STAATSMINISTCTIUM DES INNERN Freistaat SACHSEN Der Staatsminister SÄCHSISCHES STAATSMINISTERIUM DES INNERN 01095 Dresden Präsidenten des Sächsischen Landtages Herrn Dr. Matthias Rößler Bernhard-von-Lindenau-Platz 1 01067 Dresden Aktenzeichen (bitte bei Antwort angeben) 51-0141.51/7449 Dresden,//( Oktober 2015 Kleine Anfrage des Abgeordneten Wolfram Günther Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drs.-Nr: 6/2739 Thema: Nachfrage zu drohendem Abriss des Ensembles Rittergut Seifersdorf in der Gemeinde Wachau (Landkreis Bautzen) Sehr geehrter Herr Präsident, der Kleinen Anfrage ist folgende Vorbemerkung vorangestellt: "In meiner Kleinen Anfrage Drs. 6/467 .Drohender Abriss des Ensembles Rittergut Seifersdorf in der Gemeinde Wachau (Landkreis Bautzen )' wurde in der 4. Frage insbesondere die Frage nach TreuhandAuflagen gestellt, die der neue Eigentümer erhielt. Die Staatsregierung beantwortete diese damals: ,Die Staatsregierung hat keine Informationen von der Bundesanstalt ftir vereinigungsbedingte Sonderaufgaben (BvS) über im Zuge der Übertragung des Rittergutes festgelegten Auflagen erhalten.' Mittlerweile liegt der ungeschwärzte Treuhandvertrag zum ,Rittergut Seifersdorf' vom 31. März 1992 vor. Entgegen der Feststellung der Staatsregierung vom 6. Januar 2015 gab es sehr wohl Auflagen, so steht im § 1b des Vertrages: ,Die Firma Concorde Hotelbetriebsgesetlschaft mbH & Co. Capitalanlage KG beabsichtigt, alle drei vorgenannten Flurstücke zu erwerben und unter Einbeziehung der bestehenden Bausubstanz des früheren Gutshofes mit einem Country-Hotel mit ca. 100 Zimmern zu bebauen sowie einen Lehrbauernhof auszubauen, einzureichen und zu betreiben bzw. durch eine gesonderte Agrargesellschaft ihres Gesellschafters auszubauen und betreiben zu lassen.' Im § 10 Abs. 1 stehen folgende Passagen: ,Der Käufer verpflichtet sich gegenüber dem Verkäufer, mit den in § 1b) bezeichneten Investitionsmaßnahmen spätestens vier Wochen nach Kaufpreisfälligkeit zu beginnen und diese 30 Monate später abzuschließen.' .Der Verkäufer verpflichtet sich darüber hinaus, mit der vorstehend bewilligten Vormerkung hinter weiteren Grundpfandrechten zurückzutreten , die der Käufer zur Finanzierung der gemäß § 1b vorgesehenen Investitionsmaßnahmen eintragen lässt, sobald ihm eine entsprechende Bestätigung der Grundschuldgläubigerin vorgelegt worden ist, aus Hausanschrlft: Sächsisches Staatsmlnisterium des Innern Wilhelm-Buck-Str. 2 01097 Dresden Telefon +49 351 564-0 Telefax +49 351 564-3199 www.smi.sachsen.de Verkehreanbindung: Zu erreichen mit den Straßenbahnlinien 3, 6, 7, 8, 13 Besucherparkplätze: Bitte beim Empfang Wilhelm-BuckStr . 2 oder 4 melden. STAATSM1MISTERIUM DES INNERN Freistaat SACHSEN der sich ergibt, dass die einzutragende Grundschuld nur zur Absicherung von Darlehen dient, die dem gemäß § 1b vorgesehenen Investitionsvorhaben dienen.' ,Die Verkäuferin verpflichtet sich die Löschung der Vonnerkung unverzüglich zu bewilligen, und zwar a) auf den Flurstücken 26/1 und 70, sobald feststeht, dass das Rückkaufsrecht gemäß S. 12a nicht ausgeübt wird oder der Käufer seinen Bauverpflichtungen gemäß § 1 dieses Vertrages nachgekommen ist; dieser Nachweis wird geführt durch Vorlage eines vorläufigen Abnahmeprotokolls der zuständigen Baubehörde.'" Namens und im Auftrag der Sächsischen Staatsregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Wie kommt die Staatsregierung zu der Aussage in der Antwort der Kleinen Anfrage Drs. 4/467 vom 10.12.2014, dass es beim Verkauf von der BvS an den Käufer keine Auflagen beim Kauf gab? (bitte detailliert begründen) und weshalb sind zuständige sächsische Behörden - u. a. Baubehörde - ihrer Aufsichtspflicht über den Vertrag nicht nachgekommen? Es wird klargestellt, dass die Staatsregierung die Fragen 4 und 5 der Kleinen Anfrage Drs.