STAATSMINISTERIUM DES iNNERN SÄCHSISCHES STAATSMINISTERIUM DES INNERN 01095 Dresden Präsidenten des Sächsischen Landtages Herrn Dr. Matthias Rößler Bernhard-von-Lindenau-Platz 1 01067 Dresden Kleine Anfrage des Abgeordneten Sebastian Wippel (AfD) Drs.-Nr.: 6/17164 Thema: Nachfrage zu Drs. 6/12136: Schusswaffengebrauch in deréfiénflhhkdtHIGéflflz Sehr geehrter Herr Präsident, den Fragen sind folgende Ausführungen vorangestellt: „Vorbemerkung: ln Drs. 6/12136 ging es um einen Tatverdächtigen, der mehrfach mit einer Pistole in der Öffentlichkeit hantierte. Die Staatsregierung kündigte in ihrer Antwort der Kleinen Anfrage an, dem jungen Mann aus dem Ausland ‚die Konsequenzen seines Verhaltens‘ aufzuzeigen . Die Nachfrage soll nun dazu dienen, den Erfolg dieses pädagogischen Ansatzes in Erfahrung zu bringen. Es genügt daher vollkommen , eine anonymisierte Auskunft zu der Person und weiteren, ähnlichen Straftaten zu erteilen.“ Namens und im Auftrag der Sächsischen Staatsregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Lebt die genannte Person aus Drs. 6I12136 weiterhin in Sachsen bzw. Deutschland? Wenn ja, in welchem Landkreis? Die betreffende Person lebt im Landkreis Görlitz. Frage 2: Wurde die genannte Person aus Drs. 6I12136 seit dem 1. Januar 2018 weiterer Straftaten verdächtigt bzw. sogar deswegen verurteilt? (Bitte auflisten nach Datum, Ort, vorgeworfenes Delikt, ggf. Verurteilung wann und zu welcher Strafe!) FreistaatSACHSEN Der Staatsminister Aktenzeichen (bitte bei Antwort angeben) 3-1053/76/129129 Dresden, 25. April 2019 Hausanschrift: Sächsisches Staatsministerium des Innern WIIheIm-Buck-Str. 2 01097 Dresden Telefon +49 351 564-0 Telefax +49 351 554-3199 www.smi.sachsen.de Verkehrsanbindung: Zu erreichen mit den Straßenbahnlinien 3, 6,7, 8. 13 Besucherparkplätze: Bitte beim Empfang WilheIm—Buck- Str. 2 oder 4 melden. STAATSMiNiSTERiUM DES iNNERN Frage 3: Befindet sich die genannte Person aus Drs. 6/12136 derzeit in Haft? Wenn ja, seit wann? Zusammenfassende Antwort auf die Fragen 2 und 3: Von einer Beantwortung der Fragen wird abgesehen, da insoweit Rechte Dritter im Sinne des Artikels 51 Absatz 2 der Verfassung des Freistaates Sachsen (SächsVerf) entgegenstehen. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht aus Artikel 15 in Verbindung mit Artikel 14 Absatz 1 SächsVen‘ zählt zu den Rechten Dritter im Sinne des Artikels 51 Absatz 2 SächsVerf. Mit der Frage werden Informationen zu geführten Ermittlungsver— fahren gegen eine einzelne und damit identifizierbare Person begehrt. Einer Beantwortung der Frage steht im konkreten Fall deren Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung (Artikel 33 SächsVerf) als besondere Ausprägung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts entgegen, an das die Staatsregierung und der Sächsische Landtag als unmittelbar geltendes Recht gebunden sind (Artikel 36 SächsVerf). Eine Abwägung der Informationsinteressen des Abgeordneten mit dem Interesse des Betroffenen an der Geheimhaltung führt zum Vorrang der Geheimhaltung. Das Interesse des Abgeordneten an vollständiger Information ist ein hohes, durch Artikel 51 Absatz 1 SächsVerf verfassungsrechtlich gewährleistetes Gut. Aber auch das Recht des Einzelnen, grundsätzlich über die Bekanntgabe und Verwendung seiner personenbezogenen Daten selbst zu bestimmen, ist ein hohes, verfassungsrechtliches Schutzgut. Dies gilt in besonderem Maße für Beschuldigte eines Ermittlungsverfahrens. Dem Auskunftsinteresse des Abgeordneten könnte hingegen durch Beantwortung der Frage in nichtöffentlicher Form Rechnung getragen werden, so z. B. in einer Sitzung des lnnenausschusses im Sächsischen Landtag. Frage 4: Wie viele Fälle von Schusswaffengebrauch in der Öffentlichkeit wurden in der Stadt Görlitz seit dem 1. Januar 2018 registriert? (Bitte auflisten nach Datum, Herkunft der Tatverdächtigen und Geschlecht!) Recherchiert wurde im Polizeilichen Auskunftssystem Sachsen für den Zeitraum vom 1. Januar 2018 bis 31. März 2019 nach Straftaten gegen das Waffengesetz bzw. entsprechende Angaben im Katalogfeld ,,Ven~endung Schusswaffe“ in der Stadt Görlitz. Das Ergebnis wurde einer Einzelfallprüfung unterzogen. Als Schusswaffengebrauch wurde nicht nur das Schießen, sondern auch das Drohen