STAATSMINISTERIUI\4 FÜR UMWELT UND LANDWIRTSCHAFT SÄCHSISCHES STMTSMINISTERIUM FÜR UMWELT UND LANDWIRTSCHAFT Postfach 100510 | 01076Dresden Präsidenten des Sächsischen Landtages Herrn Dr. Matthias Rößler Bernhard-von-Li ndena u-Platz 1 01067 Dresden Kleine Anfrage des Abgeordneten Wolfram Günther, BÜNDNIS g0/ DIE GRUNEN-Fraktion Drs.-Nr.: 612768 Thema: Mäusegift Chlorphacinon Sehr geehrter Herr Präsident, den Fragen sind folgende Ausführungen vorangestellt: ,,Zum 01.09.201S wurde vom Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) die Ausnahmeerlaubnis erteilt, u.a. in Sachsen das Mäusegift Ghlorphacinon auf landwirtschaftlichen Flächen offen auszustreuen. Das Ausbringen ist zuvor beim Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie (LfULG) zu beantragen. Das Pestizid ist in der EU seit 2007 wegen seiner hohen Toxizität und der damit verbundenen Gefahren für die Tierwelt verboten. Doch bereits in den Jahren 2012 und 2013 sind solche Maßnahmen genehmigt gewesen. Nicht nur Mäuse sind Opfer dieses Giftes. Alle Tiere, die in der Nahrungskette höher stehen, wie zum Beispiel Greifvögel, Füchse, Marder, auch unsere Haustiere Katzen und Hunde, nehmen das G¡ft indirekt auf und können sich so vergiften. Durch die Aufnahme von Ghlorphacinon wird die Blutgerinnung gehemmt, die Tiere verbluten innerlich. Die Wirkung tritt erst einige Tage nach Aufnahme des Giftes ein." Namens und im Auftrag der Sächsischen Staatsregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Für welche Flächen wurden seit 2012 bis heute von wem welche Anträge beim LfULG gestellt und wie wurden diese entschieden (bitte aufschlüsseln nach Landkreis, OÉ, konkrete Fläche, Antragsteller, Giftmenge, Verfahrensstand genehmigUteilweise genehmigUabgelehnUnoch nicht entschieden)? Freistaat SACHSEN Der Staatsminister Durchwahl Telefon +49 351 564-2000 Telefax +49 351 564-2009 poststelle@ smuLsachsen.de* lhr Zeichen lhre Nachricht vom Aktenzeichen (bitte bei Antwort angeben) z-0141.50t19t4987 -a - Hausanschrift: Sächs¡sches Staatsministerium fa¡r Umwelt und Landwirtschaft Archivstraße 1 01097 Dresden www smul sachsen.de Verkehrsverbindung: Zu erreichen mit den Straßenbahnlinien 3, 6, 7, 8, 13 Für Besucher mit Beh¡nderungen bef¡nden sich gekennzeichnete Parkplätze am Königsufer. Für alle Besucherparkplåtze gilt: Bitte beim Pfortendienst melden 'Kein Zugang für êlektronisch signiertê sow¡e für vêrschlüsselte elektron¡schê DokumenteSetelvon4 STAATSì/ìNISTERIUM FÜR UMWELT UND LANDWIRTSCHAFT Freistaat SACHSEN5 lm Sächsischen Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie (LfULG) sind in der Zeit vom 1. Januar 2012 bis 21. September 2015 insgesamt 48 Anträge zut Anwendung des Pflanzenschutzmittels ,,Ratron Feldmausködef' mit dem Wirkstoff Chlorphacinon eingegangen. Die Anträge gelten für eine Gesamtfläche von 4.275 Hektar. Das LfULG hat im Einvernehmen mit der zuständigen Naturschutzbehörde die Anwendung auf 1.712 Hektar genehmigt (Stand 21 . September 2015). Die Genehmigungen wurden in allen Fällen mit Auflagen zur Risikominderung verbunden. Eine Ubersicht über die Anträge und den Verfahrensstand, aufgeschlüsselt