STAATSMINISTERIUM DES INNERN SÄCHSISCHES STAATSMINISTERIUM DES INNERN 01095 Dresden Präsidenten des Sächsischen Landtages Herrn Dr. Matthias Rößler Bernhard-von-Lindenau—Platz 1 01067 Dresden Kleine Anfrage des Abgeordneten Enrico Stange (DIE LINKE) Drs.-Nr.: 6I18594 Thema: Scheren als gefährliche Gegenstände in Waffenverbotszonen — Nachfrage zur Kleinen Anfrage in Drs. 6I18166 Sehr geehrter Herr Präsident, der Frage sind folgende Ausführungen vorangesteilt: „Die Staatsregierung antwortet auf die Kleine Anfrage in Drs. 6I18166 u. a.: ‚Die Einstufung der Scheren als gefährliche Gegenstände beruhte darauf, dass die Umstände des Auffindens der Gegenstände nicht den alltäglichen Normalfällen (z. B. im Nagelpflegeset in der Handtasche oder als Hilfsmittel zum Entfernen von Wahlplakaten) entsprachen . Die Sicherstellung durch den Polizeivollzugsdienst zeigte, dass die Beamten vor Ort davon ausgingen, dass die Gegenstände den Umständen nach (z. B. wegen Mitführens anlässlich einer Straftat) unter die Verordnung fallen.“‘ Namens und im Auftrag der Sächsischen Staatsregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Unter welchen Umständen wurden die Scheren gemäß Vorbemerkung im Bereich der Waffenverbotszone in Leipzig aufgefunden? Hinsichtlich des ersten Vorgangs, der sich am 13. November 2018 ereignete , hat die Polizeidirektion Leipzig ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts des Diebstahls mit Waffen gem. § 244 Strafgesetzbuch eingeleitet. Die Ermittlungen sind noch nicht abgeschlossen. Darüber hinaus kann die Frage nicht beantwortet werden. Eine Beantwortung der Frage ist derzeit nicht möglich, da insoweit aufgrund der laufenden Ermittlungen in diesem Verfahren einer weitergehenden Beantwortung die Vorschrift des § 477 Abs. 2 Satz 1 Strafprozessordnung (StPO) entgegen— steht. Nach dieser Vorschrift sind Auskünfte aus Akten zu versagen, wenn der Übermittlung Zwecke des Strafverfahrens entgegenstehen. Eine voll— ständige Beantwortung der Kleinen Anfrage würde den Erfolg des noch FreistaatSACHSEN Der Staatsminister Aktenzeichen (bitte bei Antwort angeben) 3-1053/83/44 Dresden, 9. September 2019 Hausanschrift: Sächsisches Staatsministerium des Innern WilheIm-Buck-Str. 2 01097 Dresden Telefon +49 351 564-0 Telefax +49 351 564-3199 www.smi.sachsen.de Verkehrsanbindung: Zu erreichen mit den Straßenbahnlinien 3. 6. 7, 8, 13 Besucherparkplätze: Bitte beim Empfang WilheIm-Buck- Str. 2 oder 4 melden. STAATSNHNISTERiUM DES iNNERN nicht abgeschlossenen Ermittlungsverfahrens gefährden. Sofern Einzelheiten zu bisherigen Ermittlungsansätzen bekannt würden, könnte dies dazu führen, dass der Erfolg der weiteren notwendigen Ermittlungen vereitelt würde. Die aufgeführten Gründe der Nichtbeantwortung der Frage hindern auch eine Beantwortung der Anfrage in einer nichtöffentlichen Sitzung des Sächsischen Landtages oder mit entsprechendem Geheimhaltungsvermerk. Auch bei einer unter solchen Umständen erfolgenden Bekanntgabe der Ergebnisse der bisherigen Ermittlungen ist im vorliegenden Fall nicht mit Sicherheit auszuschließen, dass Einzelheiten zu den bisherigen Ermittlungsergebnissen bekannt und dadurch die weiteren Ermittlungen gefährdet würden. Eine Abwägung der Informationsinteressen des Antragstellers mit dem Interesse an der Geheimhaltung der Ermittlungsergebnisse geht derzeit zu Lasten des Abgeordneten. Das Interesse des Abgeordneten an vollständiger Information ist ein hohes, durch Art. 51 Abs. 1 Verfassung des Freistaates Sachsen (SächsVerf) verfassungsrechtlich gewährleistetes Gut. Aber auch das staatliche Interesse an einer wirkungsvollen Strafverfolgung ist ein hohes, aus dem Rechtsstaatsprinzip hergeleitetes verfassungsrecht- |iches