STAATSMìNìSTERìUI\4 FÜR UMWELT UND LANDWìRTSCHAFT SACHSISCHES STMTSMINISTERIUM FÜR UMWELT UND LANDWIRTSCHAFT Postfåch 100510 I 01076Dresden Präsidenten des Sächsischen Landtages Herrn Dr. Matthias Rößler Bernhard-von-Li ndena u-Platz 1 01067 Dresden Kleine Anfrage des Abgeordneten Wolfram Günther, Fraktion BUNDNIS 90/D¡E GRUNEN Drs.-Nr.: 612462 Thema: Auswirkungen der Brandereignisse durch zwei Explosionen in grenznaher tschechischer Ghemiefabrik Litvinov in den sächsischen Landkreisen Erzgebirgskreis, Mittelsachsen, Sächsische Schweiz-Osterzgebi rge Sehr geehrter Herr Präsident, namens und im Auftrag der Sächsischen Staatsregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage l: Wie stellen sich die Auswirkungen des Ghemieunfalls auf Sachsen aus Sicht der sächsischen Staatsregierung dar und welche Konsequenzen im behördlichen Umgang mit dem Nachbarland ergeben sich für die Staatsregierung? Maßgebliche Rechtsgrundlage für die grenzüberschreitende Zusammenarbeit bei lndustrieunfällen ist das Übereinkommen vom 17. März 1992 über die grenzüberschreitenden Auswirkungen von lndustrieunfällen (UNECEÜbereinkommen ). Das Übereinkommen verpflichtet unter anderem die Bundesrepublik Deutschland und die Tschechische Republik auf die Verhütung und Begrenzung von lndustrieunfällen, die grenzüberschreitende Auswirkungen haben können, hinzuwirken. Darüber hinaus sind beide Staaten verpflichtet, sich gegenseitig unvezüglich über lndustrieunfälle, die grenzüberschreitende Auswirkungen haben können, zu informieren. Freistaat SACHSEN Der Staatsminister Durchwahl Telefon +49 351 564-2000 Telefax +49 351 564-2009 poststelle@ smu l.sachsen.de* lhr Zeichen PD 2-2012 Pal{o lhre Nachricht vom 1 9. August 201 5 Aktenzeichen (bitte bei Antwort angeben) z-0141.50t19t4965 Dresden, ,/(. o3 - 2o r{ TANDESGARTENSCHAU oEr.sNrlz/ERzGEBrror 2015 Hausanschrift: Sächsisches Staatsministerium für Umwelt und Landwirtschaft Archivstraße 1 01097 Dresden www smul sachsen de Verkehrsverbindung: Zu erreichen mit den Straßenbahnlinien 3, 6, 7, 8, 13 Für Besucher m¡t Behinderungen bef¡nden sich gekennzeichnete Parkplätze am Kön¡gsufer. Für alle Besucherparkplätze gilt: B¡tte beim Pfortendienst melden * Kein Zugang firr elektronisch sign¡erte sow¡e für verschlüsselte elektronische Dokumente -c! Seite 1 von 5 STÀATSI\4ìNISTERIUM FÜR UMWELT UND LANDWIRTSCHAFT Freistaat SACHSEN5 Zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Tschechischen Republik wurde eine Arbeitsgruppe (AG) zur Umsetzung des UNECE-Übereinkommens über die grenzüberschreitenden Auswirkungen von lndustrieunfällen eingerichtet. Das Sächsische Staatsministerium für Umwelt und Landwirtschaft hat sich an das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit mit der Bitte gewandt, aus Anlass des Ereignisses in Litvinov unverzüglich die noch ausstehende Sitzung bei den tschechischen Kollegen einzufordern. Dabei soll insbesondere das Funktionieren der eingerichteten Meldewege näher überprüft und besprochen werden. Frage 2= Welche Schadstoffe wurden in welcher Konzentration in Sachsen in der Luft sowie durch ausgetretenes Löschwasser in der Elbe gemessen und welche Gefahr ging und geht noch von ihnen aus? Die Messwerte der im Rahmen der Luftüberwachung nach 39. Verordnung zum Bundes-lmmissionsschutzgesetz (Verordnung über Luftqualitätsstandards und Emissionshöchstmengen ) untersuchten Schadstoffe (Benzol, Toluol, Xylol, Schwefeldioxid, Stickoxide, Feinstaub PM10) sowie Ruß und Ultrafeine Partikel lagen am 13. und 14. August 2015im ganzen Freistaat Sachsen innerhalb der üblichen Schwankungen und lassen keinen