Seite 1 von 5 Durchwahl Telefon: 0351 564-80001 Telefax: 0351 564-80080 Aktenzeichen (bitte bei Antwort angeben) 44-1053/16/32 (zu PKL-1053/78/34) Dresden, 28. Mai 2019 Sächsisches Staatsministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr Postfach 10 03 29 | 01073 Dresden Präsidenten des Sächsischen Landtages Herrn Dr. Matthias Rößler Bernhard-von-Lindenau-Platz 1 01067 Dresden Hausanschrift Sächsisches Staatsministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr Wilhelm-Buck-Straße 2 01097 Dresden Außenstellen Ammonstraße 10 01069 Dresden Glacisstraße 4 01099 Dresden www.smwa.sachsen.de Verkehrsanbindung: Zu erreichen mit den Straßenbahnlinien 3, 7, 8, 9 - Haltestelle Carolaplatz * Information zum Zugang für verschlüsselte elektronische Dokumente unter www.smwa.sachsen.de/kontakt.htm poststelle@smwa-sachsen. de-mail.de Kleine Anfrage des Abgeordneten Rico Gebhardt (DIE LINKE) Drs.-Nr.: 6/17501 Thema: Elementarschadenpflichtversicherung in Sachsen – Stand der Umsetzung des Koalitionsvertrages Sehr geehrter Herr Präsident, den Fragen sind folgende Ausführungen vorangestellt: „Im Koalitionsvertrag von CDU und SPD in Sachsen ist auf der Seite 84 formuliert: „Wir werden uns gegenüber der Versicherungswirtschaft und dem Bund dafür einsetzen, dass jeder Bürger eine bezahlbare Elementarschadensversicherung erhalten kann.“ Mich erreichte die Zuschrift eines Bürgers, der den folgenden Sachverhalt schildert: Er besitze ein Haus samt Grundstück in unmittelbarer Nähe der Mulde und war 2002 und 2013 vom Hochwasser betroffen. Nach dem zweiten Schaden habe ihm sein Versicherungsunternehmen den Versicherungsvertrag für das Wohnhaus, der ihn auch gegen Elementarschäden absicherte, gekündigt. Seitdem bemühe er sich, bis heute erfolglos, um eine Elementarschadensversicherung für sein Eigentum . Alle Versicherungen lehnten bisher seine Anfragen ab und berücksichtigten dabei nicht, dass 2013 umfangreiche Sanierungsmaßnahmen am Schutzdeich durchgeführt worden sind. Das betroffene Grundstück besitze nunmehr laut dem Landratsamtsamt und der Landestalsperrenverwaltung einen HQ100-Schutz und gehöre folglich zur zweitniedrigsten Gefahrenklasse (GK2), die eigentlich problemlos versicherbar sei. Alle Versicherungen bezögen sich allerdings auf das »Zonierungssystem für Überschwemmung, Rückstau und Starkregen« (ZÜRS, http://www.kompass-naturgefahren.de), in dem sein Grundstück weiterhin der höchsten Gefahrenklasse (GK4) zugeordnet sei. Somit könne er keine Versicherung abschließen.“ Namens und im Auftrag der Sächsischen Staatsregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Der Staatsminister Seite 2 von 5 Frage 1: Welche konkreten Maßnahmen hat die Staatsregierung unternommen, um das im Koalitionsvertrag vereinbarte Ziel zu erreichen, eine allgemeine Elementarschadenpflichtversicherung zu verwirklichen? Frage 2: Welche konkreten Ergebnisse haben sich bisher aus den unter 1. genannten Maßnahmen ergeben und aus welchen Gründen hat die Landesregierung bislang nicht erreichen können, „dass jeder Bürger eine bezahlbare Elementarschadensversicherung erhalten kann“? Zusammenfassende Antwort auf die Fragen 1 und 2: Der Zugang zu einer bezahlbaren Elementarschadensversicherung für jeden Bürger ist ein wichtiges Anliegen der Sächsischen Staatsregierung. Dies verdeutlicht auch die in der Vorbemerkung zitierte Vereinbarung im sächsischen Koalitionsvertrag. Aus diesem Koalitionsvertrag lässt sich aber nicht ableiten, dass sich die Sächsische Staatsregierung ausschließlich für eine „…allgemeine Elementarschadenspflichtversicherung…“ ausspricht, wie es mit Frage 1 der Kleinen Anfrage unterstellt wird. Das Thema einer Elementarschadensversicherung war seit dem Hochwasser 2013 – auch auf maßgebliches Betreiben der Sächsischen Staatsregierung – regelmäßig ein Beratungsgegenstand der Fachministerkonferenzen wie der Konferenzen der Regierungschefinnen und -chefs der Länder (Ministerpräsidentenkonferenz) sowie der Konferenz der Chefinnen und Chefs der Staats- und Senatskanzleien der Länder. Untersucht wurde im Auftrag der Ministerpräsidentenkonferenz sowie der Fachministerkonferenzen insbesondere auch die Möglichkeit zur Einführung einer Pflichtversicherung für Elementarschäden . Eine bundesweite Pflichtversicherung gegen Elementarschäden stellt dabei lediglich eine Möglichkeit dar, ist