Seite 1 von 4 Durchwahl Telefon: 0351 564-80001 Telefax: 0351 564-80080 Aktenzeichen (bitte bei Antwort angeben) PKL-1053/81/110-2019/48278 Dresden, 26. August 2019 Sächsisches Staatsministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr Postfach 10 03 29 | 01073 Dresden Präsidenten des Sächsischen Landtages Herrn Dr. Matthias Rößler Bernhard-von-Lindenau-Platz 1 01067 Dresden Hausanschrift Sächsisches Staatsministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr Wilhelm-Buck-Straße 2 01097 Dresden Außenstelle Ammonstraße 10 01069 Dresden www.smwa.sachsen.de Verkehrsanbindung: Zu erreichen mit den Straßenbahnlinien 3, 7, 8, 9 - Haltestelle Carolaplatz * Information zum Zugang für verschlüsselte elektronische Dokumente unter www.smwa.sachsen.de/kontakt.htm poststelle@smwa-sachsen. de-mail.de Kleine Anfrage der Abgeordneten Katja Meier (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Drs.-Nr.: 6/18505 Thema: Verhinderung von Selbsttötungsversuchen im Bahnverkehr Sehr geehrter Herr Präsident, namens und im Auftrag der Sächsischen Staatsregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkung: Angaben aus der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) stehen im Sinne der Anfrage nicht zur Verfügung. Für die Beantwortung der Fragestellungen wurde im Polizeilichen Auskunftssystem Sachsen (PASS) nach Selbsttötungen (Suizide) im Freistaat Sachsen im Zeitraum vom 1. Januar 2015 bis 30. Juni 2019 recherchiert. Aufgrund von Aussonderungs- und Löschfristen stehen belastbare Angaben im PASS für Selbsttötungsdelikte lediglich für den Zeitraum ab 2015 zur Verfügung. In die Auswertung wurden Suizide mit folgenden Tatörtlichkeiten einbezogen: „Bahnanlagen“, „Bahnbetriebswerk/Lokschuppen“, „Bahngleis“, „Bahnhof“, „Bahnsicherungsanlage“, „Stellwerk“, „Strom-/ Kommunikationsleitung “, „Strommast“, „Eisenbahn“, „Nahverkehrsbahn“ und „Güterwagen“. Mögliche Selbsttötungsversuche werden in PASS nicht automatisiert abrufbar vorgehalten und sind daher in den Angaben nicht enthalten. Der Staatsminister Seite 2 von 4 Frage 1: Inwiefern liegen der Staatsregierung welche belastbaren Daten über versuchte bzw. vollendete Selbsttötungen unter Einbeziehung von Einrichtungen des Bahnverkehrs in Sachsen seit 2010 vor ? (Bitte nach Jahren aufschlüsseln.) Frage 2: Welchen Anteil machen die unter 1. erfragten Selbsttötungen an der Gesamtzahl der versuchten und vollendeten Selbsttötungen in Sachsen seit 2010 aus? (Bitte nach Jahren aufschlüsseln.) Zusammenfassende Antwort auf die Fragen 1 und 2: Im PASS wurden für den Zeitraum vom 1. Januar 2015 bis 30. Juni 2019 im Freistaat Sachsen insgesamt 91 Selbsttötungsdelikte unter Einbeziehung von Einrichtungen des Bahnverkehrs erfasst. Das sind ca. drei Prozent aller erfassten Suizide im gleichen Zeitraum. Zeitraum Suizide gesamt Suizide unter Einbeziehung des Bahnverkehrs Anteil an Suiziden gesamt 2015 656 21 3,2 % 2016 656 19 2,9 % 2017 684 18 2,6 % 2018 676 14 2,1 % 2019* 319 19 6,0 % gesamt 2.991 91 3,0 % 2019* = Zeitraum 1. Januar bis 30. Juni 2019 Frage 3: Inwieweit sind aus dem Datenmaterial zu 1. welche signifikanten Häufungen von Selbsttötungen bzw. Versuchen an bestimmten Einrichtungen oder Örtlichkeiten des Bahnverkehrs erkennbar? In elf der 91 Selbsttötungen im Zusammenhang mit dem Bahnverkehr wurde die Tatörtlichkeit „Bahnhof“ erfasst. Nach Informationen der Deutschen Bahn AG gibt es eine Häufung in urbanen Zentren. Frage 4: Welche Maßnahmen ergreift bzw. unterstützt die Staatsregierung zur Verhinderung von Selbsttötungen im Allgemeinen? Suizidalität ist ein komplexes Phänomen und Suizidprävention deshalb auch eine vielschichtige Aufgabe. Eines der wirksamsten Instrumente ist – soweit überhaupt möglich – die Einschränkung der Verfügbarkeit von Suizidmethoden (z. B. Waffen, Medikamente, Chemikalien, Absicherung von Bauwerken). Weitere Mittel der Suizidprävention sind u. a. die Verfügbarkeit niedrigschwelliger Behandlungsangebote, die Fortbildung in den medizinischen und psychosozialen Berufen sowie die Förderung der Früherkennung von Suizidgefährdung und von psychischen Erkrankungen und nicht zuletzt ein gesellschaftliches Klima, in welchem die Suizidproblematik wahr- und ernst genommen wird. Seite 3 von 4 Im Rahmen der sogenannten sekundären