2014/37987 STAATSMINISTERIUM FÜR UMWELT UND LANDWIRTSCHAFT Freistaat SACH SEIN Der Staatsminister SÄCHSISCHES STAATSMINISTERIUM FÜR UMWELT UND LANDWIRTSCHAFT Postfach 10 0510 | 01076 Dresden Präsidenten des Sächsischen Landtages Herrn Dr. Matthias Rößler Bernhard-von-Lindenau-Platz 1 01067 Dresden Kleine Anfrage des Abgeordneten Wolfram Günther, Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drs-Nr.: 6/255 Thema: Nicht rechtmäßig umgewandelte LPGen in Sachsen Durchwahl Telefon +49 351 564-2000 Telefax +49 351 564-2009 poststeile® smul.sachsen.de* Ihr Zeichen PD 2-2012 Pa/Ho Ihre Nachricht vom 13. November 2014 Aktenzeichen (bitte bei Antwort angeben) Z-0141.50/19/4741 Sehr geehrter Herr Präsident, den Fragen sind folgende Ausführungen vorangestellt: „Laut Antwort der Staatsregierung auf eine Kleine Anfrage (Drs. 5/13885) befanden sich im März 2014 noch 30 Landwirtschaftsbetriebe in unterschiedlichen Stadien von Nachzeichnungslösungen. Alle anderen noch existenten LPG-Nachfolger wurden demzufolge rechtskonform umgewandelt. Daraus ergeben sich folgende Fragen, insbesondere zur BUDISSA Agrarprodukte AG, in deren Fall trotz Verurteilung des Geschäftsführers der Liquidatorin der LPG (P) Niederkaina i.L. durch den Beschluss des AG - Landwirtschaftsgericht - Bautzen vom 31.07.2012, AZ: 30 XV 11/10, dieser sich weigert, die zur Rückführung des bäuerlichen Vermögens notwendigen Unterlagen vorzulegen. Somit wird die Vermögensauseinandersetzung in diesem konkreten Fall bis heute boykottiert.“ Namens und im Auftrag der Sächsischen Staatsregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkung: Zu dem hier angesprochenen Einzelfall des Umwandlungsfehlschlages wurde durch den Bundesgerichtshof (BGH) und durch eine Reihe von zivilgerichtlichen und registergerichtlichen Entscheidungen auf Ebene des Oberlandesgerichts Dresden (OLG) und des Amtsgerichts Bautzen (AG) rechtskräftig entschieden. Zum nicht rechtskräftigen Verfahren des Amtsgerichts Bautzen (AZ: 30 XV 11/10) kann wegen etwaiger Vorgreiflichkeit nicht näher Stellung genommen werden, da dieses Gegenstand eines derzeit noch laufenden Rechtsbehelfsverfahrens vor dem OLG Dresden ist. Seite 1 von 5 Dresden, Jetzt 0 schalten in Sachi'i-n Hausanschrift: Sächsisches Staatsministerium für Umwelt und Landwirtschaft Archivstraße 1 01097 Dresden www.smul.sachsen.de Verkehrsverbindung: Zu erreichen mit den Straßenbahnlinien 3, 6, 7, 8, 13 Für Besucher mit Behinderungen befinden sich gekennzeichnete Parkplätze am Königsufer. Für alle Besucherparkplätze gilt: Bitte beim Pfortendienst melden. * Kein Zugang für elektronisch signierte sowie für verschlüsselte elektronische Dokumente D2014/37987 STAATSMINISTERIUM FÜR UMWELT UND LANDWIRTSCHAFT Freistaat SACHSEN Insgesamt ist festzustellen, dass es durch die Vielzahl der gerichtlichen Auseinandersetzungen tatsächlich zu einer Verzögerung des Verfahrensabschlusses der Liquidation der LPG (P) Niederkaina i. L. gekommen ist. Auch nach dem aktuellen Sachstand ist ungewiss, wann und mit welchem Ergebnis das Liquidationsverfahren beendet werden wird. Welche der Parteien in welchem Umfang für die Verzögerung verantwortlich ist, entzieht sich der Beurteilung durch die Staatsregierung. Frage 1: Wie viele der nicht auf Grundlage des Umwandlungsrechtes des Landwirtschaftsanpassungsgesetzes (LwAnpG), sondern durch Neugründungen auf der Grundlage bloßer Vermögensverschiebung entstandenen Agrarbetriebe in Sachsen wurden seitens der Staatsregierung oder durch ihr untergeordnete Behörden diesbezüglich mit welchem Ergebnis kontrolliert? Wie viele der nicht auf Grundlage des Umwandlungsrechtes des Landwirtschaftsanpassungsgesetzes (LwAnpG) entstandenen Agrarbetriebe im Freistaat Sachsen kontrolliert wurden, wird aufgrund der unterschiedlichen Zuständigkeiten für