STAATSMINISTERIUI\4 DER JUSTIZ SACHSISCHES STAATSMINISTERIUM DER JUSTIZ Hospitalstraße 7 101097 Dresden Präsidenten des Sächsischen Landtages Herrn Dr. Matthias Rößler Bernhard-von-Lindenau-Platz 1 01067 Dresden Jahre 2010 bis ersten Hälfte 2015 im Allgemeinen und konkretwie viele Fälle von a) unerlaubtem Anbau von Betäubungsmitteln b) u nerla u bter Herstel lu n g von Betäu bu n gsm ittel n c) unerlaubtem Handel mit Betäubungsmitteln d) u nerlau bter Veräußeru ng von Betä u bu n gsm ittel n e) unerlaubter Abgabe von Betäubungsmitteln f) sonstigem ln-den-Verkehr-Bringen von Betäubungsmitteln g) unerlaubtem Erwerb von Betäubungsmitteln (Tatalternativen nach $ 29 BetäubungsmittelgeseE) wurden, bezogen auf die einzelnen Justizvollzugsanstalten, bekannt? Kleine Anfrage des Abgeordneten Klaus Bartl, Fraktion DIE LINKE Drs.-Nr.: 612118 Thema: Erkenntnisse der Staatsregierung zu Betäubungsmitteldelikten in Justizvollzugsanstalten des Freistaates Sachsen Sehr geehrter Herr Präsident, namens und im Auftrag der Sächsischen Staatsregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage l: Welche Erkenntnisse hat die Staatsregierung zur Entwicklung des Drogenkonsums in den Sächsischen Justizvollzugsanstalten im Zeitraum der Hausanschrrft: Freistaat SACHSEN Der Staatsminister Durchwahl Telefon +49 351 564-1500 Telefax +49 35'1 564-1509 staatsminister@ smj.justiz.sachsen.de* Aktenzelchen (bitte bei Antwort angeben) 10408-KLR-1922t15 Dresden, f,, August 20'15 Sächslsches Staatsmlnisterlum der Justlz Hosp¡talstraße 7 01 097 Dresden Briefpost Í¡ber Deutsche Post 01 095 Dresden www justiz sachsen de/smj Verkehrsverblnd ung: Zu erreichen mit Shaße n ba h nlin¡e n 3,6,7,8,11 Parken und behindertengerechter Zugang über Einfahrt Hospitalstraße 7 .zugang fur eleklronisch signierte sow¡ê fúr verschlûssêlle eleklronische Dokum 6ntê nur über das EleKron¡sche G6richts- und VeMaltungspostfach; nåh€re lnformat¡onen unter w êgvp d6 Seite 1 von 7 STAÀTSIMINìSTERIUM DER JUSTIZ Freistaat SACHSEN Konkrete Zahlen oder Daten zum Betäubungsmittelkonsum von Gefangenen in den Justizvollzugsanstalten liegen der Staatsregierung nicht vor. Die seit dem Jahr 2010 im Rahmen von Durchsuchungsmaßnahmen in den Justizvollzugsanstalten sichergestellten Betäubungsmittel lassen aber in gewissen Grenzen Rückschlüsse auf das Konsumverhalten der Gefangenen zu: Die Fundmengen von Cannabis, Heroin und Ecstasy-Tabletten sind stark rückläufig. Die Fundmengen von Methamphetamin (,,Crystal") bewegen sich nach erheblichen Steigerungen vom Jahr 2010 bis zum Jahr 2012 seit dem Jahr 2013 auf einem ähnlichen Niveau. Auf Grund der weiterhin hohen Kontrolldichte durch die Justizvollzugsbediensteten konnte jedoch die Anzahl der Einzelfunde des aktuell problematischsten Betäubungsmittels Methamphetamin (,,Crystal") in den vergangenen Jahren kontinuierlich gesteigert werden. Gleiches gilt für die Anzahl der Einzelfunde von Cannabis. Einzelheiten können der nachfolgenden Tabelle entnommen werden: Jahr Gannabis ing Crystal/ (Meth-) Amphetamine ing Heroingemisch ing Ecstasy Tabletten Stück Kokain ing 2010 544,04 11,24 68,82 19 4,35 1,502011 632,39 95,35 12,20 12 2012 239,57 147,01 3,70 140 0,00 2013 174,78 