STAATSMINISTERIUM DER JUSTIZ SACHSISCHES STAATSMINISTERIUM DER JUSTIZ Hospitalstraße 7 | 01097 Dresden Präsidenten des Sächsischen Landtages Herrn Dr. Matthias Rößler Bernhard-von-Lindenau-Platz 1 01067 Dresden Kle_ine Anfrage der Ab.geordneten Katja Meier (BÜNDNIS 90/DlE GRÜNEN) Drs.-Nr.: 6/18339 Thema: lnternetzugang zur Weiterbildung von lnsassen der Sicherungsvenñ /ahrung, des Strafvollzugs und Maßregelvollzugs Sehr geehrter Herr Präsident, den Fragen sind folgende Ausführungen vorangestellt: ,,Vorbemerkung: Laut Beschtuss des Sächsischen Verfassungsgerichtshofes ist ein generelles Verbot von lnternetnutzung für lnsassen der Sicherungsverurahrung (SächsVerfGH Beschl. v. 27.06.2019, Az. 64-|\/-f 8) nicht zulässig." Namens und im Auftrag der Sächsischen Staatsregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage l: Welche Schlüsse zieht die Staatsregierung aus dem vorliegenden Be' schluss in Bezug auf Gewährleistung eines lnternetzugangs für ln' sassen der Sicherungsvetwahrung, insbesondere im Hinblick auf die Freistaat SACHSEN Der Staatsminister Durchwahl Telefon +49 351 564-15000 Telefax +49 351 564-15009 staatsminister@ smj.justiz.sachsen.de* Aktenzeichen (bitte bei Antwort angeben) 1 040E/1 3/1606-KLR Dresden, 1. August 201 9 ; TOB MIT @ Wli'u'JOB-MIT.'.DE Hausanschrift: Såchs¡sches Staatsminlsterium der Justiz Hospitalstraße 7 01097 Dresden Br¡efpost Uber Deutsche Post 01095 Dresden www.justiz. sachsen. de/smj Verkehrsverbindung: Zu erreichen mit Shaßenbahnlinien 3,6,7, 8, 11 Parken und beh¡ndertengerechter Zugang Uber Einfahrt Hospitalstraße 7 H¡nweise zum DatenschuE erhalten Sie auf unserer lnternetseite . Auf Wunsch senden w¡r lhnen diese H¡nwe¡se auch zu. 'Kê¡n Zugang fûr elektron¡sch s¡gnierte sowig fúr vêrschlirssêlta elèktron¡schs Nachr¡chtsn; nåhorê lnformâtiongn zur slektronischen Kommunikation mit såchsischen Justizbeh0rden unter w.¡ustiz.sachson.de/E- Kommunikation o Seite 1 von 7 STAA'I'SMINISTERIUM DER JUSTIZ Freistaat SACHSENm Nutzung aktiver Kommunikation, wie bsw. spezielle Fachforen zur beruflichen Weiterbildung? Das Recht auf einen lnternetzugang zu Weiterbildungszwecken ist - worauf der Verfassungsgerichtshof des Freistaates Sachsen (Sächsischer Verfassungsgerichtshof) in seinem Beschluss vom 27. Juni 2019, Az.64-lV-18, hinweist - grundrechtlich durch Artikel 20 Absatz 1 Satz 1 Halbsatz 2 der Verfassung des Freistaates Sachsen geschützt . Dabei gewährleistet das Grundrecht der lnformationsfreiheit das Recht, sich ungehindert aus Quellen zu unterrichten, die allgemein zugänglich sind. Zu den lnformationsquellen , die den Schutz des Grundrechts genießen, gehört auch das lnternet. Die lnformationsfreiheit findet aber gemäß Artikel 20 Absatz 3 der Verfassung des Freistaates Sachsen ihre Schranken in den allgemeinen Gesetzen, zu denen auch die Bestimmungen der sächsischen Justizvollzugsgesetze gehören. S 37 Sächsisches Sicherungsverwahrungsvollzugsgesetz (SächsSWollzG) ist eine solche allgemeine gesetzliche Regelung im Sinne des Artikels 20 Absatz3 der Verfassung des Freistaates Sachsen. Sie betrifft die Gestattung anderer Formen der Telekommunikation in der Sicherungsverwahrung und erfasst die Nutzung des lnternets als Mittel der Kommunikation und lnformationsgewinnung. Dabei erfolgt die Zulassung anderer Formen der Telekommunikation in einem zweistufigen Verfahren. Für in der Sicherungsvenruahrung Untergebrachte besteht nach dem gesetzgeberischen Willen kein Anspruch auf Erteilung der Zulassung einer speziellen Kommunikationsform durch die Aufsichtsbehörde. Dies steht im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, wonach einem Untergebrachten ein freier Zugang zum lnternet auf der