STAATSMINISTERIUM DER JUSTIZ SACHSISCHES STAATSMINISTERIUM DER JUSTIZ Hospitalstraße 7 101097 Dresden Präsidenten des Sächsischen Landtages Herrn Dr. Matthias Rößler Bernhard-von-Lindenau-Platz 1 01067 Dresden Kleine Anfrage der Abgeordneten Verena Meiwald (DlE LINKE)Drs.-Nr.: 6117802Thema: Verschärfung desS f f3 StGB Sehr geehrter Herr Präsident, den Fragen sind folgende Ausführungen vorangestellt: ,,Der Paragraf ll3 StGB diente in seiner Ursprungsform dem Schutz der Bürger*innen in für sie ungewohnten und stressbelasteten Ausnahmesituationen im Rahmen polizeilicher Maßnahmen. Der Hintergedanke war es, dass der Staat seine Bürger*innen auch gesetzlich schützt, sollte dieser im Zuge polizeilicher Maßnahmen mental mit diesem Umstand überfordert sein und gegenüber den geschulten Polizeibeamt*innen zu Reflexhandlungen neigen. lm Laufe der Zeit wurde dieses strafmildernde Mittel des stGB nivelliert und 2017 sogar strafverschärfend verändert." Namens und im Auftrag der Sächsischen Staatsregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage l: ln wie vielen Fällen kam es ab dem 30.05.2017 im Freistaat Sachsen T FreistaatSACHSEN Der Staatsminister Durchwahl Telefon +49 351 564 15000 Telefax +49 351 564 15009 Staatsminister@ smj.justiz.sachsen.de* Aktenzeichen (bitte bei Antwort angeben) 10408t13t157a-KLR Dresden.(junizorc TOB MIT 1' o wì,t Ít JoB-M¡T-!.ÞE Hausanschrlft: Sächsisches Staatsministerium der Justiz Hospltalstraße 7 01 097 Dresden Briefpost iiber Deutsche Post 0l 095 Dresden www.justiz.sachsen.de/smj VerkehrBverbindung: Zu erreichen mit Straßenbahnlinien 3,6,7,8, 11 Parken und behindertengerechter Zugang über Einfahrt Hospitalstraße 7 Hinweise zum Datenschutz erhalten Sie auf unserer lnternetseite . Auf Wunsch senden wir lhnen diese Hinweise auch zu. bis jetzt zu Ermittlungsverfahren gegen Bürger*innen auf Grundlage .iflß',u,ffJå¡;ffi5jff:,,:?i,:igl:"*" des $113 StGB? (Bitte in Jahresscheiben angeben.) Nâchr¡chtên; nåherê lnformât¡onsn zursleklronischen Kommun¡kation mit såchsischon Justizbehörden unter www. iustiz.sachsên.de/E- Kommunikat¡on. Seite 1 von 5 STAATSMINISTERIUM DER JUSTIZ Freistaat SACHSENt Frage 2: ln wie vielen Fällen kam es bis zum 30.05.2017 im Freistaat Sachsen zu Ermittlungsverfahren gegen Bürger*innen auf Grundlage des Sl13 StGB? (Bitte in Jahresscheiben angeben.) Zusammenfassende Antwort auf die Fragen 1 und 2 Zur Beantwortung vorgenannter Fragen wird auf die anliegende tabellarische Übersicht venryiesen Frage 3: ln wie vielen Fällen (bitte prozentual angeben!) wurden 2017 ieweils vor sowie nach der Einführung der Novelle des $ll3 StGB Schadenersatzansprüche seitens der betroffenen Beamtninnen gestellt? Die Frage wird hier so ausgelegt, dass die Abgeordnete sowohl nach im Jahr 2017 durch Polizeibeamte geführten Zivilverfahren (Klagen auf Schmerzensgeld /Schadensersatz auf Grundlage des $ 823 Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches [BGB] in Verbindung mit S 113 des Strafgesetzbuches [SIGB]), als auch nach Strafverfahren fragt, in denen Polizeibeamte, die aufgrund einer Straftat nach g 113 StGB geschädigt wurden, im Wege des Adhäsionsverfahrens gemäß SS 403 ff. der Strafprozessordnung (StPO) Schadensersatzansprüche gegen Beschuldigte geltend gemacht haben. Frage 3 wird hier zudem auch so ausgelegt, dass die Abgeordnete auch Auskunft darüber begehrt, in wie vielen Fällen Polizeibeamte, die durch eine Straftat nach S 113 StGB geschädigt wurden, Schadensersatzansprüche ersatzweise gegen den Dienstherrn geltend gemacht haben. Von der Beantwortung der Frage wird wegen unverhältnismäßigen Aufrruandes abgesehen . Die Anzahl der von Polizeibeamten im Jahr 2017 