83,50 9,25 5 5,50 2014 105,31 78,51 0,77 0 0,00 1. Halbjahr 2015 20,01 33,08 0,04 0 0,56 Jahr Anzahl Einzelfunde Gannabis Anzahl Einzelfunde Grystal/ (Meth-) Amphetamine 162010 67 104 422011 2012 42 53 2013 73 70 782014 87 37 471 . Halbiahr 2015 Seite 2 von 7 STAATSN4INISTERIUM DER JUSTIZ Freistaat SACHSEN Bei den Methamphetamin-Einzelfunden handelt es sich in der Regel um Einzelmengen von weniger als einem Gramm. Die Entwicklung zur Aufbewahrung immer geringerer Mengen durch die Gefangenen dürfte mit dem Wirkungsgrad der Betäubungsmittel zusammenhängen. Das Konsumverhalten mag auch Ergebnis des durch Haftraumkontrollen , körperliche Durchsuchungen mit Entkleidung und durch den Einsatz von sechs Drogenspürhunden im sächsischen Justizvollzug seit dem Jahr 2007 aufgebauten Verfolgungsdrucks sein. Zur Entwicklung des Konsums von Betäubungsmitteln im abgefragten Zeitraum lässt sich allgemein noch folgendes anmerken: Erstmalig im Jahr 2015 bestand bei drei Vorkommnissen in den Justizvollzugsanstalten der Verdacht, das der (Bei-)Konsum von sogenannten Legal Highs (synthetische Cannabinoide oder amphetaminähnlichen Stoffe ) ursächlich für kurzfristig bei den betroffenen Gefangenen aufgetretene erhebliche körperliche Ausfallerscheinungen war. Am 1. Juni 2012ist ein Gefangener der Justizvollzugsanstalt Görlitz infolge des Konsums einer Überdosis von Methamphetamin verstorben. ln den Justizvollzugsanstalten wurden vom Jahr 2010 bis zum 1. Halbjahr 2015 sieben Cannabis-/Hanfpflanzen sichergestellt, hiervon in der Justizvollzugsanstalt Leipzig mit Krankenhaus drei, in der Justizvollzugsanstalt Dresden zwei und in den Justizvollzugsanstalten Görlitz und Zeithain jeweils eine Pflanze. Eine Beantwortung der Frage im Hinblick auf die in der Fragestellung geforderte Unterscheidung der einzelnen Tatbestandsalternativen des $ 29 Abs. 1 ZifÍer 1 Betäubungsmittelgesetz (BtMG) ist nicht möglich. Eine gesonderte Statistik über die in den Sächsischen Justizvollzugsanstalten begangenen Straftaten nach $ 29 BtMG und entsprechend eingeleitete Ermittlungsverfahren wird durch die sächsischen Staatsanwaltschaften nicht geführt. Eine Beantwortung ist auch nicht durch eine Auswertung der Datenbanken der sächsischen Staatsanwaltschaften möglich, da der Tatort, über den eine in einer Justizvollzugsanstalt begangene Straftat recherchiert werden könnte, in den Datenbanken nicht immer erfasst wird. Zudem wird in den Datenbanken nicht immer die jeweilige Tatalternative des S 29 BtMG vermerkt, sondern zum Teil auch lediglich ,,$ 29 BtMG" eingegeben. Daher müssten zumindest all diese Verfahren mit dem Seite 3 von 7 STAATSN/INìSTERIUIM DER JUSTIZ Freistaat SACHSEN Tatvorwurf ,,S 29 BIMG", zu denen kein Tatort angegeben wurde, im Einzelnen händisch ausgewertet und jeweils darauf überprüft werden, ob die Straftat in einer Justizvollzugsanstalt begangen und welche der Tatalternativen des $ 29 Abs. 1 Zitfer 1 BIMG verwirklicht wurde. ln dem abgefragten Zeitraum vom 1. Januar 2010 bis 30. Juni 2015 sind in den Datenbanken der sächsischen Staatsanwaltschaften 56.960 Beschuldigte mit dem Tatvorwurf ,,S 29 BIMG" erfasst, zu denen kein Tatort angegeben wurde. Schon die Auswertung dieser