STAATSMiNiSTERIUM DES iNNERN SÄCHSISCHES STAATSMINISTERIUM DES INNERN 01095 Dresden Präsidenten des Sächsischen Landtages Herrn Dr. Matthias Rößler Bernhard-von-Lindenau-Platz 1 01067 Dresden Kleine Anfrage des Abgeordneten Nico Brünler (DIE LINKE) Drs.-Nr.: 6/18034 Thema: Mitbestimmungsmöglichkeiten von Jugendlichen Sehr geehrter Herr Präsident, namens und im Auftrag der Sächsischen Staatsregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Welche Möglichkeiten zur regelmäßigen und verbindlichen Mitbestimmung und Teilhabe am politischen Willensbildungsprozess und zur Entscheidungsfindung haben derzeit Jugendliche unter 18 Jahren in Sachsen? Staatsministerium des Innern: Nach § 58 Abs. 1 Sächsisches Personalvertretungsgesetz (SächsPersVG) werden in Dienststellen, bei denen Personalvertretungen gebildet sind und denen in der Regel mindestens fünf Beschäftigte angehören, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben (jugendliche Beschäftigte) oder die sich in einer beruflichen Ausbildung befinden, Jugend- und Auszubildendenvertretungen gebildet, die sich für die Interessen der jugendlichen Beschäftigten einsetzen. Darüber hinaus werden nach § 58 Abs. 2 SächsPersVG in den verwaltungsinternen Ausbildungseinrichtungen für Beamte im Vorbereitungsdienst und Beschäftigte in entsprechender Berufsausbildung Jugend- und Auszubildendenvertretungen gebildet. Nach § 22 Abs. 2 Sächsische Gemeindeordnung (SächsGemO) können neben den (volljährigen) Bürgern der Gemeinde auch Einwohner, die das 16. Lebensjahr vollendet haben, die Anberaumung einer Einwohnerversammlung beantragen, die bei Erfüllung eines entsprechenden Quorums anzuberaumen ist. Nach § 23 SächsGemO können neben den (volljährigen) Bürgern der Gemeinde auch Einwohner, die das 16. Lebensjahr vollendet haben, in Gemeindeangelegenheiten einen Einwohnerantrag stellen, den der Gemeinde- FreistaatSACHSEN Der Staatsminister Aktenzeichen (bitte bei Antwort angeben) 2-1053/71/145 Dresden. 18. Juli 2019 Hausanschrift: Sächsisches Staatsministerium des Innern Wilhelm-Buck-Str. 2 01097 Dresden Telefon +49 351 564-0 Telefax +49 351 564-3199 www.smi.sachsen.de Verkehrsanbindung: Zu erreichen mit den Straßenbahnlinien 3.6.7.8.13 Besucherparkplätze: Bine beim Empfang WilheIm-Buck- Str. 2 oder 4 melden. STAATSMINISTERIUM DES iNNERN rat bei Zustandekommen des entsprechenden Quorums, innerhalb von drei Monaten zu behandeln hat. Nach § 47a SächsGemO soll die Gemeinde bei Planungen und Vorhaben, die die Interessen von Kindern und Jugendlichen berühren, diese in angemessener Weise beteiligen . Hierzu soll die Gemeinde geeignete Verfahren entwickeln und durchführen. Über die Art und Weise der Umsetzung entscheiden die Gemeinden im Rahmen ihres verfassungsrechtlich verankerten kommunalen SelbstvenNaltungsrechts in eigener Verantwortung . Entsprechendes gilt gemäß § 43a Sächsische Landkreisordnung (Sächs— LKrO) für die Landkreise. Staatsministerium für Kultus: Mitbestimmung und Teilhabe sind laut Sächsischem Schulgesetz (SächsSchuIG) Grundelemente des sächsischen Bildungssystems. So soll die Schule laut § 1 Sächs- SchuIG „Erziehungs- und Bildungsauftrag der Schule“ die Schülerinnen und Schüler ermutigen, sich mit Fragen des gesellschaftlichen Zusammenlebens, der Politik, Wirtschaft , Umwelt und Kultur auseinanderzusetzen, sie zu zukunftsfähigem Denken befähigen und ihre Bereitschaft zu sozialem und nachhaltigem Handeln wecken. ln § 51 SächsSchulG „Schülermitwirkung, Schülervertretung" wird formuliert: „Im Rahmen der Schülermitwirkung wird den Schülern die Möglichkeit gegeben, Leben und Unterricht ihrer Schule mitzugestalten.