die Kontrolle und Prüfung der Einzelverfahren der Antragsteller weder behördenintern noch über die amtliche Statistik erfasst. Zudem war insbesondere in der Anfangszeit eine Vielzahl von Behörden in die Prüfabläufe eingebunden. Mit der Kommunalisierung von Aufgaben aus dem Agrarbereich sind teilweise auch die Flurbereinigungsbehörden der Landkreise (Verfahren nach dem 8. Abschnitt LwAnpG) zuständig. Die Aufbewahrungsfristen derartiger Altakten sind überwiegend abgelaufen. Nach Kenntnis der staatlichen Landwirtschaftsverwaltung wurde bei 86 LPG-Nachfolgern ein Umwandlungsfehlschlag durch eigene Prüftätigkeit sowie durch angezeigte Gerichtsentscheidungen vermutet bzw. festgestellt (vgl. Kleine Anfrage Drs. 3/8527). 31 Unternehmen haben anschließend eine positive Registerberichtigung durchlaufen oder ihnen wurde bei späteren Gerichtsverfahren in höheren Instanzen noch eine ordnungsgemäße Umwandlung hach dem LwAnpG rechtskräftig zuerkannt. Von den verbliebenen 55 Unternehmen haben 25 im Frühjahr 2014 eine (Nachtrags-) Liquidation durchlaufen, die von der herrschenden Rechtsprechung anerkannten notariellen Kaufverträge nebst Klärung der Vorkaufsrechte der Mitglieder nach § 42 LwAnpG abgeschlossen sowie ein ordnungsgemäßes Liquidationsverfahren veranlasst und werden in der Regel durch die zuständigen Amtsgerichte - Registergerichte im LPG-Altregister endgültig gelöscht. Die übrigen 30 Unternehmen befinden sich in unterschiedlichen Stadien von Nachzeichnungslösungen, so auch die LPG (P) Niederkaina i. L., oder treten durch die Einleitung von Insolvenzverfahren nicht mehr als Antragsteller bei Behörden auf. Auf die Beantwortung der Frage 5 der Kleinen Anfrage (Drs. 5/13526) wird verwiesen. Mit Stand Dezember 2014 konnte von diesen 30 Unternehmen eine GmbH die Förderauflagen aus der Förderperiode 2007 - 2013 erfüllen und eine positive Prüfung der Nachtragsliquidation erreichen. Seite 2 von 5 STAATSMINISTERIUM FÜR UMWELT UND LANDWIRTSCHAFT Freistaat SACHSEN Frage 2: Wurde bei den LPGen, die aufgrund gescheiterter Umwandlung nicht in neuer Rechtsform fortbestanden, sondern sich seit dem 1. Januar 1992 in gesetzlicher Liquidation befanden bzw. sich befinden (§ 69 Abs. 3 LwAnpG), in jedem Fall ein Liquidator eingesetzt und die Liquidationsgesellschaft beim Registergericht angemeldet? (Bitte mit Diskussion einschließlich Nennung und Begründung der Fälle, in denen dies nicht geschah.) In dieser Rechtsmaterie gibt es keinen Automatismus. Die Gesetzgebung und die herrschende Rechtsprechung zur Problematik der LPG-Scheinrechtsnachfolge sehen grundsätzlich vor, diese dadurch zu bereinigen, dass eine sogenannte Nachzeichnung angestrebt werden kann, die unter anderem die Beantragung und gerichtliche Bestellung eines (Nachtrags-)Liquidators und weiterer rechtlicher Schritte in Anlehnung an §§ 41, 42 LwAnpG vorsieht. Es ist gleichwohl eine zivilrechtliche Aufgabe der Scheinrechtsnachfolger unter Einbezug der zuständigen Registergerichte den Prozess einzuleiten, durchzuführen und abzuschließen. Frage 3: Inwiefern existieren zwischen allen nach dem Umwandlungsrecht des Landwirtschaftsanpassungsgesetzes (LwAnpG) nicht umgewandelten LPGen i.L. in Sachsen und den durch Neugründungen entstandenen Agrarbetrieben, auf die das LPG-Vermögen übertragen wurde, Kaufverträge, in denen sich der Käufer dazu verpflichtet, die Pflichten der LPGen nach dem Landwirtschaftsanpassungsgesetz (LwAnpG) zu übernehmen, so z.B. die Verpflichtung zur Vermögensrückführung nach § 44 LwAnpG, sodass dadurch die gesetzmäßige Rückführung des Vermögens der ehemals zwangskollektivierten Bauern garantiert wurde bzw. garantiert ist (Nachzeichnungslösung)? Derzeit sind 26 derartige Fälle den Behörden des Freistaates Sachsen in Verwaltungsverfahren bekannt. Frage 4: Welche Auswirkungen