nach Landkreisen, ist in der Anlage dargestellt. Es war nicht erforderlich, eine Mittelmenge (,,Giftmenge") zu beantragen oder zu genehmigen. Die zugelassene Auñryandmenge beträgt zehn Kilogramm pro Hektar. Sie darf nicht überschritten werden. Die Preisgabe der Namen der natürlichen Personen im Rahmen der Beantwortung einer Kleinen Anfrage greift in das Grundrecht auf personelle Selbstbestimmung dieser Personen ein. Dieses Grundrecht darf nur auf der Grundlage eines Gesetzes eingeschränkt werden. Das Sächsische Datenschutzgesetz enthält keine Regelung, die es Behörden erlaubt, im Rahmen der Beantwodung einer parlamentarischen Anfrage das Recht auf persönliche Selbstbestimmung Dritter zu verletzen. Auch Artikel 51 Absatz 1 der Sächsischen Verfassung verpflichtet die Staatsregierung zwar zut Beantwortung von Abgeordnetenanfragen, berechtigt diese aber nicht zu einem Grundrechtseingriff. Das parlamentarische Fragerecht des Abgeordneten hat das Ziel, den Abgeordneten zu ermöglichen, sich die lnformationen zu verschaffen, die sie zur Erfüllung ihrer Aufgaben benötigen. Demgegenüber bezweckt der verfassungsrechtliche Schutz der personellen Selbstbestimmung, dass jeder Einzelne selbst uber die Preisgabe und Venruendung seiner persönlichen Daten bestimmen kann. lm konkreten Einzelfall ist daher das lnteresse des Abgeordneten an einer umfassenden Beantwortung seiner parlamentarischen Anfrage somit abzuwägen gegen das lnteresse der natürlichen Personen an ihrem Recht auf personelle Selbstbestimmung. lm vorliegenden Fall sind aus Angaben zu Orten, konkreten Flächen und Antragstellern diejenigen natürlichen Personen erkennbar, die selbst oder als Gesellschafter von Personengesellschaften Anträge gestellt haben. Aufgrund der sehr emotional geführten öffentlichen Diskussion um Feldmausköder mit dem Wirkstoff Chlorphacinon übenrviegt das Schutzinteresse dieser Personen dasjenige des Abgeordneten an lnformation. Zumindest besteht die Gefahr einer Schädigung der Unternehmen, zum Beispiel durch öffentl iche Anprangerungen trotz rechtm ä ßiger Vorgehensweise. Aus vorgenannten Gründen besteht jedoch die Möglichkeit in einer nichtöffentlichen Sitzung im Sächsischen Landtag hierzu zu berichten. Frage 2: Welche Studien sind zu den Wirkungen des Giftes auf Tiere und Menschen bekannt und was sind jeweils die Kernaussagen? Der Staatsreg ieru ng sind die nachfolgend aufgefüh rten Veröffentl ich u ngen bekannt. Seite 2 von 4 STAATSMINìSTERIUIM FÜR UMWELT UND LANDWIRTSCHAFT Das BVL veröffentlichte am 10. September 2015 eine Auswertung der seit dem Jahr 1988 eingegangenen Meldungen uber Vergiftungen von Haus- und Wirbeltieren durch den Wirkstoff Chlorphacinon. Nach jahzehntelanger Anwendung mit regulärer Zulassung wurden nur zwei Fälle bekannt. ln einem Fall ging es um Bussarde, die vorsátzlich mit präparierten Fleischstücken vergiftet wurden. Ein anderer Fall betraf Hasen, wobei die genauen Umstände ungeklärt blieben. Eine Anwendung von Ratron Feldmausköder stellt für Wildtiere nur ein geringes Risiko dar. Für Haustiere wie Hunde und Katzen besteht nach dieser Auswertung keine Vergiftungsgefahr. Die vollständige Mitteilung steht im lnternet: http://www.bvl.bund.de/DE/08 PresselnfotheUO2 FuerVerbraucher/O3 lm Fokus/O1 I m Fokus MeldunoenlO4 Pflanzenschutzm st20 509 O fokus PS Feldma1 I M Freistaat SACHSEN 1 uskoeder.html. lm Jahr 1983 veröffentlichten die Autoren Dr. H.G. Preißel, Dr. A. Schneider und Dr. H.