STAATSMlNlSTERlUM FÜR SOZlALES UND VERBRAUCHERSCHUTZ SÄCHSISCHES STAATSMINISTERIUM FÜR SOZIALES UND VERBRAUCHERSCHUTZ Albertstraße 1 O 1 01097 Dresden Präsidenten des Sächsischen Landtages Herrn Dr. Matthias Rößler Bernhard-von-Lindenau-Platz 1 01067 Dresden Kleine Anfrage des Abgeordneten Volkmar Zschocke (Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Drs.-Nr.: 6/17280 Thema: Plausibilitätsprüfungen der KV Sachsen Sehr geehrter Herr Präsident, den Fragen sind folgende Ausführungen vorangestellt: ,,Kassenärztliche Vereinigungen und Krankenkassen sind verpflichtet, Rechtmäßigkeit und Plausibilität der Abrechnungen in der vertragsärztlichen Versorgung zu prüfen. Zeitprofile sind dabei ein Kriterium. Bei Plausibilitätsprüfungen werden nach Aussage der Kassenärztlichen Vereinigung Sachsen (KVS) im Mittel ca. 2,5 % der Mitglieder auffällig und müssen unberechtigt erhaltenes Honorar zurückführen. Die KVS steht entsprechend § 78 SGB V unter Aufsicht des Staatsministeriums für Soziales und Verbraucherschutz." Namens und im Auftrag der Sächsischen Staatsregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Wie nimmt die Staatsregierung in Bezug auf die Praxis der Plausibilitätsprüfungen ihre Aufsicht über die KVS wahr? Die sachliche Vorgehensweise im Prüfverfahren obliegt der Kassenärztlichen Vereinigung Sachsen (KV Sachsen) als Selbstverwaltungsangelegenheit. Entscheidungen der Selbstverwaltung kann der betroffene Leistungserbringer in einem Gerichtsverfahren überprüfen lassen. Eingaben von vertragsärztlichen Leistungserbringern bei der Staatsregierung werden durch das fachlich zuständige Referat des Sächsischen Staatsministeriums für Soziales und Verbraucherschutz unter Berücksichtigung einer Stellungnahme der KV Sachsen auf Verstöße gegen Rechtsvorschriften (d.h. rechtsaufsichtlich) geprüft. Frage 2: Wie erfolgen die Prüfungen zur Plausibilitätsprüfung bei der KVS, welche Elemente werden überprüft, nach welchen Kriterien entscheiden die Plausibilitätsausschüsse und welche Unterschiede gibt es bei Handhabungen und Entscheidungen zu anderen KVen? Freistaat SACHSEN Die Staatsministerin Durchwahl Telefon +49 351 564-55001 Telefax +49 351 564-55010 Ihr Zeichen Ihre Nachricht vom Aktenzeichen (bitte bei Antwort angeben) 31-0141.51-19/257 Dresden, 23· April 2019 Hausanschrift: Sächsisches Staatsministerium für Soziales und Verbraucherschutz Albertstraße 1 O 01097 Dresden u.n11nu cmc:, c-:i~hcon rlo STAATSMlNlSTERlUM FÜR SOZIALES UND VERBRAUCHERSCHUTZ Die Prüfungen der Plausibilität der Abrechnungen in der vertragsärztlichen Versorgung ist gern. § 106d Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) eine Aufgabe der Kassenärztlichen Vereinigungen. Die Grundlage bildet die „Richtlinie zum Inhalt und zur Durchführung der Prüfungen nach § 106d SGB V" der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und des GKV-Spitzenverbandes in der jeweils gültigen Fassung, auf deren Basis sich die Verfahrensordnung über den Inhalt und die Durchführung der Plausibilitätsprüfung gemäß § 106d Abs. 2 SGB V der KV Sachsen ableitet. Plausibilitätsprüfungen werden im Schwerpunkt als regelhafte Plausibilitätsprüfungen je Quartal durchgeführt, d.h. die Prüfung auf Einhaltung der Zeitprofile. Eine Überschreitung der Obergrenzen dieser Zeitprofile stellt dabei zunächst nur ein Aufgreifkriterium dar. Im Zuge der erweiterten regelhaften Prüfung ist danach zu ermitteln, ob sich diese aufgrund von Praxis-Besonderheiten bzw. der Anzahl versorgter Patienten plausibilisieren lassen. Prüfungen auf Patientenidentität werden auf Beschluss des Vorstandes durchgeführt. Anlassbezogene Prüfungen werden aufgrund konkreter Hinweise und Verdachtsmomente auf Beschluss des Vorstandes oder Bezirksgeschäftsstellenleiters durchgeführt. Zuständig für die Durchführung der Prüfungen sind die