STAATSMiNiSTERlUM DES iNNERN SÄCHSISCHES STAATSMINISTERIUM DES INNERN 01095 Dresden Präsidenten des Sächsischen Landtages Herrn Dr. Matthias Rößler Bernhard-von-Lindenau-Platz 1 01067 Dresden Kleine Anfrage der Abgeordneten Juliane Nagel (DIE LINKE) Drs.-Nr.: 6/18265 Thema: „Gefährliche Orte, „Kontrollstellen“, „Kontrollbereiche“ und „Straßen von erheblicher Bedeutung für die grenzüberschreitende Kriminalität“ in Leipzig! 2. Quartal 2019 Sehr geehrter Herr Präsident, namens und im Auftrag der Sächsischen Staatsregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Wie viele und welche Orte in Leipzig werden gegenwärtig nach §19 Abs. 1 Nr. 2 SächsPolG auf Grund welcher detaillierter Lageerkenntnisse geführt? (Bitte aufstellen nach Revierbereich, Orten, Plätzen, Straßen, Straßenzügen und dem jeweiligem räumlichen Umfang.) Es wird auf die Antwort der Staatsregierung auf die Kleine Anfrage Drs.— Nr. 6/17319 verwiesen. Dazu haben sich keine Änderungen ergeben. Frage 2: Wann und wo erfolgte im Zeitraum vom 01.04.2019 bis zum 30.06.2019 die Einrichtung von Kontrollstellen bzw. Kontrollbereichen im Zusammenhang mit Versammlungen oder sonstigen Zusammenkünften im öffentlichen Raum, entsprechend der §§ 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 bzw. Nr. 6 SächsPolG? (bitte nach zeitlicher und räumlicher Ausdehnung der Maßnahmen und auf Grund welcher Lageerkenntnisse oder welcher Einsatzlage auflisten) Die Einrichtung vom Kontroilstellen nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Polizeigesetz des Freistaates Sachsen (SächsPolG) wird weder statistisch erfasst noch anderweitig zentral dokumentiert. Anlässlich der Versammlungslage „Aufbruch deutscher Patrioten Mitteldeutschland “ (ADPM) wurde am 1. Mai 2019 für die Zeit von 07:00 Uhr bis 18:00 Uhr in Leipzig ein Kontrollbereich nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 SächsPolG eingerichtet. FreistaatSACHSEN Der Staatsminister Aktenzeichen (bitte bei Antwort angeben) 3-1053/81/70 Dresden. 1. August 2019 Hausanschrift: Sächsisches Staatsministerium des Innern WilheIm-Buck-Str. 2 01097 Dresden Telefon +49 351 564-0 Telefax +49 351 564-3199 www.smi.sachsen.de Verkehrsanbindung: Zu erreichen mit den Straßenbahnli— nien 3.6.7.8,13 Besucherparkplätze: Bitte beim Empfang WilheIm-Buck- Str. 2 oder 4 meiden. STAATSMiNiSTERiUM DES iNNERN Der räumliche Geltungsbereich dieses Kontrollbereichs umfasste folgendes Gebiet: . Kreisverkehr/KarI-Tauchnitz—StraBe/Martin—Luther-Ring/Ronlatz/GrUnewaldstraBel BrüderstraßeNVi|helm-Leuschner—P|atz/Peterssteinweg/Karl—Liebknecht-Straße/ Kreisverkehr Es handelt sich hierbei um das unmittelbare Einzugsgebiet um den Simsonplatz und damit um den potentiellen Handiungsort zur Begehung von Straftaten gemäß § 100a Abs. 2 Strafprozessordnung (StPO) und/oder § 28 Sächsisches Versammlungsgesetz. Dem lagen u.a. folgende Lageerkenntnisse zugrunde: Die dem rechten politischen Spektrum zuzuordnende Partei ADPM beabsichtigte zunächst am 1. Mai 2019 zwischen 10:00 Uhr bis 13:00 Uhr mit ca. 300 Teilnehmern im Leipziger Stadtteil Connewitz einen Aufzug durchzuführen. Zuvor hatte die Partei „DIE RECHTE“ am 12. Dezember 2015 mit zwei weiteren politisch gleichgesinnten Organisationen sowie am 18. März 2017 jeweils einen Aufzug in Leipzig-Connewitz durchgeführt . Beide Versammlungslagen verliefen im Ergebnis unfriedlich. Die Durchführung von Versammlungen bzw. Aufzügen rechter Parteien innerhalb des Stadtteils