-H. Nölle in der Zeitschrift,,Gesunde Pflanzen" (Heft 12) eine Studie zum Vergiftungsrisiko für Vögel nach Anwendung chlorphacinonhaltiger Köderpräparate im Ganzflächen-Streuverfahren. Die Toxizität von Chlorphacinon ist für Vögel wesentlich geringer als für Nagetiere. Bei alleiniger Verfütterung chlorphacinonhaltiger Präparate treten tödliche Vergiftungen bei Vögeln frühestens nach zehntägiger Aufnahme ein. ln der Praxis wird selbst unter ungünstigen Bedingungen das Risiko einer Primär- oder Sekundärvergiftung freilebender Vögel als gering eingeschätzt. Die Autoren führen folgende Gründe auf: Die Aufwandmenge ist sehr gering mit nur 1,5 g/m2 (aktuelle Genehmigungen bei 1 glm2). Mäuse vezehren die Köder schnell oder tragen sie schnell in ihre Baue ein. Chlorphacinonköder scheinen für Vögel wenig attraktiv zu sein. ln der Regel steht in der Natur genügend zusätzliches Auswahlfutter zur Verfügung. Der Wirkstoff wird in der Umwelt und im Mäusekadaver verhältnismäßig schnell abgebaut. ln Frankreich wurden nach über zehnjähriger Anwendung keine Verg ift ungsfälle an wildle benden Vogelarten bekannt. Frage 3: Sind Meldungen bzw. Verdachtsfälle zu durch Chlorphacinon vergifteten W¡ld- und Haustieren für Sachsen bekannt? Der Staatsregierung liegen keine Meldungen über vergiftete Wild- und Haustiere beziehungsweise diesbezügliche Verdachtsfälle im Freistaat Sachsen vor. Frage 4: Wie wird die Einhaltung der Ausbringungsvorschriften überwacht? Das LfULG führt Anwendungskontrollen durch. Dabei werden stichprobenartig die genehmigten Behandlungsflächen und die Einhaltung der erteilten Auflagen kontrollied. Seite 3 von 4 STAATSMINìSTERIUM FÜR UMWELT UND LANDWIRTSCHAFT Freistaat SACHSEN Frage 5: Welche Verfahren wegen möglicher Verstöße gegen Vorschriften zum Ausbringen von Ghlorphacinon wurden seit 2010 geführt und wie istjeweils deren Ergebnis bzw. Verfahrensstand (bitte aufschltisseln nach Landkreis, Ort, konkrete Fläche, Person/Unternehmen)? Der Staatsregierung sind seit dem Jahr 2010 keine Verstöße im Zusammenhang mit der Anwendung von Pflanzenschutzmitteln mit dem Wirkstoff Chlorphacinon bekannt. Mit freundlichen Grüßen n Thomas Schmidt Anlage: 1 Seite 4 von 4 Anlage zur Antwort auf Frage 1 Anträge zur Anwendung von Ratron Feldmausköder mit Antragseingang vom 01.01.2012 bis 21.09.2015 (Anzahl) noch nicht entschieden abgelehnte Anträge zurückgezo 9ene Anträge teilweise genehmigte Anträ9e/ Fläche genehmigte Anträge/ Fläche Antragsteller konkret beantragte Fläche Landkreis/Kreisfreie Stadt 1 X 01 X 1 40 ha 1 110 ha 4 Nati¡rliche Person 1: 5 ha Wirtschaftshof Euba e. G, Chemnitz, (1. Antrag): 110 ha Wirtschaftshof Euba e. G, Chemnilz, (2. Anlrag): 58 ha Wirtschaftshof ,,Sachsenland" Röhrsdorf/ Wittgensdorf e. G., Chemnitz: 26 ha ChemniE 001 X 001 Natürliche Person 2: t ha Dresden 1 X 001 60 ha 1 90 ha 3 GbR 1, (1. Antrag): 93 ha Agrargenossenschaft,,MAVEK' e. G., Lugau: 90 ha GbR 1, (2. Antrag): 83 ha Erzgebirgskreis 00001 31 ha 1 Natürliche Person 3: 31 ha Görlitz 3 X X X 02 X X 005 Natürliche Person 4: 111 ha Natürliche Person 5: 43 ha Bauernhof GmbH Meuselwitz, Colditz: 71 ha Natürliche Person 6: 21 ha Natürliche Person 7'. 