STAATSMINISTER1UM DES INNERN Freistaat SACHSEN DerStaatsminister SÄCHSISCHES STAATSMINISTERIUM DES INNERN 01095 Dresden Präsidenten des Sächsischen Landtages Herrn Dr. Matthias Rößler Bernhard-von-Lindenau-Platz 1 01067 Dresden Aktenzeichen (bitte bei Antwort angeben) 31-0141.50/8844 Dresden^ Juni 2015 Kleine Anfrage des Abgeordneten Valentin Lippmann, Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drs.-Nr.: 6/1759 Thema: Kontrollbereiche und Polizeieinsatz in Dresden anlässlich des G7-Gipfels Sehr geehrter Herr Präsident, namens und im Auftrag der Sächsischen Staatsregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkung: Der Abgeordnete verwendet bei der Formulierung seiner Fragen den Begriff "G7-Gipfel". Dem Kontext sowie dem Datum der Anfrage nach zu urteilen, werden mit der Kleinen Anfrage nicht Auskünfte über Maßnahmen im Zusammenhang mit dem G7-Gipfel, der am 7. und 8. Juni 2015 in Elmau /Bayern stattgefunden hat, begehrt. Im Freistaat Sachsen wurden im Zusammenhang mit dem 07-Gipfel auf Schloss Elmau keine Kontrollbereiehe eingerichtet. Mithin wird bei der Beantwortung der Fragen das G7- Treffen der Finanzminister und Notenbankgouverneure vom 27. bis 29. Mai 2015 in Dresden, das in der Öffentlichkeit mitunter auch als Finanzgipfel bezeichnet wurde, zugrunde gelegt. Frage 1: Inwieweit, mit welcher Dauer und aufgrund welcher Anordnung wurden anlässlich des G7-Gipfe!s Kontrollbereiche in Dresden und anderswo in Sachsen eingerichtet? (Bitte jeweils Datum des Beginns und des Endes der jeweiligen Kontrollbereiche, Tag der Anordnung, anordnende Stelle einschl. Rechtsgrundlage angeben.) Frage 2: Welchen konkreten Raumausschnitt umfassten die Kontrollbereiche jeweils? (Bitte Straßenzüge angeben oder Karte beifügen.) Hausanschrift: Sächsisches Staatsministerium des Innern Wilhelm-Buck-Str. 2 01097 Dresden Telefon +49 351 564-0 Telefax +49 351 564-3199 www.smi.sachsen.de Verkehrsanbindung: Zu erreichen mit den Straßenbahnlinien 3, 6. 7. 8. 13 Besucherparkplätze: Bitte beim Empfang WilhelmBuck -Str. 2 oder 4 melden. STAATSMINISTERIUM DES INNERN Freistaat SACHSEN Zusammenfassende Antwort auf die Fragen 1 und 2: Die Polizeidirektion Dresden hat mit Zustimmung des Sächsischen Staatsministeriums des Innern gemäß § 19 Abs. 1 Nr. 6 Sächsisches Polizeigesetz (SächsPolG) zur Verhinderung von Straftaten im Sinne des § 100a Strafprozessordnung (StPO) und § 28 Sächsisches Versammlungsgesetz (SächsVersG) im Zusammenhang mit den Treffen der Finanzminister und Notenbankgouverneure der sieben führenden Industrienationen folgende Kontrollbereiche eingerichtet: Kontrollbereich l: 26. Mai 2015, 20:00 Uhr bis 27. Mai 2015, 23:59 Uhr (Stadt Dresden) Der Kontrollbereich wurde einschließlich der folgenden Straßen eingegrenzt: Antonstraße - Marienbrücke - Könneritzstraße - Ammonstraße - Wiener Platz - Wiener Straße - Gellertstraße - Lennestraße - Güntzstraße - Güntzplatz - Sachsenplatz - Albertbrücke - Glacisstraße - Bautzner Straße - Albertplatz Kontrollbereich II: 28. Mai 2015, 00:00 Uhr bis 29. Mai 2015, 18:00 Uhr (Stadt Dresden) Der Kontrollbereich wurde einschließlich der folgenden Straßen eingegrenzt: Antonstraße - Marienbrücke - Könneritzstraße - Ammonstraße - Wiener Platz - St. Petersburger Straße - Carolabrücke - Albertstraße - Albertplatz - Antonstraße Kontrollbereich III: 28. Mai 2015, 13:00 bis 24:00 Uhr (Schloss Wackerbarth) Der Kontrollbereich wurde einschließlich der folgenden Straßen eingegrenzt: Meißner Straße (Radebeul) - Kottenleite - Moritzburger Straße Frage 3: Welche polizeiliche Gefahrprognose lag der Entscheidung des Innenministeriums zur Anordnung bzw. Zustimmung zur Anordnung der jeweiligen Kontrollbereiche zugrunde? Den Kontrollbereichen lag eine umfangreiche Gefahrenprognose der Polizeidirektion Dresden