aber an enge verfassungsrechtliche Voraussetzungen gebunden. Dabei kommt es auch maßgeblich auf die Entwicklung des Marktes für Versicherungen gegen Elementarschäden an. Die Prüfungen der von der Ministerpräsidentenkonferenz beauftragten Konferenz der Justizministerinnen und Justizminister haben ergeben, dass die vorliegenden Daten eine Einführung unter den geltenden verfassungsrechtlichen Rahmenbedingungen derzeit nicht rechtfertigen. Aus verfassungsrechtlichen wie tatsächlichen Erwägungen wurde davon im Einvernehmen der Länder abgesehen. Die Interessen der Bundesländer beim Thema „Elementarschäden“ sind allerdings unterschiedlich gelagert. Sachsen setzt sich gegenüber der Versicherungswirtschaft und dem Bund dafür ein, dass jeder Bürger eine bezahlbare Elementarschadensversicherung erhalten kann. Der von den Fachministerkonferenzen und der Konferenz der Regierungschefinnen und -chefs der Länder ausgehende politische Nachdruck hat aber dazu beigetragen, dass sich die Versicherungswirtschaft um die Thematik Elementschadensversicherung weiter bemüht. Inzwischen bieten Versicherungen einen flächendeckenden Versicherungsschutz auch in Hochrisikogebieten nach dem in der Einführung zur Kleinen Anfrage in Bezug genommenen Zonierungssystem (ZÜRS 4) an. Eine im Auftrag des GDV im Jahr 2016 durchgeführte repräsentative Umfrage „Elementarschadensversicherung in Deutschland“ des Marktforschungsinstituts GfK kommt zu dem Ergebnis, dass die Anzahl der Verbraucher, die keine Elementarschadensversicherung erhalten hätten, statistisch kaum messbar sei. Seite 3 von 5 In Sachsen ist der Anteil der gegen Elementarschäden versicherten Gebäude inzwischen auf 47 Prozent gestiegen (Quelle: GDV.DE, Schätzung März 2019). Nach Baden -Württemberg nimmt Sachsen damit einen bundesweiten Spitzenplatz ein. Der Grundstückseigentümer ist bereits in eigenem Interesse angehalten, Elementarschadensrisiken finanziell selbst abzusichern. Hier setzt eine weitere Initiative der Staatsregierung an. Zahlreiche Verbraucher gehen (irrtümlich) davon aus, keinen Elementarschadensrisiken ausgesetzt oder über ihre Gebäudeversicherung ausreichend geschützt zu sein. Deshalb werden die Verbraucher über die Notwendigkeit einer Absicherung dieser Risiken zunehmend besser informiert. Die Verbraucherzentrale Sachsen hat am 7. April 2017 das „Naturgefahrenkolloquium 2017“ veranstaltet, das der sächsische Ministerpräsident eröffnet hat. Unter dem Stichwort „Kompass Naturgefahren – Risiken per Mausklick erkennen“ bietet der Freistaat Sachsen darüber hinaus bereits seit 2012 in Zusammenarbeit mit dem GDV einen Service an, bei dem sich Mieter , Hausbesitzer und Unternehmer darüber informieren können, wie stark ihr Gebäude durch Hochwasser gefährdet ist (www.zuers-public.de). Zudem erfahren die Nutzer, welches Risiko für weitere Naturgefahren wie Starkregen, Sturm, Blitzschlag und Erdbeben besteht. Auch auf Betreiben der Sächsischen Staatsregierung hat sich die Ministerpräsidentenkonferenz am 1. Juni 2017 für eine deutliche Erhöhung der Verbreitung von Elementarschadensversicherungen und diesbezüglich für eine bundesweite Elementarschadenskampagne einschließlich der Einrichtung eines Naturgefahrenportals ausgesprochen. Mit weiteren Beschlüssen der Ministerpräsidentenkonferenz vom 14. Juni 2018 und 21. März 2019 konnte auf Betreiben der Sächsischen Staatsregierung erreicht werden, dass die Anliegen Elementarschadenskampagnen und Naturgefahrenportal weiter verfolgt und zusätzlich der Bund um ein Programm zur Förderung des privaten baulichen Hochwasserschutzes ersucht wurde. Auf Grund dessen wird der Bund sukzessive, insbesondere unter Vernetzung bestehender Informationsdienste, ein „Bundesweites Naturgefahrenportal “ auf der Internetseite des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit aufbauen. Im Zusammenhang mit der Hochwasservorsorge steht auch das im Rahmen des 1. Sächsischen Hochwasserschutztages am 9. Juni 2018 in Bad Schandau ins Leben gerufene „Kompetenzzentrum Hochwassereigenvorsorge Sachsen“. Das Kompetenzzentrum fungiert als Ansprechpartner für die Sensibilisierung, Information sowie fachgerechte Beratung der Bürgerinnen und Bürger. Der Freistaat Sachsen hat seit dem Jahr 2002 über 2,9 Milliarden Euro in den öffentlichen Hochwasserschutz und die nachhaltige Schadensbeseitigung an Gewässern investiert . Die Realisierung der Hochwasserschutzmaßnahmen hat das Hochwasserrisiko gesenkt. Frage 3: Wie stellt die Staatsregierung sicher, dass Hochwasserschutzmaßnahmen , die teils bereits vor Jahren fertiggestellt wurden und zu einer veränderten Gefahreneinschätzung seitens der Landestalsperrenverwaltung geführt haben, auch zu einer Aktualisierung des ZÜRS führen – wie es bislang offensichtlich nicht der Fall ist –, damit Gefährdungen realistisch eingeschätzt werden? Seite 4 von 5 Frage 4: Was unternimmt die Staatsregierung, um das in der Vorbemerkung geschilderte Problem des Bürgers, das mit Sicherheit kein Einzelfall ist, aus der Welt zu schaffen und allen Bürgerinnen und Bürgern in Sachsen einen ausreichenden und bezahlbaren Versicherungsschutz für ihr Eigentum zu ermöglichen? Zusammenfassende Antwort auf die Fragen 3 und 4: Das webbasierte Geoinformationssystem ZÜRS (Zonierungssystem für Überschwemmung , Hochwasser und Rückstau) wurde vom Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e. V. (GDV) zur risikogerechten Einschätzung von Naturgefahren entwickelt und wird von Versicherungen deutschlandweit auch zur Errechnung von Prämien genutzt. lm zweiten Zyklus der Hochwasserrisikomanagementrichtlinie 2013 bis 2019 ist die Überarbeitung einer Vielzahl von Hochwasserkarten an Fließgewässern erster Ordnung einschließlich der Elbe erforderlich und auch veranlasst worden. Dazu sind in der Regel umfangreiche hydronumerische Berechnungen unter Einbeziehung der aktuellen Hochwasserstatistiken und der jeweiligen Abflussprofile notwendig, die aufgrund der Gewässerdynamik zu großen Teilen jeweils neu vermessen werden müssen. Eine Aktualisierung ist in der Regel erst dann sinnvoll, wenn entlang eines Gewässerabschnitts alle Hochwasserschutzanlagen fertiggestellt sind. lnsofern kann es zu einem zeitlichen Versatz zwischen dem Abschluss einer bestimmten Schutz-Maßnahme und der Aktualisierung der gebietsübergreifenden Hochwasserkarten kommen. Nach Übergabe der fertigen Hochwasserkarten an die Wasserbehörden und die Gemeinde werden die Daten turnusmäßig an den GDV übermittelt. Die Entscheidung über die Einordnung in die Gefährdungsklassen wird allein durch den GDV vorgenommen. Hierbei ist die Hochwassergefahr nach hiesigem Kenntnisstand nur ein Bestandteil der Bewertung . Die Landestalsperrenverwaltung gibt Bürgern und Unternehmen schon jetzt zu deren Unterstützung auf Anfrage jederzeit schriftliche Informationen zur Durchführung öffentlicher Hochwasserschutzmaßnahmen und zum erreichten Schutzgrad. Die Entscheidung über die Anpassung der Zonierungen und die Gestaltung der Versicherungsleistungen liegen dann jedoch in der Eigenverantwortung der Versicherungswirtschaft. Betroffene Bürger können jedoch dem Versicherer auf aktuellere Erkenntnisse hinweisen , die sie aus dem Landratsamt und der Landestalsperrenverwaltung auf diesem Wege erhalten haben. Ausgehend von den Erfahrungen mit dem Hochwasserereignis 2013 wird derzeit der Änderungsbedarf der bestehenden Richtlinie Elementarschäden vom 29. Juni 2011 (SächsABl. S. 988, 1191) überprüft. Seite 5 von 5 Die Hilfeleistungen des Freistaates Sachsen nach schweren Elementarschadensereignissen sollen sich künftig an den Verfahrensregelungen der Richtlinie Hochwasserhilfen 2013 vom 3. September 2013 (SächsABl. S. 927) orientieren. Insbesondere soll ein einheitlicher, eigenständiger Fördertatbestand vorgesehen werden und der weniger praktikable Verweis auf Fachförderrichtlinien, den die Richtlinie Elementarschäden noch vorsieht, soll entfallen. Insgesamt soll das Verfahren wesentlich vereinfacht und beschleunigt werden. Die Staatsregierung geht auf dieser Grundlage davon aus, dass es ihr im Zusammenwirken mit der Versicherungswirtschaft nachhaltig gelingt, einen Schutz für die meisten Grundstücke und Sachwerte in Sachsen versicherbar zu machen und in etwa verbleibenden einzelnen Ausnahmefällen mit staatlichen Fördermaßnahmen einen Ausgleich sicherstellen zu können. Mit freundlichen Grüßen Martin Dulig Kleine Anfrage des Abgeordneten Rico Gebhardt (DIE LINKE) Drs.-Nr.: 6/17501 Thema: Elementarschadenpflichtversicherung in Sachsen – Stand der Umsetzung des Koalitionsvertrages Sehr geehrter Herr Präsident, Martin Dulig 2019-05-29T08:32:14+0200 pseudo: Elektronisches Dokumentations- und Archivsystem Erstellung des Nachweisdokumentes