STAATSMiNiSTERiUM DES INNERN SÄCHSISCHES STAATSMINISTERIUM DES INNERN 01095 Dresden Präsidenten des Sächsischen Landtages Herrn Dr. Matthias Rößler Bernhard-von-Lindenau—Platz 1 01067 Dresden Kleine Anfrage der Alageordneten Franziska Schubert (BUNDNIS 90ID|E GRUNEN) Drs.-Nr.: 6I17612 Thema: Haushaltslage der Stadt Görlitz Sehr geehrter Herr Präsident, den Fragen sind folgende Ausführungen vorangestellt: „Das Sächsische Staatsministerium des Innern veröffentlicht auf seiner Internetseite zu seinem Aufgaben- und Zuständigkeitsbereich 'Kommunale Verwaltung' das sogenannte Frühwarnsystem. Ziel dieses Frühwarnsystems ist es: ‘...frühzeitig Hinweise auf sich abzeichnende finanzielle Schieflagen kommunaler Körperschaften (zu) geben und sowohl der Kommune als auch den Rechtsaufsichtsbehörden die Möglichkeit (zu) bieten, anhand weiterer Unterlagen die Problemlagen tiefer zu untersuchen und sich über erforderliche Maßnahmen zu verständigen .i“ Namens und im Auftrag der Sächsischen Staatsregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkung: Es wird auf die zusammenfassende Antwort der Staatsregierung auf die Fragen 1 bis 4, dritter Absatz, der Kleinen Anfrage Drs.-Nr. 6/16552 verwiesen . Bei den Daten, auf die sich die Fragestellerin bezieht, handelt es sich um solche, die für einen kurzen Zeitraum im Testbetrieb veröffentlicht wurden. Der erforderliche Hinweis auf den Testbetrieb wurde bedauerlichewveise nicht eingeblendet. FreistaatSACHSEN Der Staatsminister Aktenzeichen (bitte bei Antwort angeben) 2-1053/71/123 Dresden, 7. Juni 2019 Hausanschrift: Sächsisches Staatsministerium des Innern VWIhelm-Buck-Str. 2 01097 Dresden Telefon +49 351 564-0 Telefax +49 351 564-3199 www.smi.sachsen.de Verkehrsanbindung: Zu erreichen mit den Straßenbahnlinien 3,6‚7‚8‚ 13 Besucherparkplätze: Bitte beim Empfang Wilhelm- Buck-Str. 2 oder 4 melden. STAATSNIiNiSTERiUiVI DES iNNERN Frage 1: Warum ist in der tabellarischen Auswertung für die Stadt Görlitz das Informationsfeld für die Feststellung der Eröffnungsbilanz (EÖB) leer und bis wann müssen Kommunen ihre Eröffnungsbilanz und ihre Jahresabschlüsse vorlegen; was unternimmt die Rechtsaufsichtbehörde, wenn eine Kommune, wie z.B. die Stadt Görlitz, seit 2013 keinen Jahresabschluss vorgelegt hat? Keine Eintragung im Feld für die festgestellte Eröffnungsbilanz bedeutet, dass die Stadt Görlitz noch nicht über eine solche verfügt. Nach Informationen des Landratsamtes Görlitz soll diese am 27. Juni 2019 vorliegen. Gemäß Ziffer III. 1 c) Verwaltungsvorschrift Kommunale Haushaltswirtschaft (VwV KomHWi) sind die Jahresabschlüsse 2013 und 2014 spätestens mit der Haushaltssatzung 2019 und die Jahresabschlüsse 2015 und 2016 spätestens mit der Haushaltssatzung 2020 vorzulegen. Die Satzung über den Doppelhaushaltsplan 2019/2020 der Stadt Görlitz nebst Anlagen liegt dem Landratsamt Görlitz seit dem 16. Mai 2019 vor. Die geforderten Jahresabschlüsse 2013 bis 2016 fehlen. Das Landratsamt Görlitz beabsichtigt, wie durch das Rundschreiben des Sächsischen Staatsministeriums des Innern vom 1. Oktober 2018 vorgeschlagen, mit der Stadt Görlitz eine Verwaltungsvereinbarung über die Erstellung der Jahresabschlüsse 2013 bis 2016 zu treffen. Frage 2: Was wird im Frühwarnsystem mit der a. Ertragslage (für die Stadt Görlitz werden die Fehlbeträge im Gesamtergebnis nach Verrechnung im HHJ mit 0 € angegeben — bitte erklären), b. Finanzlage sowie der c. Vermögenslage (für die Stadt Görlitz wird der