STAATSMINISTERIUM DES INNERN Freistaat SACHSEN Der Staatsminister SÄCHSISCHES STAATSMINISTERIUM DES INNERN 01095 Dresden Präsidenten des Sächsischen Landtages Herrn Dr. Matthias Rößler Bernhard-von-Lindenau-Platz 1 01067 Dresden Aktenzeichen (bitte bei Antwort angeben) 16-0141.50/2560 Dresden, A Juli 2015 Kleine Anfrage der Abgeordneten Petra Zais, Fraktion BÜNDNIS 90, DIE GRÜNEN Drs.-Nr. : 6/1799 Thema: Immobilien im Besitz von Neonazis Sehr geehrter Herr Präsident, den Fragen sind folgende Ausführungen vorangestellt: "In der Antwort auf eine Kleine Anfrage von Abgeordneten der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Bundestag zu" Immobilienbesitz und -nutzung durch Neonazis (BT-Drs. 18/4995) erfolgt u. a. eine Aufzählung verbotener rechtsextremer Gruppierungen und Rockerclubs seit 1990. Weitere Fragen werden z. T. mit Verweis auf die Länderzuständigkeit nicht oder teilweise beantwortet." Namens und im Auftrag der Sächsischen Staatsregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkung: Die Fragestellerin verwendet in der Kleinen Anfrage den Begriff "rechtsextreme Personen/Gesellschaften". Für die Beantwortung wird insoweit auf die Vorbemerkung^ Nummer l. in der Antwort der Sächsischen Staatsregierung auf die Große Anfrage Drs.-Nr. 5/4956 verwiesen. Der Sächsischen Staatsregierung liegen zu der Kleinen Anfrage auch Erkenntnisse vor, deren Mitteilung überwiegende Belange des Geheimschutzes (Art. 51 Abs. 2 SächsVerf) entgegenstehen. Es handelt sich dabei um Informationen , die gemäß Nummer 8 in Verbindung mit den Nummern 3.3 und 3.4 der Verwaltungsvorschrift der Sächsischen Staatsregierung über die Behandlung von Verschlusssachen vom 4. Januar 2008 "(SächsABI. Sonderdruck Jg 2008) als Verschlusssache eingestuft wurden. Die Einstufung erfolgte zur Sicherstellung der Funktionsfähigkeit des Landesamtes für Verfassungsschütz (LfV) Sachsen und zum Schutz nachrichtendienstlicher Zugänge. Die Informationen sind durch nachrichtendienstliche Mittel (§ 5 Abs. 1 SächsVSG") erlangt worden Die Veröffentlichung dieser Informationen würde die jeweils eingesetzten Methoden der Nachrichtenbeschaffung offenbaren oder" RückHausanschrift : Sächsisches Staats ministen um des Innern Wilhelm.Buck-StL 2 01097 Dresden Telefon+49 351 564-0 Telefax +49 351 564-3199 www.smi.sachsen.de Verkehrsanbindung: Zu erreichen mit den Straßenbahnlinien 3, 6. 7. 3. 13 Bes uc herpa rkplätze; Bitte beim Empfang Wilhelm-BuckStr . 2 oder 4 melden. STAATSMINISTERIUM DES INNERN Freistaat SACHSEN schlösse auf die Art nachrichtendienstlicher Zugänge ermöglichen und somit die Arbeitsfähigkeit des LfV Sachsen gefährden. Im Falle des Einsatzes von Personen nach § 5 Abs. 1 SächsVSG stehen zudem Rechte Dritter im Sinne von Art. 51 Abs. 2 SächsVerf entgegen. Diese Personen wären bei einer Mitteilung in ihren Grundrechten auf Leben, körperliche Unversehrtheit oder Freiheit der Person gefährdet. Die Staatsregierung trifft eine Schutzpflicht gegenüber ihren nachrichtendienstlichen Quellen und sie hat insoweit jegliche Handlungen zu unterlassen, die zu einer Enttarnung der Quelle führen können. Darüber hinaus ist das Vertrauen in die Fähigkeit eines Nachrichtendienstes, die Identität seiner Quellen zu schützen, für seine Funktionsfähigkeit essentiell. Die Mitteilung von Erkenntnissen im gewählten Verfahren, die Rückschlüsse auf nachrichtendienstliche Zugänge zulassen, würde sich nachhaltig negativ auf die Fähigkeit des LfV Sachsen auswirken, solche