STAATSMINISTERIUM DES INNERN SÄCHSISCHES STAATSMINISTERIUM DES INNERN 01095 Dresden Präsidenten des Sächsischen Landtages Herrn Dr. Matthias Rößler Bernhard-von-Lindenau-Platz 1 01067 Dresden Kleine Anfrage des Abgeordneten Valentin Lippmann, Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drs.-Nr.: 6/238 Thema: Ausländerfeindliche Äußerungen durch Polizeibedienstete Sehr geehrter Herr Präsident, den Fragen sind folgende Ausführungen vorangestellt: „Die Chemnitzer ,Freie Presse' berichtete am 10. November 2014 über die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Zwickau gegen einen leitenden Kripo-Beamten wegen ausländerfeindlicher Äußerungen in dienstinternen E-Mails. Der Beamte sei vom Dienst suspendiert und ein Disziplinarverfahren eingeleitet worden.“ Namens und im Auftrag der Sächsischen Staatsregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Wie stellt sich der Vorfall aus Sicht der Staatsregierung dar? Das Sächsische Staatsministerium des Innern, Abteilung 3 - Öffentliche Sicherheit und Ordnung, Landespolizeipräsidium -, wurde am 7. November 2014 über den Vorfall informiert. Die Sachverhaltsschilderung entsprach den Angaben des in der Vorbemerkung durch den Fragesteller in Bezug genommenen Artikels, wie er auch gegenüber der Freien Presse von Herrn Polizeipräsident Johannes Heinisch bestätigt wurde. Von weiteren Angaben wird abgesehen, da die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen noch andauern. Zur Vorbereitung einer Entscheidung im sachgleichen Disziplinarverfahren wurde mit der weiteren Aufklärung des Sachverhalts ein Bediensteter einer anderen Polizeidienststelle beauftragt. Frage 2: Wie viele solcher oder ähnlicher Verfahren (Ermittlungs- oder Disziplinarverfahren) wegen ausländerfeindlicher oder antisemitischer Äußerungen wurden in den vergangenen drei Jahren gegen Bedienstete oder Angestellte des öffentlichen Dienstes aufgrund welcher Anzeige (intern oder von Betroffenen) eingeleitet und mit welchem Ergebnis abgeschlossen? Freistaat ||| SACHSEN Der Staatsminister Aktenzeichen (bitte bei Antwort angeben) 12-0141.51/7415 Dresden, f . Dezember 2014 Hausanschrift: Sächsisches Staatsministerium des Innern Wilhelm-Buck-Str. 2 01097 Dresden Telefon +49 351 564-0 Telefax +49 351 564-3199 www.smi.sachsen.de Verkehrsanbindung: Zu erreichen mit den Straßenbahnlinien 3, 6, 7, 8, 13 Besucherparkplätze: Bitte beim Empfang Wilhelm-Buck-Str. 2 oder 4 melden. STAATSTVHTNISTERIIJIVI DES INNERN Freistaat SACH SEIN Frage 3: Wie viele sonstige Verfahren wegen anderer (welcher?) diskriminierenden Äußerungen wurden in den vergangenen drei Jahren gegen Bedienstete oder Angestellte des öffentlichen Dienstes aufgrund welcher Anzeige (intern oder von Betroffenen) eingeleitet und mit welchem Ergebnis abgeschlossen? Zusammenfassende Antwort auf die Fragen 2 und 3: Zur Beantwortung der Fragen wird auf die Anlagen verwiesen. Der Begriff der Disziplinarverfahren wurde unter Berücksichtigung des Fragekontextes weit ausgelegt. In die Erfassung einbezogen wurden dementsprechend auch Verfahren, welche die Kündigung von Arbeitsverhältnissen bzw. die Erteilung einer Abmahnung gegenüber Arbeitnehmern zum Gegenstand haben. Bezüglich des Fragebereichs der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren wird darauf hingewiesen, dass Verfahren, die ausländerfeindliche, antisemitische oder sonstige diskriminierende Äußerungen von Bediensteten außerhalb der Dienstzeiten zum Gegenstand haben, nicht gesondert erfasst werden. Aus diesem Grund konnten diese auch nicht gesichtet und in die Anlagen aufgenommen werden. Darüber hinausgehend ist nicht auszuschließen, dass Ermittlungsverfahren, die ebenfalls ausländerfeindliche, antisemitische oder sonstige diskriminierende Äußerungen zum Gegenstand haben, nicht unter den Tatvorwürfen der Beleidigung oder Volksverhetzung, sondern unter einem anderen Tatvorwurf erfasst worden und deshalb in den Anlagen ebenfalls nicht enthalten sind. Bedienstete der kommunalen Gebietskörperschaften wurden bei der Beantwortung der Fragen 2 und 3 nur in Bezug auf den Fragebereich der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren berücksichtigt. Zur Anzahl der bei