STAATSMINISTERIUM DER JUSTIZ SACHSISCHES STAATSMINISTERIUM DER JUSTIZ Hospitalstraße 7 101097 Dresden Präsidenten des Sächsischen Landtages Herrn Dr. Matthias Rößler Bern ha rd-von-Li nde na u-Platz I 01067 Dresden Kleine Anfrage des Abgeordneten André Schollbach (DlE LINKE) Drs.-Nr.: 6117242 Thema: Eingeleitete Ermittlungsverfahren aufgrund von Äußerungen oder Handlungen auf Versammlungen von ,,PEGIDA" in Dresden Sehr geehrter Herr Präsident, namens und im Auftrag der Sächsischen Staatsregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkuno: Der Beantwortung der Fragen in der Vorgängeranfrage, Drs.-Nr.: 6114626 lag eine einmalige Sonderauswertung der Polizeidirektion Dresden mit Stand vom 1 1. September 2018 zugrunde. Straftaten im Zusammenhang mit Versammlungen von ,,PEGIDA" werden im Polizeilichen Auskunftssystem Sachsen (PASS) nicht separat eÉasst und können deshalb nicht automatisiert ausgewertet werden. Frage l: Aufgrund welcher Äußerungen oder Handlungen welcher Rednerinnen bzw. Redner bei welchen Versammlungen von ,,PEGIDA" in Dresden wurden Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Begehung welcher Straftaten gegen diese eingeleitet? Seite 1 von 5 Freistaat SACHSEN Der Staatsminister Durchwahl Telefon +49 35'l 564 15000 Telefax +49 351 564 15009 Staatsminister@ smj.j ustiz.sachsen.de* Aktenzeichen (bitte bei Antwort angeben) 1 040E/1 3/1 348-KLR Dresden, ä. April2ole T TOB MIT 1' o u|WWJOB-MIT-'.DE Hausanschr¡ft: Sächsisches Staatsministerium der Justiz Hospitalstraße 7 01097 Dresden Briefpost tlber Deutsche Post 01095 Dresden www.j ustiz.sachsen. de/smj Verkehrsverbindung: Zu erreichen mit Straßenbahnlinien 3,6,7, 8, 11 Parken und behindertengerechter Zugang i¡ber Einfahrt Hospitalstraße 7 Hinweise zum Datenschutz erhalten Sie auf unserer lnternetseite . Auf Wunsch senden wir lhnen diese Hinweise auch zu. Zugang für êlektronisch s¡gn¡erte sow¡e für verschlt¡ssoltê elektron¡schâ Dokumente nur pêr EGVP, beBPo oder De-Mail; nåhers lnformat¡onen zur êlaktron¡schên Kommun¡kation mit sächsischen Ju6t¡zb€hðrden unter w. iustiz.sachsen.ds/E- Kommunikat¡on. STAATSMINISTERIUM DER JUSTIZ Freistaat SACHSENIT Frage 2: Aufgrund welcher Äußerungen oder Handlungen von Teitnehmerinnen bzw. Teilnehmern bei welchen Versammlungen von ,,PEGIDA" in Dresden wurden Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Begehung welcher Straftaten gegen diese eingeleitet? Frage 3: Mit welchem Ergebnis wurden die den Ziffern I und 2 genannten Ermittlungsverfahren jeweils abgeschlossen? Frage 4: Welche abschließenden gerichtlichen Entscheidungen ergingen jeweils in jenen in den Zälern I und 2 genannten Ermittlungsverfahren, bei denen Anklage erhoben oder ein Strafbefehl erlassen worden ist (bitte auch mitteilen, ob Rechtskraft eingetreten oder Rechtsmittel eingelegt worden ist)? Zusammenfassende Antwort auf die Fragen 1 bis 4 Auf die tabellarische Übersicht in der Anlage nehme ich Bezug. Daraus ist der aktuelle Stand, der in der Beantwortung der Kleinen Anfrage, Drs.-Nr.: 6114626 genannten, nicht abgeschlossenen Verfahren aufgeführt. Von einer darüber hinausgehenden Beantwortung der Fragen wird einerseits wegen entgegenstehender Rechte Dritter im Sinne des Artikels 51 Abs. 2 der Verfassung des Freistaates Sachsen (SächsVerf) und andererseits wegen des hierfür erforderlichen unverhältnismäßigen Aufiruandes abgesehen. Bezüglich der Antwortvenrueigerung wegen entgegenstehender Rechte Dritter venrueise ich auf die entsprechenden Ausführungen in der Antwort der Staatsregierung auf die Kleinen Anfrage, Drs.