STAATSMINISTERIUM DES iNNERN SÄCHSISCHES STAATSMINISTERIUM DES INNERN 01095 Dresden Präsidenten des Sächsischen Landtages Herrn Dr. Matthias Rößler Bernhard-von-Lindenau-Platz 1 01067 Dresden Kleine Anfrage der Abgeordneten Juliane Nagel (DIE LINKE) Drs.-Nr.: 6/18730 Thema: Dublin-Abschiebungen nach Italien am 26./27. August 2019, Vorwurf der Körperverletzung in einem Fall, Familientrennung im anderen Sehr geehrter Herr Präsident, den Fragen sind folgende Ausführungen vorangestelit: „In Leipzig soll am 26. August ein Mensch nigerianischer Staatsbürgerschaft von der Polizei in der Erstaufnahmeeinrichtung Max- Liebermann-Straße abgeholt worden sein, um nach Italien abgeschoben zu werden. Laut Berichterstattung des kreuzer (https:llkreuzerleipzig .del2019/08/28labschiebung-abgebrochenl) habe er den Beamt *innen: ,erklärt, dass er nicht vorhabe, sich zu widersetzen, dass er krank sei und sie bitte, auf eine Fesselung zu verzichten. Daraufhin habe ihm ein Beamter von hinten einen Arm um den Hals gelegt, sodass Collins nichts mehr atmen konnte. Die anwesenden Polizisten hätten ihn anschließend zu Boden gebracht, hätten auf seine Hände und seinen Kopf getreten, ihn mit Pfefferspray attackiert. »Ich habe geschrien, dass ich krank bin und sie bitte aufhören sollen«, sagt Collin am Tag danach. Irgendwann sei er bewusstlos geworden und erst im Krankenhaus wieder aufgewacht.‘ Die Amtsärztin habe ihm ein Beruhigungsmittel verabreicht, nach Information der Fragestellerin handelt es sich um 3mg Dromicum nasall Midazolam. Im Landkreis Görlitz wurde ein weiterer Mann nigerianischer Staatsbürgerschaft am Ende wirklich nach Italien abgeschoben. Er ist mit seiner Frau nigerianischer Staatsbürgerschaft verlobt, das ist auch dem BAMF bekannt. Der Mann landete mutmaßlich in Venedig mit dem Flug LH 326, der in Frankfurt am Main startete. Der Verlobten wurde mit einem Abänderungsantrag nach § 80 Abs. 7 VwGO die aufschiebende Wirkung zugesprochen, nachdem sie ebenso bereits nach Italien abgeschoben wurde, auf Grund der desolaten Umstände in Italien zu ihrem Verlobten in Deutschland zurückkehrte und dort ihre Tochter zur Welt brachte. Die Vaterschaftsanerkennung und Sorgerechtserklä- FreistaatSACHSEN Der Staatsminister Aktenzeichen (bitte bei Antwort angeben) 2-1053/71/201 Dresden, 27. September 2019 Hausanschrift: Sächsisches Staatsministerium des Innern WilheIm-Buck-Str. 2 01097 Dresden Telefon +49 351 564—0 Telefax +49 351 564-3199 www.smi.sachsen.de Verkehrsanbindung: Zu erreichen mit den Straßenbahnlinien 3, 6, 7, B, 13 Besucherparkplätze: Bitte beim Empfang WilheIm-Buck- Str. 2 oder4 melden. FreistaatL_;5ACHSENSTAATSMINISTERIUMDES iNNERN rung liegen vor, auch dem BAMF. Ihre Familieneinheit wurde von den Behörden insoweit berücksichtigt, als dass sie sowohl in der Erstaufnahmeeinrichtung in Leipzig als auch nach kommunaler Verteilung in den Landkreis Görlitz zusammen untergebracht wurden. Ein Mitarbeiter des Sächsischen Flüchtlingsrats (SFR) hatte sich im Zuge der Abschiebung an BAMF und die Ausländerbehörde Görlitz sowie die Zentrale Ausländerbehörde gewandt. Der SFR-Mitarbeiter machte das rechtliche Abschiebungshindernis nach Art. 6 GG geltend und verwies auf die Rechtsprechung des OVG Bautzen, nach der Familientrennungen, besonders bei kleinen Kindern, im Hinblick auf die