STAATSMINISTERIUM DER JUSTIZ SACHSISCHES STAATSMINISTERIUM DER JUSTIZ Hosp¡talstraße 7 101097 Dresden Präsidenten des Sächsischen Landtages Herrn Dr. Matthias Rößler Bernhard-von-Lindenau-Platz 1 01067 Dresden Kleine Anfrage der Abgeordneten Juliane Nagel (DlE LINKE) Drs.-Nr.: 6/18526 Thema: lnternet für Gefangene nach Untersagung des Pauschalverbotes d u rch Verfassungsgerichtshof Sehr geehrter Herr Präsident, den Fragen sind folgende Ausführungen vorangestellt: ,,Der Sächsische Verfassungsgerichtshof hat mit Beschluss vom 27. Juni 2019 ein pauschales lnternetverbot für Gefangene untersagt. l. V. m. dem Artikel der LVZ vom 22.07.2019 (https://www.lvz.de/ Req ion/M itteldeutsch land/Verfassu nqssericht-u ntersaqt-Pauschalver bot-Kuenftiq-lnternet-im-Knast) ergeben sich folgende Fragen:n' Namens und im Auftrag der Sächsischen Staatsregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkung Der Sächsische Verfassungsgerichtshof hat auf die Beschwerde eines in der Sicherungsverwahrung befindlichen Untergebrachten in seinem Beschluss vom 27. Juni 2019, Az,.64-lV-18, festgestellt, dass das Recht auf einen lnternetzugang zu Weiterbildungszwecken grundrechtlich durch Arti- Freistaat SACHSEN Der Staatsminister Durchwahl Telefon +49 351 564-15000 Telefax +49 351 564-15009 staatsmlnister@ smj.justiz.sachsen.de* Aktenzelchen (bitte bei Antwort angeben) 't040E/13/1619-KLR Dresden, !fi. Ausust 2019 T TOB MIT , o @ wvywJoB-Mtt-tDE Hausanschrlft: Sächslsches Staatsministerium der Justiz Hospitalstraße 7 01 097 Dresden Br¡efpost r¡ber Deutsche Post 01 095 Dresden www. just¡2. sachsen. de/smj Verkehrsverblndung Zu erreichen mit Straßenbahnlinien 3,6,7,8, 11 Parken und behindertengerechter Zugang über Einfahrt Hospitalstraße 7 Hinweise zum DatenschuÞ erhalten Sle auf unserer lnternetse ¡te. Auf Wunsch senden w¡r lhnen diese Hinweise auch zu. "Kgin Zugang für olóktronisch signierto sowie fúr v6rschl0ss6lte 6lokttonische Nachrichten; nåhsro lnformationen zur êlektronischen Kommunikation m¡t såchs¡schân JustizbehÖ¡'dan unter www, iusliz. sachsen.dê/E- Kommunikat¡on Seite 1 von 6 STAAT'SMINISTERIUM DER JUSTIZ Freistaat SACHSENIU kel 20 Absatz 1 Satz 1 Halbsatz 2 der Verfassung des Freistaates Sachsen geschutzt ist. Dabei gewährleistet das Grundrecht der lnformationsfreiheit das Recht, sich ungehindert aus Quellen zu unterrichten, die allgemein zugänglich sind. Zu den lnformationsquellen , die den Schutz des Grundrechts genießen, gehört auch das lnternet. Die lnformationsfreiheit findet aber gemäß Artikel 20 Absatz 3 der Verfassung des Freistaates Sachsen ihre Schranken in den allgemeinen Gesetzen, zu denen auch die Bestimmungen der sächsischen Justizvollzugsgesetze gehören. Die Entscheidung des Sächsischen Verfassungsgerichtshofs vom 27. Juni 2019 bezieht sich zwar auf die Verfassungsbeschwerde eines Sicherungsverwahrten und betrifft den weiteren Strafvollzug nicht unmittelbar. Allerdings gelten auch für Personen, die im Strafvollzug untergebracht sind, die Berechtigungen und Einschränkungen von Artikel 20 Absatz 1 Satz 1 Halbsatz 2, Absatz 3 der Verfassung des Freistaates Sachsen gleichermaßen. $ 36 Sächsisches Strafvollzugsgesetz (SächsStVollzG) ist eine solche allgemeine gesetzliche Regelung im Sinne des Artikels 20 Absatz 3 der Verfassung des Freistaates Sachsen. Sie betrift die Gestattung anderer Formen der Telekommunikation im Bereich des Strafvollzugs und erfasst die Nutzung des lnternets als Mittel der Kommunikation und lnformationsgewinnung. Dabei erfolgt die Zulassung anderer Formen der Telekommunikation in einem zweistufigen Verfahren. Für Strafgefangene besteht nach dem gesetzgeberischen Willen kein Anspruch auf