STAATSMINISTERIUM DES INNERN SÄCHSISCHES STAATSMINISTERIUM DES INNERN 01095 Dresden Präsidenten des Sächsischen Landtages Herrn Dr. Matthias Rößler Bernhard—von—Lindenau-Platz 1 01067 Dresden Kleine Anfrage des Abgeordneten André Wendt (AfD) Drs.-Nr.: 6I18131 Thema: Aktivitäten kriminell agierender Clans im Freistaat Sachsen Sehr geehrter Herr Präsident, den Fragen sind folgende Ausführungen vorangestellt: „Vorbemerkung: In der Bundesrepublik Deutschland halten sich geschätzt mehrere hunderttausend Mitglieder sogenannter Clans auf. Unter ,Clans‘ versteht man Familienverbände, welche dieselben Vorfahren haben und in ihren Herkunftsländern üblicherweise Stammesgesellschaften bilden. Erschreckend überrepräsentiert sind die Mitglieder zahlloser Clans in der Polizeilichen Kriminalstatistik. Das Bundeskriminalamt hat eine Rangfolge der Gruppierungen aus dem Bereich Organisierte Kriminalität aufgestellt. Von den ausländisch geprägten Gruppen in Deutschland waren im Jahr 2017 die meisten der Familienverbände türkisch beherrscht (77), gefolgt von polnischen, albanischen, litauischen, russischen , nigerianischen, bulgarischen, libanesischen und serbischen Gruppen. Eine besondere Rolle nehmen hierbei die sogenannten ,Mhallamiye-Kurden‘ ein, welche ursprünglich aus einem Gebiet in der Türkei kommen und in den 70er und 80er Jahren über den Libanon in die Bundesrepublik Deutschland eingereist sind. Ihre Muttersprache ist jedoch ein stark akzentuiertes Arabisch. Mitglieder dieser Ethnie sind bekannt für ihre äußerste Brutalität, ihre Skrupellosigkeit und ihre ausgesprochen hohe Kriminalitätsbereitschaft. Mehrere spektakuläre Kriminalfälle, wie allein in Berlin der Überfall auf ein internationales Pokerturnier im Grand Hyatt im Jahr 2010, der Raubüberfall auf das ,KaDeWe‘ 2014, der Diebstahl einer über einhundert Kilogramm schweren Goldmünze aus dem Bode-Museum im Jahr 2017 oder der Diebstahl einer goldenen Skulptur aus einer Grundschule werden kriminellen Clans mit Migrationshintergrund zugerechnet. Auch Bremen und Nordrhein-Westfalen gelten als Hochburgen der Clan-Aktivitäten. ln Nordrhein-Westfalen sollen allein in den Jahren 2016 bis 2018 rund 6500 Verdächtige aus der Szene für mehr als 14.000 Straftaten verant- FreistaatSACHSEN Der Staatsminister Aktenzeichen (bitte bei Antwort angeben) 3-1053/80/92 Dresden, 3? Juli 2019 Hausanschrift: Sächsisches Staatsministerium des Innern WilheIm-Buck-Str. 2 01097 Dresden Telefon +49 351 564-0 Telefax +49 351 564-3199 www.smi.sachsen.de Verkehrsanbindung: Zu erreichen mit den Straßenbahnlinien 3, 6, 7, 8, 13 Besucherparkplätze: Bitte beim Empfang WilheIm-Buck— Str. 2 oder 4 melden. STAATSMINISTERIUM DES INNERN wortlich gewesen sein. Jede fünfte Straftat in NRW geht den Erkenntnissen zufolge dabei auf das Konto von nur zwei Clans. Der stellvertretende Bundesvorsitzende des Bundes deutscher Kriminalbeamter betrachtet Clan-Kriminalität als ein beträchtliches Problem. Im Interview bezeichnet er es als übergreifende Klammer für Clans, dass es sich hierbei um Subkulturen handelt, die für sich ein eigenes Normen- und Wertesystem reklamieren, sich nach außen durch eine Mauer des Schweigens abschotten, das deutsche Rechtssystem absolut ablehnen, ein eigenes Rechtssystem zu etablieren versuchen und die ihren Lebensunterhalt insbesondere dadurch bestreiten, dass sie einerseits durchaus gern auf die deutschen Sozialsysteme zurückgreifen, sich