nicht durch Kapitalposition gedeckte Fehlbetrag im HHJ mit 0 € angegeben — bitte erklären) jeweils und in ihren Unterpunkten dargestellt und wie ist die Stadt Görlitz im Vergleich zu anderen Kommunen zu bewerten? (Bitte Tabelle mit Kommunen in der Größe 50.000 bis 75.000 Einwohner angeben und darstellen nach den erfassten Daten im Frühwarnsystem) Unter Berücksichtigung der Ausführungen in der Vorbemerkung wird nachfolgend die vorgesehene künftige Darstellung in der Internetpräsentation des Frühwarnsystems aufgezeigt. Bei der Ertragsiage werden künftig folgende drei Unterpunkte dargestellt: 1. Gesamtergebnis vor Verrechnung im Haushaltsjahr Das Gesamtergebnis (§ 2 Absatz 1 Nummer 23 Sächsische Kommunalhaushaltsverordnung [SäcthomHVO]) errechnet sich als Summe des ordentlichen Ergebnisses (dieses wird gebildet aus der Differenz der Summe der ordentlichen Erträge und der der ordentlichen Aufwendungen) und des Sonderergebnisses. 2. Verrechnung mit Basiskapital notwendig zum Ausgleich des Ergebnishaushaltes Ein Verrechnungsbetrag ist dabei als „notwendig“ anzusehen, wenn ein negatives Gesamtergebnis zuzüglich der veranschlagten Abdeckung von Fehlbeträgen aus Vorjahren nicht durch Rücklagen aus Vorjahren ausgeglichen werden kann. Seite 2 von 6 FreistaatSACHSEN STAATSMiNiSTERiUNI DES iNNERN 3. Fehlbeträge im Gesamtergebnis nach Verrechnung im Haushaltsjahr Die Eintragung von „0 €“ an dieser Stelle bedeutet, dass in dern Haushaltsjahr keine Fehlbeträge entstehen oder die geplanten Fehlbeträge durch Entnahmen aus den Rücklagen oder durch Verrechnung mit dem Basiskapital ausgeglichen werden. Ein Ausgleich des Ergebnishaushaites wird gemäß § 72 Absatz 3 Satz 1 bis 4 Sächsische Gemeindeordnung (SächsGemO) erreicht. Bei der Finanzlage werden künftig folgende sieben Unterpunkte dargestellt: 1. Nettoinvestitionsmittel Diese ergeben sich aus der Differenz zwischen dem Zahlungsmittelsaldo aus laufender VenNaItungstätigkeit und den Auszahlungen für die ordentliche Kredittilgung. 2. Negative Nettoinvestitionsmittel nach Verrechnung mit verfügbaren Mitteln Sofern die ausgewiesenen Nettoinvestitionsmittel negativ sind, wird der Saldo aus den negativen Nettoinvestitionsmittein und den verfügbaren Mitteln gebildet. 3. Zahlungsmittelbedarf Hier wird der Betrag des im Finanzhaushalt veranschlagten Zahlungsmitteibedarfs ge— mäß § 3 Absatz 1 Nummer 50 SäcthomHVO in Verbindung mit Muster 7, Zeile 50, der Verwaltungsvorschrift Kommunale Haushaltssystematik (VwV KomHSys) angege— ben. Soweit ein Zahlungsmittelüberschuss veranschlagt wird, erfolgt keine Angabe. 4. Finanzmittelbestand Der Finanzmittelbestand errechnet sich aus dem im Finanzhaushalt veranschlagten voraussichtlichen Bestand an quuiden Mitteln am Ende des Haushaltsjahres, bereinigt um die Einzahlungen aus der Aufnahme von Kassenkrediten und die Auszahlungen für die Tilgung von Kassenkrediten. D. h. er gibt die kurz- und mittelfristige Liquiditätsent— wicklung/Finanzierungsfähigkeit unter Berücksichtigung von Ein- und Auszahlungen aus Kassenkrediten an. 5. Fristenkongruenz Die Fristenkongruenz ist dann gegeben, wenn die durchschnittliche Abschreibungedauer des gesamten abnutzbaren Anlagevermögens größer/gleich der durchschnittlichen rechnerischen Tilgungsdauer ist. 6. (Fiktive) negative Nettoinvestitionsmittel nach Verrechnung mit verfügbaren Mitteln bei negativer Fristenkongruenz Nur bei negativer Fristenkongruenz erfolgt folgende Berechnung: Soweit der Saldo aus dem Zahlungsmittelsaldo aus Iaufender Verwaltungstätigkeit und der fiktiven ordentlichen Kredittilgung (theoretischer Tilgungsbetrag, bei dem das Merkmal der Fristenkongruenz erfüllt ist) negativ ist, wird der Saldo aus den fiktiven negativen Nettoinvestiti— onsmitteln und den verfügbaren Mitteln (sog. Ersatzdeckungsmittel) gebildet. 