Grundlage der vollzugsgesetzlichen Vorschriften zum Schutz von Sicherheit und Ordnung der Anstalt versagt werden kann (BVerfG, Beschluss vom 15. Juli 2010, Az. 2 BvR 2518108). Allerdings ist der Vollzug der Sicherungsverwahrung nach $ 3 Absatz 2 Satz 1 SächsSWollzG therapiegerichtet und freiheitsorientiert auszugestalten. Nach dem sog. Abstandsgebot ist die Freiheitsentziehung auch in deutlichem Abstand zum Strafvollzug auszugestalten und das Leben im Maßregelvollzug den allgemeinen Lebensverhältnissen anzupassen, soweit Sicherheitsbelange dem nicht entgegenstehen (vgl. BVerfGE 128, 326, 380). Unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte ven¡reist der Sächsische Verfassungsgerichtshof in diesem Zusammenhang auf den besonderen Charakter der Sicherungsvenruah- Seite 2 von 7 STAATSMINISTER¡UM DER JUSTIZ Freistaat SACHSENU rung und das daraus abzuleitende Erfordernis einer umfassenden und stârker auf den Einzelfall bezogenen Abwägung zwischen den lnteressen des Verwahrten einerseits und den entgegenstehenden Sicherheitsbelangen der Anstalt andererseits. Damit steht dem Untergebrachten in der Sicherungsvenruahrung ein Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung des Anstaltsleiters zu. Bei dieser auf den Einzelfall bezogenen Entscheidung ist das insbesondere in den $$ 2 und 3 SächsSWollzG normierte Ziel der Resozialisierung des Untergebrachten im Sinne einer wirkungsorientierten Vollzugsgestaltung entsprechend zu berücksichtigen. lm Übrigen hat auch der Sächsische Verfassungsgerichtshof darauf hingewiesen, dass der Zugang zum lnternet in der Sicherungsverwahrung nicht gänzlich ausgeschlossen sei und etwa beschränkte lnformationsangebote im lnternet im Bildungsbereich über die Lernplattform ,,elis" abgerufen und die Zulassung einzelner anderer Seiten beantragt werden können. Hierin liegt eine Zulassung seitens der Aufsichtsbehörde im Sinne des $ 37 Satz 1 SächsSWollzG. Frage 2: lnwieweit zieht die Staatsregierung auch in Bezug auf Maßregelvollzug und Strafvollzug Schlüsse für die Gewährleistung eines lnternetzugangs im Hinblick auf das Vollzugsziel Resozialisierung? Die Entscheidung des Sächsischen Verfassungsgerichtshofs vom 27. Juni 2019 bezieht sich zwar auf die Verfassungsbeschwerde eines Sicherungsverwahrten und betrifft den weiteren Maßregel- und Strafvollzug nicht unmittelbar. Allerdings gelten auch für Personen, die im Straf- oder Maßregelvollzug untergebracht sind, die Berechtigungen und Einschränkungen von Artikel 20 Absatz 1 Satz 1 Halbsatz 2, Absatz 3 der Verfassung des Freistaates Sachsen gleichermaßen. Die tragenden Entscheidungsgründe werden daher unter Berücksichtigung der vollzuglichen Besonderheiten im Straf- und Maßregelvollzug im Rahmen der jeweiligen Einzelfallentscheidung entsprechende Beachtung finden. Seite 3 von 7 STAATSMINISTERIUM DER JUSTIZ Freistaat SACHSEN# Frage 3: lnwieweit plant die Staatsregierung, im gesamten Freistaat Sicherungsverwahrten , im Maßregelvollzug sowie im Strafuollzug befindliche lnsassen mit einem I nternetzugang auszustatten? ( Bitte nach Anstalten aufsch I üssel n ) lm Lichte der Entscheidung des Sächsischen Verfassungsgerichtshofs vom 27.Juni 2019 ist es von Verfassung wegen nicht geboten, die freie Nutzung des lnternets für die in der Sicherungsverwahrung, im Strafvollzug oder im Maßregelvollzug untergebrachten Personen generell zuzulassen. Eine generelle Zulassung des lnternetzugangs im Sinne der Fragestellung ist dezeit wegen der damit verbundenen Gefahren für die Sicherheit und Ordnung in den Anstalten und Einrichtungen nicht beabsichtigt . Die gleichwohl im Einzelfall gebotene Abwägungsentscheidung über Anträge auf Zulassung zu (beschränkten) lnternetangeboten