STAATSMINISTERIUM DES lNNERN SÄCHSISCHES STAATSMINISTERIUM DES INNERN 01095 Dresden Präsidenten des Sächsischen Landtages Herrn Dr. Matthias Rößler Bernhard-von-Lindenau-Platz 1 01067 Dresden Kleine Anfrage des Abgeordneten Carsten Hütter (AfD) Drs.-Nr.: 6/18461 Thema: AfD-Landeslistenkürzung durch den Landeswahlausschuss in Sachsen am 05.07.2019 Sehr geehrter Herr Präsident, namens und im Auftrag der Sächsischen Staatsregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Wann und in welchem Umfang gab es bezüglich der Zulassung der Landesliste der AfD zur Landtagswahl 2019 Gespräche, Absprachen oder sonstige Kommunikation zwischen der Landeswahlleiterin, den Mitgliedern des Landeswahlausschusses und Vertretern des Innenministeriums oder Vertretern anderen Ministerien bzw. der Staatskanzlei in Sachsen a.) bevor es zur Kürzungsentscheidung der o. g. Liste kam, b.) nach der Verkündung der Entscheidung am 05.07.2019? Frage 2: Wer war der konkrete Teilnehmerkreis an den unter Ziffer 1. erfragten Gesprächen, Absprachen oder der sonstigen Kommunikation? (Bitte genau aufschlüsseln, welche Personen, in welcher Funktion, auf welcher tatsächlichen und rechtlichen Grundlage bei welchen Gesprächen gehandelt haben) Frage 3: Welche Positionen zur Frage der Listenkürzung wurden von welchen der in Ziffer 2. erfragten Personen bei der Kommunikation nach Ziffer 1. vertreten? (Bitte aufschlüsseln, ob und inwiefern ggf. abweichende Positionen von Mitgliedern des Landeswahlausschusses und den anderen beteiligten Personen vertreten wurden und welche Meinung hierbei insbesondere die Landeswahlleiterin Frau Schreck vertrat) FreistaatSACHSEN Der Staatsminister Aktenzeichen (bitte bei Antwort angeben) 2-1053/71/183 Dresden, 22. August 2019 Hausanschrift: Sächsisches Staatsministerium des Innern WilheIm-Buck-Str. 2 01097 Dresden Telefon +49 351 564-0 Telefax +49 351 564-3199 www.smi.sachsen.de Verkehrsanbindung: Zu erreichen mit den Straßenbahnlinien 3,6‚7‚8‚ 13 Besucherparkplätze: Bitte beim Empfang Wilhelm-Buck— Str. 2 oder 4 melden. STAATSNIiNiSTERiUM DES iNNERN Frage 4: Gab es insbesondere aus einem sächsischen Ministerium bzw. aus der Staatskanzlei heraus Anweisungen, Vorschläge oder Empfehlungen an die Landeswahlleiterin bzw. den Landeswahlausschuss, wie bzgl. der Zulassung der Landesliste der AfD umzugehen ist und haben sich Vertreter aus dem erfragten Personenkreis mit dem sächsischen Verfassungsgerichtshof bzgl. einer Erörterung der Thematik in Verbindung gesetzt bzw. Gespräche geführt? (Bezogen auf beide Teilfragen: Wenn ja, welche waren das und durch wen genau erfolgten diese mit welchen Ergebnissen jeweils) Zusammenfassende Antwort auf die Fragen 1 bis 4: Vorbemerkung: Die Landeswahlleiterin und die Mitglieder des Landeswahlausschusses sind nach dem Gesetz zur unparteiischen Wahrnehmung ihres Amtes verpflichtet und unterliegen insoweit keinem Weisungsrecht der Staatsregierung. Der Landeswahlausschuss tritt nur in den im Gesetz vorgesehenen Fällen zusammen. Seine Mitglieder gehören — abgesehen von der Landeswahlleiterin selbst — nicht zum Verantwortungsbereich der Staatsregierung, sondern werden von der Landeswahlleiterin auf Vorschlag der im Wahigebiet vertretenen Parteien und