Zugänge zu gewinnen bzw. solche Kontakte fortzuführen. Diese teils dauerhafte Beeinträchtigung von Rechtsgütern war mit dem Informationsinteresse der Abgeordneten abzuwägen. Die Abwägung ergab, dass dem Geheimschutz und dem Schutz der Rechte Dritter Vorrang vor dem Informationsanspruch der Abgeordneten zukommt. Die Sächsische Staatsregierung hat in die Abwägung einbezogen, ob andere Formen der Informationsübermittlung möglich sind, die das Informationsinteresse des Parlaments unter Wahrung berechtigter Geheimhaltungsinteressen der Regierung befriedigen. Mit Blick auf den im Rahmen der Beantwortung zu beteiligenden Personenkreis kam die Staatsregierung zu dem Ergebnis, dass der erforderliche Geheimschutz sowie der Schutz Dritter nur dann hinreichend gewährleistet werden kann, wenn die Informationsübermittlung unterbleibt. Es wird darauf hingewiesen, dass der Parlamentarischen Kontrollkommission auf deren Verlangen weitergehende Auskunft erteilt wird. Frage 1: Wie viele und welche Immobilien in Sachsen befinden bzw. befanden sich nach Kenntnis der Staatsregierung seit dem Jahr 2001 im Besitz von Neonazis bzw. als rechtsextrem bekannten Personen/Gesellschaften (inkl. Reichsbürger, völkische Siedler) bzw. werden regelmäßig zu Veranstaltungen/Treffen genutzt? (Bitte konkrete Angabe der Gemeinde, in der sich die Immobilie befindet.) Die Frage kann nicht beantwortet werden. Das Landesamt für Verfassungsschutz (LfV) Sachsen führt aus rechtsstaattichen und Datenschutzgründen kein allgemeines Verzeichnis über Immobilien (d. h. Wohnimmobilien, Geschäftsimmobilien etc.) die sich im Besitz (Eigentum, Nutzungsüberlassung, selbstgenutzt, fremdgenutzt) von Rechtsextremisten befinden. Die weiter genannten Kategorien von "Reichsbürgern" und "völkisehen Siedlern" sind zudem so unbestimmt, dass eine eindeutige Zuordnung nicht möglich ist, zumal bspw. nicht alle "Reichsbürger" als rechtsexfremistisch einzuordnen sind/ In den vergangenen zwei Jahren hatten die in der nachgestellten Tabelle aufgeführten Immobilien, die von Rechtsextremisten mit Szenebezug genutzt wurden oder werden, für die Aufgabenerfüllung des LfV Sachsen eine besondere Relevanz: Seite 2 von 4 STAATSMINISTERIUM DES INNERN Freistaat SACHSEN Landkreis/Kreisfreie Stadt Anzahl der Objekte (Gemeinde) Bautzen 1 (in Kamenz) Erzgebirgskreis 1 Landkreis Görlitz 3 (zwei in Zittau und eins in Waldhufen, OT Jänkendorf) Landkreis Leipzig 2 (davon ein Objekt in Grimma, OT Roda) Landkreis Meißen 1 (in Riesa) Landkreis Mittelsachsen 3 (davon jeweils eins in Freiberg, Brand-Erbisdorf und Döbeln) Landkreis Nordsachsen 1 (in Torgau, OT Staupitz) Landkreis Sächsische Schweiz/Osterzgebirge 5 (davon zwei in Pirna sowie je eines in Struppen und Gohrisch) Landkreis Zwickau 2 (davon ein Objekt in Zwickau) Stadt Chemnitz Stadt Dresden Stadt Leipzig Vogtlandkreis 1 (in Theuma) Darüber hinaus wird auf die Vorbemerkung verwiesen. Frage 2: Inwieweit stehen diese Immobilien unter Beobachtung des Verfassungsschutzes oder unter besonderer Beobachtung durch die Polizei? Eine besondere Beobachtung dieser Objekte durch die Polizei erfolgt nicht. Im Übrigen wird auf die Vorbemerkung venviesen. Frage 3: In wie vielen Fällen von Verboten rechtsextremer Gruppierungen und Rockerclubs in Sachsen wurden Immobilien beschlagnahmt, eingezogen bzw. waren von einer Verfallsanordnung betroffen und welcher weiteren Verwendung wurden diese Immobilien zugeführt? (Bitte Auflistung nach Gruppierung, Ort, weitere