bleibt - wie in den Antworten zu Frage 1 und 2 bereits dargestellt - hiervon unberührt. Frage 4: Wie viele lnsassen des Maßregelverzugs, der Sicherungsverwahrung und des Strafvollzugs sind der¿eit mit welchem Zugang zu lnternetangeboten zu welchem Zweck in welchen Anstalten ausgestattet? (Bitte aufschlüsseln) Die freiheitsentziehende Maßregel nach S 63 Strafgesetzbuch (StGB) wird in den Sächsischen Krankenhäusern (SKH) in Arnsdorf, Rodewisch und Altscherbitz vollzogen . Unterbringungen nach $ 64 StGB erfolgen im Städtischen Klinikum ,,St. Georg" Leipzig und im SKH Großschweidnitz sowie bei Maßregeln aufgrund $ 7 Absatz 1 Jugendgerichtsgesetz (JGG) i. V. m. S 64 StGB im SKH Arnsdorf. Patienten, die gemäß S 63 StGB untergebracht sind, haben im Bereich der Behandlungsstationen die Möglichkeit der Nutzung des lnternets über einen separaten PC und lnternetzugang. Die Nutzung des PCs und des lnternets wird nur auf begründeten Antrag und unter personeller Begleitung und Aufsicht von Pflegepersonal gestattet. Neben der Möglichkeit, sich allgemein zu informieren, dient die Nutzung des lnternets vor allem der Resozialisierung, wie etwa der Vorbereitung im Entlassungsprozess, aber auch therapeutischen Zwecken, der Weiterbildung und zukünftig verstärkt der Möglichkeit, sich über Warenangebote unterschiedlicher Versandhäuser zu informieren, welche Seite 4 von 7 STAATSMINISTERIUM DER JUSTIZ Freistaat SACHSEN# früher in gedruckter Form verfügbar waren. Aber auch die Aspekte der Freizeitgestaltung , die Suche nach weiterführenden Wohnformen, der Ausbildung und Berufsfindung sind für die Nutzung des lnternetzugangs ausschlaggebend. Mit Beginn der Wiedereingliederung dürfen Patienten auf Antrag außerhalb der Klinik ein Smartphone besitzen, welches die Möglichkeit der unbeschränkten lnternetnutzung bietet. lm SKH Rodewisch besteht weiterhin die Möglichkeit, im (begleiteten) Stadtausgang die Stadtbibliothek aufzusuchen und dort das lnternet zu nutzen, lm SKH Altscherbitz nutzen die Patienten in fortgeschritteneren Stadien der Ausgliederung und Resozialisierung auch Angebote des freien lnternetzugangs in der Bibliothek auf dem Krankenhausgelände (außerhalb des gesicherten Bereiches) oder im öffentlichen Bereich l¡ber private Anbieter bzw. eigene Endgeräte. Dabei steht übenuiegend die private Kommunikation im Vordergrund. Sämtlichen Patienten, die gemäß S 64 StGB untergebracht sind, steht der durch pädagogisches Personal begleitete und kontrollierte lnternetzugang im gesicherten Klinikbereich mindestens eine Stunde wöchentlich sowie im begründeten Bedarfsfall zusätzlich auf Antrag zur Verfügung. Der lnternetzugang dient zur persönlichen Nutzung, Planung der Resozialisierung, Wohnungssuche, für Arbeits- und Beschäftigungsmöglichkeiten sowie zur Bearbeitung von Aufgaben im Rahmen der Therapie. Zusätzlich haben die Patienten die Möglichkeit der Nutzung einer Offlinebibliothek. lm SKH Großschweidnitz ist für die Patienten des offenen Bereichs die Nutzung des lnternetzugangs in der Venrualtung/Bibliothek möglich. Gleichzeitig steht im dortigen Hobbyraum ein lnternetzugang zur Verfügung. Außerhalb der Klinik ist ftir Patienten des offenen Bereichs die unbeschränkte lnternetnutzung per Smartphone möglich. lm geschlossenen Vollzug haben die Untergebrachten und die Strafgefangenen in den Justizvollzugsanstalten Bautzen, Chemnitz, Torgau, Waldheim und der Jugendstrafvollzugsanstalt Regis-Breitingen die Möglichkeit, in den Computerkabinetten der Anstalten beschränkte lnformationsangebote im lnternet über die Lernplattform ,,elis" aufzurufen , Über die Lernplattform werden spezielle, vorab geprüfte lnternetangebote zur Berufsausbildung