsischer Polizisten zur neonazistischen Szene berichtet." Namens und im Auftrag der Sächsischen Staatsregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Wie steNt sich der Sachverhalt aus Sicht der Staatsregierung dar und welche Fälle sind der Staatsregierung über den dargestellten'Sachverhalt hinaus bekannt? Das Operative Abwehrzentrum (OAZ) der sächsischen Polizei wurde beauftragt , die veröffentlichten Sachverhalte hinsichtlich möglicher straf- oder dienstrechtlicher Verstöße zu überprüfen. Im Ergebnis der Überprüfungen haben sich in einem Fall, welcher auf der in der Vorbemerkung aufgeführten Internetseite beschrieben ist. keine tatsächlichen Anhaltspunkte für ein straf- und/oder dienstrechtlich relevantes Verhalten des benannten Beamten ergeben. In den übrigen zwei Fällen dauert die Überprüfung noch an. Darüber hinaus ist ein Fall bekannt, bei dem der durch tatsächliche Anhaltspunkte begründete Verdacht von Verbindungen einer sächsischen Polizeivollzugsbeamtin zu einer rechtsgerichteten Gruppierung besteht. Hausanschrift; Sächsisches Staatsministerium des Innern Wilhelm-BucK-Str. 2 01097 Dresden Telefon +49 351 564-0 Telefax +49 351 564-3199 www.smi.sachsen.de Verkehrsanbindung: Zu erreichen mit den Straßen bah nlinien 3, 6, 7, 8, 13 Besucherparkplätze: Bitte beim Empfang Wilhelm-BuckStr . 2 oder 4 melden. STAAT5MINISTER1UM DES INNERN Freistaat SACHSEN Frage 2: Wurden im Zusammenhang mit den Vorwürfen disziplinarische Maßnahmen gegen Bedienstete der Polizei eingeleitet? Bei dem in der Antwort auf die Frage 1 zuletzt beschriebenen Fall wurden disziplinarisehe Maßnahmen gegen die Beamtin eingeleitet. Im Übrigen wird auf die Antwort auf die Frage 1 verwiesen. Frage 3: Mit welchen Maßnahmen stellt die Staatsregierung sicher, dass evtl. bestehende Verbindungen von Polizisten zu neonazistischen Gruppierungen oder Einzelpersonen keine Auswirkungen auf das dienstliche Handeln hat? Durch den gemäß § 38 Absatz 1 Beamtenstatusgesetz in Verbindung mit § 63 Sächsisches Beamtengesetz von ihnen zu leistenden Diensteid werden alle sächsischen Polizeivollzugsbeamten in besonderem Maße auf ihre beamtenrechtlichen Pflichten und dabei vor allem auch auf ihre Pflicht zur Verfassungstreue hingewiesen. Daneben ist die Vermittlung der Kompetenzen zu rechtstaatlichem und verfassungsgetreuem vollzugspolizeilichem Handeln wesentlicher Bestandteil der Ausbildung sowie der berufsbegleitenden Fortbildung bei der sächsischen Polizei. Schließlich wird Verstößen gegen beamtenrechtliche Pflichten, unter Ausschöpfung der im Einzelfall rechtlich zulässigen und gebotenen dienstrechtlichen Möglichkeiten, ~konsequent nachgegangen. Frage 4: Inwieweit sieht die Staatsregierung durch die mutmaßlichen Verbindungen das beamtenrechtliche Neutralitätsgebot verletzt? Von einer Beantwortung der Staatsregierung wird abgesehen. Die Frage ist auf eine Bewertung gerichtet. Zu der Abgabe einer Bewertung ist die Staatsregierung nicht verpflichtet. Gemäß Artikel 50 der Verfassung des Freistaates Sachsen (SächsVerf) ist die Staatsregierung verpflichtet, über ihre Tätigkeit den Landtag insoweit zu informieren, als dies zur Erfüllung seiner Aufgaben erforderlich ist. Dieser Informationspflicht der Staatsregierung nach Artikel 50 SächsVerf entspricht das Frage und Auskunftsrecht der Abgeordneten gegenüber der Staatsregierung nach Artikel 51 SachsVerf. Das Fragerecht kann jedoch nicht dazu dienen, die Staatsregierung zu einer Bewertung anzuhalten, die der Abgeordnete für geboten hält, sondern nur dazu , den Abgeordneten Informationen zu verschaffen (SächsVerfGH, Urteil vom 22. April 2004, Vf. 44-1-03). Frage 5: Inwieweit wurden (in den vergangenen zwei Jahren) disziplinarrechtliche oder strafrechtliche Maßnahmen gegen wie viele Beamtinnen und Beamte wegen (welcher konkreten) Verbindung zur neonazistischen Szene eingeleitet bzw. mit welchem Ergebnis abgeschlossen? Seite 2 von 4 STAATSMINISTERIUM DES INNERN Freistaat SACHSEN In den vergangenen zwei Jahren wurde in den Polizeidienststellen und Einrichtungen für den Polizeivollzugsdienst kein Disziplinarverfahren im Sinne der Fragestellung eingeleitet bzw. abgeschlossen. Eine vollständige Beantwortung der Frage im Hinblick auf die strafrechtlichen Maßnahmen ist in der zur Beantwortung der Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit unverhältnismäßig. Die Angabe des Berufs des Beschuldigten wird in den