sichtbaren Einfluss des Brandereignisses in Litvinov erkennen . Europäische Grenzwerte und Alarmschwellen wurden sicher eingehalten. Es gab sehr hohe Ozonwerte mit Uberschreitungen der lnformationsschwelle von 180 pg/m3, deren Ursache die anhaltende Hitzeperiode war und die nicht mit der Havarie in Verbindung stehen (betroffene Stationen: Fichtelberg, Carlsfeld und Schwartenberg ). Die nächsten sächsischen Messstellen zur Beurteilung der Luftqualität sind: Messstelle Richtung zum Havarieort Entfernung Gemessene Schadstoffe Schwartenberg (nächstgelegene Station) Süd-Ost ca.12km Stundenwerte NO", SO2, 03, PM,n, Benzol Tageswerte PMle und lnhaltsstoffe (Schwermetalle, PAK) Annaberg Ost ca. 50 km NOx, Ruß, Ultrafeine Partikel Seite 2 von 5 STAATSIVIìNISTERìUM FÜR UMWELT UND LANDWIRTSCHAFT Freistaat SACHSEN5 Die nachfolgende Tabelle gibt eine Übersicht zu den gemessenen Maximalwerten am 13. August 2Q15: Auch an anderen Stationen und am Folgetag gab es keine Auffälligkeiten in den Messwerten der Luftmessstationen. Die Auswertung weiterer Luftschadstoffe wie PM10- lnhaltsstoffe (Schwermetalle, Polyzyklische Kohlenwasserstoffe), Staubniederschlag und seine lnhaltsstoffe (Schwermetalle) und Nasse Deposition können erst nach den Analysen im Labor in circa drei bis vier Wochen erfolgen. Für Ruß und Ultrafeine Partikel gibt es keine europäischen Grenzwerte entsprechend der EU-Richtlinie 2008/50/EG über Luftqualität und saubere Luft für Europa. Das Sächsische Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie (LfULG) hat eine lufthygienische Auswertung der grenznahen Luftmessstationen im Vergleich zu anderen sächsischen Luftmessstationen und Einbeziehung der tschechischen Luftmessstationen zwischen dem 12. und 14. August 2015 im lnternet veröffentlichtl. Durch das ausgetretene Löschwasser wurden in der Elbe keine über die elbetypischen Schwankungen hinausgehenden veränderten Konzentrationen gemessen. Das LfULG wurde am 13. August 2015 über den lnternationalen Warn- und Alarmplan Elbe der IKSE im Rahmen einer SOS - Elbe Meldung von der tschechischen Seite über den Chemieunfall in Litvínov informiert. Die tschechische Seite ging von Anfang an davon aus, dass der sächsische Abschnitt der Elbe nicht betroffen sein wird, da das Löschwasser zunächst in die Bílina, einen Nebenfluss der Elbe gelangt ist und dort ausreichende Maßnahmen zur Rückhaltung ergriffen wurden. Idf Schadstoff Station Maximaler Stundenwert am 13.8.2015 Bemerkung Benzol Schwartenberg 0,64 pg/m3 Jahresgrenzwert: 5 trrg/m3 Noz Schwartenberg 11 pg/m3 Stundengrenzwert: 200 pg/m" (bei 18 zulässigen Überschreitunoen ) SOz Schwartenberg 12pglm' Stundengrenzwert: 350 pg/m3 (bei 24 zulässigen Überschreitunoen ) PMlO Schwartenberg 41pglm" Tagesgrenzwert: 50 trrg/m' (bei 35 zulässigen Überschreitunqen ) Ruß Annaberg 1,54 pg/m3 Kein Grenzwert Seite 3 von 5 STAATSMINISTERìUM FÜR UMWELT UND LANDWìRTSCHAFT Freistaat SACHSEN Ungeachtet dessen wurde vorsorglich die Gewässergütemessstation in Schmilka zusätzlich übenruacht. Es kam zu keiner Zeit zu einer Überschreitung der behördenintern festgelegten Schwellenwerte für die Online-Parameter der Messstation. Zusätzlich wurden die Tagesmischproben vom 14., 15. und 16. August 2015 einem Screening auf auffällige org anische I nhaltsstoffe u nterzogen. Die Untersuchungen wurden durch das Umweltlabor der Staatlichen Betriebsgesellschaft für Umwelt und Landwirtschaft durchgeführt. Dabei wurden unter anderem bromierte Diphenylether, die Bestandteile von Flammschutzmitteln sein können sowie die Polycyclischen aromatischen Kohlenwasserstoffe bestimmt. Alle Ergebnisse