-Nr.: 6114626 vom 2. Oktober 2018. Die zur Beantwortung der Fragen notwendigen Erkenntnisse liegen hier nicht unmittelbar vor. Auch werden weder bei den Staatsanwaltschaften noch bei der Polizei Statisti- Seite 2 von 5 STAATSMINISTERIUM DER JUSTIZ Freistaat SACHSENI ken dazu geführt, aufgrund welcher Außerungen oder Handlungen welcher Rednerinnen bzw. Redner bei welchen Versammlungen von ,,PEGIDA" in Dresden Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Begehung von Straftaten gegen diese eingeleitet worden sind. Zudem findet keine statistische Erfassung dazu statt, aufgrund welcher Außerungen oder Handlungen von Teilnehmerinnen bzw. Teilnehmern bei welchen Versammlungen von ,,PEGIDA' in Dresden Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Begehung von Straftaten gegen diese eingeleitet worden sind. Eine Beantwortung der Fragen ist schließlich auch nicht durch eine elektronische Recherche in den Datenbanken der sächsischen Staatsanwaltschaften und der sächsischen Polizei möglich. ln den Datenbanken der sächsischen Staatsanwaltschaften wird weder der Umstand, dass ein Beschuldigter als Redner bei einer Versammlungen von ,,PEGIDA" aufgetreten ist, noch die Tatsache, dass ein Beschuldigter Teilnehmer einer solchen Versammlung war, erfasst. Ebenso wenig lässt sich den Datenbanken entnehmen, ob eine Straftat im Zuge einer Versammlung von ,,PEGIDA. begangen wurde. Eine zuverlässige Eingrenzung lässt sich schließlich auch nicht über den Tatort bzw. die Tatzeit erreichen , da es sich bei den Eintragungen zum Tatort und zur Tatzeit in den Datenbanken der sächsischen Staatsanwaltschaften um keine ,,Pflichtfelder" handelt und Tatort bzw, Tatzeit deshalb nicht eindeutig anhand der Datenbankeinträge bestimmt werden können . Schließlich kommt auch eine verlässliche Eingrenzung über den Straftatbestand nicht in Betracht, da strafbares Verhalten auf Versammlungen aufgrund zahlreicher Straftatbestände unter Strafe gestellt ist. Eine Beantwortung der Fragen wäre daher nur dann möglich, wenn man die Papierakten zu sämtlichen relevanten Ermittlungsverfahren händisch im Sinne der Fragestellungen prüfen würde. Für die vorangegangen Jahre konnte die Kleine Anfrage allein aufgrund der Sonderauswertung der Polizeidirektion Dresden vollständig beantwortet werden . Die genannte Sonderauswertung, zu der wegen einer Unverhältnismäßigkeit der händischen Auswertung schon keine Pflicht bestanden hatte, nahm bereits bei der Polizei mehrere Arbeitstage in Anspruch. Von einer erneuten Beauftragung wurden darüber hinaus abgesehen, weil die damalige Sonderauswertung nicht fortgeführt wurde und auch nicht zu reproduzieren gewesen wäre. Seite 3 von 5 STAATSMINISTERIUM DER JUSTIZ Freistaat SACHSENU Allein wegen der Straftatbestände der Beleidung, der Körperverletzung und des Verstoßes gegen $ 28 Sächsisches Versammlungsgesetz - SächsVersG - ermittelte die Staatsanwaltschaft Dresden in den Jahren 2018 und 2019 gegen 6.153 bekannte Beschuldigte . Eine Auswertung allein dieser Vorgänge zu 6.153 bekannten Beschuldigten wäre nur mit einem unverhältnismäßigen Aufrryand möglich, der ohne den Verlust der Funktionsfähigkeit der Staatsanwaltschaften in der für die Beantwortung der Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Frist nicht zu leisten wäre. Es wären umfangreiche und zeitaufiryendige Recherchen in den Aktenbeständen der sächsischen Staatsanwaltschaften erforderlich. Dabei ist der Zeitaufwand für das Ziehen der Akten aus den Geschäftsstellen und staatsanwaltschaftlichen Archiven, der Aufwand zur Beiziehung versendeter Akten, das Auswerten der Akten und die schriftliche Dokumentation des gefundenen Ergebnisses zu berücksichtigen. Für die entsprechende Auswertung der Akten ist daher von einem Arbeitsaufwand von durchschnittlich mindestens 30 Minuten je Akte auszugehen. Dies zugrunde gelegt, wird der bei den Staatsanwaltschaften für die händische Auswertung der Akten zu insgesamt 6.153 Vorgängen