Ermittlungsverfahren ist innerhalb der Antwortfrist mit zumutbarem Aufwand ohne Verlust der Funktionsfähigkeit der Staatsanwaltschaften nicht zu leisten. Gemäß Artikel 51 Absatz 1 Satz 1 der Verfassung des Freistaates Sachsen ist die Staatsregierung verpflichtet, Fragen einzelner Abgeordneter oder parlamentarische Anfragen nach bestem Wissen unvezüglich und vollständig zu beantworten. Bestem Wissen entspricht die Antwort, wenn das Wissen, das bei der Staatsregierung präsent ist, sowie jene lnformationen, die innerhalb der Antwortfrist mit zumutbarem Aufwand zumindest in ihren Geschäftsbereichen eingeholt werden können, mitgeteilt wird (SächsVerfGH, Urteil vom 16. April 1998, Vf. 19-l-97). Vollständig ist die Antwort, wenn alle lnformationen, über die die Staatsregierung verfügt oder mit zumutbarem Aufwand verfügen könnte, lückenlos mitgeteiltwerden (SächsVerfGH, a. a. O.).Zur Vorbereitung der Beantwortung ist eine umfassende Sachverhaltsermittlung vorzunehmen. Diese Sachverhaltsermittlung ist jedoch im Hinblick auf die zeitlichen Vorgaben der Geschäftsordnung des Sächsischen Landtages beschränkt. Bei der Sachverhaltsermittlung kann daher nicht in jedem Fall das Ausschöpfen jeder denkbaren Erkenntnisquelle verlangtwerden (SächsVerfGH, Urteil vom 16. April 1998, a. a. O.). Zur vollständigen Beantwortung der Frage wären - wie oben dargestellt - umfangreiche und zeitaufwendige Recherchen in den Aktenbeständen der sächsischen Staatsanwaltschaften erforderlich. Dabei ist der Zeitaufwand für das Ziehen der Akten aus den Geschäftsstellen und staatsanwaltschaftlichen Archiven, der Aufwand zur Beiziehung versendeter Akten, z. B. von Verteidigern, Gerichten, Sachverständigen und Polizei, das Auswerten der Akten und die schriftliche Dokumentation des gefundenen Ergebnisses zu berücksichtigen. Die Staatsregierung kam daher bei der vorzunehmenden Abwägung zwischen dem parlamentarischen Fragerecht einerseits und der Gewährleistung der Funktionsfähigkeit der Staatsregierung sowie der ihr nachgeordneten ErSeite 4 von 7 STAÀTSIVìNìSTERIUM DER JUSTIZ Freistaat SACHSEN mittlungsbehörden andererseits zu dem Ergebnis, dass eine Beantwortung der Frage auch unter Berücksichtigung des hohen Rangs des parlamentarischen Fragerechts unverhältnismäßig und ohne erhebliche Einschränkung der Strafrechtspflege nicht zu leisten ist. Frage 2: ln wie vielen Fällen wurden im gleichen Zeitraum gegen a) Gefangene, b) Angehörige des Justizvollzugsdienstes. c) Angehörige von Eigen- oder Unternehmerbetrieben und d) zugelassenen bzw. genehmigten Besuchern von Gefangenen und e) anderen anstaltsfremden Personen im Zusammenhang mit Betäubungsmitteldelikten in sächsischen Justizvollzugsanstalten Ermittlungsverfahren eingeleitet und, soweit schon erfolgt, mit welchem Ergebnis abgeschlossen? ln zwei Fällen wurden gegen Justizvollzugsbedienstete im Zusammenhang mit Betäubungsmitteldelikten in sächsischen Justizvollzugsanstalten Ermittlungsverfahren eingeleitet . ln einem Fall erfolgte eine Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von zweieinhalb Jahren. ln einem weiteren Fall wurde die Anklage der Staatsanwaltschaft zur Hauptverhandlung zugelassen; das Strafverfahren ist noch nicht