STAATSMiNiSTERiUM DES lNNERN SÄCHSISCHES STAATSMINISTERIUM DES INNERN' 01095 Dresden Präsidenten des Sächsischen Landtages Herrn Dr. Matthias Rößler Bernhard-von-Lindenau-Platz 1 01067 Dresden Kleine Anfrage des Abgeordneten Valentin Lippmann (BUNDNIS 90IDIE GRÜNEN) Drs.-Nr.: 6/18597 Thema: Videoüberwachung in Görlitz — Nachfrage zu Drs 6I17543 Sehr geehrter Herr Präsident, namens und im Auftrag der Sächsischen Staatsregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Inwieweit erfolgt an welchen konkreten Orten in Görlitz eine präventivpolizeilichen Videoübewvachung zu welchem konkreten Zweck? (Bitte auch Skizze des überwachten Bereichs beifügen, die Karte der Drs 6I10474 gibt den iibenNachten Bereich nicht wieder.) Die Polizeidirektion Görlitz betreibt gegenwärtig zwei Kameras zu präventivpolizeilichen Zwecken (siehe Anlage). Im Übrigen wird auf die zusammenfassende Antwort der Staatsregierung auf die Kleine Anfrage Drs.-Nr. 6/18567 venNiesen. Frage 2: Welche tatsächlichen Anhaltspunkte rechtfertigen an den Orten nach Ziffer 1 die Annahme, dass Straftaten begangen werden? (Bitte konkrete Darlegung der erhöhten Begehung von Straftaten, Polizeieinsätzen, Aufenthalt von Straftätern etc.) Im Bereich der Stadt Görlitz sind im Jahr 2018 insgesamt 2.690 Straftaten1 aus dem Bereich der Eigentumskriminalität polizeilich bekannt geworden. Die Häufigkeitszahl2 für Straftaten der Eigentumskriminalität beträgt 4.770. Im direkten Vergleich zur Stadt Bautzen, die in einer vergleichbaren Grenzregion liegt und ähnliche Größen- und Einwohnerverhältnisse aufzuweisen hat, ist die Strafiatenbelastung desselben Phänomens in der Stadt Görlitz um 68 Prozent3 höher. Selbst bei einem Vergleich mit sächsischen Groß- 1 Quelle: Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS) 2 Häufigkeitszahl (HKZ) = Straftaten je 100.000 Einwohner 3 HKZ Eigentumsdelikte Stadt Bautzen im Jahr 2018: 2.843 FreistaatSACHSEN Der Staatsminister Aktenzeichen (bitte bei Antwort angeben) 3-1053/83/47 Dresden, 4. September 2019 Hausanschrift: Sächsisches Staatsministerium des Innern VWIheIm-Buck—Str. 2 01097 Dresden Telefon +49 351 564-0 Telefax +49 351 564-3199 www.smi.sachsen.de Verkehrsanbindung: Zu erreichen mit den Straßenbahnlinien 3, 6, 7, 8, 13 Besucherparkplätze: Bitte beim Empfang Wilhelm- Buck-Str. 2 oder 4 melden. STAATSNIiNiSTERiUM DES iNNERN städten ergeben sich höhere Belastungen für Görlitz: 21 Prozent4 höher als in Chemnitz und ca. 20 Prozent5 als in Dresden. Lediglich gegenüber der Stadt Leipzig liegt die Belastung in Görlitz um 25 Prozent6 niedriger. Bei den Deliktsgruppen Diebstähie von Kraftfahrzeugen, Einbruchdiebstähle in Wohnungen , Einbruchdiebstähle in Keller, Einbruchdiebstähle in Geschäftsräume und Betriebe , besonders schwere Fäile des Diebstahls von Fahrrädern und Raubstraftaten unter Nichtberücksichtigung von Bagatelldelikten, wie Ladendiebstahl, musste konstatiert werden, dass der Stadtteil Historische Altstadt mit einer HKZ von 3.865 besonders hervorsticht. In den übrigen Stadtteilen von Görlitz beträgt die HKZ mindestens 365 (Ludwigsdorf) und höchstens 