STAATSM1N1STER1UM FÜR SOZ1A1ÆS UND VERBRAUCHERSCHUTZ SACHSISCHES STAATSMINISTERIUM FOR SOZIALES UND VERBRAUCHERSCHUTZ Albertstraße 10 I 01097 Dresden Präsidenten des Sächsischen Landtages Herrn Dr. Matthias Rößler Bernhard-von-Lindenau-Platz 1 01067 Dresden Kleine Anfrage der Abgeordneten Sarah Buddeberg (DIE LINKE) Drs.-Nr.: 6/18043 Thema: Beratungs- und Hilfsangebote für von Genitalverstümmelung betroffenen Frauen und Mädchen Sehr geehrter Herr Präsident, namens und im Auftrag der Sächsischen Staatsregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Welche Beratungs- und Aufklärungsangebote gibt es für Familien/ das soziale Umfeld der heranwachsenden von Genitalverstümmelung bedrohten Mädchen, um die Gefahr von Genitalverstümmelung frühzeitig zu erkennen und zu verhindern? Frage 3: Welche niederschwelligen Beratungs- und Aufklärungsangebote hält die Landesregierung für sinnvoll und wie sieht sie deren Finanzierung vor? Zusammenfassende Antwort auf die Fragen 1 und 3: Die Beratung zur Thematik wird als Regelangebot von den regionalen Jugendämtern , Erziehungsberatungsstellen und den regionalen Ämtern für Migrations- und Ausländerrecht vorgehalten. Darüber hinaus existieren im Rahmen der Netzwerke „Frühe Hilfen" regionale bedarfsorientierte Trägerstrukturen , die Beratungsangebote für Betroffene sowie Fortbildungen für Fachkräfte vorhalten. Der Verein SAIDA International e.V. bietet spezifische Beratungs- und Aufklärungsangebote zur Genitalverstümmelung an. Ein multidisziplinäres Kompetenzzentrum wurde im April 2019 vom Klinikum St. Georg in Leipzig und dem Verein gegründet. Betroffene Mädchen und Frauen erhalten dort umfassende medizinische und soziale Hilfeleistungen. Der Verein übernimmt vor allem die beratenden, begleitenden und präventiven Aufgaben. Das Klinikum deckt das medizinische Leistungsspektrum ab. Freistaat SACHSEN Die Staatsministerin für Gleichstellung und Integration Durchwahl Telefon +49 351 564-54905 Telefax +49 351 564-54909 lhr Zelchen lhre NachrIcht vom Aktenzelchen (bItte bel Antwort angeben) GL-0141 .51-19/451 Dresden, 16 .Jull 2019 Hausanschrlft: SächsIsches StaatsmInIsterlum für Sozleles und Verbraucherschutz Albertstraße 10 01097 Dresden Besucheradresse: Bautzner Straße 19a 01099 Dresden www.sms.sachsen.de STAATSM1N1STERIUM FÜR 5OZ1ALES UND VERBRAUCHERSCHUTZ Das Projekt „Desert Flower" des in Dresden ansässigen Vereins Aktionsgemeinschaft für Kinder- und Frauenrechte (Akifra) e.V. bietet gleichfalls Hilfsangebote für betroffene junge Mädchen und Frauen an. Diese können Informations- und Aufklärungsberatungen beispielsweise zu medizinischer Versorgung erhalten. Gleichfalls können unbegleitete Minderjähri ge und betroffene Schwangere beraten werden. Ein weiteres Angebot sind Weiterbildungen für Mediziner/innen, Pädagog/innen und Sozialbetreuer/innen. Weiterhin hält die Staatsregierung die Schulung von Multiplikator/innen im Gesundheitswesen , der Flüchtlingshilfe und im Erziehungsbereich für sinnvoll, um notwendige Aufklärungsarbeit zu leisten. Das ist eine Schwerpunktaufgabe des „Frauen-Nestwerks", eines Aktionsbündnisses zur Prävention von Genitalverstümmelung in Dresden. Kooperationspartnerinnen sind u.a. folgende von der Staatsregierung durch Projektförderung unterstützte Träger: *sowieso* Frauen für Frauen e.V., KALEB Dresden e.V. (beide über die RL Integrative Maßnahmen gefördert) sowie das Frauen- und Mädchengesundheitszentrum MEDEA e.V. (gefördert über die RL Chancengleichheit). Frage 2: Welche konkrete Hilfe bietet die Staatsregierung