SÄCHSISCHES STAATSMINISTERIUM FÜR KULTUS Postfach 10 0910 101079 Dresden Präsidenten des Sächsischen Landtages Herrn Dr. Matthias Rößler Bernhard-von-Lindenau-Piatz 1 01067 Dresden STAATSM1N1STER1UM FÜR KULTUS Kleine Anfrage des Abgeordneten Carsten Hütter (AfD) Drs.-Nr.: 6/17474 Thema: Politische Veranstaltung in der Sigfried Richter Oberschule Gröditz Sehr geehrter Herr Präsident, den Fragen sind folgende Ausführungen vorangestellt: "ln der Sigfried Richter Oberschule in Gröditz fand am Freitag, den 29.03.2019 in der Zeit von 8.00 Uhr bis 9.40 Uhr, eine politische Diskussionsveranstaltung zum Thema 'Rechtsextremismus und lslamismus' statt. Eine Schulklasse der Schule nahm u. a. daran teil, beworben wurde die Veranstaltung öffentlich durch die Volkshochschule Meißen. Es dozierten drei Personen, ein sog. Aussteiger aus der rechtsextremen Szene, eine Person muslimischen Glaubens, welche aus Äthiopien stammt, und eine weitere Person. Der Aussteiger äußerte auf dieser Veranstaltung u. a., dass die AfD mit Finanzmitteln, welche durch deren Abgeordnete erwirtschaftet werden, Rechtsradikale fördere und ·Frauen, welche aus der AfD austreten wollten, mit Vergewaltigung gedroht würde. Hinsichtlich der letztgenannten Punkte erfolgten keine Widerreden durch die beiden anderen Redner." Namens und im Auftrag der Sächsischen Staatsregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Vorangestellt wird, dass die in der Vorbemerkung zur Kleinen Anfrage formulierten Punkte im Sächsischen Staatsministerium für Kultus weder bekannt sind noch berichtet worden. Frage 1: Welche Erkenntnisse hat die Staatsregierung hinsichtlich der oben genannten Schulveranstaltung? (Bitte insbesondere aufschlüsseln , auf wessen Veranlassung diese durchgeführt wurde, wer konkret die Redner aussuchte und einlud, wer die Redner waren bzw. welchem Verein/Gruppierung diese zuzuordnen sind, wer daran teilnahm, was genau vorgetragen wurde, wann und wie konkret die Veranstaltung der Schulaufsicht gemeldet wurde und wer die Durchführung, warum, genehmigt hat) Seite 1 von 4 Der Staatsminister Ihr Zeichen Ihre Nachricht vom 24. April 2019 Geschäftszeichen (bitte bei Antwort angeben) Z-1053/17/82 Dresden, 1({ . Mai 2019 MACH __ _ WAS - WICHTIGES Arbtittn im Öfftntlkhtn Ditn~ l Sach~tn Hausanschrift: Sächsisches Staatsministerium fOr Kultus Carolaplatz 1 01097 Dresden www.smk.sachsen.de Verkehrsverbindung: Zu erreichen mit den Straßenbahnlinien 3, 7, 8 Informationen zum Zugang für elektronisch signierte sowie für verschlüsselte elektronische Dokumente erhalten Sie unter www.smk.sachsen.de/kontakt.htm STAATSMlNlSTERlUM FÜR KULTUS ~SACHsEN Am 29. März 2019 fand in den ersten beiden Unterrichtsstunden im Gemeinschaftskundeunterricht der Klasse 9b an der Oberschule Gröditz eine Informations- und Diskussionsrunde mit Gästen zum Thema "Zwei Seiten einer Medaille: Rechtsextremismus und lslamismus" statt. Das Angebot für die Veranstaltung erfolgte durch die Volkshochschule im Landkreis Meißen e. V. über das "Bündnis für Demokratie und Zivilcourage e. V.". Das Bündnis ist langjähriger Kooperationspartner der Oberschule Gröditz zu Fragen von Politik- und Demokratieerziehung. Das Angebot entspricht der Empfehlung der Sächsischen Landeszentrale für politische Bildung (SLpB}, die diese Veranstaltung auch an anderer Stelle in Kooperation mit Volkshochschulen realisiert. Die Genehmigung zur Realisierung im Rahmen des Gemeinschaftskundeunterrichtes erfolgte durch die Schulleiterin in eigener Zuständigkeit. Die Referenten waren : • Philip al Khazan hat Islamwissenschaften studiert und arbeitet als Religionspädagoge für die Hamburger Schulbehörde als Sozialarbeiter und Ausstiegshelfer für den Hamburger Verein "Legato", der sich um Aussteiger aus der Terrororganisation "Islamischer Staat" bzw. aus gewaltbereiten salafistischen Gruppen kümmert. Er arbeitet auch als Bildungsreferent für verschiedene Institutionen u. a. für die Bundeszentrale für politische Bildung und die Bundespolizei. • Christian Ernst Weißgerber, Kulturwissenschaftler, ist ein Neonazi-Aussteiger (gerade erschienen: "Mein Vaterland!