STAATSMINISTERIUM DER JUSTIZ SACHSISCHES STAATSMINISTERIUM DER JUSTIZ Hospitalstraße 7 ll01097 Dresden Präsidenten des Sächsischen Landtages Herrn Dr. Matthias Rößler Bern hard-von-Lindena u-Platz 1 01067 Dresden Kleine Anfrage des Abgeordneten Andre Wendt (AfD) Drs.-Nr.: 6117436, Thema: Anklage gegen einen Dolmetscher Sehr geehrter Herr Präsident, den Fragen sind folgende Ausführungen vorangestellt: ,,Leut einem Bericht von Focus-Online vom 09.04.2019 hat die Staatsanwaltschaft Ghemnitz Anklage gegen einen Dolmetscher erhoben, der bei den Ermittlungen zur tödlichen Messerattacke auf Daniel H. im August 2018 in Chemnitz mehrere Zeugenaussagen übersetzt hat. Dem Bericht zufolge handelt es sich um einen 47-Jährigen aus dem lrak, der seit 20 Jahren in Deutschland lebt und als nicht beeidigter Dolmetscher tätig ist. Er soll gemeinsam mit der Freundin des derzeit vor Gericht stehenden Alaa S. im November 2018 versucht haben, einen der Hauptbelastungszeugen zur Änderung seiner Aussage zu drängen. Dieser Hauptbelastungszeuge sei nach seiner Vernehmung mehrfach bedroht worden. Namens und im Auftrag der Sächsischen Staatsregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Seite I von 5 w Dresden. ,{ç.vriàots TOB Freistaat SACHSEN Der Staatsminister Durchwahl Telefon +49 351 564 15000 Telefax +49 351 564 15009 Staatsminister@ smj.justiz.sachsen.de* Aktenzeichen (bitte bei Antwort angeben) 10408t13t1542-KLR MIT 1' o ErEtttNtriltlllætlüll,Trt WUWJOB.IIIT.I.DE Hausanschrift: Sächsisches Staatsminlsterium der Justlz Hospitalstraße 7 01097 Dresden Br¡efpost t¡ber Deutsche Post 01 095 Dresden www.justiz. sachsen. de/smj Verkehrsverbindung: Zu erreichen mit Straßenbahnlinien s,6,7,8, 11 Parken und behindertengerechter Zugang über Einfahrt Hospitalstraße 7 Hinweise zum Datenschutz erhalten Sie auf unserer lnternetseite . Auf Wunsch senden wir lhnen diese Hinweise auch zu. Zugang fur êlektron¡sch signierte sowiê für v€rschlüsselta elekttoni6che Dokumente nur per EGVP, beBPo oder Oê-Ma¡l; nåhers lnformationên zur slsktron¡schen Kommun¡kat¡on m¡t såchsischsn Just¡zbehÖrden unter w.iustiz.sâchsen.de/E- Kommun¡kation. STAATSMINISTERIUM DER JUSTIZ Freistaat SACHSENw Frage l: Wegen welcher Straftatbestände wurde gegen den genannten Dolmetscher ermittelt und Anklage erhoben? Gegen den Dolmetscher ermittelt die Staatsanwaltschaft Chemnitz wegen Versuchs derAnstiftung zur Falschaussage gemäß SS 153, 159, 30 Abs. 1 des Strafgesetzbuches (StGB). Die am 26. Mäz 2019 erhobene Anklage wurde mit Verfügung der Staatsanwaltschaft Chemnitz vom 10. April 2019 zuruckgenommen, Die Staatsanwaltschaft hat n unmehr Nacherm ittlungen angeordnet. Frage 2: Wurde bzw. wird in diesem Zusammenhang gegen weitere Personen ermittelt bzw. Anklage erhoben? Von der Beantwortung der Frage wird abgesehen, da insoweit aufgrund der laufenden Ermittlungen die Vorschrift des S 477 Absatz 2 Satz 1 Strafprozessordnung (SIPO) entgegensteht. Nach dieser Vorschrift sind Auskünfte aus Akten zu versagen, wenn der Übermittlung Zwecke des Strafverfahrens entgegenstehen. Eine vollständige Beantwortung der Kleinen Anfrage würde den Erfolg des noch nicht abgeschlossenen Ermittlungsverfahrens gefährden. Sofern Einzelheiten zu bisherigen Ermittlungserkenntnissen bekannt