STAATSNHNISTERIUM DES INNERN SÄCHSISCHES STAATSMINISTERIUM DES INNERN 01095 Dresden Präsidenten des Sächsischen Landtages Herrn Dr. Matthias Rößler Bernhard-von-Lindenau-Platz 1 01067 Dresden Kleine Anfrage der Abgeordneten Verena Meiwald (DIE LINKE) Drs.-Nr.: 6/17799 Thema: Kennzeichnungspflicht von Polizeibeamt*innen Sehr geehrter Herr Präsident, den Fragen sind folgende Ausführungen vorangestellt: „Im Zuge eines Fußballspiels des Vereins 1860 München kam es am 09.12.2007 zu mehreren Körperverletzungsdelikten durch ungekennzeichnete Polizeibeamt*innen des Landes Bayern gegen Zuschauer *innen der Fußballbegegnung. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat diesen Fall zuletzt verhandelt: 2007 waren Beamt*innen bei einem Fußball— Amateurderby mit Schlagstöcken und Pfefferspray gegen zwei Fans vorgegangen. Die Männer klagten durch alle Instanzen — die Polizeiübergriffe waren deutlich auf Videos zu sehen, die Identität der Polizist *innen war aber nicht aufzuklären. 2017 unterlag die Bundesrepublik Deutschland dem Rechtsstreit gegen die betroffenen Fans vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte . Die Richter*innen rügten in der Urteilsbegründung die mangelnde Kennzeichnungspflicht der Beamt*innen, sowie die nur unzureichende Aufklärungsarbeit der Behörden im Nachgang zur Identifizierung der Täter*innen. Hierzu heißt es in dem Urteil des Europäischen Gerichtshofes: ‚Der Gerichtshof bekräftigt, dass, soweit die zuständigen nationalen Behörden maskierte Polizeikräfte einsetzen um Recht und Ordnung aufrechtzuerhalten oder Verhaftungen durchzuführen, diesen Kräften vorgeschrieben sein sollte, sichtbare Unterscheidungsmerkmale wie etwa eine ldentifikationsnummer zu tragen. [...] Das [andernfalls] folgende Unvermögen von Augenzeugen und Opfern, Beamtlnnen, denen Misshandlungen vorgeworfen werden, zu identifizieren, kann zu einer praktischen Straffreiheit für eine bestimmte Kategorie von Polizeibediensteten führen.“‘ FreistaatSACHSEN Der Staatsminister Aktenzeichen (bitte bei Antwort angeben) 3-1053/79/90 Dresden, 24. Juni 2019 Hausanschrift: Sächsisches Staatsministerium des Innern WilheIm-Buck-Str. 2 01097 Dresden Telefon +49 351 564—0 Telefax +49 351 564-3199 www.smi.sachsen.de Verkehrsanbindung: Zu erreichen mit den Straßenbahnlinien 3, 6, 7, 8, 13 Besucherparkplätze: Bitte beim Empfang Wilhelm- Buck-Str. 2 oder 4 melden. STAATSMINISTERIUM DES INNERN Namens und im Auftrag der Sächsischen Staatsregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Wie gedenkt der Freistaat Sachsen, in Anbetracht des Urteils des EGMR vom 09.11.2017, zukünftig mit einer Kennzeichnungspflicht umzugehen? Die Einführung einer über die bestehenden Regelungen hinausgehenden individuellen Kennzeichnungspflicht ist nicht vorgesehen. Das zitierte Urteil bedingt dies auch nicht. Frage 2: Wie stellt der Freistaat Sachsen sicher, dass im Fall eines strafrechtlichen Anfangsverdachtes gegen Polizeibeamt*innen diese Person auch identifiziert werden kann? Aktuell sind im Freistaat Sachsen in ausreichendem Maße Vorkehrungen getroffen, die eine Identifizierbarkeit der Polizeivollzugsbeamtinnen und -beamten ermöglichen. Die Polizeivolizugsbeamtinnen und —beamten haben sich auf Verlangen des durch eine Amtshandlung Betroffenen mittels eines Dienstausweises zu legitimieren. Dies gilt nicht, wenn die Umstände es nicht zulassen oder der Zweck der polizeilichen Maßnahme dadurch gefährdet würde. Der Ausweis beinhaltet den Namen, die Amtsbe— zeichnung und die Dienststelle des Beamten. Darüber hinaus wird die Identifizierung im geschlossenen Einsatz über die taktische Kennzeichnung, die Einsatzdokumentation, eine polizeiliche Videoauswertung oder durch eine interne Zeugenbefragung gewährleistet . Unbenommen hiervon bleibt das Tragen von Namensschildern insbesondere aus protokollarischen und repräsentativen Anlässen sowie im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit . Die bestehenden Regularien ermöglichen grundsätzlich eine Identifizierung der agierenden Polizeibeamtinnen und -beamten. Frage 3: Wie lässt sich unter dem 2017 ergangenen Urteil des EGMR eine fehlende Kennzeichnungspflicht in Bezug auf zu erwartende Schadensersatzansprüche gegen den Freistaat Sachsen gegenüber dem Steuerzahler*innen rechtfertigen? Der EGMR hat aus einer fehlenden individuellen Kennzeichnung von Polizeibeamten allein keine Verletzung der Europäischen Menschenrechtskonvention abgeleitet. Viel— mehr steilt er darauf ab, dass die staatlichen Behörden ihrer Pflicht zur vollständigen Sachverhaltsaufklärung nachzukommen haben. Das zitierte Urteil bestätigt im Übrigen die bisherige Praxis. undlicth Grüßen Pr . Dr. Roland Wöller Seite 2 von 2 Freista atSACHSEN 2019-06-24T10:11:53+0200 pseudo: Elektronisches Dokumentations- und Archivsystem Erstellung des Nachweisdokumentes