Erteilung der Zulassung einer speziellen Kommunikationsform durch die Aufsichtsbehörde. Dies steht im Einklang mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung, wonach Gefangenen ein freier Zugang zum lnternet auf der Grundlage der vollzugsgesetzlichen Vorschriften zum Schutz von Sicherheit und Ordnung der Anstalt versagt werden kann (BVerfG, Beschluss vom 15. Mär22012, Az. 2 BvR 2447111; Beschluss vom 27. Mär22019, Az, 2 BvR 2268fi8). Frage l: lnwieweit ist die Staatsregierung der Auffassung, dass das lnternet in der heutigen Zeit, eine bedeutsame Rolle in der Wiedereingliederung von Gefangenen einnimmt? Seite 2 von 6 STAATSMINISTERIUM DER JUSTIZ Freistaat SACHSENt Gemäß g 3 Absatz 2 und 4 des Sächsischen Strafvollzugsgesetzes wirkt der Vollzug von Beginn an auf die Eingliederung der Gefangenen in das Leben in Freiheit hin und ist das Leben im Vollzug den allgemeinen Lebensverhältnissen soweít wie möglich anzugleichen . lm Lichte des Angleichungsgrundsatzes kommt der Vorbereitung eines Gefangenen auf künftige Teilhabe am gesellschaftlichen Zusammenleben naturgemäß eine große Bedeutung zu. Dazu gehört auch, den Gefangenen das Erlernen der notwendigen Kenntnisse und Fertigkeiten mit modernen Massenkommunikationsmitteln, wozu auch das lnternet zählt, zu ermöglichen, wo dies für eine Wiedereingliederung unter Berücksichtigung der Persönlichkeit der Gefangenen erforderlich ist. Ein unbeschränkter Zugang zum lnternet ist hierfür allerdings weder geboten noch erforderlich. Darüber hinaus besteht für die Gefangenen auch kein Anspruch auf Zulassung einer speziellen Kommunikationsform, sondern vielmehr auf ermessensfehlerfreie Entscheidung des Anstaltsleiters. Bei dieser stets auf den Einzelfall bezogenen Entscheidung ist das in $ 3 Absatz 2 und 4 des Sächsischen Strafvollzugsgesetzes normierte Ziel der Resozialisierung des Gefangenen im Sinne einer wirkungsorientierten Vollzugsgestaltung entsprechend zu berücksichtigen und dabei auch der gewachsenen Bedeutung der neuen Medien in der Gesellschaft und mit Blick auf die individuellen Bedürfnisse der Gefangenen hinreichend Rechnung zu tragen. Frage 2: Wird die Staatsregierung, wie vom Leiter der JVA Leipzig empfohlen, ein Projekt zur Teilhabe lnhaftierter an der digitalen Welt, gerade im Zeitraum der Entlassungsvorbereitung , entwickeln und ggf. am Pilotprojekt aus der Berliner JVA Heidering orientieren? (Bei einer Verneinung wird um entsprechende Begründung gebeten) Die Entwicklung eines entsprechenden Projektes ist in den sächsischen Justizvollzugsanstalten dezeit nicht beabsichtigt. lm geschlossenen Vollzug haben die Gefangenen in den Justizvollzugsanstalten Bauþ zen, Chemnitz, Torgau, Waldheim und der Jugendstrafvollzugsanstalt Regis-Breitingen bereits die Möglichkeit, in den Computerkabinetten der Anstalten beschränkte lnforma- Seite 3 von 6 STAATSMINISTERIUM DER JUSTIZ Freistaat SACHSENI tionsangebote im lnternet über die Lernplattform ,,elis" aufzurufen. Über die Lernplattform werden spezielle, vorab geprüfte lnternetangebote zur Berufsausbildung und im Rahmen des Übergangsmanagements zur Verfügung gestellt. Die Gefangenen können Anträge auf Freischaltung bestimmter lnternetseiten, welche vom Betreiber der Lernplattform angeboten werden, stellen. Diese werden im Rahmen einer Einzelfallprüfung auf die Vereinbarkeit mit den Zielen der sächsischen Justizvollzugsgesetze und unter Berücksichtigung des festgelegten Nutzu ngszwecks inhaltlich geprüft . Frage 3: ln welchen offenen Vollzügen ist es den Gefangenen, wie im offenen Vollzug der JVA Leipzig, gestattet Smartphones, Tablets und/oder Laptops mit mobilem Zugang zum lnternet zu nutzen? (Bitte aufschlüsseln nach