STAATSNHNISTERIUM DES INNERN SÄCHSISCHES STAATSMINISTERIUM DES INNERN 01095 Dresden Präsidenten des Sächsischen Landtages Herrn Dr. Matthias Rößler Bernhard-von-Lindenau-Platz 1 01067 Dresden Kleine Anfrage der Abgeordneten Juliane Nagel (DIE LINKE) Drs-Nr.: 6/18616 Thema: Versuchte Trennung eines Ehepaars durch Abschiebung in der Nacht vom 07. auf den 08. August 2019 Sehr geehrter Herr Präsident, den Fragen sind folgende Ausführungen vorangestellt: „Nach Information der Fragestellerin drang die Polizei kurz nach 22 Uhr am 07. August in die Wohnung einer Frau deutscher Staatsangehörigkeit in Dresden ein. Sie suchten ihren Ehemann marokkanischer Staatsangehörigkeit, vermutlich um ihn abzuschieben. Der Ehemann ist ausländerrechtlich in Chemnitz gemeldet, ein gemeinsames Familienleben wollte die Ausländerbehörde Chemnitz den beiden explizit nicht ermöglichen. Der Mann hat eine Residenzpflicht in Chemnitz und darf die Stadt nur auf Antrag und mit genehmigten Urlaubsscheinen verlassen. Anträge auf Aufhebung der Residenzpflicht und Umverteilung nach Dresden wurden bisher nicht oder negativ beschieden . Die Mitbewohnerin der Ehefrau öffnete die Tür.Die Ehefrau selber war nicht anwesend, ebenso wenig der Ehemann. Für den 0.9. Zeitraum lag kein Urlaubsschein vor. Das teilte die Mitbewohnerin der Polizei mit. Das Verhalten der Beamt*innen war insgesamt harsch, drängend und einschüchternd. Auf Nachfrage der Mitbewohnerin, ob sie verpflichtet sei, die Beamt*innen einzulassen, wurde dies vehement bejaht, ohne eine entsprechende Rechtsgrundlage zu nennen oder vorzulegen. Die weitere Frage, warum die Polizei hier sei, wurde überhaupt nicht beantwortet . lm Verlauf der Durchsuchung wurde die Mitbewohnerin in ein Gespräch gezogen, das einem Verhör gleichkam, ohne vorab über ihre Rechte aufgeklärt worden zu sein. Laut der Mitbewohnerin klingelten die Beamt*innen an der Wohnungstür , nicht an der Haustür des Miethauses. Sie erläuterte den Beamt *innen, dass die Ehefrau nicht anwesend sei. Die bestanden jedoch darauf, in die Wohnung einzudringen.“ FreistaatSACHSEN Der Staatsminister Aktenzeichen (bitte bei Antwort angeben) 3-1053/83/76 Dresden. 12. September 2019 Hausanschrift: Sächsisches Staatsministerium des Innern WilheIm-Buck—Str. 2 01097 Dresden Telefon +49 351 564-0 Telefax +49 351 564-3199 www.smi.sachsen.de Verkehrsanbindung: Zu erreichen mit den Straßenbahnlinien 3, 6,7, 8, 13 Besucherparkplätze: Bitte beim Empfang Wilhelm—Buck- Str. 2 oder 4 melden. STAATSMiNiSTERiUM DES iNNERN Namens und im Auftrag der Sächsischen Staatsregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Lag der Polizei ein Durchsuchungsbeschluss vor und wenn nein, auf welcher rechtlicher Grundlage dann das Eindringen in die Wohnung, insbesondere vor dem Hintergrund der nicht anwesenden Ehefrau, deren Zimmer durchsucht wurden und die keine Möglichkeit der Zustimmung oder des Widerspruchs hatte? Die eingesetzten Polizeibeamten handelten im Rahmen der Vollzugshilfe nach § 61 Polizeigesetz des Freistaates Sachsen i. V. m. § 58 Aufenthaltsgesetz für die ersuchende Behörde, die Landesdirektion Sachsen. Die Erlaubnis zum Betreten der Wohnung zur Vollstreckung der Abschiebung ist in der entsprechenden Abschiebeanordnung explizit aufgeführt. Ein separater Durchsuchungsbeschluss war somit entbehrlich. Frage 2: Wie drangen die Beamt*innen in das Mietshaus ein und konnten es bis vor die Wohnungstür schaffen? Die Beamten waren durch einen anderen Hausbewohner eingelassen worden, als dieser (zeitgleich) das Haus betrat, um in seine Wohnung zu gehen. Frage 3: Warum die versuchte Abschiebung aus der Wohnung der Ehefrau, wo der Ehemann doch in Chemnitz gemeldet ist und auch keinen Urlaubsschein für den 07.I8. August hatte, um seine Frau in Dresden zu besuchen? Es ist generell keine Rechtmäßigkeitsvoraussetzung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme, dass der Betroffene nur an dem Ort aufgegriffen werden darf, an dem er sich rechtmäßig aufhalten darf und wo er gemeldet ist. Das betrifft sowohl Aufgriffe zum Vollzug der Abschiebung als auch Aufgriffe zum Vollzug der Abschiebungshaft. Die Anschrift der Ehefrau ist in der Abschiebeanordnung als zu prüfenden Aufenthaltsort mit aufgeführt. Frage 4: Sollte der Ehemann abgeschoben werden oder in Abschiebehaft genommen werden? Die Person sollte gemäß Abschiebeanordnung der Landesdirektion Sachsen direkt abgeschoben werden. Seite 2 von 3 Freista atSACHSEN Freista atSACHSENSTAATSNIINiSTERiUMDES iNNERN Frage 5: In wie vielen Fällen kam es seit dem 01. Januar 2015 zu Verletzungen von Art. 13 GG in der Fallkonstellation, dass die Wohnung von deutschen Staatsbürger *innen betreten wurde, um ihre vollziehbar ausreisepflichtigen Ehepartner *innen abzuschieben? Wurden Strafanzeigen gegen das Vorgehen gestellt, unter anderem zur hier angeführten, versuchten Abschiebung, und wenn ja, wie viele und mit welchem Ausgang? Die sächsische Polizei führt keine Statistik, ob im Rahmen von Abschiebungen Wohnungen von deutschen Staatsbürgerinnen bzw. Staatsbürgern betreten werden. Im benannten Zeitraum wurde ein Ermittlungsverfahren entsprechend der Fragestellung in der Polizeidirektion Dresden geführt. Dieses Verfahren wurde von der Staatsanwaltschaft Dresden eingestellt. thff‘r ndlichen Grüßen f f,” { ‚ä . Dr. Roland Wöller Pr Seite 3 von 3 2019-09-13T09:28:16+0200 pseudo: Elektronisches Dokumentations- und Archivsystem Erstellung des Nachweisdokumentes