Gefahr des raschen Bindungsverlustes unzulässig sind (https:/lwww.asyl.net/rsdblm27284l). Die Rechtsprechung bezieht sich auf ungeborene Kinder, doch ist es weitergeführt logisch, dass der Vater des sich in Deutschland aufhältigen, inzwischen geborenen Kindes nicht bei ihm sein kann, wenn er in Italien einen Schutzstatus erhält. Die beiden Ausländerbehörden verwiesen gegenüber dem SFR-Mitarbeiter auf das BAMF, dass die Abschiebung des Vaters mit Verweis auf Art. 6 GG stoppen könne, das BAMF wiederum venivies auf die Zentrale Ausländerbehörde.“ Namens und im Auftrag der Sächsischen Staatsregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Zum Fall aus Leipzig - Kam es, nachdem der Vorwurf im kreuzer erhoben wurde, zu internen Ermittlungen bei der Polizei und mit welchem Ergebnis? Die Ermittlungen werden durch das für Amtsdelikte zuständige Fachkommissariat der Kriminalpolizeiinspektion Leipzig geführt. Die Staatsanwaltschaft Leipzig wird zum Zwecke der rechtlichen Würdigung und Festlegung des Ermittlungsumfangs einbezogen . Ein Ergebnis steht noch aus. Frage 2: Zum Fall aus Leipzig - auf Grund welcher rechtlichen Grundlage wurde das Medikament verabreicht und werden hier bereits die Kriterien für eine illegale, ambulante Zwangsmaßnahme erfüllt? Welche Folgen hat das für die Polizist*innen wie die Amtsärztin? Die Landesdirektion Sachsen (LDS) hat eine Ärztin aufgrund eines privatrechtlichen Vertrages mit der Begleitung der Abschiebungsmaßnahme beauftragt. Diese handelt selbstständig und weisungsfrei im Rahmen ihrer beruflichen Vorschriften. Es handelte sich dabei nicht um eine Amtsärztin. Frage 3: Zum Fall aus Leipzig — ist die Überstellungsfrist inzwischen abgelaufen, wenn nein, aus welchen Gründen nicht? Die Überstellungsfrist ist zwischenzeitlich abgelaufen. Seite 2 von 3 STAATSMINISTERIUM DES iNNERN Frage 4: Zum Fall aus Görlitz — warum wurden Art. 6 GG und die Rechtsprechung des OVG Bautzen missachtet? Frage 5: Zum Fall aus Görlitz — welche Behörde wäre denn nun aus Sicht der Staatsregierung zuständig, um eine akute Entscheidung über den Abbruch der aufenthaltsbeendenden Maßnahme bei Dublin-Fällen im Zweifel für Art. 6 GG und weitere Grundrechte zu stoppen? Zusammenfassende Antwort auf die Fragen 4 und 5: Das Dublin-lll-Verfahren einschließlich der Überstellung in den zuständigen Mitgliedstaat wird in Zuständigkeit des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) ge— führt. Das BAMF wurde durch die LDS bereits am 7. August 2019 über die familiäre Gemeinschaft informiert. Mit Schreiben vom 26. August 2019 teilte das BAMF mit, dass an der Überstellung des Mannes festgehalten wird. Die LDS ist als ausschließlich vollziehende Behörde an diese Entscheidung gebunden. Von einer weiteren Beantwortung wird abgesehen. Die Staatsregierung ist dem Landtag nur für ihre Amtsführung verantwortlich. Sie ist daher lediglich in Angelegenheiten zur Auskunft verpflichtet, die in ihre Zuständigkeit fallen und muss nicht auf Fragen eingehen die außerhalb ihres Verantwortungsbereichs liegen Letzteres ist hier der Fall, denn Entscheidungen des BAMF trifft dieses in eigener Zuständigkeit . undlichen Grüßen .D.r Roland Wöller Seite 3 von 3 FreistaatSACHSEN 2019-09-27T09:25:30+0200 pseudo: Elektronisches Dokumentations- und Archivsystem Erstellung des Nachweisdokumentes