anfallende zeitliche Aufwand auf mindestens 385 Arbeitstage für einen in Vollzeit tätigen Mitarbeiter geschätzt. Ebenso scheidet eine händische Auswertung durch die sächsische Polizei aus. Ausweislich der Polizeilichen Kriminalstatistik wurden seit 2014 in Dresden täglich im Durchschnitt etwa 160 Straftaten erfasst. Bei inzwischen etwa 170 Versammlungstagen von ,,PEGIDA" in Dresden wären daher insgesamt mehr als 27.000 Fälle für eine diesbezügliche Sonderauswertung in Betracht zu ziehen. Eine solche Auswertung wäre nur mit einem unverhältnismäßigen Aufwand möglich, der ohne den Verlust der Funktionsfähigkeit der Polizei in der für die Beantwortung der Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Frist nicht zu leisten wäre. Es wären umfangreiche und zeitaufwendige Recherchen in den Akten- und Datenbeständen der Polizei erforderlich. Dabei ist der Zeitaufwand für das Ziehen der Akten aus den Orga- Seite 4 von 5 STAAI'SMINISTERIUM DER JUSTìZ Freistaat SACHSENT nisationseinheiten bzw. aktenhaltenden Stellen, der Aufwand zur Beiziehung von Zuarbeiten und für ergänzende elektronische Recherchen, das Auswerten der Akten und Daten sowie die schriftliche Dokumentation des gefundenen Ergebnisses zu berucksichtigen . Für die entsprechende Auswertung der Akten ist daher von einem Arbeitsaufwand von durchschnittlich mindestens 30 Minuten je Verfahren auszugehen. Dies zugrunde gelegt, wird der fur die händische Auswertung der Akten zu insgesamt rd. 27.000 Vorgängen zeitliche Aufwand auf rd. 1.688 Arbeitstage für einen in Vollzeit tätigen Mitarbeiter geschätzt. Selbst bei einem Fünftel-Ansatz, d. h. wenn nur eine Auswertung für die letzte Jahresscheibe (2018) erfolgt, fällt die abschließende Bewertung mit einem zeitlichen Aufwand von rund 338 Arbeitstagen für einen in Vollzeit tätigen Mitarbeiter im Ergebnis nicht anders aus. Die Staatsregierung kam daher bei der vozunehmenden Abwägung zwischen dem parlamentarischen Fragerecht einerseits und der Gewährleistung der Funktionsfähigkeit der Staatsregierung sowie der ihr nachgeordneten Ermittlungsbehörden andererseits zu dem Ergebnis, dass eine weitergehende Beantwortung der Frage auch unter Berücksichtigung des hohen Rangs des parlamentarischen Fragerechts unverhältnismäßig und ohne erhebliche Einschränkung der Strafrechtspflege nicht zu leisten ist. Mit freundlichen Grüßen Sebastian Gemkow Anlage Tabellarische Übersicht Seite 5 von 5 Anlage zur Kleinen Anfrage 6/17242 Tatzeitraum Beginn Straftatbestand Sachverhalt Verfahrensabschluss/Verfahrensstand 23.04.2018 StGB § 130 Volksverhetzung Die Beschuldigte äußert sich in einer Rede volksverhetzend über einen Asylbewerber. Einstellung gemäß § 170 Abs. 2 StPO, angezeigtes Verhalten erfüllt keinen Straftatbestand 23.07.2018 StGB § 130 Volksverhetzung Unbekannte Täter sollen den Holocaust geleugnet haben. Strafbefehlsantrag ohne Freiheitsstrafe 23.05.2016 StGB § 185 Beleidigung Der Beschuldigte beleidigt mehrmals mit verschiedenen Aussagen einen Polizeibeamten in der Öffentlichkeit. Urteil, Geldstrafe in Höhe von 30 Tagessätzen (nicht rechtskräftig, Berufung Angeklagter) 06.03.2017 StGB § 224 gefährliche Körperverletzung Im Rahmen einer angemeldeten Versammlung ("Pegida") blendet ein Ordner der Versammlung einen eingesezten Polizeibeamten mit einem starken Laserpointer. Der Beamte wird nicht verletzt und bleibt einsatzfähig. Strafbefehl, rechtskräftig (Geldstrafe) 16.08.2018 StGB § 303 Sachbeschädigung Im Rahmen des Besuchs der Bundeskanzlerin wurde aus dem Versammlungsumzug der PEGIDA beim Passieren der Container des Aufbaustabes vom Stadtfest Dresden durch unbekannte Täter zwei Ampullen mit vermutlich Buttersäure geworfen. Diese zerbrachen an der Außenwand des Containers bzw. auf den Betonplatten