Leipzig-Connewitz wird seit Jahren innerhalb des linken Spektrums als Provokation gewertet, der man sich rigoros insbesondere auch mit erheblicher Gewaltanwendung entgegenstellen muss. Zur Minimierung der seitens der Versammlungsbehörde erstellten Gefahrenprognose erfolgte eine Verlegung der angezeigten Versamm- Iung (stationär) auf den Simsonplatz in unmittelbarer Nähe zum BundesvenNaltungsgericht sowie zu Liegenschaften des Freistaates Sachsen (Staatsanwaltschaft, Landgericht , Polizeidirektion Leipzig). Alle Objekte waren seit dem Jahr 2013 mehrfach Zielobjekt von politisch Iinksmotivierten Anschlägen. Während der Versammlungslage am 12. Dezember 2015 kam es zu massiven Angriffen auf Polizisten, deren Einsatzmittel sowie zu Gewaltanwendungen gegen Sachen und Objekte durch ca. 1.500 linksmotivierte Gewalttäter. Es wurden 79 Polizeibeamte verletzt und 50 Dienstfahrzeuge beschädigt bzw. zerstört. Die Angriffe richteten sich zudem gegen Einsatzkräfte der Feuerwehr, die mit Steinen beworfen und deren Löschmaßnahmen massiv behindert wurden, so dass diese den Rückzug antreten mussten. Darüber hinaus erfolgte eine Vielzahl von Beschädigungen an öffentlichen Einrichtungen und bei Dritten. Die 51 festgestellten strafrechtlichen Verstöße umfassten eine große Deliktsbreite; es handelte sich dabei um Sachbeschädigungen an geparkten Fahrzeugen vermeintlicher Teilnehmer des politischen Gegners, Körperverletzungsdelikte und Landfriedensbrüche sowie um gemeingefährliche Straftaten i. S. d. § 100a Abs. 2 Buchstabe t StPO Wie Brandstiftung an Kraftfahrzeugen gemäß § 306 Strafgesetzbuch (StGB), besonders schwere Brandstiftung gemäß § 306b Abs. 2 Nr. 3 StGB sowie gefährliche Eingriffe in den Bahn,- Schiffs- und Luftverkehr gemäß § 315 Abs. 3 StGB. Die Gesamtschadenshöhe lag im mittleren sechsstelligen Bereich. Im Zuge der vergleichbaren Versammlungslage am 18. März 2017 wurden insgesamt 22 Straftaten verübt. Neben Verstößen gegen das Versammlungsgesetz (u. a. Vermummung ; Mitführen von Waffen und gefährlichen Gegenständen) wurden u. a. Barri— kaden errichtet und Mülltonnen in Brand gesetzt. Das Aggressionspotential verdeutlichte u. a. ein Plakat mutmaßlich Linksautonomer mit doppeldeutiger Wortwahl: „freuen Seite 2 von 4 Freista atFV,SACHSEN STAATSMINISTERIUM DES iNNERN Sie sich bei dem Gedanken an den Tag, an dem man als menschliches Wesen die Bullen behandeln kann, die nicht an Ort und Stelle erschossen zu werden brauchen?" (Quelle: LVZ-Online). Im Zusammenhang mit Versammlungen des rechten Spektrums kam es nahezu bei jeder Versammlung zu Straftaten gegenüber den an— und abreisenden Teilnehmern. Die Partei ADPM stellte für linksmotivierte Straftäter in der Kreisfreien Stadt Leipzig ein vergleichbares Anreizmoment zur Begehung von Straftaten dar, wie die Partei „DIE RECHTE“, die ,,OfD“ und/oder „Thügida“ in jüngster Vergangenheit. Auseinandersetzungen mit dem politischen Gegenüber und die damit verbundenen Gefahren für Menschen und Objekte wie Kfz und Gebäude drängten sich auf. Der Stadtteil Connewitz ist schutzbietender Rückzugsort der linken und Iinksautonomen Leipziger Szene. Die in Connewitz existierende militante Szene agiert sehr organisiert und schreckt auch vor Angriffen auf Polizeibeamte bzw. deren Liegenschaften nicht zurück. Die iinksextremistische Szene tritt im Bereich der Polizeidirektion Leipzig sehr aktiv und überwiegend spontan auf. Die Szene kann problemlos und innerhalb eines sehr kurzen