befanden sich in elbetypischen Konzentrationsbereichen. Frage 3: Welche Ausbreitungscharakteristika hatte die Schadstoffwolke (Bitte um Darstellung der zeitlichen und räumlichen Ausbreitung der Wolke auf einer Karte mit Angabe der Messpunkte und Messergebnisse)? Zur Ausbreitungsgeschwindigkeit und Gefährlichkeit der Rußwolke wurden von der tschechischen Seite keine lnformationen bereitgestellt, da diese nicht von einem grenzüberschreitenden Ereignis ausging. Ungeachtet dessen wurde aus Vorsorgegründen vom LfULG mit einem frei im lnternet verfügbaren Modell zur Luftmassenbewegung Vorwärtstrajektorien für Luftmassen mit Startpunkt Litvinov und Startzeit 9 Uhr berechnet (Berechnungen für 12 Uhr zeigen einen ähnlichen Verlauf). Luftmassen aus dem Havariegebiet verlagerten sich westwärts und überqueren den Süd-Westen des Freistaates Sachsen. Die Darstellung bietet einen groben Anhaltspunkt für die Ausbreitungscharakteristik und ist in der Anlage beigefügt. Frage 4: Welche Staubniederschlagsmessungen im Bereich der Rauchwolke und welche Schadstoffmessungen wurden in den Rußabsetzungen auf sächsischer Seite angeordnet (Bitte um Angabe der Messpunkte und Analyseergebnisse, sollte die Messungen nicht durchgeführt worden sein, bitte um plausible Begründung)? lm sächsischen Luftmessnetz zut Umsetzung der 39. Bundeslmmissionsschutzverordnung (BlmSchV) wird routinemäßig Staubniederschlag an13 Messstellen erfasst (Messpunkte siehe lmmissionsbericht 2014 unter . Davon liegt kein Messpunkt in der in Anlage dargestellten Zugbahn. Staubniederschlagsmessungen sind nicht Gegenstand der EU-Richtlinie 2008/50/EG über Luftqualität und saubere Luft für Europa. Der Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge hat keine Messungen in Auftrag gegeben. Der Erzgebirgskreis teilte mit, dass am Nachmittag des 13. August 2015 aufgrund von Beschwerden von Bürgern aus Olbernhau bezüglich Niederschlag von Ruß in Flockenform auf einer Wasseroberfläche durch das Referat Umwelt umgehend ein akkreditiertes Labor mit der Probenahme beauftragt wurde. Seite 4 von 5 STAATSMINISTERìUM FÜR UMWELT UND LANDWìRTSCHAFT Freistaat SACHSEN5 Beim Eintreffen der Labormitarbeiter vor Ort gegen ca. 17:30 Uhr wurde durch diese registriert, dass eine qualifizierte Probenahme von Rußpartikeln nicht möglich war. Der Landkreis Mittelsachsen teilte mit, dass Staubniederschlagsmessungen im Auftrag des Landkreises nicht erfolgt sind. ,,Rußabsetzungen" sind nicht bekannt geworden. Es wurden Messfahrten des Erkundungszuges der Feuerwehr in grenznahen Bereichen des Landkreises Mittelsachsen durchgeführt. Erhöhte Schadstoffkonzentrationen in der Luft wurden dabei mit den vorhandenen Messvefahren nicht festgestellt. Frage 5: Wie viele Bürger aus welchen Orten beklagten sich während und nach dem Brand über Gesundheitsbeeinträchtigungen (Bitte um Auflistung mit Benennung der genauen Beschwerden)? Nach Auskunft des Gesundheitsamtes des Erzgebirgskreises rief eine Bürgerin aus Wolkenstein in der Leitstelle des Erzgebirgskreises an und beklagte einen pelzigen Geschmack. ln den Landkreisen Mittelsachsen und Sächsische Schweiz-Ostezgebirge wurden keine Gesundheitsbeeinträchtigungen gemeldet. Mit freundlichen Grüßen as Schmidt Anlage: 1 Seite 5 von 5 Anlage Abbildung 1: Vonivärtstrajektorien mit Startpunkt Litvinov und Startzeit 9 Uhr(Quelle: , abgerufen am 18.8.2015); NOAA = National Oceanic and Atmospheric Association (gehört zur NASA der USA) l¡¡ q rft æúr ct rô IE * s 5Þ l2 It 06 00fl+ I I 2015-09-17T15:52:12+0200 GRP: Elektronisches Dokumentations- und Archivsystem Erstellung des Nachweisdokumentes