STAATSMl 1STER1UM FÜR SOZIALES UND VERBRAUCHERSCHUTZ SÄCHSISCHES STAATSMINISTERIUM FÜR SOZIALES UND VERBRAUCHERSCHUTZ Albertstraße 10 I 01097 Dresden Präsidenten des Sächsischen Landtages Herrn Dr. Matthias Rößler Bernhard-von-Lindenau-Piatz 1 01067 Dresden Kleine Anfrage des Abgeordneten Volkmar Zschocke, Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drs.-Nr.: 6/2027 Thema: Suizidraten und Suizidpräventionsmaßnahmen in Sachsen Sehr geehrter Herr Präsident, namens und im Auftrag der Sächsischen Staatsregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Wie hat sich die Anzahl der Suizide in Sachsen in den letzten fünf Jahren entwickelt (Bitte nach Anzahl Suiziden, Altersgruppen, Geschlecht, Suizidrate je 100.000 Einwohner aufschlüsseln)? Die Angaben sind der Tabelle in der Anlage zu entnehmen. Frage 2: Wie viele Suizidversuche wurden in den letzten fünf Jahren in Sachsen registriert (Bitte nach Anzahl Suizidversuche, Altersgruppen, Geschlecht aufschlüsseln)? Dazu liegen der Staatsregierung keine Daten vor. Suizidversuche werden statistisch nicht erfasst. Frage 3: Welche konkreten Suizidpräventionsmaßnahmen unterstützt der Freistaat Sachsen derzeit? Besondere Bedeutung kommt im Rahmen der sekundären und tertiären Suizidprävention den Angeboten des gemeindepsychiatrischen Versorgungssystems zu. Die Sozialpsychiatrischen Dienste der Landkreise und kreisfreien Städte bieten chronisch psychisch kranke Menschen neben Begleitung auch Krisenhilfe bei akuter Selbstgefährdung in Form von aufsuchender Sozialarbeit und ärztlicher und psychologischer Behandlung an. Eine spezielle Einrichtung der Krisenintervention sind in vielen Kommunen die Psychosozialen Krisendienste, in denen Teams aus DiplomFreistaat SACHSEN Die Staatsministerin Durchwahl Telefon +49 351 564-5601 Telefax +49 351 564-5791 Ihr Zeichen Ihre Nachricht vom Aktenzeichen (bitte bei Antwort angeben) 53-0141 .51-15/343 Dresden, /{ Juli 2015 Hausanschrift: Sächsisches Staatsminis terium für Soziales und Verbraucherschutz Albertstraße 1 0 01097 Dresden www.sms.sachsen.de STAATSM1N1STER1UM FÜR SOZIALES UND VERBRAU CHERSCHUTZ ~SACHsEN Psycheloginnen und Sozialpädagoginnen kurzfristig und kostenfrei Beratungstermine ohne Überweisung und Chipkarte anbieten. Hierher können sich sowohl Menschen in suizidaler Krise, deren Angehörige als auch Menschen, die eine nahe stehende Person durch Suizid verloren haben, wenden. Die Beratungen dienen als Erstes der Krisenintervention und der Bewältigung der aktuellen Problematik. Im Weiteren wird auch Unterstützung bei der Suche nach weiterführenden Hilfsmöglichkeiten angeboten. Die Angebote der gemeindepsychiatrischen Versorgung werden jährlich mit 3,5 Mill. € vom Freistaat Sachsen gefördert. Im sächsischen Justizvollzug wurde ein umfangreiches Konzept der Suizidprävention in Form von Standards eingeführt. Diese Standards ermöglichen eine differenzierte Bewertung und Veranlassung von Sicherungsmaßnahmen sowie eine engmaschig persönlichen Betreuung und Behandlung gefährdeter Gefangener. Bei jeder Aufnahme in den Justizvollzug und bei kritischen Ereignissen im Haftverlauf (z.B. bei Verurteilung, Trennung vom Lebenspartner, u. ä.) führen entsprechend fortgebildete Bedienstete ein Screeningverfahren im Rahmen eines ausführlichen Gesprächs mit dem Gefangenen durch. Auf Grundlage des Screenings werden erste