7. Verbleibendes Basiskapital in Prozent Das verbleibende Basiskapital in Prozent errechnet sich als Quotient aus dem Stand des Basiskapitals am 31.12. des jeweiligen Haushaltsjahres und dem Stand des Basis— kapitals am 31.12.2017 und zeigt an, ob Basiskapital abgeschmolzen wurde bzw. inwieweit noch Basiskapital zur Verrechnung zur Verfügung steht. Seite 3 von 6 FreistaatSACHSEN STAATSMlNISTERIUM DES INNERN Bei der Vermögenslage werden künftig folgende drei Unterpunkte dargestellt: 1. Nicht durch Kapitalposition gedeckter Fehlbetrag Hier ist ein gemäß Muster 21, Zeile 16, der VwV KomHSys veranschlagter, nicht durch Kapitalposition gedeckter Fehlbetrag anzugeben. Wird kein Fehlbetrag veranschlagt, erfolgt keine Angabe. Die Eintragung „0 €" bedeutet, dass kein Fehlbetrag veranschlagt wurde, d. h. keine bilanzielle Überschuldung vorliegt oder mittelfristig einzutreten droht (vgl. § 72 Absatz 5 SächsGemO). 2. Verschuldung Gebietskörperschaftje Einwohner 3. Gesamtverschuldung je Einwohner Gemäß der Bevölkerungsstatistik des Statistischen Landesamtes für den Freistaat Sachsen mit Stand vom 30. Juni 2018 sind nur Görlitz und Plauen Kommunen in der Größenklasse 50.000 bis 75.000 Einwohner. Diese sind in der folgenden Tabelle in den einzelnen Positionen der Internetpräsentation des Frühwarnsystems auf der gemeinsamen Basis des Haushaltsjahres 2018 gegenübergestellt worden: Görlitz Plauen Einwohner zum 30. Juni 2018 56.172 65.145 Ertragslage Gesamtergebnis vor Verrechnung -2.511.050 € -6.120.420 € Verrechnung mit Basiskapital notwendig zum Ausgleich des Ergebnishaushaltes Ja Nein Fehlbeträge im Gesamtergebnis nach Verrechnung 0 € 0 € FinanzlageILiquiditätslage Nettoinvestitionsmittel -180.650 € -3.169.712 € Negative Nettoinvestitionsmittel nach Verrechnung mit verfügbaren Mitteln 14.904.511 € 4.061.349 € Zahlungsmittelbedarf -6.597.900 € -3.059.144 € Finanzmittelbestand 16.797.698 € 11.543.942 € Fristenkongruenz Nein Ja (Fiktive) negative Nettoinvestitionsmittel nicht vorhanden nach Verrechnung mit verfügbaren Mitteln bei negativer Fristenkongruenz Verbleibendes Basiskapital in Prozent * 98% Vermögenslage Nicht durch Kapitalposition gedeckter Fehl— betrag 0 0 Verschuldung Gebietskörperschaftje Ein— wohner 586 € 820 € Gesamtverschuldung je Einwohner 1.544 € 2.350 € Latente Risikopunkte 15 5 Bewertung Punkte 61 26 Bewertung D C Bewertung Vorjahr B C *keine Angabe aufgrund der noch nicht vorliegenden festgestellten Eröffnungsbilanz Seite 4 von 6 FreistaatSACHSEN STAATSMiNiSTERiUM DES iNNERN Ursächlich für die höhere Punktzahl und damit die schlechtere Bewertungskategorie von Görlitz im Vergleich zu Plauen sind insbesondere folgende Faktoren: - höhere Bepunktung der latenten Risiken (zehn Punkte), — notwendige Verrechnung mit dem Basiskapital (fünf Punkte) und - fehlende Angabe der prozentualen Entwicklung des Basiskapitals (20 Punkte). Frage 3: In welcher Höhe nimmt die Stadt Görlitz das Basiskapital zum Gegenbuchen in Anspruch, um den Ergebnishaushalt in 2018, in 2019, in 2020 ff. auszugleichen und wie kann die Stadt Görlitz in den nächsten Jahren 2020, 2021 und 2022 den Ergebnishaushalt