vor dem Container im Freien. Verletzt oder gesundheitlich geschädigt wurde niemand. Schäden C f anhängig 08.01.2018 StGB § 185 Beleidigung Der Beschuldigte betitelt den Geschädigten beim Zusammentreffen von Sympathisanten von PEGIDA und NO- PEGIDA mit Worten. Verweisung auf den Weg der Privatklage 20.02.2017 StGB § 223 Körperverletzung Durch Pressevertreter wird auf einen Artikel hingewiesen. In diesem wird der versuchte Raub eines Mikrofones von einem Pressevertreter während einer PEGIDA-Versammlung am 20.02.17 beschrieben. In diesem Zusammenhang wurde der Geschädigte durch einen Unbekannten beleidigt außerdem wurde ihm durch eine weitere Person der Ellenbogen in die Rippen gerammt. Urteil, Freispruch (rechtskräftig) 04.09.2017 StGB § 113 Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte Auf der Pegida am 28.08.2017 beleidigt der bekannte TV zwei PB mit dem Wort "Waschlappen". Nach Widererkennen des TV am heutigen Tag, leistet der bekannte TV aktiven Widerstand beim Feststellen der Personalien. Urteil, rechtskräftig (Geldstrafe) 14.05.2018 StGB § 86a Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen Teilnehmer des PEGIDA-Aufzuges, welcher eine Hakenkreuz-Tätowierung an der Wade haben soll. Einstellung gemäß § 170 Abs. 2 StPO, weil kein Täter ermittelt werden konnte 11.09.2017 StGB § 223 Körperverletzung Der Pegida Ordner wird vom Beschuldigten ins Gesicht geschlagen. Dabei geht dessen Mikrofon kaputt. Ordner schlägt den Beschuldigten in der Folge mit seinem Ellenbogen in den Bauch. Beide wollen Anzeige erstatten und Strafantrag stellen, sind jedoch bislang auf keiner Polizeidienststelle erschienen. Einstellung gemäß § 170 Abs. 2 StPO, weil Tatbestand, Rechtswidrigkeit oder Schuld nicht nachweisbar 20.08.2018 VersammlG Der Beschuldigte führt während der Pegida-Versammlung ein Einhandmesser sowie ein Pfefferspray bei sich. Strafbefehl, rechtskräftig (Geldstrafe) 03.09.2018 StGB § 130 Volksverhetzung Die Beschuldigte läuft an mehreren Beamten, welche im Rahmen Pegida auf dem Neumarkt eingesetzt waren, vorbei und äußert sich volksverhetzend. Einstellung gemäß § 170 Abs. 2 StPO, angezeigtes Verhalten erfüllt keinen Straftatbestand 20.08.2018 StGB § 86a Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen Durch einen Twittereintrag wurde bekannt, dass unbekannte Personen, welche an einem Tisch mit Broschüren neben der Pegidaversammlung standen, in Richtung der Versammlungsteilnehmer den Hitlergruß zeigten. Einstellung gemäß § 170 Abs. 2 StPO, weil kein Täter ermittelt werden konnte 23.07.2018 StGB § 130 Volksverhetzung Im Rahmen einer Pegidaveranstaltung werden durch die Infostandbetreuberin DVD und Broschüren ausgelegt, welche den Verdacht einer Straftat nach § 130 ergeben. 1 x Strafbefehlsantrag ; 8 x Einstellung gemäß § 170 Abs. 2 StPO 23.07.2018 StGB § 201 Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes Während des polizeilichen Einsatzes "Aufzüge und Kundgebungen im Zusammenhang mit Pegida" wurden durch Polizeibeamte fünf Personen aus der Versammlung 2 ausgeschlossen. Diese polizeiliche Maßnahme wurde durch derzeit unbekannte Täter videografiert und unmittelbar auf der Facebookseite "Wellenlänge" ins Internet gestellt. Strafbefehlsantrag 23.07.2018 StGB § 201 Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes Während eines polizeilichen Einsatzes "Aufzüge und Kundgebungen im Zusammenhang mit Pegida" wurde eine polizeiliche Maßnahme durch derzeit unbekannte Täter videografiert und unmittelbar mit Bild und Ton auf der Facebookseite "Wellenlänge" ins Internet gestellt. Einstellung gemäß § 170 Abs. 2 StPO, Verfahrenshindernis KA6-17242 KA6-17242-Anlage 2019-04-29T13:42:08+0200 pseudo: Elektronisches Dokumentations- und Archivsystem Erstellung des Nachweisdokumentes