-Nr. 6/467 zusammenfassend u. a. mit dem Hinweis beantwortet hat, sie habe keine Informationen von der Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben (BvS) über im Zuge der Übertragung des Rittergutes festgelegte Auflagen erhalten. Diese Aussage ist zutreffend. Von einer weiteren Beantwortung durch die Staatsregierung wird abgesehen. Gemäß Artikel 50 der Verfassung des Freistaates Sachsen (SächsVerf) ist die Staatsregierung verpflichtet, über ihre Tätigkeit den Landtag insoweit zu informieren, als dies zur Erfüllung seiner Aufgaben erforderlich ist. Dieser Informationspflicht entspricht das Frage- und Auskunftsrecht der Abgeordneten gegenüber der Staatsregierung nach Art. 51 SächsVerf. Die Staatsregierung ist dem Landtag und den Abgeordneten nur für ihre Amtsführung im Sinne einer Rechenschafts- und Einstandspflicht für eigenes Handeln verantwortlich. Sie ist daher nur in solchen Angelegenheiten zur Auskunft verpflichtet, die in ihre Zuständigkeit fallen und muss nicht auf Fragen eingehen, die Vorgänge oder Umstände außerhalb ihres Verantwortungsbereichs betreffen (vgl. SachsAnhVerfG, Urteil vom 17. Januar 2000, NVwZ 2000, 671). Letzteres ist vorliegend der Fall. Gefragt wird nach einem Treuhandvertrag, der den Übergang des Eigentums am Rittergut Seifersdorf zum Gegenstand hatte, ohne dass die Staatsregierung als Veräußerer oder Erwerber beteiligt war. Der Übergang des Eigentums an Grundstücken ist ein Vorgang, der dem Privatrecht unterfällt und durch den Grundsatz der Privatautonomie der Vertragsparteien gekennzeichnet ist. Es unterfällt nicht dem Verantwortungsbereich der Staatsregierung, die Vertragsverhältnisse Dritter zu beeinflussen oder auf die Erfüllung oder Durchsetzung von Vertragspflichten hinzuwirken . Die Zuständigkeit der Staatsregierung lässt sich auch nicht aus der Tatsache ableiten, dass die Treuhandanstalt oder eine ihrer Nachfolgeorganisationen eine der Vertragsparteien war. Die Treuhandanstalt und ab 1. Januar 1995 die Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben waren bundesunmittelbare Anstalten des Seite 2 von 3 STAATSM1NISTER1UM DES INNERN Freistaat SACHSEN öffentlichen Rechts. Rechenschafts- und Einstandspflichten der Staatsregierung für Entscheidungen einer Bundesbehörde gibt es nicht. Frage 2: War der Staatsregierung bekannt, dass die Treuhand bereits 1994 gegen den Käufer des Rittergutes Seifersdorf juristisch vorgegangen ist? Wenn ja, warum hat das Land Sachsen nichts unternommen und das Gut zurückgenommen? Der Staatsregierung war nicht bekannt, dass die Treuhand bereits 1994 gegen den Käufer des Rittergutes Seiferedorf juristisch vorgegangen ist. Frage 3: Gibt es weitere der Staatsregierung bekannte Projekte (z. B. in Bärenfels /Osterzgebirge, Pirna, Bad Schandau, ...), die der gleiche Käufer von der Treuhand mit Auflagen in Sachsen erworben hat, wo ähnliches wie in Seifersdorf passiert ist und nichts getan wurde? Und wenn ja, warum hat das Land Sachsen nichts unternommen? Der Staatsregierung sind weitere Projekte nicht bekannt, die der gleiche Käufer von der Treuhand mit Auflagen in Sachsen erworben hat. Frage 4: Wie steht das Land Sachsen zur international anerkannten "Charta zu Venedig" und seiner Umsetzung im Denkmalschutz - insbesondere hinsichtlich des konkreten Objektes Rittergut Seifersdorf? Die Charta von Venedig ist eine international anerkannte Richtlinie der Denkmalpflege und ein wichtiger denkmalpflegerischer Text des 20. Jahrhunderts. Sie ist aber keine die Denkmalschutz- und Denkmalfachbehörden des Freistaates Sachsen rechtlich bindende Vorschrift. Frage 5: Der Freistaat Thüringen hat im Falle des Schlosses Reinhardsbrunn in Friedrichroda gehandelt und das Schloss mittels Enteignung übernommen. Der dortige Eigentümer steht derzeit wegen Untreue und Betrug vor Gericht. Er hat nach der Wende ebenfalls nichts unternommen und auf das Schloss offenbar Grundschulden in Millionenhöhe eintragen lassen. Auch im Fall Rittergut Seifersdorf sind nach dem vorliegenden Vertrag Schulden in enormer Höhe eingetragen worden^ Ist eine Rücknahme durch den Freistaat Sachsen im Falle des Rittergutes möglich? Das pitter^ut Seifersdorf stand nicht im Eigentum des Freistaates Sachsen; eine "Rücl|i^iah|(ie" ist folglich nicht möglich. Mit freundlichen Grüßen Seite 3 von 3 2015-10-14T09:53:06+0200 GRP: Elektronisches Dokumentations- und Archivsystem Erstellung des Nachweisdokumentes