angestrengten Zivilklagen zur Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen und Schmerzensgeld Seite 2 von 5 STAATSMINISTERIUM DER JUSTIZ Freistaat SACHSENI gem. S 823 Absatz2 BGB i.V.m. S 113 StGB ist nicht aus den gerichtlichen Datenbanken ermittelbar. Die insoweit vorgenommene Datenauslesung hat ergeben, dass im Jahr 2017 insgesamt 4.874 Zivilsachen eingegangen sind, die Schadensersatzbegehren zum Gegenstand hatten. Dabeisind Verkehrsunfallsachen nicht berücksichtigt. Eine weitere Eingrenzung war nicht möglich. Auch lnformationen zum strafrechtlichen Adhäsionsverfahren sind weder in den gerichtlichen noch den staatsanwaltschaftlichen Datenbanken erfasst. Durch eine Datenauslesung der gerichtlichen Datenbanken konnte lediglich festgestellt werden, dass im Jahr2017 beim Oberlandesgericht Dresden (OLG) sowie den Landund Amtsgerichten aus dem Geschäftsbereich des OLG insgesamt 682 Strafverfahren wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte eingegangen sind. Davon wurden 625 Verfahren in erster lnstanz geführt. Bei den übrigen Verfahren handelt es sich um Eingänge in der Rechtsmittelinstanz. Allerdings lässt sich auf der Grundlage der in den gerichtlichen Datenbanken erfassten Daten keine Aussage dazu treffen, in wie vielen der vorgenannten Verfahren ein Adhäsionsantrag gestellt wurde und welcher Anteil der Verfahren nach altem und nach neuem Recht zu behandeln war. Letzteres liegt daran, dass bei der Erfassung der Verfahren der Tatzeitpunkt keine Pflichtangabe darstellt, so dass dazu nur bei einzelnen Verfahren Eintragungen vorliegen, aus denen keine aussagekräftigen Erkenntnisse gewonnen werden können. Zur Beantwortung der Frage 3 der o.g. Kleinen Anfrage wäre es daher erforderlich, die Akten der 625 erstinstanzlich geführten einschlägigen Strafverfahren sowie der 4.874 Zivilverfahren händisch auszuwerten. Es wären umfangreiche und zeitaufiryendige Recherchen in den Aktenbeständen der sächsischen Gerichte und Staatsanwaltschaften erforderlich. Dabei ist der Zeitaufwand für das Ziehen der Akten aus den Geschäftsstellen und Archiven, der Aufwand zur Beiziehung versendeter Akten, das Auswerten der Akten und die schriftliche Dokumentation des gefundenen Ergebnisses zu berücksichtigen. Für die entsprechende Auswertung der Akten ist daher von einem Arbeitsaufwand von durchschnittlich mindestens Seite 3 von 5 STAATSMINISTERIUM DER JUSTIZ Freistaat SACHSENt 30 Minuten je Akte auszugehen. Allein die händische Auswertung der 625 Strafverfahrensakten würde einen Zeitaufrruand von zumindest 39 Arbeitstagen eines in Vollzeit tätigen Mitarbeiters erfordern. Hinzu käme ein noch weit darüber hinausgehender zeitlicher Aufruand für die Auswertung der o.g. Zivilverfahrensakten. Auch unter Berücksichtigung des hohen Rangs des parlamentarischen Fragerechts erscheint der zur Beantwortung der Frage erforderliche Aufwand nicht mehr verhältnismäßig und zumutbar. Eine weitergehende Beantwortung würde in erheblichem Umfang eine größere Anzahl von Bediensteten in sächsischen Gerichten und Staatsanwaltschaften , die für laufende Arbeiten nicht mehr zur Verfügung stünden, binden. Die Staatsregierung kam bei der Abwägung zwischen dem parlamentarischen Fragerecht einerseits und der Sicherung der Funktionsfähigkeit der Staatsregierung und der ihr nachgeordneten Behörden andererseits daher zu dem Ergebnis, dass eine Beantwortung der Fragen unverhältnismäßig und ohne erhebliche Einschränkung der Funktionsfähigkeit der Rechtspflege nicht zu leisten ist. Von einer Beantwortung der Frage ist auch hinsichtlich der ersatzweise gegen den Dienstherrn geltend gemachten Schadensersatzansprüche wegen unverhältnismäßigen Aufrrandes