Verwendüng .) Gruppierung Ort Weitere Verwendung Regionalverbancf "Gremium Motorcycle Club (MC) Sachsen" Chemnitz Durch Verbotsverfügung des Bundesministeriums des Innern vom 28. Mai 2013, Az. : OSI2 50004/11#1, wurde eine in Sachsen gelegene Immobilie auf Grundläge von § 3 Abs. 1 Satz 2, 10 Abs. 2 Vereinsgesetz beschlagnahmt, sichergestellt sowie die Einziehung angeordnet. Bis zu der Bestandskraft der Verbotsverfügung, die noch nicht eingetreten ist, wird die Immobilie durch das Bundesverwaltungsamt bzw. in Amtshilfe durch die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben verwaltet. Seite 3 von 4 STAATSMINISTERIUM DES INNERN Freistaat SACHSEN Frage 4: In welchen Fällen und mit welchen Maßnahmen unterstützt die Staatsregierung die Kommunen und die Anwohner vor Ort, wenn von den bekannten Immobiliennutzungen ein Klima der Einschüchterung oder Bedrohung ausgeht? Frage 5: Welche Strategien verfolgt die Staatsregierung in Zusammenarbeit mit Kommunen und Zivilgesellschaft, um präventiv den Immobilienkauf und -nutzung durch Neonazis und rechtsextreme Gruppierungen zu erschweren oder zu unterbinden? Zusammenfassende Antwort auf die Fragen 4 und 5: Die Polizei wird in Fällen, in denen aufgrund der Umstände Anhaltspunkte für konkrete Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung vorliegen, auf der Grundlage der einschlägigen Rechtsgrundlagen (SächsPolG und StPO) in Abhängigkeit von den konkreten Umständen des Jeweiligen Falles tätig. Sie teilt auf den insoweit konkreten Rechtsgrundlagen im SächsDSG sowie im SächsPolG Erkenntnisse zu ihr bekannt gewordenen Nutzungs- oder Kaufabsichten an die betroffenen Kommunen mit. Das LfV Sachsen stellt bei Gemeinden und Kommunen und bei Bedarf auch anderenorts auf Einladung jederzeit sein Lagebild zu extremistisch relevanten Szenen im Freistaat Sachsen vor. Das schließt regelmäßig auch das Thema der Nutzung von Immobilien durch (Rechts-) Extremisten mit ein. Das LfV Sachsen geht bei ihm bekanntgewordenen verfassungsschutzrelevanten örtlichen Problemlagen jedoch auch initiativ auf Behörden oder andere Bedarfsträger zu und sucht den Austausch mit den zuständigen Stellen, um mit Hilfe der zur Verfügung gestellten Erkenntnisse diese in die Lage zu versetzen, geeignete Maßnahmen gegen extremistische Bestrebungen vor Ort zu ergreifen. Die Ubermittlung muss nach § 12 Abs. 1 SächsVSG dem Schutz der freiheitlichen demokratischen Grundordnung oder sonst dem Zweck der öffentlichen Sicherheit dienen. Hierfür müssen entsprechende Anhaltspunkte vorliegen. Bei Grundstücksgeschäften ist dies im Falle des Verdachts gegeben, dass das Objekt für extremistische Aktivitäten genutzt werden soll. Das Problem der Nutzung von Immobilien durch Rechtsextremisten wurde 2012/2013 mit großem Zuspruch auch im Rahmen des Forums Starke Demokratie (FSD) bearbeitet. Seitens der Landesdirektion Sachsen wurde dazu eine Handreichung mit konkreten Handlungsempfehlungen für die Kommunen erarbeitet und diesen zur Verfüauna aestellt . Das LfV Sachsen bietet darüber hinaus weiteres Informationsmaterial (z. B. die Broschüre ':K()n1munen für Freiheit und Dialog") an, um mittels einer gezielten Sensibilisierung und ^ ufklarung Möglichkeiten aufzuzeigen, wie extremistische Gruppierungen in ihren Haniflungfispielräumen eingeschränkt werden können. Mit Weurfdlichen Grüßen Markus Ulbig Seite 4 von 4 2015-07-06T14:17:00+0200 GRP: Elektronisches Dokumentations- und Archivsystem Erstellung des Nachweisdokumentes