und unerlaubte Mitführen betrachtet. Seite 2 von 4 FreistaatSACHSEN STAATSMlNlSTERlUM DES lNNERN Die zehn zutreffenden Delikte sind in der Tabelle dargestellt: Tatzeit Staatsangehörigkeit des Geschlecht Gebrauch Tatverdächtigen 28.03.2018 unbekannt unbekannt geschossen 26.05.2018 Deutschland männlich geschossen 03.06.2018 unbekannt unbekannt gedroht 15.06.2018 Bulgarien männlich mitgeführt 27.07.2018 Polen männlich mitgeführt 21.08.2018 Polen männlich mitgeführt 17.09.2018 Polen männlich mitgeführt 22.09.2018 Deutschland männlich geschossen 25.11.2018 Deutschland männlich mitgeführt 31.12.2018 Deutschland männlich gedroht Frage 5: Welche Erkenntnisse verfügt die Staatsregierung über den Erfolg von Gefährderansprachen ? Bitte wenn möglich auflisten, wie viele Gefährderansprachen es 2018 gab, wie viele der Angesprochenen danach kriminell weiter in Erscheinung traten und wie viele kein weiteres Mal als Tatverdächtige registriert wurden. Die Gefährderansprache ist als verhaltensbeeinflussendes Instrument ein geeignetes Mittel der polizeilichen Prävention. Die individuelle Gefährderansprache signalisiert dem potentiellen Störer, dass die Polizei die betreffende Person und die von ihr ausgehenden Gefahren im Blick hat, um sie von einer gefahrenverursachenden Handlung abzubringen. Sie hat gerade im Bereich der Jugendkriminalität in besonderem Maße zum Ziel, die jugendtypische Normunsicherheit durch klare Grenzsetzung und das Auf— zeigen von Konsequenzen in Richtung eines sozialkonformen Verhaltens zu beeinflussen . Im Weiteren wird von einer Beantwortung abgesehen. Gemäß Artikel 51 Absatz 1 Satz 1 SächsVerf ist die Staatsregierung verpflichtet, Fragen einzelner Abgeordneter oder parlamentarische Anfragen nach bestem Wissen unverzüglich und vollständig zu beantworten. Nach dem Grundsatz der Verfassungsor— gantreue ist jedes Verfassungsorgan verpflichtet, bei der Ausübung seiner Befugnisse den Funktionsbereich zu respektieren, den die hierdurch mitbetroffenen Verfassungsorgane in eigener Verantwortung wahrzunehmen haben. Dieser Grundsatz gilt zwischen der Staatsregierung und dem Parlament sowie seinen einzelnen Abgeordneten, so dass das parlamentarische Fragerecht durch die Pflicht des Abgeordneten zur Rücksichtnahme auf die Funktions— und Arbeitsfähigkeit der Staatsregierung begrenzt wird. Die Staatsregierung muss nur das mitteilen, was innerhalb der Antwortfrist mit zumutbarem Aufwand in Erfahrung gebracht werden kann (vgl. SächsVerfGH, Urteil vom 16. April 1998, Vf. 14-1-97). Seite 3 von 4 FreistaatSACHSEN STAATSMiNiSTERiUM DES iNNERN Wie viele Gefährderansprachen es im Jahr 2018 gab und welchen Erfolg sie hatten, wird statistisch nicht erfasst. Zur vollständigen Beantwortung der Fragen müssten inso— fern alle 278.796 Ermittlungsverfahren des Jahres 2018 händisch ausgewertet werden, ob es in diesem Zusammenhang Gefährderansprachen gab. Im Weiteren müssten zusätzliche Recherchen in polizeilichen Datensystemen im Sinne der Fragestellung erfolgen , da Gefährderansprachen nicht grundsätzlich im Zusammenhang mit polizeilichen Ermittlungsverfahren stehen müssen. Wenn man allein für die Ermittlungsverfahren des Jahres 2018 einen Zeitansatz von 30 Minuten für die Auswertung eines Ermittlungsver— fahrens ansetzt, wären dies fast 140.000 Stunden für die Auswertung aller Ermittlungsverfahren . Bei einer 40-Stunden-Woche wären mehrere Sachbearbeiter jeweils mehrere hundert Wochen mit dieser Auswertung befasst. Dieses Personal stünde dann für Kernaufgaben des Polizeivollzugsdienstes nicht bzw. nur sehr eingeschränkt zur Verfügung . Die Staatsregierung kam daher bei der vorzunehmenden Abwägung zwischen dem parlamentarischen Fragerecht einerseits und der Gewährleistung der Funktionsfähigkeit der Staatsregierung sowie der ihr zugeordneten Polizeibehörden andererseits zu dem Ergebnis, dass eine Beantwortung der Frage auch unter Berücksichtigung des hohen Rangs des parlamentarischen Fragerechts unverhältnismäßig und ohne erhebliche Einschränkung der Funktionsfähigkeit der sächsischen Polizei nicht zu leisten ist. MitöundlichenäGrüßen Prof. r.arLRolandWöller Seite 4 von 4 FreistaatSACHSEN 2019-04-25T11:02:09+0200 pseudo: Elektronisches Dokumentations- und Archivsystem Erstellung des Nachweisdokumentes