sonstigen organisierten Wählergruppen berufen. Die Fragen können daher nur insoweit beantwortet werden, als es um Gespräche, Absprachen oder sonstige Kommunikation im Verantwortungsbereich der Staatsregierung und/oder der Landeswahlleiterin geht. Der Staatsregierung ist dagegen nicht bekannt, ob es zwischen den Beisitzern des Landeswahlausschusses Kontakte im Sinne der Fragestellungen gegeben hat. Für die Beantwortung der Fragen wird im Übrigen der Zeitraum vom 18. Juni 2019 (Zeitpunkt der Einreichung der Landesliste durch die Partei Alternative für Deutschland [AfD] bei der Landeswahlleiterin) bis zum 25. Juli 2019 (mündliche Verhandlung und Erlass der einstweiligen Anordnung durch den Verfassungsgerichtshof des Freistaates Sachsen) als relevant zugrundegeiegt. Davon ausgehend werden die Fragen wie folgt beantwortet: a) Kommunikation zwischen der Staatsregierung und der Landeswahlleiterin bzw. dem Landeswahlausschuss Das Mängelschreiben der Landeswahlleiterin an die AfD vom 19. Juni 2019 wurde dem Staatsministerium des Innern am gleichen Tage durch den Leiter des Referates 13 — „Recht, Wahlen, Volksentscheide“ — des Statistischen Landesamtes des Freistaates Sachsen nachrichtlich übermittelt. Nach Kenntnisnahme telefonierte der Leiter des Referates 21 — ,,Verfassungs-, Verwaltungsrecht, Normprüfung, Parlamentarische Wahlen, Glücksspielrecht“ — im Staatsministerium des Innern (SMI) im Rahmen seiner Zuständigkeit am 20. Juni 2019 mit dem stellvertretenden Landeswahlleiter und am 25. Juni 2019 mit der Landeswahlleiterin. Er wies dabei jeweils auf aus seiner Sicht bestehende rechtliche Bedenken gegen die in dem Schreiben vertretene Rechtsauffassung zum Erfordernis einer einheitlichen Aufstellungsversammlung hin und regte eine nochmalige Prüfung an. Die Prüfung wurde durch die beiden genannten Gesprächspartner jeweils in Aussicht gestellt. Seite 2 von 5 FreistaatSACHSEN STAATSMINlSTERIUM DES INNERN Der Amtschef und Leiter der Abteilung 2 — „Recht und Kommunales" — im SMI fragte im Rahmen seiner Zuständigkeit mit E-Mail vom 20. Juni 2019 in Bezug auf das Schreiben vom 19. Juni 2019 bei der Landeswahlleiterin an, bis zu welchem Datum die AfD Mängel der Landesliste noch beheben könne und an welchem Tag der Landeswahlausschuss zusammentreten werde, um über die Zulassung der Landeslisten zu entscheiden . Beide Fragen wurden mit E-Mail der Landeswahlleiterin vom 20. Juni 2019 beantwortet . Der Staatssekretär im SMI erhielt am 19. Juni 2019 nachmittags Kenntnis von dem Schreiben der Landeswahlleiterin vom 19. Juni 2019 an die AfD. Im Hinblick auf das am selben Abend in Chemnitz stattfindende öffentliche „Sachsengespräch“, an dem er teilnahm, hat er sich am späten Nachmittag telefonisch ebenfalls bei der Landeswahlleiterin nach den sich aus dem Schreiben nicht unmittelbar ergebenden Fristen erkundigt . Bei dem Telefonat anwesend war der Persönliche Referent des Staatssekretärs. Der Staatssekretär im SMI hat ferner am 3. Juli 2019 ein Gespräch mit der Landeswahlleiterin geführt. Die am 5. Juli 2019 bevorstehende Entscheidung des Landeswahlausschusses hat in diesem Gespräch nur insoweit eine Rolle gespielt, als im Hinblick auf die zunehmenden öffentlichen Diskussionen die