zugrunde, die sich sowohl auf eine Gefährdungslage "Terrorismus/Anschlag" als auch auf ^ ine Gefährdungslage im Zusammenhang mit Versammlungsgeschehen gestützt hat. Die Einrichtung der Kontrollbereiche war aufgrund der Gefahrenprognose als Mittel geeignet erforderlich und verhältnismäßig, um sowohl Straftaten nach §~100a StPO als auch nach § 28 SächsVersG zu verhindern. Ein gleichwirksames und milderes Mittel war nicht ersichtlich, um insbesondere schwere Straftaten nach § 100a Abs. 2 Nr. 1 d, h i, s StPO sowie das Hineinbringen von Waffen und sonstigen Gegenständen, die ihrer Art nach zur Verletzung von Personen oder Beschädigung von Sachen geeignet und bestimmt sind, zu verhindern. Zum 07-Treffen der Finanzminister und Notenbankgouverneure vom 27. bis 29. Mai 2015 in Dresden wurden neben den Finanzministern und Notenbankchefs der G7- Staaten u. a. der Präsident der Eurogruppe, der Präsident der Europäischen ZentralSeite 2 von 5 STAATSMINISTERIUM DES INNERN Freistaat SACHSEN bank, der Kommissar der Europäischen Union sowie die Direktorin des Internationalen Währungsfonds erwartet. Einige der Teilnehmer des Treffens sind als gefährdete Personen in Gefährdungsstufen eingestuft gewesen. Als Veranstaltungs- und Aufenthaltsbereich wurden das Residenzschloss Dresden sowie das Hotel Taschenbergpalais Kempinski genutzt. Darüber hinaus gab es weitere Veranstaltungsorte in der Dresdner Innenstadt sowie in Radebeul. Aufgrund der verschiedenen Veranstaltungsorte und dem jeweils klar definierten zeitlichen Rahmen, war von der Einrichtung eines allumfassenden Kontrollbereiches über den gesamten Zeitraum abzusehen. Die o. g. Kontrollbereiche wurden lageabhängig eingerichtet. So grenzten die Kontrollbereiche l und II beispielsweise an den Neustädter und den Hauptbahnhof sowie die S-Bahnhöfe Bahnhof Mitte und Freiberger Straße, um bei den erwarteten Versammlungslagen Kontrollen unmittelbar nach Verlassen der Bahnhofsgelande zu ermöglichen. Der Kontrollbereich l ist größer als der unmittelbar zeitlich anschließende Kontrollbereich II. Der Kontrollbereich II konnte im Verhältnis zu dem Kontrollbereich l aufgrund des konkreten Programmverlaufes des Treffens reduziert werden. Die Gefährdungslage "Terrorismus/Anschlag" und die damit verbundene hohe abstrakte Gefahr terroristischer Anschläge ergab sich aus den Einschätzungen des Bundeskriminalamtes insbesondere in Bezug auf die wegen konkreter Gefährdungshinweise am 19. Januar 2015 in Dresden abgesagten Veranstaltungen, den am 15. Februar 2015 in Braunschweig abgesagten Karnevalsumzug, die Schutzmaßnahmen am 28. Februar 2015 in Bremen sowie das für den 1. Mai 2015 in Frankfurt am Main abgesagte Radrennen. Berücksichtigt wurde bei der Gefahrenprognose auch die Einschätzung der Bundessicherheitsbehörden, dass von den in terroristischen Ausbildungslagern oder durch Teilnahme an Kampfhandlungen in Konfliktgebieten - wie etwa Syrien - geschulten und in das Bundesgebiet zurückgekehrten radikalisierten Personen in diesem Kontext nach wie vor eine besonders hohe Gefahr ausgeht. Wie die islamistisch motivierten Terroranschläge am 7. Januar 2015 in Paris uncTam 14. und 15. Februar in Kopenhagen unter Beweis gestellt haben, können durch terroristische Anschläge u. a. Straftaten nach § 100 a Abs. 2 Nr. 1 d, h, i, s StPO verwirklicht werden. Bei dem am 7. Januar 2015 auf die Redaktion der Satirezeitschrift Charlie Hebdo in Paris verübten islamistisch motivierten Terroranschlag töteten zwei maskierte Täter elf Personen, verletzten mehrere Anwesende und brachten auf ihrer Flucht einen Polizisten um. Am 14. und 15. Februar 2015 kam es zu zwei Anschlägen in Kopenhagen/Dänemark. Veranstaltungen, wie das G7-Finanzministertreffen, stellen Ziele mit hohem Symbolwert für Aktionen bis hin zu terroristischen Anschlägen