den kommunalen Gebietskörperschaften eingeleiteten bzw. abgeschlossenen disziplinär- bzw. arbeitsrechtlichen Verfahren liegen der Sächsischen Staatsregierung keine Erkenntnisse vor. Entsprechende Verfahren betreffen den Bereich des kommunalen Personalwesens. Das Personalwesen regeln die Kommunen als Teil ihres verfassungsrechtlich garantierten Selbstverwaltungsrechts eigenverantwortlich im Rahmen der Gesetze. Die Kommunen unterliegen im Bereich ihres Selbstverwaltungsrechts ausschließlich einer staatlichen Rechtsaufsicht. Soweit parlamentarische Anfragen das kommunale Selbstverwaltungsrecht betreffen, kann die Sächsische Staatsregierung nur solche Erkenntnisse angeben, die ihr im Rahmen der Ausübung der Rechtsaufsicht über die Kommunen bekannt geworden sind. Die Sächsische Staatsregierung ist jedoch nicht verpflichtet, sich die zur Beantwortung von parlamentarischen Anfragen notwendigen Erkenntnisse durch eine Abfrage bei den Kommunen zu verschaffen. Mangels Hinweisen auf Rechtsverletzungen bestand bislang kein Anlass, diesbezüglich Rechtsaufsicht über das kommunale Personalwesen auszuüben. Insofern liegen der Sächsischen Staatsregierung auch keine sachdienlichen Erkenntnisse zur Beantwortung der Fragen 2 und 3 für den Fragebereich der disziplinär- bzw. arbeitsrechtlichen Verfahren vor. Frage 4: Welche konkreten Maßnahmen wurden außer den Ermittlungs- und Disziplinarverfahren getroffen, damit sich solche Vorfälle nicht wiederholen? Seite 2 von 3 STAATSMINISTERIUM des mmm Freistaat SACHSEIN Frage 5: Welche konkreten Maßnahmen trifft die Staatsregierung, um ausländerfeindliche, antisemitische oder sonstige diskriminierende Äußerungen durch Beamte und Angestellte des öffentlichen Dienstes zu unterbinden? Zusammenfassende Antwort auf die Fragen 4 und 5: Bezogen auf das in der Vorbemerkung geschilderte Vorkommnis hat die zuständige Polizeidirektion zeitnah eine Telefonkonferenz mit den Leitern der Polizeireviere und Inspektionen durchgeführt und nochmals eindringlich auf die Pflicht zur konsequenten Umsetzung des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetztes sowohl innerdienstlich als auch im Verhältnis zwischen Polizei und Bürgern hingewiesen. In den Polizeidienststellen werden derartige Sachverhalte auch aus Bereichen außerhalb des öffentlichen Dienstes bei deren Bekanntwerden grundsätzlich im Rahmen der Dienst- und Fachaufsicht mit den Leitern der Organisationeinheiten ausgewertet. Durch diese erfolgt dann die Auswertung in den Organisationseinheiten im Rahmen von Dienstberatungen und bei Schulungstagen. Im Übrigen werden die Beamten und die Beschäftigten bei ihrer Ernennung/Einstellung regelmäßig über die ihnen obliegenden Dienstpflichten belehrt. So müssen sich Beamte gemäß § 33 Abs. 1 Satz 3 des Beamtenstatusgesetzes und Bedienstete gemäß § 3 Abs. 1 Satz 2 des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst der Länder durch ihr gesamtes Verhalten zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes bekennen und für ihre Erhaltung eintreten. Zu den grundlegenden Prinzipien der freiheitlichen demokratischen Grundordnung zählen insbesondere die Achtung vor der Menschenwürde, vor den im Grundgesetz konkretisierten Menschenrechten, namentlich vor dem Recht auf Leben und freie Entfaltung der Persönlichkeit, sowie vor dem verfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgebot (Art. 1 ff. des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland, Art. 14 ff. der Verfassung des Freistaates Sachsen). Die Wahrnehmung der Aufgaben der öffentlichen Verwaltung in einem Klima des Respekts und der Achtung unterschiedlicher Nationalitäten, Religionszugehörigkeiten und Kulturen wird zudem durch die dienstliche Fortbildung gefördert. So wird seitens der Akademie für öffentliche Verwaltung des Freistaates Sachsen (AVS) ein Web-based-Training sowie ein Hand-Out zum Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz angeboten. Außerdem enthält der aktuelle Fortbildungskatalog der AVS umfangreiche Seminare zum Thema „Interkulturelle Kompetenz“. In diesem Zusammenhang erfährt die Sensibilisierung der Führungskräfte besondere Aufmerksamkeit. Im Rahmen der Dienstrechtsneuordnung wurde in § 23 