- Warum ich ein Neonazi war"}, hat Kulturwissenschaften in Jena, Berlin und Paris studiert (MA} , arbeitet als freier Bildungsreferent vor allem in Baden- Württemberg und Nordrhein-Westfalen. • Kai Adler, Moderatorin, arbeitet seit rund 20 Jahren als Hörfunkjournalistin für alle ARD- Anstalten, vor allem Features im Bereich Gesellschaft (u. a. interkultureller Dialog). Sie hat Vergleichende Literaturwissenschaften in Berlin und England studiert (MA) und ein Zusatzstudium als Lehrerin abgeschlossen. Seitens der Schule nahmen ein Fachlehrer für Gemeinschaftskunde und eine weitere Fachlehrerin teil. Anwesend waren neben den zwei Lehrern auch ein Vertreter des Netzwerkes Demokratie und Courage sowie ein Vertreter der AfD, der sich aktiv in die Debatte einbrachte. Einige Schüler trugen Kleidung mit erkennbar rechten Symbolen. Die Volkshochschule Meißen hatte die Veranstaltung in der Schule öffentlich beworben. Veranstaltungen an Schulen sind Ergänzungsangebote zu Abendveranstaltungen im Rahmen des Kooperationsprojektes "Kontrovers vor Ort" der SLpB mit den sächsischen Volkshochschulen . Das Angebot an entsprechende Schulen in ihrem Zuständigkeitsbereich übernehmen in der Regel die Volkshochschulen in den jeweiligen Regionen. Die Referenten der Veranstaltungen werden vom Projektteam "Kontrovers vor Ort" der SLpB ausgewählt. Ziel der Veranstaltung sei es laut Projektteam, darüber aufzuklären, dass mit dem Islamismus und dem Rechtsextremismus zwei Strömungen in Deutschland und international existieren, die nicht nur gewaltbereit seien , sonder.n die in den vergangenen Jahren auch verstärkt Zulauf erhalten hätten. Dabei werde inhaltlich darüber diskutiert, dass die scheinbaren Gegensätze bei näherer Betrachtung viele Parallelen aufweisen würden, etwa indem beide Bewegungen ähnliche Narrative nutzen: lslamisten wähnen sich im Krieg gegen einen ihrer Überzeugung nach islamfeindlichen Westen, während Rechtsradikale meinen, sich im Kampf gegen eine vermeintlich die westliche Weit bedrohende "lslamisierung des Abendlandes" zu befinden. Seite 2 von 4 STAATSM1N1STER1UM FÜR KULTUS Frage 2: Wie viele Veranstaltungen, in denen externe Redner/Dozenten zum Thema Rechtsextremismus und/oder Islamismus und/oder Linksextremismus vortrugen, wurden in sächsischen Schulen von Anfang 2014 bis zum aktuellen Zeitpunkt durchgeführt und in welchem Umfang sind weitere Veranstaltungen im o. g. Sinne geplant? (Bitte möglichst konkret ausführen) Die Themen Rechtsextremismus und/oder Islamismus und/oder Linksextremismus werden an sächsischen Schulen im Rahmen der Erfüllung des Bildungs- und Erziehungsauftrages, insbesondere auch in Erfüllung des Lehrplanes Gemeinschaftskunde/Rechtserziehung im Unterricht und darüber hinaus behandelt. Dabei liegt es in der Verantwortung der Schulleitungen, ggf. auch externe Kompetenz in den Unterricht bzw. andere Schulveranstaltungen einzubeziehen. Statistiken zum Umfang der Beteiligung Externer im o. g. Sinne liegen nicht vor. Nach Rückmeldungen durch die Schulen ist lt. Landesamt für Schule und Bildung davon auszugehen, dass ein erheblicher Teil der Schulen externe Angebote nutzt. Als Kooperationspartner wurden beispielsweise benannt: • Jugendoffiziere der Bundeswehr (Veranstaltungen zu internationaler Politik/Sicherheitspolitik ), • Holocaust-Überlebende und Mitglieder des WN/BdA, • Ev.