andererseits aber auch einen beträchtlichen Lebensstandard durch Straftaten ergaunern (ms:Ilwww.deutschlandfunk.delkriminelle-clans-ein-ueberjahrzehnte -gewachsenes.694.de.html?dram:article id=424506). lnzwischen haben mehrere Länder reagiert. Die Landesregierung von Nordrhein- Westfalen hat im Mai dieses Jahres das erste Lagebild zur Clan-Kriminalität vorgelegt . Hiernach werden in NRW 104 kriminelle Clans verortet. Das Landeskriminalamt hat eine ‚Taskforce Finanzermittlungen‘ eingerichtet. Ebenso wurde das Modellprojekt ‚Staatsanwälte vor Ort‘ eingerichtet, nach dem sich in Duisburg- Marxloh zwei Staatsanwälte ausschließlich mit Clan-Kriminalität befassen. Selbst Berlin hat einen 5-Punkte-Plan zur Bekämpfung krimineller Clans vorgestellt. Im Jahr 2018 haben die Berliner Behörden in einem Verfahren gegen einen einzigen Clan 77 Immobilien im Gesamtwert von 9,3 Millionen Euro beschlagnahmt. Bundesinnenminister Horst Seehofer hat im Hinblick auf kriminelle Clans geäußert, der rechtstreue Bürger werde als Opfer, die deutsche Gesellschaft als Beute und unsere Gesetze und Regeln als nicht verbindlich betrachtet. Das Bundeskriminaiamt wird in seinem diesjährigen Lagebild zur organisierten Kriminalität erstmals ein Kapitel mit dem Titel ‚Kriminelle Mitglieder von Großfamilien ethnisch abgeschotteter Subkulturen‘ vorstellen. Die Konferenz der Innenminister ab dem 12. Juni dieses Jahres hatte auch den Erfahrungsaustausch, die Abstimmung von Maßnahmen und die Einbeziehung des Bundeskriminalamtes im Kampf gegen Clan-Kriminalität zum inhalt. Auch Sachsen scheint in den Fokus kriminell agierender Familiencians gerückt zu sein. 2017 kam es am Dresdner Hauptbahnhof zu einer blutigen Schlägerei, die als Auseinandersetzung zwischen Angehörigen des Miri-Clans und den Rappern der Dresdner KMN-Gang gedeutet wurde, bei der es um Musikeinnahmen ging. Ein Sprecher des Sächsischen Landeskriminalamtes wird mit den Worten zitiert, es sei nicht auszuschließen, dass Leute aus dem Dunstkreis der Clans hier auftauchen. Im Oktober 2018 wurde im vogtländischen Auerbach der als ,Patron‘ bekannte Kopf des Miri-Clans, welchem etwa 36 Familien angehören sollen , festgenommen (https:llwww.freiepresse.delvogtland/auerbach/update-clankriminalitaet -patron-im-voqtland-festgenommen-artikel10344552). Eine journalistische Dokumentation hat aufgedeckt, dass eine clanangehörige Familie aus Berlin in Bad Liebenwerdal Brandenburg, Weidal Thüringen und Penigl Sachsen |mmobilien erworben hat. Das Geld hierzu soll aus der Geldwäsche stammen. Das Haus in Penig wird vermietet. Die Vermieterin hat in der Vergangenheit Mietzah- Iungen vorn Jobcenter erhalten, jedoch die Betriebskosten für sich behalten und nicht an die Energieversorger weitergereicht. Dies hatte zur Folge, dass den Mietern dieses Hauses inklusive ihrem kranken Kind die Gaszufuhr, Heizung und Seite 2 von 4 FreistaatSACHSEN ‘. u Freistaat;;JSACHSENSTAATSMINiSTERiUMDES iNNERN Warmwasser abgestellt werden sind. Obwohl die Immobilie schon vor zwei Jahren polizeilich beschlagnahmt worden ist, fließt der aus der Vermietung geschuldete Mietzins weiter an die CIan-Angehörigen ( https:llwww.voutube.comlwatch?v=lanomeQYQ ab Minute 10.30).