des Sächsischen Beamtengesetzes die Fortbildung für Führungskräfte erstmalig kodifiziert. § 23 Abs. 2 der Sächsischen Laufbahnverordnung konkretisiert hierzu den zeitlichen Umfang der weiterführenden Führungskräftefortbildung mit 150 Stunden und benennt als einen Themenschwerpunkt die interkulturelle Kompetenz. Daneben befassen sich drei der zehn Mo-dule/der ressortübergreifenden Führungskräftefortbildung „Kompetent führen von Anfang an“ jrnit Fragen der interkulturellen Kompetenz, der Europäischen Union und der länder-übejfgrejfenden Landesplanung. Mit freundlichen Grüßen []' ! Markus Ulbig Anlagen: Seite 3 von 3 Anlage 1 Kleine Anfrage 6/238 zu Frage 2 - Teilbereich Disziplinarverfahren Eingeleitete Disziplinarverfahren gegen Bedienstete des öffentlichen Dienstes wegen ausländerfeindlicher oder antisemitischer Äußerungen im Zeitraum vom 12. November 2011 bis zum 11. November 20141) Eingeleitete Verfahren darunter abgeschlossene Verfahren Anzahl gesamt davon aufgrund von internen Hinweisen Hinweisen Betroffener Anzahl Ergebnis 4 2 2 1 Kündigung und Beendigung des Arbeitsverhältnisses 1 Ermahnung des Arbeitnehmers 1) Als Disziplinarverfahren im Sinne der Frage 2 zählen auch Verfahren, welche die Kündigung von Arbeitsverhältnissen bzw. die Erteilung einer Abmahnung gegenüber Arbeitnehmern zum Gegenstand haben. Anlage 2 Kleine Anfrage 6/238 zu Frage 2 - Teilbereich staatsanwaltschaftliche Ermittlungsverfahren Eingeleitete staatsanwaltschaftliche Ermittlungsverfahren gegen Bedienstete des öffentlichen Dienstes wegen ausländerfeindlicher oder antisemitischer Äußerungen im Zeitraum vom 12. November 2011 bis zum 11. November 2014 Eingeleitete Verfahren darunter abgeschlossene Verfahren Anzahl gesamt davon aufgrund von1* internen Anzeigen Anzeigen Betroffener Anzahl Ergebnis 6 1 3 5 Einstellung gemäß § 170 Abs. 2 StPO 11 Zwei Ermitlungsverfahren wurden aufgrund von Anzeigen Dritter eingeleitet. Anlage 3 Kleine Anfrage 6/238 zu Frage 3 - Teilbereich Disziplinarverfahren Eingeleitete Disziplinarverfahren gegen Bedienstete des öffentlichen Dienstes wegen anderer (nicht von Frage 2 erfasster) diskriminierender Äußerungen im Zeitraum vom 12. November 2011 bis zum 11. November 20141f Anzahl Eingeleitete Verfah Art der diskriminierenden Äußerung ren davon aul internen Hinweisen Fgrund von Hinweisen Betroffener Anzahl darunter abgeschlossene Verfahren Ergebnis 1 frauenfeindliches Verhalten 0 1 0 Das Verfahren ist noch anhängig. Der Beamte ist vorläufig des Dienstes enthoben. 1 Herabwürdigung von Menschen mit dunkler Hautfarbe 1 0 1 Verweis 1 Beleidigung von Polizeibeamten 1 0 0 1) Als Disziplinarverfahren im Sinne der Frage 3 zählen auch Verfahren, welche die Kündigung von Arbeitsverhältnissen bzw. die Erteilung einer Abmahnung gegenüber Arbeitnehmern zum Gegenstand haben. Anlage 4 Kleine Anfrage 6/238 zu Frage 3 - Teilbereich staatsanwaltschaftliche Ermittlungsverfahren Elngelaltete staatsanwaltschaftliche Ermittlungsverfahren gegen Bedlsnstetedes öffentlichen Dienstes > Eingeleitete Verfahren darunter abgeschlossene Verfahren Art der ^skrtminlerenden ,nterne|| Anzeigen 9 Anzeigen Betroffener AnzaW Ergebnis 38 Verfahrensbezogene Anzeigen 0 38 33 Einstellung gemäß § 152 Abs. 2 bzw. § 170 Abs. 2 StPO gegen Angehörige der sächsischen Justiz einschließlich 4 Einstellung gemäß §§ 374, 376 StPO des Strafvollzugs ^ Abgabe iS Verfahrensbezogene Anzeigen o 68 58 Einstellung gemäß § 152 Abs. 2 bzw. § 170 Abs. 2 StPO gegen Deuiensieie uer ~—* -——————~ ~ — — sächsischen Polizei 4 Einstellung gemäß §§ 374,376 StPO 42 Verfahrensbezogene Anzeigen 0 42 35 Einstellung gemäß § 152 Abs. 2 bzw. § 170 Abs. 2 StPO ffpfiAn RpHipn^tptp Hpr _ _ _ _ Cr11 UCUiCI lölCrtA? Ud — — — — — Verwaltung des Freistaates und 5 Einstellung gemäß §§ 374,376 StPO der sächsischen Kommunen, der Hochschulen und Schulen im Freistaat, der örtlichen Jlobcenter und der sonstigen öffentlichen ^ Abgabe Einrichtungen der Kommunen und des Freistaates Anmerkung: Von den angegebenen Ermittlungsverfahren wurden 76 Verfahren wegen des Verdachts der Beleidigung, 24 Verfahren wegen des Verdachts der üblen Nachrede und 48 Verfahren wegen des Verdachts der Verleumdung geführt.