einzelner Personen oder Gruppen von Extremisten jedweden religiösen oder politischen Spektrums dar. Hierdurch besteht über die Gefahr für die Teilnehmer der Treffen hinaus, auch eine konkrete Gefahr für Leben und körperliche Unversehrtheit einer Vielzahl weiterer Personen, wie beispielsweise für das Sicherheits- und Servicepersonal, Anlieger sowie Versammlungsteilnehmer. Der Gefahrenprognose in Bezug auf die Verhinderung von Straftaten nach § 28 SächsversG lagen u a. die bisherigen Erfahrungen insbesondere anlässlich der'Eröffnungsfeierlichkeiten des Neubaus der europäischen Zentralbank in Frankfurt am Main am 18. März 2015 sowie die Versammlungslagen in Leipzig seit Dezember 2014 zugrunde. Seite 3 von 5 STAATSMINISTER1UM DES INNERN Freistaat SACHSEN Diese haben diverse Anhaltspunkte für die Gefahr von bevorstehenden Straftaten nach § 28 SächsVersG gegeben. Die regionale linksorientierte Szene ist in der Lage, die erforderliche Kommunikation über einschlägige Netzwerke zu organisieren und damit innerhalb eines kurzen Zeitraumes extremistische Kräfte zu mobilisieren, um szenetypisch Gewalt auszuüben und Straftaten zu begehen. So sammelten sich am 15. Januar 2015 ca. 600 bis 800 teilweise vermummte Personen in Leipzig. Bei ihrem Zug durch die Straßen kam es zu Sachbeschädigungen (Graffiti an öffentlichen Gebäuden, Zerstörungen von Glasscheiben am Gebäude des Amtsgerichtes, Beschädigungen von Einsatzfahrzeugen etc.). Am 26. März 2015 wurde das Gebäude der Staatsanwaltschaft Leipzig durch 50 bis 60 vermummte Personen angegriffen und durch Graffiti beschädigt. Es wurde eingeschätzt, dass die regionale linksextremistische Szene insgesamt etwa 200 bis 400 gewaltbereite Akteure mobilisieren könne und die Gefahr bestehe, dass Waffen oder sonstige Gegenstände, die ihrer Art nach zur Verletzung von Personen oder Beschädigung von Sachen geeignet oder bestimmt sind, von Teilnehmern aller Lager mit sich geführt und eingesetzt werden. Darüber hinaus sind finanzpolitische Themen, wie die gewalttätigen Ereignisse anlässlich der Eröffnung der Zentrale der Europäischen Zentralbank zeigen, wiederkehrend Auslöser überregionaler Mobilisierung von gewaltbereiten extremistischen Personen. Zudem waren im Falle von Versammlungsanmeldungen des rechten Spektrums Störungen der linken Szene, wie sie regelmäßig im Rahmen von Versammlungsgeschehen anlässlich des 13. Februars in Dresden erfolgen, in die Gefahrenprognose einzubeziehen . Frage 4: Wie viele Polizeibedienstete oder welche sonstigen Sicherheitskräfte (aus Sachsen und anderen Bundesländern) waren anlässlich des 07-Gipfels im Einsatz? Es waren ca. 2.300 Po!izeibedienstete der sächsischen Polizei sowie der Polizei anderer Bundesländer und des Bundes anlässlich des G7-Treffens der Finanzminister und Notenbankgouverneure in Dresden im Einsatz. Frage 5: Gegen wie viele Personen wurden aufgrund welcher tatsächlichen Vorfälle jeweils Ermittlungsverfahren aufgrund welcher Strafvorwürfe im Zusammenhang mit dem G7-Gipfel in Dresden eingeleitet? Vorfall Strafanzeigen Anzahl Tatverdächtige 26. Mai 2015 Aus einer Gruppe von größtenteils vermummten Personen heraus wurden Pyrotechnik gezündet und Polizeibedienstete tätlich angegriffen. Landfriedensbruch, Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte, Verstoß gegen das Sächsische Versammlungsgesetz Seite 4 von 5 STAATSMINISTERIUM DES INNERN Freistaat SACHSEN 28. Mai 2015 Durchführung einer Versammlung trotz vollziehbaren Verbotes Verstoß gegen das Sächsische Versammlungsgesetz Über den Einsatzzeitraum vom 26. bis 28. Mai 2015 hinweg kam fts zu Beleidigungen gegen ^Polizeibeamte. Beleidigung Mit fteucidlichen Grüßen Markus Ulbif Seite 5 von 5 2015-06-24T15:37:04+0200 GRP: Elektronisches Dokumentations- und Archivsystem Erstellung des Nachweisdokumentes