abgeschlossen. lm Übrigen ist eine Beantwortung der Frage nicht möglich, da eine gesonderte Statistik über die in den Sächslschen Justizvollzugsanstalten begangenen Straftaten nach $ 29 BtMG und diesbezüglich eingeleitete Ermittlungsverfahren durch die sächsischen Staatsanwaltschaften nicht geführt wird und entsprechende Verfahren auch nicht in den Datenbanken der sächsischen Staatsanwaltschaften recherchiert werden können (vgl. die Ausführungen zu Frage 1). Die zu Frage 1 genannten Verfahren müssten daher zusätzlich noch daraufhin überprüft und ausgewertet werden, ob sich die in Frage kommenden Verfahren im Einzelnen gegen den in Frage 2 genannten Personenkreis richten. Dies ist innerhalb der Antwortfrist mit zumutbarem Aufwand ohne Verlust der Funktionsfähigkeit der Staatsanwaltschaften nicht zu leisten. Zur Begründung wird auf die Ausflrhrungen zu Frage 1 Bezug genommen. Seite 5 von 7 STAÀTS[/INISTERIUM DER JUSTIZ Freistaat SACHSEN Frage 3: Welche Erkenntnisse hat die Staatsreg¡erung zu Wegen der Einbringung von Betäu bu n gsm ittel n i n J ustizvollzu gsanstalten des Freistaates Sachsen? Betäubungsmittel werden insbesondere bei der Besuchsdurchführung, bei der Rückkehr Gefangener von unbeaufsichtigten Lockerungen sowie durch Überwürfe über die Außensicherung in die Justizvollzugsanstalten eingebracht. Zudem führen in Einzelfällen Gefangene bei ihrer Aufnahme Betäubungsmittel mit sich. Daneben wird auch versucht , Betäubungsmittel über - zum Teil unzutreffend als Verteidigerpost gekennzeichnete - Briefe an die Gefangenen in die Anstalt einzubringen. Ferner haben Justizvollzugsbedienstete in den zu Frage 2 benannten Einzelfällen Betäubungsmittel in die Justizvollzugsanstalt geschmuggelt. Der Waren- und Paketverkehr in die Justizvollzugsanstalten ist schließlich auch eine mögliche Quelle des Einbringens von Betäubungsmitteln . Frage 4: Wie viele Drogentests wurden im Jahre 2014, im ersten Halbjahr 2015 in Justizvollzugsanstalten des Freistaates Sachsen durchgeführt und wie viele hiervon erbrachten ein positives Ergebnis? Frage 5: Wie viele Drogentests wurden im Jahre 2014, im ersten Halbjahr 2015 in Justizvollzugsanstalten des Freistaates Sachsen durchgeführt und wie viele hiervon erbrachten ein positives Ergebnis? Zusammenfassende Antwort auf die Fragen 4 und 5: Der Anstaltsleiter kann zur Aufrechterhaltung der Sicherheit oder Ordnung allgemein oder im Einzelfall Maßnahmen zum Nachweis des Konsums von Suchtmitteln anordnen . lm Jahr 2Q14 wurden 4.645 Betäubungsmitteltests durchgeführt, von denen 979 positiv ausfielen. lm ersten Halbjahr 2015 wurden 2.684 Betäubungsmitteltests durchgeführt , von denen 490 einen positiven Befund aufwiesen. Seite 6 von 7 STAATSMINìSTERIUM DER JUSTIZ Freistaat SACHSEN Ein statistisch nicht erfasster Teil der Tests wird im Rahmen der Aufnahme von Gefangenen in die Justizvollzugsanstalten durchgeführt. Positive Testbefunde im Aufnahmeverfahren lassen auf einen Betäubungsmittelkonsum vor der Festnahme und Zuführung zur Justizvollzugsanstalt schließen. Mit freundlichen Grüßen Sebastian Gemkow Seite 7 von 7 2015-08-06T15:08:19+0200 GRP: Elektronisches Dokumentations- und Archivsystem Erstellung des Nachweisdokumentes