Datenbanken der sächsischen Staatsanwaltschaften nicht immer erfasst, da die Berufsangabe kein Pflichtfeld darstellt . Demgemäß würde eine vollständige Beantwortung der Frage 5 eine manuelle Durchsicht aller in den vergangenen zwei Jahren eingeleiteten Verfahren mit dem Zusatzattribut "if-rechts" bzw. "if-ausländerfeindlich" (Ermittlungsverfahren wegen rechtsextremistischer /fremdenfeindlicher Straftaten) erfordern, bei denen in der Datenbank kein Beruf eingetragen ist. Eine Auswertung der Datenbank der sächsischen Staatsanwaltschaften hat ergeben, dass in dem Zeitraum 1. Januar 2013 bis 29. Mai 2015 1.906 Verfahren eingeleitet wurden, die mit einem der oben genannten Zusatzattribute oder mit beiden Zusatzattributen gleichzeitig gekennzeichnet waren. Unter diesen Verfahren waren zwei Verfahren , bei denen die Berufsbezeichnung "Polizeibeamter" eingetragen war. Hierbei handelt es sich jedoch nicht um Verfahren im Sinne der Fragestellung. Diese 1.906 Verfahren betrafen insgesamt 2.758 Beschuldigte, wobei bei 1.237 Beschuldigten in den Datenbanken kein Beruf eingetragen ist. Da somit die Ermittlungsverfahren im Sinne der Fragestellung durch die sächsischen Staatsanwaltschaften weder statistisch erfasst noch gesondert in deren Datenbanken gekennzeichnet werden, würde die vollständige Beantwortung der Frage die DurchSicht und händische Auswertung der Verfahren zu den genannten 1 .237 Beschuldigten zum einen im Hinblick auf den Beruf des Beschuldigten und zum anderen darauf, ob im Einzelfall eine Verbindung zur neonazistischen Szene festgestellt werden kann, erfordem . Das ist innerhalb der Antwortfrist mit zumutbarem Aufwand ohne Verlust der Funktionsfähigkeit der Staatsanwaltschaften nicht zu leisten. Gemäß Artikel 51 Absatz 1 Satz 1 der Verfassung des Freistaates Sachsen ist die Staatsregierung verpflichtet, Fragen einzelner Abgeordneter oder parlamentarische Anfragen nach bestem Wissen unverzüglich und vollständig zu beantworten. Bestem Wissen entspricht die Antwort, wenn das Wissen, das bei der Staatsregierung präsent ist, sowie jene Informationen, die innerhalb der Antwortfrist mit zumutbarem Aufwand zumindest in ihren Geschäftsbereichen eingeholt werden können, mitgeteilt wird (SächsVerfGH, Urteil vom 16. April 1998, Vf. 19-1-97). Vollständig ist die Antwort, wenn alle Informationen, über die die Staatsregierung verfügt oder mit zumutbarem Aufwand verfügen könnte, lückenlos mitgeteilt werden (SächsVerfGH, a. a. 0.). Zur Vorbereitung der Beantwortung ist eine umfassende Sachverhaltsermittlung vorzunehmen. Diese Sachverhaltsermittlung ist jedoch im Hinblick auf die zeitlichen Vorgaben der Geschäftsordnung des Sächsischen Landtages beschränkt. Bei der Sachverhaltsermittlung kann daher nicht in Jedem Fall das Ausschöpfen jeder denkbaren Erkenntnisquelle verlangt werden (SächsVerfGH, Urteil vom 16. April 1998, a. a. 0.). Seite 3 von 4 STAATSMINISTEKIUM DES INNERN Freistaat SACHSEN Zur vollständigen Beantwortung der Frage wären - wie oben dargestellt - umfangreiche und zeitaufwändige Recherchen in den Aktenbeständen der sächsischen Staatsanwaltschaften erforderlich. Dabei ist der Zeitaufwand für das Ziehen der Akten aus den Geschäftsstellen und staatsanwaltschaftlichen Archiven, der Aufwand zur Beiziehung versendeter Akten, z. B. von Verteidigern, Gerichten, Sachverständigen und Polizei, das Auswerten der Akten und die schriftliche Dokumentation des gefundenen Ergebnisses zu berücksichtigen. Die Staatsregierung kam daher bei der vorzunehmenden Abwägung zwischen dem parlamentarischen Fragerecht einerseits und der Gewährleistung der Funktionsfähigkeit der Staatsregierung sowie der ihr nachgeordneten Ermittlungsbehörden andererseits zu dem Ergebnis, dass eine Beantwortung der Frage auch unter Berücksichtigung des hohen Rangs des parlamentarischen Fragerechts unverhältnismäßig und ohne erhebliche Einschränkung der Strafrechtspflege nicht zu leisten ist. Hinsichtlich der drei in dem Artikel auf der in der Vorbemerkung genannten Internetseite namentlich erwähnten Polizeibeamten wurden bei einer Datenbankrecherche keine Verfc^iren/m Sinne der Frage 5 festgestellt. Unabhängig davon sind den Staatsanwaltschaften ^uch keine Verfahren im Sinne der Frage 5 erinnerlich. Mit freundlichen Grüßen Markus Ulb Seite 4 von 4 2015-06-15T15:55:19+0200 GRP: Elektronisches Dokumentations- und Archivsystem Erstellung des Nachweisdokumentes