“ Namens und im Auftrag der Sächsischen Staatsregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Wie viele Personen, die einer Großfamilie mit einer ethnisch abgeschotteten Subkultur zugerechnet werden können, halten sich dauerhaft im Gebiet des Freistaats Sachsen auf (bitte nach Großfamilie und Staatsangehörigkeit aufschlüsseln )? Frage 2: Gegen wie viele Mitglieder des unter 1. benannten Personenkreises wurden in den Jahren 2014-2019 Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts einer Straftat geführt und welchen Ausgang hatten diese (bitte nach Jahr, vorgeworfener Straftat und Ausgang des Ermittlungsverfahrens [Einstellung, Verurteilung etc.] aufschlüsseln )? Zusammenfassende Antwort auf die Fragen 1 und 2: Die Begriffe „Großfamilie“ und „ethnisch abgeschottete Subkultur“ sind weder polizeiliche noch ausländerrechtliche Erfassungskriterien. Eine einheitliche Definition, welche Personen mit diesen Begriffen bezeichnet werden und welche nicht, gibt es bundesweit nicht. Das Kriterium der Staatsangehörigkeit eignet sich nicht zur Differenzierung. Zahlen im Sinne der Fragestellungen können insofern nicht benannt werden. Um das Ausmaß des Phänomens dennoch zu beschreiben, wird ersatzweise die noch in Abstimmung befindliche bundesweite Arbeitsdefinition zur sogenannten Clankrimina- Iität sowie der Definitionsansatz für den diesbezüglichen Anteil an der Organisienen Kriminalität genutzt. Sachsen ist nach polizeilichen Erkenntnissen derzeit nicht im vergleichbaren Ausmaß wie Berlin, Bremen, Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen vom Phänomenbereich „Clankriminalität“ betroffen. Im Freistaat Sachsen sind aktuell keine Straftaten oder Gefährdungsiagen festzustellen, die anhand identifizierter Täter oder Störer augenscheinlich „Großfamilien“ im Sinne der Anfrage zuzurechnen wären. Frage 3: Welche Schlüsse zieht die Landesregierung aus der Aussage des Innenministers von Nordrhein-Westfalen, Herbert Reul: „Die Aktivitäten krimineller Clans machen an Bundesländergrenzen nicht halt, also dürfen es die Ermittler auch nicht tun. Die Polizeibehörden müssen sich dringend besser vernetzen.“? Seite 3 von 4 ! , FreistaatA'jSACHSENSTAATSMINISTERIUMDES INNERN Frage 4: Beabsichtigt die Sächsische Landesregierung, ebenfalls ein Punkte-Konzept vorzulegen , um gezielt die AusbreitungIAusübung von Clan-Kriminalität in Sachsen zu verhindern und! oder effektiver zu verfolgen? Falls ja, welchen Inhalt hat dieses Punkte-Konzept? Falls nein, aus welchen Gründen wird kein Konzept erarbeitet ? Zusammenfassende Antwort auf die Fragen 3 und 4: Die sächsische Polizei steht im ständigen diesbezüglichen Informationsaustausch mit den Sicherheitsbehörden anderer Bundesländer und des Bundes. Zudem erstellt das Landeskriminalamt Sachsen derzeit ein polizeiliches Lagebild zum Phänomenbereich. In einem weiteren Schritt sollen diese Erkenntnisse unter Federführung der Generalstaatsanwaltschaft Dresden mit den anderen Ermittlungsbehörden in Sachsen erörtert werden, um frühzeitig Änderungen der in der Antwort dargestellten Lage zu erkennen und gemeinsam über dann erforderliche präventive und repressive Maßnahmen zu entscheiden. Frage 5: Setzt sich die Staatsregierung diesbezüglich für (weitere) Änderungen im Strafrechtl Strafprozessrecht ein, um der Clan-Kriminalität zu begegnen? Wenn ja, in welcher Form? Eine Gesetzesinitiative im Sinne der Fragestellung ist aktuell nicht beabsichtigt. Mit freundlichen Grüßen in Vertretungm? Dr. Matthias H Seite 4 von 4 2019-07-25T13:10:23+0200 pseudo: Elektronisches Dokumentations- und Archivsystem Erstellung des Nachweisdokumentes