würden, könnte dies dazu führen, dass der Erfolg der weiteren notwendigen Ermittlungen vereitelt würde, indem etwa auf Zeugen eingewirkt wird. Die aufgeführten Gründe der Nichtbeantwortung der Fragen hindern auch eine Beantwortung der Anfrage in einer nichtöffentlichen Sitzung des Landtages oder mit entsprechendem Geheimhaltungsvermerk. Auch bei einer unter solchen Umständen erfolgenden Bekanntgabe der Ergebnisse der bisherigen Ermittlungen ist im vorliegenden Fall nicht mit Sicherheit auszuschließen, dass Einzelheiten zu den bisherigen Ermittlungsergebnissen bekannt und dadurch die weiteren Ermittlungen gefährdet würden. Eine Abwägung der lnformationsinteressen des Antragstellers mit dem lnteresse an der Geheimhaltung der Ermittlungsergebnisse geht derzeit zu Lasten des Abgeordneten. Das lnteresse des Abgeordneten an vollständiger lnformation ist ein hohes, durch Artikel 51 Absatz 1 der Verfassung des Freistaates Sachsen verfassungsrechtlich gewähr- Seite 2 von 5 STAATSMINISTERIUM DER JUSTIZ Freistaat SACHSENw leistetes Gut. Aber auch das staatliche lnteresse an einer wirkungsvollen Strafverfolgung ist ein hohes, aus dem Rechtsstaatsprinzip hergeleitetes verfassungsrechtliches Schutzgut. Bei vollständiger Beantwortung der Fragen wäre der Schaden für das laufende Ermittlungsverfahren womöglich irreparabel. Das lnformationsinteresse des Abgeordneten ist demgegenüber nicht vollständig zurückgedrängt. Seine Venruirklichung hat lediglich insoweit und so lange zurückzustehen, wie eine vollständige Beantwortung tatsächlich ei ne Gefährdu ng des Erm ittlungserfolges zeitigen würde. Frage 3: Seit wann und in wie vielen Fällen ist der Dolmetscher als nicht beeidigter Dolmetscher für Ermittlungsbehörden tätig geworden? Die Frage wird hier so verstanden, dass mit Ermittlungsbehörden die Polizei und die Staatsanwaltschaften gemeint sind. Für die Staatsanwaltschaften ist lediglich aus dem Haushaltsportal der Justiz ersichtlich , wann auf Anordnung einer entsprechenden Anordnungsstelle eine Auszahlung an den benannten Dolmetscher erfolgte, da aus den staatsanwaltschaftlichen Datenbanken nicht ersichtlich ist, wann ein Dolmetscher eingesetzt worden ist. Ferner ist darauf hinzuweisen, dass insoweit rückwirkend nur Daten ab dem Jahr 2013 ermittelt werden können, da fur die rechnungsbegründenden Unterlagen nur eine Aufbewahrungsfrist von sechs Jahren besteht. Dies zugrunde gelegt, ist lediglich in einem Fall eine Tätigkeit des benannten Dolmetschers für die Staatsanwaltschaft Dresden ersichtlich, da im Jahr 2017 auf Anordnung der Staatsanwaltschaft Dresden eine Auszahlung an den benannten Dolmetscher erfolgt ist. Von einer weitergehenden Beantwortung der vorgenannten Frage wird wegen des hierfür unverhältnismäßigen Aufwandes abgesehen. Für lnanspruchnahmen von bestimmten Dolmetschern gibt es in den Datenbanken der sächsischen Polizei keine separate Erfassungsmöglichkeit, weder im Bereich der Ermittlungen noch bei Zahlungsvorgängen. Seite 3 von 5 STAATSMINISTERIUM DER JUST¡Z Freistaat SACHSENw lnsoweit liegen die abgefragten lnformationen der sächsischen Polizei nicht unmittelbar vor und können auch nicht durch eine elektronische Recherche erlangt werden. Bereits die Auswertung der Zahlungsvorgänge im Zusammenhang