des Freistaates Sachsen Frauen und Mädchen, die von Genitalverstümmelung betroffen sind? Die Staatsregierung selbst hält keine direkten Hilfen oder Angebote vor. Solche werden, auch mit Unterstützung durch den Freistaat Sachsen, durch Träger vor Ort, z.B. durch Beratungsstellen, erbracht. Es wird auf die Antwort zu Frage 1 und 3 verwiesen. Für Betroffene könnte ein Anspruch nach dem Opferentschädigungsgesetz (OEG) bestehen, soweit es sich bei dem Eingriff zur Genitalverstümmelung um einen vorsätzlichen , rechtswidrigen tätlichen Angriff handelt. Dabei wäre nach derzeitigem Recht auch zu unterscheiden, ob die Tat im Inland oder im Ausland (siehe § 3a OEG) erfolgte. Grundsätzlich handelt es sich bei Genitalverstümmelungen um Straftaten gegen die körperliche Unversehrtheit nach dem Strafgesetzbuch (StGB). Freistaat SACHSEN Soweit eine Genitalverstümmelung nicht mit Einverständnis der Betroffenen erfolgt, was regelmäßig auszuschließen sein dürfte, fiele diese in den Anwendungsbereich des OEG. Im Freistaat Sachsen liegen bisher keine Anträge auf Leistungen nach dem OEG vor, daher bestand bisher keine Notwendigkeit der Prüfung eines solchen Tatbestands. Seit 2015 machen sich Personen, die eine Verstümmelung durchführen, gemäß § 226a StGB strafbar. Gemäß § 5 Nr. 9a lit. b StGB gilt bei im Ausland begangenen Taten das deutsche Strafrecht unabhängig vom geltenden Recht des Tatortlandes, wenn der Täter Deutscher ist oder das Opfer zum Tatzeitpunkt seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat. Sofern es sich um einen Fall des § 3a OEG handelt, ist die Leistung nach dem OEG nicht von der strafrechtlichen Verfolgung des Täters abhängig . Für betroffene Mädchen und Frauen in Deutschland wurde vom Bundesministerium für Gesundheit ein Hilfetelefon bei Gewalt gegen Frauen unter der Nummer 08000 116016 eingerichtet. Darüber hinaus gibt es eine mehrsprachige, barrierefrei Webseite und einen mehrsprachigen Chat (https://wm.hilfetelefon.de/das-hilfetelefon/beratung/beratung-in- 17-sprachen.html). Seite 2 von 3 STAATSM1N1STER1UM FUR SOZ1ALES UND VERBRAUCHERSCHUTZ Frage 4: Werden Frühe Hilfen angeboten, wenn eine von Genitalverstümmelung betroffene schwangere Frau in Sachsen ein Mädchen zur Welt bringt oder wenn weibliche Kleinkinder in Kindertagesstätten angemeldet werden, deren Mütter aus Verbreltungsländern der Genitalverstümmelung stammen? Grundsätzlich werden die Fachkräfte der Frühen Hilfen zum Thema entsprechend fortgebildet , sodass im Rahmen der Hilfen bel einem eventueH bestehenden Tatverdacht in Zusammenarbeit mit dem Allgemeinen Sozialen Dienst des Jugendamtes agiert werden kann. lnsbesondere bei der Weiterbildung zur Familienhebamme bzw. Familien-Gesundheitsund Kinderkrankenpflegerin, welche in Kooperation mit dem Felsenweg Institut der Karl Kübel Stiftung Dresden durchgeführt wird, ist das Thema u.a. als Ausbildungsinhalt im Kontext der kultur- bzw. migrationssensiblen Arbeit gesetzt. Darüber hinaus wird in der Stadt Leipzig aufgrund der hohen Bedarfslage von Müttern mit Migrationshintergrund das Modellprojekt „Eine Starthilfe in guten Händen — Familienhebammen und Familien-Gesundheits - und Kinderkrankenpflegrinnen für kultursensible Integration junger Migrant/ innen in Leipzig" unterstützt, in dem das Thema umfänglich bearbeitet wird. Mit freundlichen Grüßen j n " Vertretung I, 74111. I l i a in Dull.ärtin-Duli Freistaat SACHSEN Seite 3 von 3 2019-07-22T07:38:05+0200 pseudo: Elektronisches Dokumentations- und Archivsystem Erstellung des Nachweisdokumentes