und im Rahmen des Übergangsmanagements zur Verfügung gestellt, Die Gefangenen und die Untergebrachten können Anträge auf Freischaltung bestimm- Seite 5 von 7 STAATSMINISTERIUM DER JUSTIZ Freistaat SACHSENw ter lnternetseiten, welche vom Betreiber der Lernplattform angeboten werden, stellen. Diese werden im Rahmen einer Einzelfallprüfung auf die Vereinbarkeit mit den Zielen des Sächsischen Strafvollzugsgesetzes bzw. des Sächsischen Sicherungsven¡vahrungsvollzugsgesetzes und unter Berücksichtigung des festgelegten Nutzungszwecks inhaltlich geprüft. Aus der nachfolgenden Tabelle sind die Zahlen der derzeit aktiven Nutzer der Lernplattform ,,elis" im geschlossenen Vollzug der Justizvollzugsanstalten (Stand: 22. Juli 2019) ersichtlich, welche aufgrund der aktuellen Ferienzeit, in der keine Beschulung stattfindet, gering ausfallen: Anzahl Gefangener, die die Lernplattform ,nelis" im geschlossenen Vollzug nuEenJVA/JSA Bautzen 1 Chemnitz 0 Reois-Breitinqen 0 Toroau 2 Waldheim 30 Darüber hinaus haben dezeit zehn Gefangene in der Justizvollzugsanstalt Chemnitz im Rahmen der Prüfung zum Europäischen Computer-Führerschein (ECDL) Zugritl auf den hierfür existierenden Online-Fragebogen. lm Rahmen des Übergangsmanagements zur Entlassungsvorbereitung wird es den Gefangenen in der Justizvollzugsanstalt Leipzig bedarfsabhängig ermöglicht, unter Aufsicht eingeschränkt auf lnternetseiten zur Wohnungs- und Arbeitssuche zuzugreifen. ln der Justizvollzugsanstalt Waldheim besteht für derzeit 50 Gefangene die Möglichkeit zur Kommunikation mit Angehörigen per E-Mail mittels des Telefon- und Fernsehsystems ,,Multio". lm Rahmen der Entlassungsvorbereitung können in der Justizvollzugsanstalt Zeithain derzeit von 20 Gefangenen lnternetseiten zur Wohnungs- und Arbeitsplatzsuche sowie für Therapieauskünfte unter Aufsicht genutzt werden. ln der Justizvollzugsanstalt Zwickau werden den derzeit 70 Strafgefangenen in begründeten Einzelfällen unter Aufsicht einzelne lnternetseiten durch die Stations- und Fachdienste zugänglich gemacht. ln der Abteilung Sicherungsvenruahrung der Justizvollzugsanstalt Bautzen können derzeit zwei Untergebrachte im Rahmen von Ausgängen Smartphones mit lnternetzugang zur Fortentwicklung von Alltagsfertigkeiten nutzen. Zudem wird einem weiteren Unter- Seite 6 von 7 STAATSMINISTERIUM DER JUSTIZ Freistaat SACHSEN# gebrachten während Ausführungen ermöglicht, zur beruflichen Fortbildung Updates für die Softwareaktualisierung des von ihm genutzten Notebooks zu laden. lm offenen Vollzug der Justizvollzugsanstalten können Untergebrachte und Strafgefangene lnformationsangebote aus dem lnternet unmittelbar über ihr eigenes internetfähiges Endgerät abrufen und hiertrber auch mit anderen Nutzern kommunizieren. Der Zugang zum lnternet ist hier grundsätzlich unbeschränkt. ln der Justizvollzugsanstalt Zeithain erfolgt die Zulassung von Smartphones einzelfallbezogen, im Übrigen ist die Nuþ zung von Smartphones im offenen Vollzug generell gestattet, ln der JVA Waldheim besteht im offenen Vollzug daruber hinaus die Möglichkeit, über vorhandene Computer auf das lnternetangebot von Wikipedia zuzugreifen. Aus der nachfolgenden Tabelle ist die Zahl der Nutzer von internetfähigen Endgeräten im offenen Vollzug der Justizvollzugsanstalten (Stand: 22. Juli 2019) ersichtlich: Mit freundlichen Grüßen tn t risti JVA/JSA Anzahl Gefangener, die internetfähige Endgeräte im of-fenen Vollzug nutzen 13Bautzen Chemnitz 22 23Dresden Görlitz kein offener Vollzuq Leipzis mit KH 36 Reqis-Breitinqen 6 Torgau 2 Waldheim 14 Zeithain 23 Zwickau 7 Seite 7 von 7 2019-08-02T10:55:50+0200 pseudo: Elektronisches Dokumentations- und Archivsystem Erstellung des Nachweisdokumentes