STAAT5MIN1STERIUM DES INNERN Freistaat SACHSEN Der Staats minister SÄCHSISCHES STAATSMIN1STERIUM DES INNERN 01095 Dresden Präsidenten des Sächsischen Landtages Herrn Dr. Matthias Rößler Bernhard-von-Lindenau-Platz 1 01067 Dresden Aktenzeichen (bitte bei Antwort angeben) 31-0141.50/8877 Dresden,, Juli 2015 Kleine Anfrage des Abgeordneten Valentin Lippmann, Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drs.-Nr.: 6/1929 Thema: Übermäßiger Polizeieinsatz am 17. Juni 2015 in Dresden Sehr geehrter Herr Präsident, den Fragen sind folgende Ausführungen vorangestellt: "Teilnehmer der Demonstration gegen eine Versammlung der NPD am 17. Juni 2015 in Dresden berichteten von einem übermäßigen Einsatz der Polizei gegen die Teilnehmer unter Verwendung von Pfefferspray und körperlichen Zwang. Dabei kam es auch zu Verletzungen von Demonstranten . Zudem seien Demonstrationsteilnehmer eingekesselt und Identitätsfeststellungen durchgeführt wurden. Die Polizei sei zudem mehrfach, anders als sonst bei friedlichen Demonstrationen üblich, in den Demonstrationszug hinein gegangen, um Teilnehmer festzunehmen . Auch demonstrationserfahrene Teilnehmer der Demonstration sprachen von aus ihrer Sicht provozierenden Aktionen der Polizei, die eskalierend gewesen seien. Das Verhalten der Polizei hätte sich insgesamt von dem bei anderen Demonstrationen unterschieden." Namens und im Auftrag der Sächsischen Staatsregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Inwieweit stellen sich die dargestellten Sachverhalte aus Sicht der Staatsregierung dar und treffen die Einschätzungen der Demonstrationsteilnehmer zu, das die Polizei mit übermäßiger Härte und provozierend gegen friedliche Demonstrationsteilnehmer vorgegangen sei? (Bitte zu allen beschriebenen Vorkommnissen Stellung nehmen.) Frage 2: Inwieweit wurden welche Mittel polizeilichen Zwangs (Pfeffersprayeinsatz , Einkesselung der Versammlung etc.) aus welchen Gründen gegen welche Personen eingesetzt und waren erforderlich und angemessen? Hausanschrift: Sächsisches Staatsministerium des Innern Wilhelm-Buck-Str. 2 01097 Dresden Telefon +49 351 564-0 Telefax +49 351 564-3199 www.smi.sachsen.de Verkehrsanbindung: Zu erreichen mit den Straßenbahnlinien 3, 6, 7, 8, 13 Besucherparkplätze: Bitte beim Empfang WilheimBück -Str. 2 oder 4 melden. Zusammenfassende Antwort auf die Fragen 1 und 2: 5TAATSMINISTERIUM DES INNERN Freistaat SACHSEN Der Zulauf zu der durch die Partei DIE LINKE angezeigten Versammlung an der Straßeneinmündung Straße des 17. Juni/Siemensstraße war mit ca. 250 Personen stärker als vorher angezeigt (50 - 100 Personen). Aus diesem Grund wurde durch die Versammlungsbehörde in Absprache mit der Versammlungsleiterin und dem Polizeivollzugsdienst der Versammlungsort in die Siemensstraße verlegt. Um diese Versammlung abzusichern, wurde die Straße beidseitig, zur Sachsenwerkstraße und zur Straße des 17. Juni, gesperrt und durch Einsatzkräfte gesichert. Gegen 18:26 Uhr versuchten Teilnehmer der Versammlung, in Richtung des Versammlungsortes der NPD zu gelangen, kehrten aber kurz vor Erreichen der Sperre freiwillig wieder in die Versammlung zurück. Als der Aufzug der NPD gegen 19:50 Uhr auf der Straße des 17. Juni die Siemensstraße passierte, versuchten Teilnehmer der Versammlung auf der Siemensstraße mittels doppelter und untergehakter Ketten die Polizeiabsperrung zu durchbrechen und auf die Straße des 17. Juni zu gelangen. Dies wurde durch den Einsatz unmittelbaren Zwangs in Form von einfacher körperlicher Gewalt und Hilfsmitteln der körperlichen Gewalt (Reizstoff) verhindert. Gegen 20:25 Uhr dauerte die Versammlung der Partei DIE LINKE weiter an. Teilweise verließen Personen die Versammlung gruppenweise. Die Versammlungsleiterin zeigte der Versammlungsbehörde eine Spontandemonstration bzw. eines -aufzuges an. Gegen 20:30 Uhr erfolgte durch die Einsatzkräfte eine Lautsprecherdurchsage an die Versammlungsteilnehmer mit dem Inhalt, dass sie den Versammlungsort verlassen können . Zudem wurde mitgeteilt, dass von einzelnen Personen noch Identitätsfeststellungen erfolgen sollen, da diese tatverdächtig waren, zuvor Straftaten begangen zu haben. Danach kam es zu Solidarisierungen unter den Versammlungsteilnehmern, die