2.699 (Innenstadt). Für das Jahr 2018 erfasste die PKS für die Stadt Görlitz insgesamt 3.304 Tatverdächtige , wovon 489 polnischer Staatsangehörigkeit waren. Das entspricht einem Anteil von 14,8 Prozent Beschränkt auf die Eigentumskriminalität steigt dieser Anteil auf 33,4 Prozent . Im Bereich der Historischen Altstadt wurden insgesamt 249 Tatverdächtige ermittelt , wovon der Anteil polnischer Staatsangehöriger bei 15,3 Prozent liegt. Nur bezogen auf die Eigentumskriminalität steigt der Anteil auf 48,7 Prozent. Im Ergebnis ist deshalb festzustellen, dass innerhalb der Historischen Altstadt auf engem Raum in erheblichem Maße schwerwiegende Straftaten der Eigentumskriminalität begangen werden, die in dieser Form in keinem anderen Stadtgebiet von Görlitz auftre— ten und nicht durch besondere örtliche und bevölkerungsstatistische Gegebenheiten erklärt werden können. Vielmehr ist nach kriminalistischer Erfahrung davon auszuge— hen, dass die besondere geographische Lage unmittelbar an der Grenze und den damit verbundenen kurzen Fluchtwegen sowie die bauliche Situation besondere Tatanreize schaffen, die die Begehung derartiger Taten für potentielle Täter Iohnenswert und vergleichsweise risikoarm erscheinen lassen. In der Gesamtwürdigung handelt es sich bei der Historischen Altstadt um einen Ort im Sinne des § 19 Absatz 2 Nummer 1 Sächsisches Polizeigesetz (SächsPoIG), da in diesem eng umgrenzten Gebiet in erheblicher Zahl schwenNiegende Straftaten der Eigen— tumskriminalität begangen werden und sich die dort festgestellten Kriminalitätsphänomene deutlich von unmittelbar angrenzenden Orten sowie auch dem übrigen Stadtgebiet und vergleichbaren Städten unterscheiden. Frage 3: Wie und an welchen Orten werden die Einwohner und Besucher der Stadt über die Videoübenlvachung und die verantwortlichen Stellen unterrichtet? (Bitte ggf. Foto mit Hinweis beifügen.) Es befinden sich Hinweisschilder in Form eines Piktogramms nach DIN 33450 am Nikolaigraben und an der Uferstraße. Gegenwärtig werden die ergänzenden Hinweise, die die verantwortliche Stelle und Rechtsgrundlagen erkennen lassen, mit dem Sächsischen Datenschutzbeauftragten abgestimmt. 4 HKZ Eigentumsdeiikte Stadt Chemnitz im Jahr 2018: 3.927 5 HKZ Eigentumsdeiikte Stadt Dresden im Jahr 2018: 3.984 6 HKZ Eigentumsdeiikte Stadt Leipzig im Jahr 2018: 6.351 Seite 2 von 4 FreistaatSACHSEN STAATSMiNiSTERiUNI DES iNNERN Frage 4: Mit welchen konkreten Maßnahmen der Polizei wird gewährleistet, dass durch die Videoüberwachung Versammlungen nach dem Versammlungsgesetz nicht bzw. nur unter den Voraussetzungen des § 20 VersG gefilmt und die Versammlungsteilnehmer unterrichtet werden? Kollidieren aufgrund der stationären VideoübenNachung Grundrechte der Versammlungsteiinehmer (Artikel 8 Grundgesetz [GG]) mit den Grundrechten derjenigen, die durch die stationäre Videoüberwachung nach § 37 Absatz 2 SächsPolG geschützt werden sollen, sind diese im Rahmen der praktischen Konkordanz in einen Ausgleich zu bringen. Zu berücksichtigen ist u. a., dass die VideoübenNachung dem Schutz der Grundrechte des Eigentums (Artikel 14 GG), aber