Zeitraumes sowohl für themenspezifische Ereignisse als auch ohne konkreten Anlass eine Teilnehmerzahl im (mittleren) dreistelligen Bereich mobilisieren, die auch bereit und geneigt ist, im Zuge dessen Straftaten zu begehen. Kontinuierlich sind in der Vergangenheit Straftaten und gewalttätige Aktionen der linken bzw. linksautonomen Szene in Leipzig wie auch bundesweit in gleicher Weise zu verzeichnen gewesen. lm Stadtgebiet von Leipzig waren in den letzten Jahren vermehrt Anschläge auf Einrichtungen und Kraftfahrzeuge staatlicher Institutionen mit teils erheblichen Sachschäden zu verzeichnen. Im Ergebnis war davon auszugehen. dass sowohl die rechtsorientierten Personen die Konfrontation mit der linksextremistischen und autonomen Szene bewusst suchten als auch umgekehrt die militanten linken Gruppierungen. Zudem musste davon ausgegangen werden, dass auch die Einsatzkräfte verstärkt Angriffsobjekte sein könnten. Frage 3: Wie viele Kontrollbereiche, entsprechend § 19 Abs. 1, Satz 1, Nr. 6 SächsPolG, wurden wo im Gebiet der Stadt Leipzig im Zeitraum vom 01.04.2019 bis zum 30.06.2019 auf Grund welcher Lageerkenntnisse eingerichtet und ausgewiesen? (bitte nach zeitlicher und räumlicher Ausdehnung der Maßnahmen und auf Grund welcher Lageerkenntnisse oder welcher Einsatzlage auflisten) Kontrollbereiche, welche nicht im Zusammenhang mit Versammlungen oder sonstigen Zusammenkünften im öffentlichen Raum nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 SächsPoiG stehen , wurden im 2. Quartal nicht eingerichtet. Frage 4: Welche Straßen im Gebiet der Stadt Leipzig wurden im Zeitraum vom 01.04.2019 bis zum 30.06.2019 auf Grund welcher Lageerkenntnisse und welches polizeilichen Konzeptes als „Straßen von erheblicher Bedeutung für die grenzüberschreitende Kriminalität“ nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SächsPolG ausgewiesen? (Bitte Seite 3 von 4 FreistaatSACHSEN STAATSMINISTERIUM DES iNNERN nach Datum, Zeitraum, Lageerkenntnisse und Benennung des polizeilichen Konzeptes auflisten) Die im Kontext mit der Frage stehenden Unterlagen unterliegen der Einstufung „VS-Nur für den Dienstgebrauch“, da eine Offenlegung der bezeichneten Straßen dem Kontrollzweck zuwiderlaufen würde. Aufgrund dieser Einstufung der ausgewiesenen Straßen und der für die Entscheidung zugrundeliegenden Erkenntnisse wird die Antwort an die Geheimschutzstelle des Sächsischen Landtages mit der Bitte Ubersandt, den Abgeordneten die Einsichtnahme zu ermöglichen. Im Weiteren wird a_gf die Antwort der Staatsregierung auf die Kleine Anfrage Drs.-Nr. 6/8912 verwiesen. Anderungen haben sich nicht ergeben. Frage 5: Sind gegen in den Jahren 2017, 2018 und im Jahr 2019 vorgenommene verdachtsunabhängige Kontrollen in Kontrollbereichen, an Kontrollstellen oder auf Straßen von erheblicher Bedeutung für die grenzüberschreitende Kriminalität Rechtsmittel eingelegt worden? (bitte auch Verfahrensstand angeben) im abgefragten Zeitraum wurde ein Rechtsmittel gegen eine verdachtsunabhängige Kontrolle in einem Kontrollbereich bekannt. Das Verfahren befindet sich gegenwärtig nach klägerseits gesteiitem Antrag auf Zulassung der Berufung vor dem Sächsischen Oberverwaitungsgericht. insofern gibt es keine Änderungen zur Antwort der Staatsregierung auf die Frage 5 der Kleinen Anfrage Drs.-Nr. 6/17319. Seite 4 von 4 * Freistaat”I;SACHSEN 2019-08-01T11:17:42+0200 pseudo: Elektronisches Dokumentations- und Archivsystem Erstellung des Nachweisdokumentes