-luth. Landeskirche Sachsen, • sächsische Polizeibehörden, • Netzwerk für Demokratie und Courage e. V. Dresden. Darüber hinaus ist aus der Arbeit der SLpB bekannt: • Zweites Halbjahr 2018: Julia Ebner: "Wut" - Was Rechtsextreme und lslamisten mit uns machen (wollen); insgesamt vier Veranstaltungen in Schulen, • erstes Halbjahr 2019: Zwei Seiten einer Medaille - Rechtsextremismus und lslamismus; (s. o.), insgesamt vier Veranstaltungen in Schulen, • Timo Büchner: Hip, modern, antisemitisch - Über die Musik der Neonazis; insgesamt vier Veranstaltungen in Schulen, • in den Jahren zuvor: Zwei Veranstaltungen an berufsbildenden Schulen, keine an allgemeinbildenden Schulen. Auch diese Veranstaltungen werden im Rahmen des Kooperationsprojektes zwischen SLpB und den sächsischen Volkshochschulen "Kontrovers vor Ort" konzipiert und den Schulen angeboten. Frage 3: Wer waren jeweils die Akteure hinter den Veranstaltungen im Sinne der Frage 2., wie wurden die Veranstaltungen formal eingestuft [Unterricht, Projektwoche, Ferienprojekte usw.], auf wessen Veranlassung wurden diese durchgeführt, wer suchte konkret die Redner und Moderatoren aus und lud diese ein, wer nahm daran teil, wann und wie konkret wurden die Veranstaltung der Schulaufsicht gemeldet und wer genehmigte die Durchführung jeweils? Auf die Antwort zu Frage 2 wird verwiesen . Seite 3 von 4 STAATSM1N1STER1UM FÜR KULTUS Die Entscheidung zur Durchführung einer Veranstaltung bzw. zur Einbeziehung externer Partner liegt bei den Schulleiterinnen und Schulleitern in eigener Verantwortung. Gegenüber der Schulaufsicht besteht keine Meldepflicht. Frage 4: Welche Erkenntnisse hat die Staatsregierung hinsichtlich des Verstoßes gegen die Neutralitätspflicht der Schule durch die Veranstaltung im Sinne der Frage 1. und weitere Veranstaltungen im Sinne der Frage 2., insbesondere gegen die Grundsätze des Beutelsbacher Konsens und wie beabsichtigt die Staatsregierung zukünftig das Neutralitätsgebot der Schule zu gewährleisten? Im Zusammenhang mit den genannten Veranstaltungen ist eine Verletzung einer parteipolitischen Neutralität der Schulen nicht ersichtlich . Es ist auch nicht erkennbar, weshalb die Grundsätze des Beutelsbacher Konsens verletzt worden seien - und dies aus folgenden Gründen: • Die konkret benannten Veranstaltungen der SLpB stellen ein Aufklärungsangebot über zwei Formen des Extremismus dar. Schon dies beinhaltet eine Mehrperspektivität. • Die Bekämpfung extremistischer Haltungen unterscheidet sich grundsätzlich von der Behandlung kontroverser Positionen in allgemeinpolitischen Fragen, weil Extremismen die Grundlage der freiheitlichen demokratischen Grundordnung angreifen. Diese Angriffe abzuwehren, ist Aufgabe aller Demokraten. • Meinungsäußerungen von Referenten unterliegen der grundgesetzlich geschützten Meinungsfreiheit gemäß Art . 5 GG. Frage 5: Sofern Antworten auf die Fragen 1. bis 4. durch die Staatsregierung nicht oder nur teilweise gegeben werden können: Warum liegen der Staatsregierung nicht mehr Informationen vor und welche Schritte ergreift diese, um das zu ändern? Entfällt, da die Fragen 1 bis 4 umfassend beantwortet wurden. Mit freundlichen Grüßen Seite 4 von 4 2019-05-16T10:42:04+0200 pseudo: Elektronisches Dokumentations- und Archivsystem Erstellung des Nachweisdokumentes