STAATSNIINiSTERIUM DES iNNERN SÄCHSISCHES STAATSMINISTERIUM DES INNERN 01095 Dresden Präsidenten des Sächsischen Landtages Herrn Dr. Matthias Rößler Bernhard-von—Lindenau-Platz 1 01067 Dresden Kleine Anfrage der Abgeordneten Juliane Nagel (DIE LINKE) Drs.-Nr.: 6I18527 Thema: Funkzellenabfragen in Zusammenhang mit illegalen Open- Air-Veranstaltungen Sehr geehrter Herr Präsident, namens und im Auftrag der Sächsischen Staatsregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Wurden und werden im Zusammenhang mit illegalen Open-Air- Veranstaltungen seit 2017 nicht-individualisierte Funkzellenabfragen nach § 1009 Strafprozessordnung vorgenommen? (bitte anordnende Strafverfolgungsbehörde, Art der Ermittlungsverfahren, konkreter Zeitraum und Gebiete der Abfrage angeben) Frage 2: Wie viele Verbindungsdatensätze sind dabei angefallen und wie viele Telefonanschlüsse wurden ermittelt? Frage 3: Konnten durch die FZA Ermittlungserfolge erzielt werden? Zusammenfassende Antwort auf die Fragen 1 bis 3: Von einer Beantwortung wird abgesehen. Gemäß Artikel 51 Abs. 1 Satz 1 Verfassung des Freistaates Sachsen ist die Staatsregierung verpflichtet, Fragen einzelner Abgeordneter oder parlamentarische Anfragen nach bestem Wissen unverzüglich und vollständig zu beantworten . Nach dem Grundsatz der Verfassungsorgantreue ist jedes Verfassungsorgan verpflichtet, bei der Ausübung seiner Befugnisse den Funktionsbereich zu respektieren, den die hierdurch mitbetroffenen Verfassungsorgane in eigener Verantwortung wahrzunehmen haben. Dieser Grundsatz gilt zwischen der Staatsregierung und dem Parlament sowie seinen einzel— nen Abgeordneten, so dass das parlamentarische Fragerecht durch die Pflicht der Abgeordneten zur Rücksichtnahme auf die Funktions- und Arbeitsfähigkeit der Staatsregierung begrenzt wird. Die Staatsregierung muss FreistaatSACHSEN Der Staatsminister Aktenzeichen (bitte bei Antwort angeben) 3-1053/83/1 Dresden. 29. August 20199 Hausanschrift: Sächsisches Staatsministerium des lnnern WiiheIm-Buck-Str. 2 01097 Dresden Telefon +49 351 564-0 Telefax +49 351 564-3199 www.smi.sachsen.de Verkehrsanbindung: Zu erreichen mit den Straßenbahnlinien 3, 6, 7, 8. 13 Besucherparkplätze: Bitte beim Empfang Wilhelm-Buck- Str. 2 oder4 melden. STAATSMINISTERIUM DES iNNERN nur das mitteilen, was innerhalb der Antwortfrist mit zumutbarem Aufwand in Erfahrung gebracht werden kann (vgl. SächsVer‘fGH, Urteil vom 16. April 1998, Vf. 14—1-97). Die Fragen können nicht beantwortet werden. Angaben zur jeweiligen Anlasstat werden durch die Polizei nicht erfasst. Die Rechtsgrundlage des § 101b Abs. 5 Strafprozessordnung (StPO) regelt, welche Daten aus Maßnahmen nach § 1009 StPO für Statistiken und Berichte vorgehalten werden müssen. Die konkreten Anlasstaten gehören nicht dazu. Daher kann auch die Anzahl der angefallenen Verbindungsdatensätze nicht angegeben werden. Auch werden Ermittlungserfolge nicht erfasst. Zur vollständigen Beantwortung der Fragen müssten insofern alle 1.588 Ermittlungsver— fahren aus dem Abfragezeitraum (Stand: 31. Juli 2019), in deren Verlauf — unabhängig von den zugrunde liegenden Straftaten — Funkzeilenabfragen angeordnet wurden, händisch ausgewertet werden. Wenn man einen Zeitansatz von 30 Minuten für die Auswertung eines Ermittlungsverfahrens ansetzt, wären dies 794 Stunden für die