Bezirksgeschäftsstellen der KV Sachsen. Diese treffen die notwendigen Feststellungen, stellen die Prüfunterlagen zusammen und übergeben diese an den jeweiligen Plausibilitätsausschuss. Die Prüfunterlagen einschließlich eines Prüfberichtes beinhalten insbesondere: Auffälligkeiten in der Abrechnung nach Maßgabe der Aufgreifkriterien und ggf. im Rahmen der ergänzenden Prüfung festgestellter Sachverhalte, vermutete Höhe einer erforderlichen Honorarrückforderung aus den festgestellten Auffälligkeiten und deren Berechnungsgrundlage - soweit bestimmbar, Empfehlung zur persönlichen Anhörung sowie Beteiligte an der Vorprüfung und zugezogene Unterlagen. Vor der Abgabe des Verfahrens an den Plausibilitätsausschuss ist der betroffene Arzt anzuhören. Der betroffene Arzt ist über den wesentlichen Inhalt der erhobenen Vorwürfe schriftlich zu informieren. Ihm ist ein Zeitraum von einem Monat für die schriftliche Stellungnahme einzuräumen. Nach Vorliegen der Stellungnahme bzw. nach Ablauf der Frist erfolgt die Erstellung einer Entscheidungsvorlage durch die Verwaltung, ggf. unter Einbeziehung eines Prüfarztes/ Sachverständigen, für den Plausibilitätsausschuss, welche die festgestellten Abrechnungsverstöße beinhalten soll und in der gegebenenfalls weitere Maßnahmen empfohlen werden. Die Plausibilitätsausschüsse der KV Sachsen sind ausschließlich durch Ärzte besetzt, womit der ärztliche Sachverstand umfangreich einbezogen wird. Hinsichtlich der Prüfung im Plausibilitätsausschuss werden selbstverständlich Prüfärzte der Fachgruppe derbetroffenen Ärztin bzw. des betroffenen Arztes einbezogen. Erst wenn Prüfärzte zur Auffassung gelangen, dass sich die Überschreitung der Zeitprofile nicht erklären lässt und davon auszugehen ist, dass die abgerechneten Leistungen nicht vollständig bzw. nicht persönlich erbracht worden sein können, wird eine Honorarrückforderung festgesetzt. Im Prüfbescheid wird die Honorarrückforderung ausgewiesen und begründet. Gegen diese hat der betroffene Arzt die Möglichkeit, im Rahmen des Widerspruchsverfahrens vorzugehen . Die Entscheidung über den Widerspruch trifft der Vorstand der KV Sachsen. Wird dieser zurückgewiesen, steht dem Arzt der Klageweg offen. Kommt der Plausibilitätsaus- Seite 2 von 4 Freistaat SACHSEN STAATSMlNlSTERlUM FÜR SOZIALES UND VERBRAUCHERSCHUTZ schuss zu der Entscheidung, dass keine Verstöße gegen die rechtliche Ordnungsmäßigkeit der Leistungserbringung vorliegen oder bestehen begründete Zweifel an einem solchen Verstoß, so wird das Verfahren per Einstellungsbeschluss eingestellt. Über die Unterschiede bei der Handhabung und Entscheidung zu anderen Kassenärztlichen Vereinigungen liegen der Staatsregierung keine Kenntnisse vor. Diese obliegen ausschließlich dem Handlungsspielraum der Kassenärztlichen Vereinigung als Selbstverwaltungsangelegenheit und sind für die Rechtsaufsicht ohne Bedeutung. Da die grundsätzlichen Vorgaben für die Plausibilitätsprüfung aus der „Richtlinie zum Inhalt und zur Durchführung der Prüfungen nach § 106d SGB V" bzw. die Prüfzeiten aus dem Einheitlichen Bewertungsmaßstab abzuleiten sind, können sich regionale Unterschiede zwischen einzelnen Kassenärztlichen Vereinigungen nur in der organisatorischen Umsetzung ergeben. Frage 3: Inwieweit werden im Rahmen der Plausibilitätsprüfung der geringe Anteil von Privatversicherten in den neuen Bundesländern, die Besonderheiten unterversorgter Regionen sowie Praxisbesonderheiten berücksichtigt? Die Prüfung erfolgt grundsätzlich arztbezogen und gemäß dem Umfang ihrer Tätigkeit. Für die Feststellung der Abrechnungsauffälligkeiten sind die im Anhang 3 zum Einheitlichen Bewertungsmaßstab in der jeweils gültigen Fassung aufgeführten Prüfzeiten für die ärztlichen Leistungen zugrunde zu legen. Unabhängig vom Tätigkeitsort wird für alle Betroffenen gleichrangig ein