und tertiären Suizidprävention kommt den Angeboten des gemeindepsychiatrischen Versorgungssystems besondere Bedeutung zu. Die Sozialpsychiatrischen Dienste der Landkreise und kreisfreien Städte bieten chronisch psychisch kranken Menschen neben Begleitung auch Krisenhilfe bei akuter Selbstgefährdung in Form von aufsuchender Sozialarbeit und ärztlicher und psychologischer Behandlung an. Eine spezielle Einrichtung der Krisenintervention sind in vielen Kommunen die Psychosozialen Krisendienste, in denen Teams aus Diplom-Psychologinnen/- psychologen und Sozialpädagoginnen/-pädagogen kurzfristig und kostenfrei Beratungstermine ohne Überweisung und elektronische Gesundheitskarte ermöglichen. Hierher können sich sowohl Menschen in suizidaler Krise, deren Angehörige als auch Menschen, die eine nahestehende Person durch Suizid verloren haben, wenden. Die Beratungen dienen als Erstes der Krisenintervention und der Bewältigung der aktuellen Problematik. Im Weiteren wird auch Unterstützung bei der Suche nach weiterführenden Hilfsmöglichkeiten angeboten. Die Angebote der gemeindepsychiatrischen Versorgung werden fortlaufend durch Fördermittel des Freistaates Sachsen unterstützt, im Jahr 2019 in Höhe von 4,245 Mio. Euro nach der Sächsischen Kommunalpauschalenverordnung. Darüber hinaus wird seit diesem Jahr das Projekt „Online-Suizidprävention [U25]“ des Caritasverbandes für Dresden e. V. mit Fördermitteln nach Abschnitt B Teil 2 Richtlinie Psychiatrie und Suchthilfe in Höhe von jährlich rd. 62 Tsd. Euro bezuschusst. Das Projekt bietet anonyme kostenlose Beratung und Begleitung für Jugendliche und junge Menschen unter 25 Jahren in Krisen und bei Suizidgefahr an. Nach der Richtlinie förderfähig sind auch Fachtagungen, wie etwa die 41. Herbsttagung der Deutschen Gesellschaft für Suizidprävention zum Thema „Suizidalität im Kontext psychischer Erkrankungen“ im September 2013 in Dresden, organisiert durch die Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie des Universitätsklinikums Carl Gustav Carus Dresden. Die Veranstaltung wurde mit 8,9 Tsd. Euro bezuschusst. Der Freistaat Sachsen unterstützt zudem die regionalen „Bündnisse gegen Depression“ in Dresden und Leipzig, in deren Tätigkeit Suizidprävention ein ganz wesentlicher inhaltlicher Schwerpunkt ist, insbesondere im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit (Übernahme Schirmherrschaft, Grußwort zur Eröffnung von Aktionstagen und dgl.). Im Jahr 2014 wurden für ein Filmprojekt des Leipziger Bündnisses gegen Depression e. V. Fördermittel in Höhe von 14,6 Tsd. Euro gewährt. In den Führungs- und Lagezentren der Polizeidirektionen sind besonders geschulte Beamte in der Notrufannahme eingesetzt, die als so genannte Erstsprecher zum Einsatz gelangen, sofern in einem Anruf suizidale Absichten geäußert oder aus den Gesprächsinhalten erkennbar werden. Im Landeskriminalamt Sachsen stehen Beamte der Verhandlungsgruppe im Hauptamt sowie in den Polizeidirektionen im Nebenamt zur Verfügung, um in akuten Fällen durch direkte Kontaktaufnahme und Gesprächsführung die Ausführung eines solchen Vorhabens zu verhindern. Seite 4 von 4 Frage 5: Welche Anstrengungen unternimmt die Staatsregierung zur Verhinderung von Selbsttötungen unter Einbeziehung von Einrichtungen des Bahnverkehrs in Sachsen (z.B. Hinweise auf Hilfsangebote an neuralgischen Punkten)? Von einer Beantwortung wird abgesehen. Die Staatsregierung ist dem Landtag nur für ihre Amtsführung verantwortlich. Sie ist daher lediglich in Angelegenheiten zur Auskunft verpflichtet, die in ihre Zuständigkeit fallen und muss nicht auf Fragen eingehen, die außerhalb ihres Verantwortungsbereiches liegen. Letzteres ist hier der Fall, denn die Sicherung der Bahnanlagen und damit verbundene Maßnahmen der Gefahrenabwehr und Prävention fallen gem. § 3 Absatz 1 des Bundespolizeigesetzes (BPolG) ausschließlich in die Zuständigkeit der Bundespolizei. Mit freundlichen Grüßen Martin Dulig Kleine Anfrage der Abgeordneten Katja Meier (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Drs.-Nr.: 6/18505 Thema: Verhinderung von Selbsttötungsversuchen im Bahnverkehr Sehr geehrter Herr Präsident, Martin Dulig 2019-08-27T08:39:10+0200 pseudo: Elektronisches Dokumentations- und Archivsystem Erstellung des Nachweisdokumentes