auch auf Leib, Gesundheit und Leben (Artikel 2 Absatz 2 GG) dient. Außerdem ist zu berücksichtigen, dass zum einen den Versammlungsteilnehmern die Videoüberwachung an den ausgewiesenen Kriminalitätsschwerpunkten bekannt ist und zum anderen, dass der Versammlungsort vom Veranstalter auch in Kenntnis dessen, dass an diesen Orten aufgrund der Kriminali— tätsbelastung VideoübenNachung stattfindet, ausgewählt wird. Frage 5: Wie lautet die Errichtungsanordnung (bitte beifügen bzw. den wesentlichen Inhalt wiedergeben) und mit welchem Ergebnis hat der Sächsische Datenschutzbeauf— tragte die Videoübenivachung mit welchem Ergebnis geprüft? Hinsichtlich der Vorlage der Errichtungsanordnung wird auf die Entscheidung des Sächsischen Verfassungsgerichtshofs vom 19. Juli 2012, Az.: Vf. 102—l—11, verwiesen, wonach das parlamentarische Fragerecht keinen Anspruch auf Aktenvorlage umfasst. Daher wird der wesentliche Inhalt wiedergegeben. Die Errichtungsanordnung trägt den Titel „Errichtungsanordnung nach §§ 50 SächsPoIG, 10 SächsDSG für die Maßnahmen der optisch-elektronischen Videoüberwachung und -aufzeichnung im Stadtgebiet Görlitz nach §§ 37 Absatz 2, 19 Absatz 1 Nr. 2 SächsPoIG, Az.: 13-1119.50/1/2016“. Diese Anordnung benennt neben der gesetzlichen Grundlage die datenverarbeitende Stelle, welche die Polizeidirektion Görlitz ist, das konkrete Verfahren und dessen Zweckbestimmung. Demnach lautet das Verfahren „Videoüben/vachung im Bereich der Stadt Görlitz zur vorbeugenden Bekämpfung der grenzüberschreitenden Eigentumskriminaiität “. Zwecke des Verfahrens sind, als präventiv-polizeiliche Maßnahmen Straftaten zu verhindern (Abschreckung), lnterventionszeiten bei Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung zu verkürzen, Straftäter zu identifizieren und deren strafrecht- Iich relevante Tathandlungen beweissicher zu dokumentieren. Des Weiteren werden demnach in den überwachten Bereichen nur Bilddaten von Personen und Sachen er— hoben. Dabei beschränkt sich dieser Vorgang auf potentiell relevante Tatzeiträume nach einer kriminalistischen Bewertung. Es werden keine Audiodateien erhoben. Die Datenerhebung erfolgt unter Wahrung von grundrechtlich geschützten Kernbereichen. Die Speicherdauer für die erhobenen Daten beträgt maximal 96 Stunden, sofern diese Daten nicht als Beweismittel strafrechtlich relevant sind. Eine Datenübermittlung in Drittländer im Sinne des § 17 Sächsisches Datenschutzgesetz (SächsDSG) erfolgt nicht. Darüber hinaus erfolgt das Betreiben der Videoüberwachung nach den Kriterien Seite 3 von 4 FreistaatSACHSEN Anlage zu Drs.-Nr. 6/18597 % “ &! “ ‚gaa zx‘a u ;1 mm Ken , ue qe ßg e Abb. 2: Standort Nikolaigraben Legende: E Videokamera mit Aufnahmerichtung \\ & übenNachter Bereich Freista atSACHSENSTAATSMlNISTERIUMDES INNERN der Vertraulichkeit, Integrität, Verfügbarkeit, Authentizität und Revisionsfähigkeit der Daten sowie Transparenz der Verfahrensabläufe gemäß § 9 SächsDSG. “sz; P o . Dr. Roland Wöller Anlage Seite 4 von 4 2019-09-11T09:01:09+0200 pseudo: Elektronisches Dokumentations- und Archivsystem Erstellung des Nachweisdokumentes