vorläufige Maßnahmen eingeleitet. Die weitere Überprüfung der Maßnahmen erfolgt sodann durch die Fachdienste (medizinischer Dienst, psychologischer Dienst, Sozialdienst). Gefangene, die Anpassungsprobleme an die Haftsituation haben, bei denen eine Entzugssymptomatik vorliegt bzw. bei denen Hinweise einer latenten Suizidgefährdung bestehen, werden - sofern deren Einverständnis besteht - gemeinschaftlich untergebracht . Bei festgestellter akuter Suizidgefahr wird der Gefangene nicht mehr allein gelassen . ln besonderen Notfällen wird eine Sitzwache eingeleitet und eine zügige Verlegung in das Justizvollzugskrankenhaus angestrebt Angehörige von Inhaftierten, aber auch andere externe Kontaktpersonen wie Rechtsanwälte oder Betreuer, können wertvolle Hinweise darüber geben, ob ein Gefangener suizidgefährdet ist und einer intensiveren Betreuung bedarf. Deshalb wurden in jeder Justizvollzugsanstalt Angehörigenbeauftragte benannt. ln den Besuchsbereichen sind Informationsplakate ausgehängt, auf denen über diese Ansprechpartner informiert wird. Zur Qualitätssicherung der suizidpräventiven Arbeit wurde vor 5 Jahren eine Landesarbeitsgruppe Suizidprävention (LAG) eingerichtet, an der Mitarbeiter aus jeder sächsischen Justizvollzugsanstalt beteiligt sind. Jährlich wird eine Multiplikatorenschulung angeboten. Diesen Multiplikatoren obliegt die anstaltsinterne Schulung alle Bediensteten des sächsischen Justizvollzugs. Die Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie des Universitätsklinikums C. G. Carus Dresden ist seit vielen Jahren führend auf dem Gebiet der Forschung zur Suizidprävention tätig. Für die von ihr organisierte 41. Herbsttagung der Deutschen Gesellschaft für Suizidprävention "Suizidalität im Kontext psychischer Erkrankungen" vom 6. bis 8. September 2013 in Dresden hat der Freistaat Sachsen Fördermittel in Höhe von 8.854,00 € zur Verfügung gestellt. Darüber hinaus unterstützt der Freistaat Sachsen die regionalen "Bündnisse gegen Depression" in Leipzig und Dresden, in deren Tätigkeit Suizidprävention ein ganz wesentlicher inhaltlicher Schwerpunkt ist. Seite 2 von 5 Frage 4: STAATSMINISTERIUM FÜR SOZIALES UND VERBRAUCHERSCHUTZ ~SACHsEN Welche Präventions-, Früherkennungs-, Beratungs- bzw. Behandlungsangebote gibt es im schulischen Bereich, in der Jugendhilfe, für Menschen mit Migrationshintergrund , für ältere Menschen in Pflegeeinrichtungen? Für die in der Frage genannten Personengruppen können folgende suizidpräventive Angebote benannt werden: 1. Schulischer Bereich Gemäß § 17 Abs. 2 Schulgesetz für den Freistaat Sachsen wird zur Unterstützung der Erziehung und Hilfe bei der Lebensbewältigung der Schüler durch die Eltern und Lehrer eine schulpsychologische Beratung ermöglicht, die schulartübergreifend durch Schulpsychologen mit Hilfe von Beratungslehrern erfolgt und die Schulsozialarbeit einbezieht. Zudem sind für Schüler mit Migrationshintergrund und deren Eltern die an Schulen tätigen Betreuungslehrer wichtige Ansprechpartner. Schulpsychologen und Beratungslehrer werden auf Anforderung von Schülern, Eltern und Lehrern präventiv tätig, wenn Anzeichen für eine Suizidgefährdung bei Schülern signalisiert werden. Die Präventionsarbeit konzentriert sich dabei sowohl auf eine zielgerichtete Beratung von Schülern, Eltern und Lehrern als auch auf die Entwicklung eines guten Schulklimas. Von Schulpsychologen wurde zudem eine Handreichung "Suizidprävention - Handreichung für die Schule" erstellt, die speziell über suizidpräventive Maßnahmen in der Schule informiert. 