SÄCHSISCHES STAATSMINISTERIUM DER FINANZEN Postfach 100 948 1 01076 Dresden Präsidenten des Sächsischen Landtages Herrn Dr. Matthias Rößler Bernhard-von-Lindenau-Platz 1 01067 Dresden STAATSM1N1STER1UM DER FlNANZEN Kleine Anfrage des Abgeordneten Nico Brünler, Fraktion DIE LINKE Drs.-Nr.: 6/1856 Thema: Trinkgeldschätzungen bei Betriebsprüfungen Sehr geehrter Herr Präsident, den Fragen sind folgende Ausführungen vorangestellt: „Insbesondere im Dienstleistungsbereich werden bei Steuerprüfungen durch die zuständigen Finanzbehörden Trinkgeldschätzungen durchgeführt , wenn diese im Umsatz nicht oder nicht in der vom Prüfer unterstellten Höhe angegeben sind." Namens und im Auftrag der Sächsischen Staatsregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Auf welcher Grundlage wird über die Notwendigkeit einer Trinkgeldschätzungen entschieden? Gemäß § 162 Abs. 1 Satz 1 AO hat die Finanzbehörde die Besteuerungsgrundlagen zu schätzen, soweit sie diese nicht ermitteln oder berechnen kann. S SACHsEN Der Staatsminister Aktenzeichen (bitte bei Antwort angeben) UK/33-S 1541132/1- 2015/30288 Dresden, ~ . Juli 2015 Zertifikat seit 2013 audit berufundfamilie Hausanschrift: Sächsisches Staatsministerium der Finanzen Carolaplatz 1 01097 Dresden Telefon +49 351 564 4000 Telefax +49 351 564 4009 minister@smf.sachsen.de* www.smf.sachsen.de Verkehrsverbindung: Zu erreichen mit den Straßenbahnlinien 3, 7, 8 Haltestelle Carolaplatz Für Besucher mit Behinderungen befinden sich Parkplätze im Innenhof. Bitte beim Pförtnerdienst melden. *Kein Zugang für verschlüsselte elektronische Dokumente. Zugang für qualifiziert elektronisch signierte Dokumente nur unter den auf www.smf.sachsen.de/eSignatur.html vermerkten Voraussetzunoen. STAATSMlNlSTERlUM DER FINANZEN Trinkgelder sind nicht in jedem Fall Teil der Besteuerungsgrundlagen. Soweit vom Inhaber eines Betriebes Trinkgelder vereinnahmt werden, zählen diese zu seinen Betriebseinnahmen und sind der Einkommen- und Umsatzsteuer zu unterwerfen. Gleiches gilt, sofern ein Arbeitnehmer Trinkgelder vereinnahmt und aufgrund arbeitsvertraglicher Regelungen verpflichtet ist, diese an seinen Arbeitgeber abzuführen. Ebenso ist ein im Gaststätten- und Beherbergungsgewerbe erhobener Bedienungszuschlag Teil des vom Unternehmer vereinnahmten Entgelts und damit umsatzsteuerpflichtig, auch wenn das Bedienungspersonal den Zuschlag nicht abführt, sondern vereinbarungsgemäß als Entlohnung für seine Dienste zurückbehält. Derartige Trinkgelder unterliegen auch in voller Höhe dem Lohnsteuerabzug. Dagegen unterliegen Trinkgelder nicht der Umsatzsteuer und sind nach§ 3 Nr. 51 EStG steuerfrei, wenn sie dem Arbeitnehmer von Dritten freiwillig und ohne dass ein Rechtsanspruch auf sie besteht, zusätzlich zu dem Betrag gegeben werden, der für diese Arbeitsleistung zu zahlen ist. Frage 2: Welche Daten oder Anhaltspunkte werden dafür herangezogen? Eine Trinkgeldschätzung richtet sich nach den individuellen Verhältnissen des Einzelfalls , insbesondere nach der Branche, der Lage, der Anzahl der Kunden, dem Preisniveau und den Umsatzerlösen. Im Übrigen wird regelmäßig - vielfach bereits im Eröffnungsgespräch einer Betriebsprüfung - der Unternehmer zur Üblichkeit und Höhe der Trinkgelder befragt. Frage 3: Welche Branchen sind von der Praxis der Trinkgeldschätzung betroffen ? Soweit die Voraussetzungen für eine Schätzung gegeben sind, können dem Grunde nach alle Branchen, in denen Trinkgelder nach der allgemeinen Lebenserfahrung üblich sind, betroffen sein. Seite 2 von 3 Freistaat SACHSEN STAATSMlNlSTERlUM DER FINANZEN Frage 4: Welche exakten realökonomischen Grundlagen werden bei der Höhe der Schätzung angesetzt und in wie weit wird die reale ökonomische Situation des individuellen Falles berücksichtigt; wie weit geht hierbei der Ermessensspielraum des Prüfers? Exakte realökonomische Grundlagen für die Höhe einer Trinkgeldschätzung existieren nicht. Bei der Würdigung der Schätzungsgrundlagen hat der Prüfer keinen Ermessensspielraum , da die Schätzung keine Ermessensentscheidung in dem Sinn ist, dass die Behörde einen Spielraum hinsichtlich der Rechtsfolge hätte. Die Schätzung ist eine Beweiswürdigung aufgrund unzureichender Beweismittel. Frage 5: Welche Unterschiede werden bei der Erfassung und Schätzung von Trinkgeldern für Einzelunternehmen einerseits und für Kapital- oder Personengesellschaften auf der anderen Seite gemacht? Neben den allgemeinen steuerlichen Differenzierungen zwischen den unterschiedlichen Gesellschaftsformen werden keine weiteren Unterscheidungen bei etwaigen Trinkgeldschätzungen vorgenommen. Mit freundlichen Grüßen Seite 3 von 3 Freistaat SACHSEN 2015-07-08T13:21:50+0200 GRP: Elektronisches Dokumentations- und Archivsystem Erstellung des Nachweisdokumentes