ausgleichen, ohne das Basiskapital in Anspruch zu nehmen; zeichnet sich ein Konsolidierungsbedarf ab und wenn ja, in welcher Höhe ist dieser für die Jahre 2020-2025 in der Finanzplanung abgebildet? Der vom Stadtrat beschlossene, jedoch von der Rechtsaufsichtsbehörde noch nicht geprüfte Haushalt 2019 weist in den Jahren 2018 bis 2023 im Ergebnishaushalt folgen— den Basiskapitalverzehr aus: 2018: 2.624.000 EUR, 2019: 2.783.500 EUR, 2020: 3.355.150 EUR, 2021: 3.055.300 EUR, 2022: 3.249.050 EUR, 2023: 3.014.350 EUR. In den Jahren 2022 und 2023 kann der Ausgleich des Ergebnishaushaltes trotz Absetzung vom Basiskapital nicht erreicht werden. In der Konsequenz verbleiben Fehlbeträge in Höhe von 325.200 EUR im Jahr 2022 und 429.250 EUR im Jahr 2023, welche mit Hilfe von Rücklagen gedeckt werden sollen. Um den originären Haushaltsausgleich im Ergebnishaushalt zu erreichen, besteht folgender Konsolidierungsbedarf: 2019: 2.783.500 EUR, 2020: 3.355.150 EUR, 2021: 3.055.300 EUR, 2022: 3.574.250 EUR, 2023: 3.443.600 EUR. Frage 4: Sind der Staatsregierung latente Haushaltsrisiken der Stadt Görlitz bekannt und wenn ja, welche sind das; gibt es zwischen der Stadt Görlitz und der zuständigen Rechtsaufsichtbehörde eine Kommunikation über die Haushaltssituation der Stadt Görlitz, die im Frühwarnsystem des SMI mit „D“ (instabile Haushaltslage) eingestuft ist? Der Stadt Görlitz ist bekannt, dass von der zuständigen Rechtsaufsichtsbehörde, dem Landratsamt Görlitz, im Frühwarnsystem Punkte für latente Haushaltsrisiken vergeben worden sind. Diese betreffen ungeklärte Rückkaufverpflichtungen von Anlagen der Wasser- und Abwasserentsorgung sowie mögliche Verpflichtungen aus vertraglichen bzw. gerichtlichen Streitigkeiten. Seite 5 von 6 FreistaatSACHSEN STAATSMiNiSTERIUM DES iNNERN Darüber hinaus sind keine weiteren latenten Risiken bekannt. Die Landesdirektion Sachsen führt gemäß Ziffer C. II. 1. VWV KomHWi unter Beteiligung des Staatsministeriums des lnnern mit den Landratsämtern im Regelfall einmal jährlich eine Dienstbesprechung zur aktuellen Haushaltssituation der kreisangehörigen Gemeinden und Zweckverbände durch. Bei dieser Gelegenheit werden deren aktuelle finanzielle Problemlagen erörtert und Lösungswege erarbeitet. Frage 5: Die Haushaltslage der Stadt Görlitz hat sich von „B“ im Vorjahr laut Frühwarnsystem auf „D“ verschlechtert — was sind die Ursachen dafür? Die Einordnung der Haushaltslage der Stadt Görlitz in die Kategorie B (hinreichende Leistungsfähigkeit) bezieht sich auf das Haushaltsjahr 2017 und die Bewertung mit der Kategorie D (instabile Haushaltslage) auf das Haushaltsjahr 2018. Die umfassende Novellierung der gesetzlichen und untergesetzlichen Vorschriften des kommunalen Haushaltsrechts zum 1. Januar 2018 hat eine Anpassung des Frühwarnsystems Kommunale Haushalte an die neue Rechtslage erforderlich gemacht. Dabei bedurften nicht nur die Indikatoren, sondern auch die Definitionen sowie die Bewertungsgrundsätze einschließlich der Punktevergabe einer grundlegenden Überarbeitung. Vor diesem Hintergrund sind die Angaben des Jahres 2017 der Stadt Görlitz, die damals zu einer „B“—Bewertung geführt haben, mit Angaben des Folgejahres 2018, die jetzt zu einer ,,D”-Bewer1ung geführt haben, nicht miteinander vergleichbar. ' freu dlichen GrüßenJCA f. Dr. Roland Wöller Seite 6 von 6 FreistaatSACHSEN 2019-06-07T11:27:22+0200 pseudo: Elektronisches Dokumentations- und Archivsystem Erstellung des Nachweisdokumentes