abzusehen. Für die Gewährung von Sachschadenersatz nach $ 81 des Sächsischen Beamtengesetzes (SächsBG) sowohl innerhalb als auch außerhalb der Dienstunfallfürsorge ist im staatlichen Bereich das Landesamt für Steuern und Finanzen (LSF) zuständig. Eine Auswertung der dort geltend gemachten Schadenersatzansprüche danach, ob der Schaden durch eine Straftat nach S 113 SIGB entstanden ist, ist nicht möglich. Der Ersatz von Sachschäden nach $ 81 SächsBG setzt keine Straftat bzw. keine Straftat nach S 1 13 SIGB voraus. Zwar hat der Geschädigte im Rahmen der Beantragung von Sachschadenersatz u.a. die anspruchsbegründenden Tatsachen zum schadensauslösenden Ereignis darzulegen. Das LSF prüft, ob die Anspruchsvoraussetzungen des $ 81 SächsBG vorliegen. Eine Prüfung bzw. Bewertung, ob der Schädiger eine Straftat ($ 113 SIGB) verübt hat, ist im Rahmen der Prüfung des $ 81 SächsBG unerheblich. Angaben hierzu werden deshalb nicht erhoben. Seite 4 von 5 STAATSMINISTERIUM DER JUSTIZ Freistaat SACHSENT Auch Angaben darüber, ob ggf. entsprechende Strafverfahren eingeleitet wurden oder ggf. eine Verurteilung des Schädigers erfolgte, liegen dem LSF nicht vor. Für eine Beantwortung der Frage wäre letztlich ein Abgleich der einschlägigen Verurteilungen mit den im LSF vorliegenden Akten erforderlich. lnsoweit wäre zum einen die händische Auswertung der Akten des LSF, zum anderen wiederum zumindest die Auswertung der o.g. 625 Strafverfahrensakten notwendig. Dies ist, wie bereits oben dargelegt , unverhältnismäßig. Frage 4: Durch die Änderung des $113 ist dem Bürger ein wichtiges juristisches Schutzinstrument durch die lnnenpolitik genommen worden. Betreibt der Freistaat Sachsen aktiv die Schaffung einer Ersatzmaßnahme zum Schutze seiner Bürger *innen? Frage 5: Wenn ja, wie sieht die Maßnahme aus und wenn nein, wieso nicht? Zusammenfassende Antwort auf die Fragen 4 und 5 Die Anderung der SS 1 1 3, 114 SIGB im Jahr 20'17 verbessert den Schutz von Amtsträgern und Rettungskräften vor Körperverletzungen. lhr hat der Freistaat Sachsen im Bundesrat zugestimmt. Für die Staatsregierung war und ist die Begehung von Gewalttaten keín ,,Schutzinstrument des Bürgers". Das gilt erst recht für Gewalttaten gegen Sicherheits- oder Rettungskräfte. Für die Schaffung einer ,,Ersatzmaßnahme" wegen dieser Strafschärfung besteht daher kein Anlass. Mit freundlichen Grüßen Sebastian Gemkow Anlage Tabellarische Übersicht Seite 5 von 5 Anzahl von Hauptbeteiligten mit Strafvorschrift § 113 StGB in Ermittlungsverfahren mit Verfahrenseingangsdatum im Berichtszeitraum Quelle: web.sta-Datenbanken der sächsischen Staatsanwaltschaften und der Generalstaatsanwaltschaft mit Stand 4.6.2019 Js Js Ergebnis UJs UJs Ergebnis Gesamtergebnis Verfahrenseingang Beschuldigte Geschädigte Anzeigeerstatter ab 30.05.2017 432 432 5 5 437 2018 710 710 2 2 712 2019 288 288 1 1 289 Gesamtergebnis 1430 1430 8 0 8 1438 Js Js Ergebnis UJs UJs Ergebnis Gesamtergebnis Verfahrenseingang Beschuldigte Geschädigte Anzeigeerstatter 1991 15 15 15 1992 72 72 72 1993 77 77 77 1994 89 89 89 1995 91 91 91 1996 199 199 199 1997 289 289 289 1998 372 372 372 1999 306 306 306 2000 319 319 319 2001 272 272 272 2002 309 309 309 2003 313 313 313 2004 473 473 473 2005 748 748 748 2006 632 632 632 2007 686 686 686 2008 708 708 708 2009 620 620 620 2010 618 618 618 2011 584 584 584 2012 693 693 1 1 694 2013 627 627 3 1 4 631 2014 807 807 18 3 21 828 2015 733 733 14 2 16 749 2016 900 900 10 2 12 912 bis 29.05.2017 279 279 2 2 281 Gesamtergebnis 11831 11831 48 8 56 11887 KA6-17802 KA6-17802-Anlage 2019-06-24T09:31:45+0200 pseudo: Elektronisches Dokumentations- und Archivsystem Erstellung des Nachweisdokumentes