2. Jugendhilfe Die Kinder- und Jugendhilfe hält verschiedene Maßnahmen zu Vorbeugung von Suizid bei jungen Menschen vor: Lebenskompetenzmaßnahmen, die die Lebenssinnsuche unterstützen, Selbstsicherheit und Konfliktlösungsstrategien vermitteln (beispielsweise das Programm "Starke Eltern - Starke Kinder" des Deutschen Kinderschutzbundes, Landesverband Sachsen e.V. und das Präventionsangebot der Sächsischen Landesvereinigung für Gesundheitsförderung e.V. für Kitas "FREUNDE"), die anonyme und kostenlose Telefonberatung der Telefonseelsorge und des Deutschen Kinderschutzbundes (Kinder- und Jugend-Telefone) sowie die spezifisch auf diese Problematik ausgerichtete online-Beratung [U25] Dresden des Caritasverbandes für das Bistum Dresden-Meißen e.V .. Auch diese Beratung erfolgt anonym und kostenlos. 3. Menschen mit Migrationshintergrund Im Rahmen der Betreuungsmaßnahmen zur Umsetzung der Richtlinie des Sächsischen Staatsministeriums für Soziales und Verbraucherschutz/Geschäftsbereich Gleichstellung und Integration zur Förderung der sozialen Betreuung von FlüchtlinSeite 3 von 5 STAATSM1N1STER1UM FÜR SOZIALES U D VERBRAUCHERSCHUTZ gen in kommunalen Unterbringungseinrichtungen (RL - Soziale Betreuung Flüchtlinge ) vom 8. Juli 2015 kann durch ausgebildete Sozialarbeiter/Sozialpädagogen Flüchtlingen Unterstützung gewährt werden. Dies gilt insbesondere für die Vermeidung und Bewältigung von Konfliktsituationen. Darin ist auch Suizidprävention in schwierigen Lebenssituationen eingeschlossen. 4. Ältere Menschen Allgemein gilt die Pflicht der Pflegeeinrichtungen zur Pflege, Versorgung und Betreuung der Pflegebedürftigen entsprechend dem allgemein anerkannten Stand medizinisch-pflegerischer Erkenntnisse nach § 11 Abs. 1 SGB XI. Laut Landesrahmenvertrag gemäß § 75 Abs. 1 SGB XI zur vollstationären Pflege umfasst der Versorgungsauftrag von stationären Pflegeeinrichtungen auch die soziale Betreuung. Deren Ziel ist unter anderem, Vereinsamung, Apathie, Depression und lmmobilität zu vermeiden. Die im Rahmen der sozialen Betreuung zu erbringenden Leistungen dienen daher insbesondere auch der Bewältigung von Lebenskrisen und der Begleitung Sterbender. Darüber hinaus sind die stationären Pflegeeinrichtungen unter den Voraussetzungen des § 87b SGB XI zur Erbringung zusätzlicher Betreuungsund Aktivierungsmaßnahmen verpflichtet, die das Wohlbefinden, den physischen Zustand oder die psychische Stimmung der betreuten Bewohner positiv beeinflussen können. Mit dem vom Deutschen Bundestag am 18. Juni 2015 verabschiedeten Gesetz zur Stärkung der Gesundheitsförderung und der Prävention (Präventionsgesetz-PrävG) wird mit § 5 SGB XI eine neue Leistung der Prävention in stationären Pflegeeinrichtungen geschaffen. Bisher enthielt§ 5 Abs. 1 SGB XI eine Pflicht der Pflegekassen, bei den zuständigen Leistungsträgern darauf hinzuwirken, dass Leistungen der Prävention, Krankenbehandlung, medizinischen Rehabilitation frühzeitig eingeleitet werden, um den Eintritt von Pflegebedürftigkeit zu vermeiden. Mit dem neuen § 5 sollen die Pflegekassen Leistungen zur Prävention in stationären Pflegeeinrichtungen nach § 71 Abs. 2 für in der sozialen Pflegeversicherung