Tageszeitprofil und ein Quartalszeitprofil ermittelt. Ergeben die Plausibilitätsprüfungen eine Abrechnungsauffälligkeit im Hinblick auf die regelhafte Prüfung - unter Berücksichtigung des in den neuen Bundesländern geringeren Anteils von Privatversicherten -, wird die erweiterte regelhafte Plausibilitätsprüfung durchgeführt. Im Rahmen dieser Prüfungen berücksichtigt die KV Sachsen weitere Kriterien , um zu prüfen, ob sich die Abrechnungsauffälligkeiten zugunsten des Arztes erklären lassen. Diese Kriterien sind in § 8 der Verfahrensordnung über den Inhalt und die Durchführung der Plausibilitätsprüfung gern. § 106d Abs. 2 SGB V der KV Sachsen geregelt . Dazu gehören u.a. der in den neuen Bundesländern geringe Anteil von Privatversicherten , die Beschäftigung genehmigter Assistenten, eine überdurchschnittliche Fallzahl , die fachliche Spezialisierung und der Anteil nicht zeitbewerteter Leistungen. Frage 4: Inwieweit kennt die Staatsregierung Ausmaß und Entwicklung der Regressforderungen der KVS im Vergleich zu den anderen KVen im Bundesgebiet? Der Staatsregierung liegen keine eigenen Kenntnisse über das Ausmaß und die Entwicklung von Regressforderungen der Kassenärztlichen Vereinigungen in anderen Bundesländern vor. Eine gesetzliche Meldepflicht der Kassenärztlichen Vereinigung gegenüber der Aufsicht besteht nicht. Nach Auskunft der KV Sachsen werden im Rahmen der alle Ärzte und Psychotherapeuten betreffenden Prüfungen im Mittel ca. 2,5% der Mitglieder der KV Sachsen auffällig und müssen unberechtigt erhaltenes Honorar zurückführen. Das rückgeforderte Honorar für das als Beispiel geltende Abrechnungsjahr 2014 beläuft sich auf insgesamt 4,9 Mio Euro. Dies entspricht ca. 2% der im Jahr verausgabten Gesamtvergütung . Seite 3 von 4 Freistaat SACHSEN STAATSMlNlSTERlUM FÜR SOZIALES UND VERBRAUCHERSCHUTZ Frage 5: Inwiefern gibt es bei auffälligen Zeitprofilen Beratungsroutinen und Frühwarnmechanismen für Ärzte, insbesondere für Jungärzte, um diese vor hohen Regressforderungen zu schützen und sind der Staatsregierung Fälle bekannt, bei denen Regressforderungen zu Insolvenz und Aufgabe der Praxis zwangen? Ärztinnen und Ärzten, die sich im Bereich der KV Sachsen neu niederlassen, bietet die KV Sachsen sog. Praxiseinsteiger-Seminare an, in denen diese über alle die vertragsärztliche Tätigkeit betreffenden Sachverhalte informiert werden, darunter auch die Hintergründe und die Maßnahmen der Plausibilitätsprüfung. Darüber hinaus werden diese Ärztinnen und Ärzte zu Beginn ihrer Tätigkeit intensiv begleitet. Kommt es zu Überschreitungen der Zeitprofile, werden diese zeitnah darauf hingewiesen und die Ursachen für diese Überschreitungen analysiert. Darüber hinaus stehen den Ärztinnen und Ärzten weitere umfängliche Beratungsangebote der KV Sachsen zur Verfügung. Diese sind auf der Webseite der KV Sachsen unter http://www. kvs-sachsen. de/aerztlicher-nachwuchs/ sowie http://www. kvs-sachsen . de/m itg lieder/serviceleistungen/beratungsangebote/ für jedermann zugänglich. Die Wahrnehmung dieser Angebote obliegt der Ärzteschaft in eigener Verantwortung. Honorarrückforderungen sind die Konsequenz aus der Feststellung einer fehlerhaften Abrechnung bei der Abrechnung ärztlicher Leistungen. Sollte es den betroffenen Ärzten nicht möglich sein, eine festgelegte Honorarrückforderung in den benannten Fristen zu begleichen, können diese einen Antrag auf Stundung oder Ratenzahlung stellen. Der Staatsregierung und der KV Sachsen sind auf Nachfrage keine Fälle bekannt, bei denen Regressforderungen die Insolvenz und Aufgabe der Praxis eines vertragsärztlichen Leistungserbringers begründeten. Mit freundlichen Grüßen 0. t/llt{ Barbara Klepsch Seite 4 von 4 Freistaat SACHSEN 2019-04-30T09:22:39+0200 pseudo: Elektronisches Dokumentations- und Archivsystem Erstellung des Nachweisdokumentes