Sicherheitslage besprochen wurde. Der Staatssekretär hat der Landeswahlleiterin unter Bezug darauf versichert, im Hinblick auf mögliche Bedrohungen jederzeit für sie erreichbar zu sein. Am 5. Juli 2019 erhielt das SMI durch die per E-Mail übermittelte Medieninformation der Landeswahlleiterin (LWL 16/2019) Kenntnis von der Entscheidung des Landeswahlausschusses vom gleichen Tage. Die Landeswahlleiterin hat danach am Morgen des 8. Juli 2019 den Staatssekret'a‘r im SMI per E-Mail über erfolgte anonyme Drohungen gegen das Statistische Landesamt des Freistaates Sachsen und gegen sie persönlich informiert. Im Hinblick auf diese Bedrohungslage und die bevorstehende weitere öffentliche Sitzung des Landeswahlausschusses am 11. Juli 2019 hat der Staatssekretär daraufhin nach Abstimmung mit dem Landespolizeipräsidenten die Landeswahlleiterin angerufen und ihr polizeilichen Schutz für die bevorstehende Sitzung des Landeswahlausschusses zugesichert. Zudem wurde wegen der Drohungen eine Kontaktaufnahme mit dem Landeskriminalamt Sachsen angekündigt. Bei dem Telefonat waren der Landespolizeipräsident und der Persönliche Referent des Staatssekretärs anwesend. Bei allen drei vorgenannten Kontakten des Staatssekretärs mit der Landeswahlleiterin ist die Entscheidung des Landeswahlausschusses inhaltlich nicht thematisiert worden. Mit E-Mail vom 16. Juli 2019 teilte die Landeswahlleiterin dem Staatssekretär im SMI mit, dass sie durch den Verfassungsgerichtshof des Freistaates Sachsen zur mündlichen Verhandlung am 25. Juli 2019 geladen worden sei. Mit E-Mail vom 17. Juli 2019 teilte das Büro der Landeswahlleiterin dasselbe auch nochmals dem Referat 21 des SMI mit. Seitens der Pressestelle im SMI gab es zweimal telefonischen Kontakt mit der Landeswahlleiterin . Die Telefonate bezogen sich ausschließlich auf die Weitergabe von Anfragen von Medienvertretern, die sich an die Pressestelle des SMI zum Thema „Zulassung der Landesliste der AfD zur Landtagswahl 2019“ gewandt hatten. Diese wur- Seite 3 von 5 FreistaatSACHSEN STAATSMINISTERIUNI DES INNERN den aufgrund der eigenen Zuständigkeit an die Landeswahlleiterin weitergeleitet. Außerdem wurden rein organisatorische Abläufe zur Pressearbeit besprochen. b) Kommunikation der Landeswahlleiterin mit den Mitgliedern des Landeswahlaus— schusses Die Beisitzer des Landeswahlausschusses wurden nach Mitteilung der Landeswahlleiterin mit Schreiben vom 26. Juni 2019 nach § 3 Abs. 2 Satz 2 Landeswahlordnung zur öffentlichen Sitzung am 5. Juli 2019 eingeladen. Mit dem Schreiben wurden Ort, Zeit und Gegenstand der Sitzung mitgeteilt. Zudem wurde auf die Möglichkeit der Einsichtnahme in die für die Sitzung des Landeswahlausschusses zur Entscheidung über die Zulassung der Landeslisten angelegten Verwaltungsakten hingewiesen. Diese Möglichkeit wurde von mehreren Beisitzern des Landeswahlausschusses, namentlich Vertretern der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands, der Partei DIE LINKE und der Partei AfD genutzt. Gespräche, Absprachen oder sonstige Kommunikation zwischen den Beisitzern und der Landeswahlleiterin hat es nach ihrer Angabe vor der öffentlichen Ausschusssitzung nicht gegeben. Am 15. Juli 2019 wurde darüber hinaus durch die Landeswahlleiterin