Auswertung aller Ermittlungsverfahren. Bei einer 40-Stunden—Woche wäre ein Sachbearbeiter fast 20 Wochen mit dieser Auswertung befasst. Dieses Personal stünde dann für Kernaufgaben des Polizeivoilzugsdienstes nicht bzw. nur sehr eingeschränkt zur Ver— fügung. Auch werden bei den Staatsanwaltschaften keine Statistiken dazu geführt, wie viele nichtindividualisierte Funkzelienabfragen gemäß § 100g Abs. 3 StPO im Zusammenhang mit „illegalen Open-Air-Veranstaltungen“ durchgeführt worden sind. Eine Beantwortung der Frage ist schließlich auch nicht durch eine elektronische Recherche in den Datenbanken der sächsischen Staatsanwaltschaften möglich. Ob in einem Ermittlungsverfahren Maßnahmen gemäß 1009 Abs. 3 StPO angeordnet worden sind, wird in den Datenbanken ebenso wenig erfasst wie die Tatsache, dass die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens im Zusammenhang mit „illegalen Open—Air-Veranstaltungen “ stand. Eine vollständige Beantwortung der Frage wäre daher nur möglich, wenn man sämtliche relevante Verfahrensakten händisch auswerten würde. Allein im Berichtszeitraum 1. Januar 2018 bis 31. Dezember 2018 wurde — wie aus der nach § 101b Abs. 1, 5 Satz 1 Nr. 20) StPO geführten Statistik hervorgeht — in 414 Ermittlungsverfahren eine Maßnahme nach § 100g Abs. 3 StPO, also in 0,17 Prozent aller in diesem Zeitraum eingegangenen Ermittlungsverfahren, angeordnet. Allein eine Beantwortung der Frage für das Jahr 2018 würde daher die manuelle Auswertung von 414 Verfahrensakten erfordern. Bereits eine solche Auswertung wäre nur mit einem unverhältnismäßigen Aufwand möglich, der ohne den Verlust der Funktions— fähigkeit der Staatsanwaltschaften in der für die Beantwortung der Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Frist nicht zu leisten wäre. Es wären umfangreiche und zeitaufwändige Recherchen in den Aktenbeständen der sächsischen Staatsanwaltschaften erforderlich. Dabei ist der Zeitaufwand für das Zie— hen der Akten aus den Geschäftsstellen und staatsanwaltschafllichen Archiven, der Aufwand zur Beiziehung versendeter Akten, das Auswerten der Akten und die schriftliche Dokumentation des gefundenen Ergebnisses zu berücksichtigen. Für die entsprechende Auswertung der 414 Akten ist daher von einem Arbeitsaufwand von durch- Seite 2 von 3 FreistaatSACHSEN STAATSMINISTERIUM DES INNERN schnittlich mindestens 30 Minuten je Akte auszugehen. Bei einer 40-Stunden-Woche wäre ein Sachbearbeiter ca. fünf Wochen mit dieser Auswertung befasst. Dieses Personal stünde dann für andere Aufgaben der Strafrechtspflege nicht bzw. nur sehr eingeschränkt zur Verfügung. Die Staatsregierung kam daher bei der vorzunehmenden Abwägung zwischen dem parlamentarischen Fragerecht einerseits und der Gewährleistung der Funktionsfähigkeit der Staatsregierung sowie der ihr zugeordneten Polizeibehörden und Staatsanwaltschaften andererseits zu dem Ergebnis, dass eine Beantwortung der Frage auch unter Berücksichtigung des hohen Rangs des parlamentarischen Fragerechts unverhältnismäßig und ohne erhebliche Einschränkung der Funktionsfähigkeit der sächsischen Polizei und der Strafrechtspflege nicht zu leisten ist. thf‘fr undlichen Grüßen ;( U Dr. Roland Wöller Po Seite 3 von 3 FreistaatSACHSEN 2019-08-29T11:04:49+0200 pseudo: Elektronisches Dokumentations- und Archivsystem Erstellung des Nachweisdokumentes