mit Dolmetscherleistungen einer Ermittlungsbehörde eines Jahres würde die händische Auswertung von rd. 4.000 Akten erfordern, die allein bei der Polizeidirektion Chemnitz innerhalb des Jahres 2018 bearbeitet wurden. Eine solche Auswertung wäre nur mit einem unverhältnismäßigen Auñ¡¡and möglich, der ohne den Verlust der Funktionsfähigkeit der Polizei in der für die Beantwortung der Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Frist nicht zu leisten wäre. Es wären umfangreiche und zeitaufwendige Recherchen in den Akten- und Datenbeständen der Polizei erforderlich. Dabei ist der Zeitaufwand für das Ziehen der Akten aus den Organisationseinheiten bzw. aktenhaltenden Stellen, der Aufiruand zur Beiziehung von Zuarbeiten und für ergänzende elektronische Recherchen, das Auswerten der Akten und Daten sowie die schriftliche Dokumentation des gefundenen Ergebnisses zu berücksichtigen . Für die entsprechende Auswertung der Akten ist daher von einem Arbeitsaufwand von durchschnittlich mindestens 30 Minuten je Verfahren auszugehen. Dies zugrunde gelegt, wird der für die händische Auswertung der Akten zu insgesamt rd. 4.000 Vorgängen zeitliche Aufwand auf rd. 250 Arbeitstage für einen in Vollzeit tätigen M itarbeiter geschätzt. Auch unter Berücksichtigung des hohen Rangs des parlamentarischen Fragerechts erscheint der zur Beantwortung der Frage erforderliche Aufwand nicht mehr verhältnismäßig und zumutbar. Eine Beantwortung der Frage würde in erheblichem Umfang eine größere Anzahl von Bediensteten in der sächsischen Polizei, die für laufende Arbeiten nicht mehr zur Verfügung stünden, binden. Die Staatsregierung kam bei der Abwägung zwischen dem parlamentarischen Fragerecht einerseits und der Sicherung der Funktionsfähigkeit der Staatsregierung und der ihr nachgeordneten Behörden andererseits daher zu dem Ergebnis, dass eine weitergehende Beantwortung der Frage unverhältnismäßig und ohne erhebliche Einschränkung der Funktionsfähigkeit der Polizei nicht zu leisten ist. Seite 4 von 5 STAATSMINISTERIUM DER JUSTIZ Freistaat SACHSENlw Frage 4: Seit wann ist dem Staatsminister der Justiz bekannt, dass gegen den Dolmetscher strafrechtlich ermittelt und Anklage erhoben wurde? Die Frage wird im Zusammenhang mit der Frage 5, in der nach ,,weitere[n] Sachverhalte [n]" gefragt wird, hier so verstanden, dass nach dem Zeitpunkt des Bekanntwerdens im Staatsministerium der Justiz gefragt ist. Der Generalstaatsanwalt des Freistaates Sachsen informierte mit Bericht vom 10. April 2019 das Sächsische Staatsministerium der Justiz darüber, dass gegen den betretfenden Dolmetscher ermittelt und Anklage erhoben wurde. Frage 5: Sind dem Staatsministerium der Justiz weitere Sachverhalte bekannt, aus denen sich ergibt, dass der Dolmetscher in weiteren Fällen auf Zeugen oder andere Personen eingewirkt oder in Vernehmungen unrichtig übersetzt haben könnte? Es sind im Staatsministerium der Justiz keine weiteren Sachverhalte bekannt, aus denen sich ergibt, dass der Dolmetscher auf Zeugen oder andere Personen eingewirkt oder in Vernehmungen unrichtig übersetzt haben könnte. Mit freundlichen Grüßen Sebastian Gemkow Seite 5 von 5 2019-05-15T09:36:17+0200 pseudo: Elektronisches Dokumentations- und Archivsystem Erstellung des Nachweisdokumentes