22ha Leipzig (Landkreis) Anlage zur Antwort auf Frage 1 noch nicht entschieden abgelehnte Anträge zurückgezogene Anträge teilweise genehmigte Anträ9e/ Fläche genehmigte Anträge/ Fläche Antragsteller konkret beantragte Fläche Landkreis/Kreisfreie Stadt 001 X 001 Schweineproduktions GmbH Bärenhaus, Lauchhammer: 65 ha Meißen 1 X 03 X X X 8 16 ha 228 ha 2ha tha 30 ha 49 ha 60 ha 1 55 ha 13 Agrar GmbH ,,Am Kunnerstein", Augustusburg: 55 ha GbR 2: 18 ha Agrargenossenschaft Bockendorf e.G., Hainichen: 10 ha BEGA Gahlenz e.G., Oederan: 116 ha Schweinezucht Langenau GmbH, Brand-Erbisdorf: 15 ha AGRO-Agrarprodukte GmbH, Zelllilz: 243 ha Agrargenossenschaft Rossau e.G., Rossau: 10 ha Natürliche Person 8: 10 ha Agrargenossenschaft Altmittweida e. G., Altmittweida: 91 ha Landwirtschaftsgenossenschaft e.G. Ottendorf, Lichtenau, (1. Antraq): 42 ha AGRO-Agrarprodukte GmbH, Zeltlilz (zweiAnträge): 943 ha Landwirtschaftsgenossenschaft e.G. Ottendorf, Lichtenau, (2. Antraq): 63 ha Mittelsachsen 1 X 00001 Agrargenossenschaft Arzberg e.G., Arzberg: 387 ha Nordsachsen 1 X 00001 GbR 3: 138 ha Sächsische Schweiz - Osterzgebirge Anlage zur Antwort auf Frage I noch nicht entschieden aþelehnte Anträge zurückgezo 9ene Anträge teilweise genehmigte Anträgel FIäche genehmigte AntËge/ Fläche Antragsteller konkret beantragte Fläche Lendkreis/Kreisfreie Stadt 1 X 03 X X X 0I 223ha 5 Agroservice Oelsnitz Verwaltungs-GmbH & Co. BetriebsKG, Tirpersdorf: 50 ha APROHA GmbH, Tirpersdorf: 223ha Agrofarm 2000 GmbH, EichigWogtl.: 10 ha FLG Fleischezeugung und Landschaftspflege GmbH, ElsterberqA/ootl.: 12 ha Juristische Person 1: 44ha (aus dem Firmennamen ist e¡n Rückschluss auf natürliche Personen möglich, insowe¡t qilt hier der selbe Schutz. wie bei natúrlichen Personen) Vogtlandkreis 1 X 001 45 ha 't1ha 11 22ha 173 ha 201 ha 10 ha 37 ha 84 ha 24ha 28ha 53 ha 21 ha l3 Waldenburger Agrar GmbH & Co. KG, Waldenburg: 22 ha Mülsener Marktfrucht und Milchgut GmbH, Mülsen: 173 ha Agrargenossenschaft Oberwiera e.G., Oberwiera: 50 ha Dennheritzer AgrarproduktionsGmbH & Co. KG, Dennheritz: 2O1 ha Reinsdorfer Agrar GmbH, Reinsdorf: 10 ha Wiesenburger Land e.G., Wildenfels: 37 ha Agrarunternehmen Lauenhain e.G., Neukirchen: 84 ha Agrarhof Gospersgrün e.G., Fraureuth: 24 ha Agrargenossenschaft Zwickau-Mülsen e.G, Mülsen: 28 ha Agrargenossenschaft Oberwiera e.G., Oberwiera: 53 ha FERMILA GmbH & Co. KG, Waldenburg: 21 ha Agrarhof Gospersgrün e.G., Fraureuth: 219 ha Waldenburger Agrar GmbH & Co. KG, Waldenburg: 43 ha Zwickau Anträge mit mehreren Flächen in zwei Landkreisen wurden in der Ubersicht dem Landkreis zugeordnet, in dem die meisten Flächen liegen 2015-10-16T09:27:12+0200 GRP: Elektronisches Dokumentations- und Archivsystem Erstellung des Nachweisdokumentes