“ In diesem Zusammenhang können Jugendliche unter 18 Jahren regelmäßig und verbindlich an Entscheidungsfindungsprozessen teilhaben und somit mitbestimmen. Die Schulkonferenz ist das oberste Mitwirkungs- bzw. Beschlussgremium an Schulen, in dem Lehrer, Eltern und Schüler vertreten sind. Sie hat die Aufgabe, das Zusammenwirken von Schulleitung, Lehrern, Eltern und Schülern zu fördern, bei Meinungsverschiedenheiten zu vermitteln sowie über Angelegenheiten, die für die Schule von wesentlicher Bedeutung sind, zu beraten und zu beschließen. Letztlich werden in § 55 SächsSchulG „Landesschülerrat“ auch die Aufgaben dieses Gremiums definiert: „Der Landesschülerrat vertritt die schulischen Interessen der Schü— ler aller Schulen in öffentlicher und freier Trägerschaft und berät die oberste Schulaufsichtsbehörde in allgemeinen Fragen des Erziehungs- und des Unterrichtswesens; er kann Vorschläge und Anregungen unterbreiten. Der Landesschülerrat wählt aus seiner Mitte einen Vorsitzenden und dessen Stellvertreter und schlägt Vertreter für den Landesbildungsrat vor.“ Der Landesbildungsrat berät die oberste Schulaufsichtsbehörde bei Angelegenheiten von grundlegender Bedeutung für die Gestaltung des Bildungswesens. Der Landesbil— dungsrat ist vor Erlass von Rechtsverordnungen der obersten Schulaufsichtsbehörde und zu Gesetzentwürfen der Staatsregierung, welche die Schule betreffen, anzuhören. Über diesen Weg ist der Landesschülerrat regelmäßig und verbindlich am politischen Willensbildungsprozess beteiligt und in die Entscheidungsfindung einbezogen. Staatsministerium für Soziales und Verbraucherschutz: Der am 21. Mai 2019 dem Kabinett vorgelegte 5. Kinder- und Jugendbericht der Sächsischen Staatsregierung, der als Drs.-Nr. 6/17826 veröffentlicht ist, steht unter dem Schwerpunkt „Mitmachen | Mitgestalten | Mittendrin — Jugendbeteiligung im Freistaat Sachsen". Hier werden unter Punkt „2.2 Teil II: Jugendbeteiligung im Freistaat Sach- Seite 2 von 5 FreistaatSACHSEN STAATSMiNiSTERIUM DES iNNERN sen“ (im Bericht ab Seite 51) Möglichkeiten der Jugendbeteiligung einschließlich der Teilhabe an politischen Willensbildungsprozessen und Entscheidungsfindungen im Freistaat Sachsen systematisiert beschrieben. Die Anlage enthält ferner eine Übersicht repräsentativer Jugendbeteiligungsformate in Sachsen, die von der Servicestelle Kinder - und Jugendbeteiligung des Kinder- und Jugendrings Sachsen aktualisiert worden ist. Repräsentative Jugendbeteiligungsformate in Sachsen sind in der Anlage darge— stellt. Staatsministerium für Soziales und Verbraucherschutz, Geschäftsbereich Gleichstellung und Integration: lm Rahmen der Richtlinie ,,We|toffenes Sachsen für Demokratie und Toleranz" werden Projekte gefördert, die sich Mitbestimmungsmöglichkeiten von Kindern und Jugendlichen zum Ziel setzen. Diese Projekte unterstützen sächsische Kommunen, indem sie diese zur Etablierung jugendbezogener Partizipationsprojekte sensibilisieren, motivieren und befähigen. Des Weiteren werden Projekte gefördert, die mit Jugendlichen direkt arbeiten und diese an Verfahrensweisen politischer Aushandlungsprozesse heranführen . Im Rahmen dieser Projekte erhalten Jugendliche die Möglichkeit, sich entsprechend ihrer Bedürfnisse und ihrer Lebenswirklichkeit zu beteiligen. Staatsministerium für Umwelt und Landwirtschaft: Die Staatsregierung hat am 27. November 2018 die „Nachhaltigkeitsstrategie des Freistaates Sachsen 2018“ beschlossen und damit die Fassung aus dem Jahr 2013 fortgeschrieben . Die Strategie stützt sich auf die 17 Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen , ergänzt die für den Freistaat Sachsen wesentlichen Handlungsfelder und enNeitert den Zeithorizont bis zum Jahr 2030. Im Rahmen eines dreistufigen Beteiligungsverfahrens wurden VerbändeNereine wie auch Akteure aller Ebenen angesprochen und zur aktiven Mitgestaltung aufgefordert. Speziell im Dialogforum wurden Schülergruppen zur Darstellung ihrer Projekte und zur Beteiligung an der Diskussion eingeladen. Für Akteure jeden Alters, also auch für Jugendliche unter 18 Jahren, besteht weiterhin die Möglichkeit , sich schriftlich oder per E-Mail unter nachhaltigkeit@smu|‚sachsen.de an der offenen Debatte zu den Themen der Nachhaltigkeitsstrategie zu beteiligen. Staatsministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr: Entsprechend §§ 60 ff. Betriebsverfassungsgesetz verfügen Jugendliche auch unter 18 Jahren über das aktive und passive Wahlrecht in die Jugend- und Auszubildendenvertretung eines Betriebes oder einer Behörde in Deutschland. Die betrieblichen Mitbe— stimmungsrechte dieser Vertretungen Jugendlicher und junger Menschen bestimmen sich nach vorgenanntem Gesetz. Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst: Im Oktober 2018 wurde das „Landesweite Konzept Kulturelle Kinder- und Jugendbildung für den Freistaat Sachsen“ durch das Kabinett zur Kenntnis genommen und die Umsetzung beauftragt. In die Erarbeitung des Konzeptes waren neben vielen weiteren Partnern auch Kinder und Jugendliche eingebunden. Dies geschah erstens durch einen im ersten Halbjahr 2017 durchgeführten „Jugend:Diang“‚ eine Befragung exemplarisch ausgewählter Kinder und Jugendlicher aus Sachsen. Die Ergebnisse dieser Befragung Seite 3 von 5 FreistaatSACHSEN STAATSMINISTERIUM DES INNERN sind ebenso in die Erarbeitung des Konzeptpapieres eingeflossen wie auch die Stellungnahme des Landesschülerrates, der gewählten Vertretung aller sächsischen Schülerinnen und Schüler. Unter dem Leitziel „Im Freistaat Sachsen besteht Teilhabegerechtigkeit für Angebote der Kulturellen Kinder- und Jugendbildung. lnklusion, Interkulturalität und Mobilität sind dabei wichtige Handlungsmaximen“ und dem darunter aufgeführten Mittlerziel 4.1.1 „Alle Kinder und Jugendlichen haben die gleichen Chancen, an Angeboten der Kulturellen Kinder- und Jugendbildung teilzunehmen“ formuliert das Landeskonzept als Maßnahme 7: „Angebote Kultureller Kinder- und Jugendbildung werden partizipativ mit der jeweiligen Zielgruppe entwickelt und umgesetzt.