z. B. durch Unterhaken der Teilnehmer und die Weigerung, den Platz zu verlassen, zum Ausdruck gebracht wurden. Dies erschwerte die polizeilichen Maßnahmen erheblich. Eine Einkesselung von Versammlungsteilnehmern fand nicht statt. Die Teilnehmer der Versammlung hatten stets die Möglichkeit den Versammlungsort zu verlassen. Hinsichtlich des zweiten Teils der Frage 1 wird von einer Beantwortung durch die Staatsregierung abgesehen. Die Frage ist auf eine Bewertung gerichtet. Zu der Abgabe einer Bewertung ist die Staatsregierung nicht verpflichtet. Gemäß Art. 50 der Verfassung des Freistaates Sachsen (SächsVerf) ist die Staatsregierung verpflichtet, über ihre Tätigkeit den Landtag insoweit zu informieren, als dies zur Erfüllung seiner Aufgaben erforderlich ist. Dieser Informationspflicht der Staatsregierung nach Art. 50 SächsVerf entspricht das Frage- und Auskunftsrecht der Abgeordneten gegenüber der Staatsregierung nach Art. 51 SächsVerf. Das Fragerecht kann jedoch nicht dazu dienen, die Staatsregierung zu einer Bewertung anzuhalten, die der Abgeordnete für geboten hält, sondern nur dazu, den Abgeordneten Informationen zu verschaffen (SächsVerfGH, Urteil vom 22. April 2004, Vf. 44-1-03). Seite 2 von 4 STAATSMINISTERIUM DES INNERN Freistaat SACHSEN Frage 3: Wie viele Straftaten wurden anlässlich des Demonstrationsgeschehens sowie dessen Vor- und Nachbereitung wegen welcher Straftaten (bitte Lebenssachverhalt und Straftatbestand angeben) polizeilich registriert und in wie vielen Fällen wurden strafrechtliche (Vor-) Ermittlungsverfahren gegen jeweils wie viele bekannte oder unbekannte Beschuldigte eingeleitet und ggf. wie beendet? (Soweit möglich bitte auch Zurechnung zu "linkem", "rechtem" oder "bürgerlichem" Lager angeben.) Mit Stand zum 1. Juli 2015 wurden bisher folgende Straftaten registriert: Straftatbestand Sachverhalt Tatverdächtige § 29/1/3 BtMG Unerlaubter Besitz von Betäubungsmitteln § 249 StGB Raub einer "Refugees welcome"-Fahne durch 10 x TV in einer Straßenbahn unbekannt § 86a StGB Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen §113StGB Widerstand gegen Polizeivollzugsbeamte im Zusammenhang mit der Absicherung des Aufzugs NPD § 28 SächsVersG Anlegen Vermummung § 28 SächsVersG Anlegen Vermummung § 28 SächsVersG Anlegen Vermummung § 28 SächsVersG Anlegen Vermummung § 28 SächsVersG Anlegen Vermummung § 28 SächsVersG Anlegen Vermummung § 28 SächsVersG Anlegen Vermummung § 223 StGB Körperverletzung gegen Polizeibeamten §111 StGB öffentliche Aufforderung zu Straftaten mittels Lautsprecher Seite 3 von 4 STAATSM1NISTERIUM DES INNERN ^e Freistaat SACHSEN § 185StGB Beleidigung - TV stand in unmittelbarer Nähe der Polizeibeamten und trug ein schwarzes T-Shirt mit der Rückenaufschrift "1312 Schweißverein". Unter dem Schriftzug waren Bereitschaftspolizisten abgebildet. Eine Zuordnung der Beschuldigten zu einem "linken", "rechten" oder "bürgerlichen" Lager erfolgt nicht. Frage 4: Wie viele Personen wurden im Zusammenhang mit dem Demonstrationsgeschehen durch welche konkreten Handlungen verletzt? Gegen 19:10 Uhr wurde durch Einsatzkräfte auf der Straße des 17. Juni der Zugriff auf eine Person Zwecks Identitätsfeststellung durchgeführt. Dabei handelte es sich um einen vermummten Tatverdächtigen zu einer Körperverletzung und Sachbeschädigung. Nach dem Zugriff klagte die Person über Schmerzen im Nasenbereich. Durch das Personal des herbeigerufenen Rettungswagens wurde eine leichte Verletzung (geplatztes Aderchen ) festgestellt. Weitere Verletzungen von Personen sind hier nicht bekannt. Frage 5: Wie viele (Vor-) Ermittlungsverfahren betreffen a.) Angriffe gegen Polizeibedienstete und b.) Taten gegen Demonstranten wegen jeweils welcher Verletzungsfolgen ? (Bitte jeweilige Straftatbestände angeben.) a.) b.) Zwei Ermittlungsverfahren betreffen Angriffe auf Polizeibedienstete (1x § 113 StGB, 1x § 223 StGB). Zu Verletzungsfolgen liegen keine Erkenntnisse vor. Der Polizeidirektion Dresden liegen im Sinne der Fragestellung keine Anzeigen vor. Mit freundlichen Grüßen In Vertretung Brunhild Kurth Staatsministerin Seite 4 von 4 2015-07-20T14:45:44+0200 GRP: Elektronisches Dokumentations- und Archivsystem Erstellung des Nachweisdokumentes