hinsichtlich der Gewährung von Landes-, Bundes- und EU-Fördermitteln hat der Beschluss des AG - Landwirtschaftsgericht - Bautzen vom 19.01.2001, AZ: 2 XV 0024/98 gegen die BUDISSA Agrarprodukte AG, welche nach höchstrichterlicher Rechtssprechung, der das AG - Landwirtschaftsgericht - Bautzen folgt, "das Vermögen der LPG (P) Niederkaina schuldrechtlich und dinglich nicht rechtswirksam zu Eigentum übernommen hat," was auch bezüglich der Übernahme des Vermögens vier weiterer LPGen (Baruth,Kleinbautzen, Burk und Kubschütz) zutrifft? (Bitte mit Begründung) Seite 3 von 5 STAATSMINISTERIUM FÜR UMWELT UND LANDWIRTSCHAFT Freistaat SACH SEM Auf die Beantwortung der Frage 4 der Kleinen Anfrage Drucksache 5/13526 wird verwiesen. Im Übrigen ist der Beschluss des Amtsgerichts - Landwirtschaftsgericht Bautzen vom 19. Januar 2001, AZ: 2 XV 0024/98 (nur) ein weiteres Verfahren im Einzelfall. Zum Zeitpunkt dieses Verfahrens war, wie das Gericht hervorhob, zwischen den Beteiligten unstrittig, dass die Antragsgegnerin (hier: AG) nicht durch Umwandlung nach dem LwAnpG unter anderem aus der LPG (P) hervorgegangen ist. Das erkennende Gericht machte sich dabei die Bewertung aus dem Endurteil des Oberlandesgerichts Dresden vom 23. März 1999 (AZ: LwU 3405/98 - im AG-Beschluss Seite 7, Absatz 2, Zeile 3 infolge eines Schreibfehlers mit LW 3405/98 ausgewiesen) zu eigen, dessen Revision vom Bundesgerichtshof mit Beschluss vom 11. November 1999 (AZ: LwZR 6/99) als unzulässig verworfen wurde und zur Einleitung von Nachtragsliquidationen der fünf oben genannten LPG-en und damit zur rechtskonformen Umsetzung der im Jahr 1994 erfolgten Liquidationen führte (bei vier LPGs [T] in 2009 abgeschlossen) bzw. bei der LPG (P) noch führen soll. Die Beschlüsse der Gerichte in Sachen BUDISSA Agrarprodukte AG hatten insofern die Auswirkung, dass die Antragstellerin vor der Beantragung einer Förderung die Einleitung eines Liquidationsverfahrens der LPGs des Territoriums zwingend nachzuweisen hatte und Auflagen zur (Nachtrags-)Liquidation mit regelmäßiger Berichtspflicht erteilt wurden. Frage 5. Welche Fördermittel erhielt die BUDISSA Agrarprodukte AG seit dem 1. Januar 1992 aus welchen "Töpfen" des Landes, des Bundes und der EU, und wie begründet die Staatsregierung die Rechtmäßigkeit dieser Zahlungen angesichts der oben genannten Tatsache, dass die BUDISSA Agrarprodukte AG das Vermögen von fünf LPGen schuldrechtlich und dinglich nicht rechtswirksam zu Eigentum übernommen hat, mit diesem rechtswidrig erworbenen Vermögen ungestraft wirtschaftet und Profite macht und gleichzeitig jede Vermögensrückführung und Verzinsung des rechtswidrig übernommenen fremden Vermögens verweigert? Eine Auflistung aller landwirtschaftlichen Fördermittel seit dem Jahr 1992 ist aufgrund der abgelaufenen Aufbewahrungsfristen der Förderakten nicht mehr möglich. Die Daten sind bis in das Jahr 2001 rückverfolgbar. Im Zeitraum der Jahre von 2001 bis 2006 erhielt die BUDISSA Agrarprodukte AG keine Zuwendungen zur Unterstützung von Investitionen. Hinsichtlich der Fördermittel in den Jahren 2007 bis 2013 wird auf die Beantwortung der Frage 4 der Kleinen Anfrage Drucksache 5/13885 verwiesen. Hinsichtlich der Rechtmäßigkeit der Zahlungen wird auf die Beantwortung der Frage 5 der Kleinen Anfrage Drucksache 5/13526 verwiesen. Seite 4 von 5 STAATSMINISTERIUM FÜR UMWELT UND LANDWIRTSCHAFT Freistaat SACHSEN Darüber hinaus kann festgestellt werden, dass die BUDISSA Agrarprodukte AG bisher das Vermögen von vier der fünf LPGs schuldrechtlich und dinglich rechtswirksam übernommen hat. Für die ausstehende Vermögensauseinandersetzung im Falle der LPG (P) Niederkaina i. L. ist derzeit der gesetzlich bestellte Liquidator verantwortlich (vgl. Beantwortung zu Frage 2). Mit freundlichen Grüßen Thomas Schmidt Seite 5 von 5