JVA, Smartphone, Tablet , Laptops) Aus der nachfolgenden Tabelle ist ersichtlich, welche Geräte für einen mobilen Zugang zum lnternet im offenen Vollzug der jeweiligen Justizvollzugsanstalt genutzt werden können: JVA/JSA Geräte für einen mobilen Zugang zum lnternet im offenen Vollzug Bautzen Smartphone Laptop (nur in beoründeten Einzelfällen) Chemnitz Smartphone, Tablet, Laptop Dresden Smartphone, Tablet, Laptop Görlitz kein otfener Vollzuq Leipzig mit KH Smartphone, Tablet, Laptop Reqis-Breitinqen Smartphone Torgau Smartphone. Tablet. Laptop Waldheim Smartphone Laptop (nur in beqründeten Einzelfällen) Zeithain Smartphone Zwickau Smartphone, Tablet, Laptop (nur in begründeten Einzelfällen) Seite 4 von 6 STAATSMìNISTERIUM DER JUSTIZ Freistaat SACHSENU Frage 4: Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit lnhaftierten in allen anderen offenen Vollzügen, wie in Leipzig, die Nutzung von Smartphonesn Tablets und/oder Laptops gestattet wird? Die Zulassung der oben enryähnten Geräte liegt im Zuständigkeitsbereich und im Ermessen des jeweiligen Anstaltsleiters. Die Anstaltsleiter können den Gefangenen des offenen Vollzuges gestatten, Formen der Telekommunikation im Sinne des Telekommunikationsgesetzes (u.a. lnternet) auf eigene Kosten zu nutzen, und sie können für den offenen Vollzug abweichende Regelungen zum Verbot des Besitzes und der Benutzung von Smartphones, Tablets und Laptops treffen. ln allen sächsischen Justizvollzugsanstalten müssen die Gefangenen im offenen Vollzug einen Antrag auf Einbringung und Nutzung des jeweils zugelassenen Gerätes stellen . Zudem müssen sie finanziell in der Lage sein, das jeweilige Gerät käuflich zu erwerben und die mit der Nutzung des Gerätes verbundenen Kosten selbst zu tragen. Die Gefangenen müssen sich ferner mit den Nutzungsbedingungen der jeweiligen Justizvollzugsanstalt (u.a. keine Bild- und Tonaufnahmen in der Justizvollzugsanstalt, keine Weitergabe des Gerätes an Mitgefangene, keine Beeinträchtigung der dienstlichen und vollzuglichen Belange durch den Gebrauch der Geräte) einverstanden erklären. Zudem müssen die Gefangenen sich mit der Erfassung des Gerätes und bei Smartphones auch mit der Telefonnummer durch die Justizvollzugsanstalt einverstanden erklären, Weitere Voraussetzungen müssen in der Regel nicht erfüllt sein, ln den Justizvollzugsanstalten Bautzen, Waldheim und Zwickau ist die Genehmigung der Nutzung eines Laptops nur in begründeten Einzelfällen zugelassen. Einen begründeten Einzelfall stellt beispielsweise die nachweislich notwendige Nutzung des Laptops zu Ausbildungs-, Weiterbildungs- oder Arbeitszwecken dar. Seite 5 von 6 STAATSMINISTERIUM DER JUSTIZ Freistaat SACHSENt Frage 5: lst hier von Seiten der Staatsregierung mit einer einheitlichen Lösung zu der in Frage 3 genannten Thematik zu rechnen, damit das durch Selbige vermittelte Bild der Ungleichbehandlung nicht länger fortbesteht? Das Sächsische Staatsministerium der Justiz hat keine zwingenden und auf Vereinheitlichung abzielenden Vorgaben für die Nutzung von Geräten mit einem mobilen Zugang zum lnternet im offenen Vollzug erlassen. Die Schaffung einer solchen Regelung ist aus den eingangs in der Antwort zu Frage 4 ausgeführten Gründen nicht beabsichtigt, Jede der sächsischen Justizvollzuganstalten ist auf spezielle Behandlungsbedürfnisse der Gefangenen ausgerichtet. Damit geht auch eine unterschiedliche vollzugliche Gestaltung einher. lnsofern verbietet sich eine pauschale Behandlung der Zulassung von internetfähigen Geräten. Mit freundlichen Grüßen Sebastian Gemkow Seite 6 von 6 2019-08-29T10:53:50+0200 pseudo: Elektronisches Dokumentations- und Archivsystem Erstellung des Nachweisdokumentes