Schutzgut. Bei vollständiger Beantwortung der Frage wäre der Schaden für das laufende Ermittlungsverfahren womöglich irreparabel. Das Informationsinteresse des Abgeordneten ist demgegenüber nicht vollständig zurückgedrängt. Seine Verwirklichung hat lediglich insoweit und so lange zurückzustehen, wie eine vollständige Beantwortung tatsächlich eine Gefährdung des Ermittlungserfolges zeitigen würde, so lange also, bis im Falle der Ermittlung eines Täters oder mehrerer Täter die Tatvon/vürfe den/dem/der Beschuldigten eröffnet werden. Beim zweiten Vorgang, der sich am 12. Februar 2019 ereignete, wurde festgestellt, dass eine Person eine 95 mm lange Schere mitgeführt hat. Im Rahmen der Anhörung konnte die Person kein berechtigtes interesse bzw. eine Ausnahme nach § 3 Polizei— verordnung des Sächsischen Staatsministeriums des Innern über das Verbot des Mitführens gefährlicher Gegenstände in Leipzig geltend machen. Darüber hinaus kann die Frage nicht beantwortet werden. Die Staatsregierung kann gemäß Art. 51 Abs. 2 SächsVerf die detailliertere Beantwortung von Fragen insbesondere dann ablehnen, wenn Rechte Dritter entgegenstehen. Daher sind das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung des Betroffenen und der Informationsanspruch des Abgeordneten unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes gegeneinander abzuwägen. Verweigert die Staatsregierung die Beantwortung von Fragen, muss sie die Verweigerung begründen und die von ihr als maßgeblich erachteten tatsächli— chen und rechtlichen Gesichtspunkte darlegen (SächsVerfGH, LKV 1998, 316). Im vorliegenden Fall stehen einer Beantwortung Uberwiegende Belange des Datenschutzes im Sinne des § 3 Sächsisches Datenschutzgesetz entgegen. Mit der Frage werden Auskünfte zu personenbezogenen Daten begehrt. Personenbezogene Daten sind Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren natürlichen Person. Bestimmbar ist eine Person, wenn sie mithilfe von Zusatzwissen, durch Rückschlüsse zuordnungsfähig, feststellbar oder auch nur ermittelbar ist. Für eine AuskunftsvenNeigerung der Staatsregierung ist daher von Bedeutung , dass es sich um personenbeziehbare Daten handelt. Dafür gelten dieselben datenschutzrechtlichen Bestimmungen wie für personenbezogene Daten. Aufgrund der Seite 2 von 3 FreistaatSACHSEN STAATSMINISTERIUM DES iNNERN Gesamtumstände des Sachverhaltes kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Person durch Personen in ihrem Umfeld oder andere Personen bestimmt werden kann. Insofern sind die hier verlangten Auskünfte der betreffenden Person leicht zuzuordnen. Das hierdurch auftretende Spannungsverhältnis zwischen dem Recht des Einzelnen auf Schutz seiner Daten und dem Informationsrecht des Parlaments, das ebenfalls Verfassungsrang genießt, wird durch die Rechtsprechung nach den Grundsätzen der praktischen Konkordanz gelöst: Beide Rechte müssen im konkreten Fall einander so zugeordnet werden, dass beide so weit wie möglich ihre Wirkungen entfalten (BVerfGE 67, 143 f.). Das bedeutet, dass das Kontroll- bzw. Informationsrecht des Parlaments wegen seiner Bedeutung für die parlamentarische Demokratie und für das Ansehen des Staates nur dann hinter dem Persönlichkeitsrecht des Einzelnen zurücktritt, wenn Informationen in Rede stehen, deren Weitergabe wegen ihres streng persönlichen Charakters für den Betroffenen unzumutbar ist. Die hier verlangten Informationen sind dem Kernbereich der Privatsphäre zuzuordnen und werden daher im Rahmen der Beantwortung der Kleinen Anfrage nicht übermittelt. Mitffr undlichen Grüßen P ler. Roland Wöller Seite 3 von 3 FreistaatSACHSEN 2019-09-10T09:05:57+0200 pseudo: Elektronisches Dokumentations- und Archivsystem Erstellung des Nachweisdokumentes