an jene Beisitzer, die in der Ausschusssitzung vom 5. Juli 2019 zugegen waren, ein Schreiben der Partei AfD per E-Mail weitergeleitet, in dem die Beisitzer seitens der Partei aufgefordert wurden , ihre Entscheidung zu überdenken. Dem Schreiben war eine rechtliche Ausarbeitung von Herrn Prof. Dr. Michael Elicker beigefügt. In diesem Zusammenhang wurde auch darauf hingewiesen, dass die Partei AfD beim Verfassungsgerichtshof des Freistaates Sachsen eine Verfassungsbeschwerde erhoben hat, die im Wesentlichen mit der vorbenannten Ausarbeitung inhaltsgleich war. Die Landeswahlleiterin hat die Beisitzer im Ubrigen am 17. Juli 2019 ergänzend per E-Mail über den Termin der mündlichen Verhandlung über die Verfassungsbeschwerde der Partei AfD zum Verfassungsgerichtshof des Freistaates Sachsen in Kenntnis gesetzt. 0) Kommunikation mit dem Verfassungsgerichtshof des Freistaates Sachsen Der Verfassungsgerichtshof des Freistaates Sachsen hat der Landeswahlleiterin in den Verfahren Vf. 77-lV-19 (e.A.) und Vf. 82—IV-19 (e.A.) die Möglichkeit der Stellungnahme eingeräumt und die Verwaltungsakten angefordert. Die Verwaltungsakten wurden dem Gericht durch die Landeswahlleiterin umgehend zugeleitet. Die Landeswahlleiterin hat darüber hinaus zu den anhängigen Verfahren schriftlich Stellung genommen und an der mündlichen Verhandlung am 25. Juli 2019 teilgenommen. Ob und inwieweit die Beisitzer des Landeswahlausschusses Kontakt zum Verfassungsgerichtshof des Freistaates Sachsen hatten, ist nicht bekannt. Dem SMI und dem Staatsministerium der Justiz (SMJus) wurden durch den Verfassungsgerichtshof des Freistaates Sachsen in den 0. g. Verfahren die von den Beteiligten gewechselten Schriftsätze zur Kenntnisnahme übermittelt und es wurde jeweils Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Von dieser Gelegenheit haben beide Staatsministerien keinen Gebrauch gemacht. Eine inhaltliche Kommunikation mit dem Verfassungsgerichtshof des Freistaates Sachsen fand durch die Staatsregierung nicht statt. Seite 4 von 5 Freista atSACHSEN STAATSNHNISTERIUM DES INNERN Frage 5: Entspricht es den Tatsachen, dass die Dauer der Tätigkeit der Landeswahlleiterin Frau Schreck zunächst bis zum 31.12.2019 festgesetzt wurde und diese später auf eine längere Dauer ausgeweitet wurde? (Bitte aufschlüsseln wann, warum und durch wen es hierzu Entscheidungen mit welchem Inhalt gab) Frau Schreck wurde mit Verfügung des SMI vom 19. Dezember 2018 für den Zeitraum vom 1. Januar bis zum 31. Dezember 2019 an das Statistische Landesamt des Freistaates Sachsen abgeordnet und mit der Wahrnehmung der Aufgaben der Präsidentin beauftragt. Dementsprechend erfolgte zunächst auch eine Berufung zur Landeswahlleiterin für den gleichen Zeitraum (vgl. Sächsisches Amtsblatt Nr. 5 vom 31. Januar 2019, Seite 226). Im Hinblick auf die Vorschrift des § 1 Abs. 1 der Landeswahlordnung wurde die Berufung zur Landeswahlleiterin in der Folge abgeändert und auf unbestimmte Zeit vorgenommen (vgl. Sächsisches Amtsblatt Nr. 10 vom 7. März 2019, Seite 426). undlichen Grüßen ‚ / Pr f. Dr. Roland Wöller Seite 5 von 5 FreistaatSACHSEN 2019-08-22T09:47:42+0200 pseudo: Elektronisches Dokumentations- und Archivsystem Erstellung des Nachweisdokumentes