Versicherte erbringen, indem sie Vorschläge zur Verbesserung der gesundheitlichen Situation und zur Stärkung der gesundheitlichen Ressourcen und Fähigkeiten entwickeln sowie deren Umsetzung unterstützen. Frage 5: Wie lang sind derzeit die Wartezeiten für einen Ersttermin beim Psychotherapeuten in Sachsen? Nach einer 2011 durchgeführten Umfrage der Bundespsychotherapeutenkammer zu Wartezeiten in der ambulanten psychotherapeutischen Versorgung beträgt die durchschnittliche Wartezeit auf ein psychotherapeutisches Erstgespräch in Sachsen 13,9 Wochen, im Bundesdurchschnitt 12,5 Wochen. Weitere statistische Daten liegen der Staatsregierung nicht vor. Seite 4 von 5 Freistaat SACHSEN STAATSMI ISTERIUM FÜR SOZIALES UND VERBRAUCHERSCHUTZ Nach jüngster Aussage der Kassenärztlichen Vereinigung Sachsen (KVS) wird die im November vorigen Jahres etablierte zentrale Servicestelle für Facharzttermine in besonderer Weise bezüglich der Vermittlung von Terminen bei Psychotherapeuten tätig. Mit freundlichen Grüßen Anlage Seite 5 von 5 Freistaat SACHSEN Anlage zur Kleinen Anfrage, Drs.-Nr.: 6/2027 C Stauusches Landesamt des Fre1staates Sachsen Anlage zur Kleinen Anfrage, Drs.-Nr .: 6/2027 Suizide in Sachsen 2011 und 2012 nach Altersgruppen und Geschlecht Alter von ... bis Insgesamt Männlich Weiblich unter ... Jahren 2011 2012 2011 2012 2011 2012 absolut unter 15 1 15-20 6 3 5 2 1 1 20-25 23 25 20 18 3 7 25-30 29 25 21 23 8 2 30-35 31 31 24 26 7 5 35-40 24 24 21 20 3 4 40-45 32 40 25 31 7 9 45-50 65 50 53 36 12 14 50-55 59 63 51 47 8 16 55-60 69 50 51 35 18 15 60-65 45 51 40 41 5 10 65-70 59 37 46 27 13 10 70-75 79 67 60 37 19 30 75-80 40 51 27 34 13 17 80-85 50 59 39 42 11 17 85 und mehr 52 69 32 38 20 31 Insgesamt 664 645 516 457 148 188 je 100 000 Einwohner unter 15 0,2 0,4 15 - 20 4,9 2,4 7,9 3, 1 1,7 1,6 20-25 9,3 11,0 15,5 15,3 2,5 6,4 25-30 11,2 9,6 15,4 16,7 6,6 1,6 30-35 12,5 12,2 18,3 19,3 6,0 4,2 35-40 11,0 11,2 18,1 17,5 2,9 4,0 40-45 11,5 14,8 17,2 21,9 5,3 7,0 45-50 19,7 15,5 31,5 21,8 7,4 8,9 50-55 19,0 19,9 32,8 29,5 5,2 10,2 55-60 22,1 16,3 33,1 23, 1 11,4 9,7 60-65 17,8 18,4 32,7 30,5 3,8 7,0 65-70 23,5 16,1 39,3 25,2 9,7 8,2 70-75 26,7 22,5 44,9 27,5 11,7 18,4 75-80 19,8 23,9 31,7 37,4 11,2 13,8 80-85 34,5 40,6 75,4 78,7 11,8 18,5 85 und mehr 45,1 57,5 116,8 129,2 22,7 34,2 Insgesamt 16,4 15,9 26,1 23,0 7,1 9,0 0 Stabstisches Landesamt des Freistaates Sachsen Anlage zur Kleinen Anfrage, Drs.-Nr.: 6/2027 Suizide in Sachsen 2013 nach Altersgruppen und Geschlecht Alter von ... bis Insgesamt Männlich Weiblich unter ... Jahren 2013 absolut unter 15 15-20 7 6 1 20-25 19 17 2 25-30 34 31 3 30-35 33 28 5 35-40 25 18 7 40-45 30 23 7 45-50 56 45 11 50-55 47 37 10 55-60 67 53 14 60-65 62 51 11 65-70 48 37 11 70-75 68 39 29 75-80 63 40 23 80-85 52 36 16 85 und mehr 53 34 19 Insgesamt 664 495 169 je 100 000 Einwohner unter 15 15-20 5,4 9,1 1,6 20-25 9,4 16,2 2,1 25-30 12,9 22,4 2,4 30-35 12,9 20,6 4,2 35-40 11,3 15,3 6,8 40-45 11,7 17,0 5,8 45 - 50 18,1 28,3 7,3 50-55 14,6 22,7 6,3 55-60 22,3 35,7 9,2 60 - 65 21,2 35,9 7,3 65-70 22,2 36,4 9,6 70-75 23,4 29,6 18,2 75-80 27,7 41,1 17,7 80-85 36,3 67,1 17,9 85 und mehr 42,7 107,0 20,6 Insgesamt 16,4 25,0 8,2 0 Stabsbsches Landesamt des Freistaates Sachsen 2015-07-27T14:53:04+0200 GRP: Elektronisches Dokumentations- und Archivsystem Erstellung des Nachweisdokumentes