“ Zur fortlaufenden Umsetzung dieser Maßnahme sind „alle Akteure“ im Bereich der kulturellen Bildung aufgerufen. lntendiert ist, dass Kinder und Jugendliche nicht nur in die Rezeption, sondern insbesondere auch in Planung und Konzeption von neuen Angeboten im Bereich der Kulturellen Kin— der- und Jugendbildung eingebunden werden und ihre Meinungen und Ideen aktiv einbringen können. Frage 2: Welche Möglichkeiten im Sinne der Frage eins prüft die Staatsregierung darüber hinaus einzuführen? Von einer Beantwortung wird abgesehen. Gemäß Artikel 51 Absatz 2 der Verfassung des Freistaates Sachsen kann die Staatsregierung die Beantwortung von Fragen ablehnen, wenn diese den „Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung" berühren. Der Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung schließt einen nicht ausforschbaren |nitiativ—, Beratungs- und Handlungsbereich der Regierung ein. Hierzu gehören sämtliche internen Abstimmungs— und VVIIlensbildungsprozesse sowie Planungen innerhalb der Staatsregierung, die der Vorbereitung von Regierungsentscheidungen dienen (SächsVen‘GH, Urteil vom 23. April 2008, Vf. 87-l-06). Die vorliegende Frage berührt den Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung. Mit der Frage, welche Möglichkeiten im Sinne der Frage eins die Staatsregierung derzeit sieht, wird der Prozess der VWllensbildung innerhalb der Staatsregierung ausge— forscht. Der Landtag hat keine Befugnisse, in laufende Willensbildungs- bzw. Ent— scheidungsprozesse einzugreifen. Frage 3: Welche Informationen hat die Staatsregierung über die Auswirkung der Absenkung des Wahlalters in anderen Bundesländern bezüglich der Möglichkeiten der politischen Mitwirkung der Jugendlichen, deren Akzeptanz der Betroffenen und der Akzeptanz Seitens der restlichen Bevölkerung? Der Staatsregierung liegen darüber keine entsprechenden Informationen vor. Seite 4 von 5 FreistaatSACHSEN STAATSMiNiSTERiUiVI DES iNNERN Frage 4: Welche Grundsätzlichen Argumente (außerhalb der Regelung des Wahlrechtes) sprechen in den Augen der Staatsregierung gegen eine zumindest teilweise Absenkung des Wahlalters in Sachsen? Von einer Beantwortung wird abgesehen. Die Frage ist auf eine Bewertung gerichtet. Zur Abgabe einer Bewertung ist die Staatsregierung nicht verpflichtet. Das Fragerecht dient nach Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes nicht dazu, die Staatsregierung zu einer Bewertung anzuhalten, die der Abgeordnete für geboten hält, sondern nur dazu, den Abgeordneten Informationen zu verschaffen (SächsVerfGH, Urteil vom 22. April 2004, Vf. 44-l-03). W undlichen Grüßen Prof./Dr.Roland Wölier Anlage Seite 5 von 5 FreistaatSACHSEN Anlage zu Drs.-Nr. 6/18034 Beteiligung in Kommune. Landkreis und Land REPRÄSENTATIVE JUGENDBETEIUGUNGSFORMATE IN SACHSEN szn‘ncsmua”BETEPLIGUNG Qeteilruungsfarmat wmmpmuhpanner'lfinm ‘fliulshul' Umfnnlfl'xb :5 ."; _ Forum derjunuen Katrin Siegel] Tina Klllnn Generation (Neuwurk für Kultur und Chemnitz Jugendarbeit) (Partnerschaft für Damokraflu) Llsa Lotte Marfln flott imiaramszzmmua . ‚\‚_„\ .1 r(Jugendsuauts)_ _ . \"““~ ‚"„Ä‘ Karl -Llabknechtstr. 19 09111 Chemnitz 0151-516 70 578 ‚',_ \..v“-,‘r - -‚.„ > 03591-534 193 ' box.de farumderlungengenem dcn@gmall.com eckurmuchmannabnut hnpzllchemnltze ‚Internet ' . v rjuaendforumhlowame/ x' ', Junndldeen— Eckart alechmann Fleischmlrkt 1 hflps://hlt.lv/2EBMbMD kenferenz aaunen (Subsstelle Burgerdlalas) 02515 Bautzen zende http::l/de-de.facebookmm/llkhaunen/ pressesprechenjlkbnutz eanmalem Jlkbnuuenagmalhcom Kmder- und Sandra Philipp nr.-Wllhelm-Külz- 03528—416 09 83 5mdra.PhlleP@lnterna http://k]sr-radeherg.de Julendsradtml (Internatlanaler Bund) Straße 6 0170-63 43 872 flanaler-bund.de Radeberg 01454 Radeberg https://www.facebook.cum/kjsnmdeberg Max Stahl (Vorsitzender) Markt 17-13 01454 Radeberg Servicestelle l