STAATSMINISTERIUM FÜR WIRTSCHAFT ARBEIT UND VERKEHR Freistaat SACHSEN Der Staatsminister Sächsisches Staatsministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr Postfach 10 03 29 | 01073 Dresden Präsidenten des Sächsischen Landtages Herrn Dr. Matthias Rößler Bernhard-von-Lindenau-Platz 1 01067 Dresden Durchwahl Telefon; 0351 564-S001 Telefax: 0351 564-8024 Kleine Anfrage der Abgeordneten Susanne Schaper, Fraktion DIE LINKE Drs.-Nr.: 6/281 Thema: Tempo 30 auf der Bornaer Straße in Chemnitz Sehr geehrter Herr Präsident, den Fragen sind folgende Ausführungen vorangestellt: Aktenzeichen (bitte bei Antwort angeben) 61-1053/3/14 Dresden, ] 2. DEZ. 2014 „Im Juni 2011 wurde durch die Stadtverwaltung Chemnitz auf dem Teilstück Leipziger Straße bis Sandstraße der Bornaer Straße 30 km/h mit entsprechender Beschilderung angeordnet. Das Umweltamt Chemnitz führte eine aufwändige und kostenspielige Lärmmessung durch, um die 30 km/h mit dem Argument Lärmschutz zu rechtfertigen. Dies wurde von anwohnenden Bürgerinnen und Bürgern mit Zufriedenheit angenommen, da diese schon seit langem eine entsprechende Verkehrsberuhigung forderten. Die Firma Umweltdienste Becker hingegen war von Anfang an gegen das Tempo 30 - Gebot. Schließlich beantragte die Firma beim Landesamt für Straßenbau und Verkehr eine Aufhebung der Lärmschutzzone, da ihr angeblich wirtschaftlicher Schaden durch das Tempo 30 - Gebot entstehen würde. Diesem Antrag wurde vom LASuV entsprochen. Im Zuge der Entscheidung des LASuV ging an die Stadtverwaltung Chemnitz ein Bescheid, dass die Bornaer Straße wieder für 50 km/h freizugeben sei, da die Nachweise des Umweltamtes nicht ausreichend wären.“ Namens und im Auftrag der Sächsischen Staatsregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: > ^ — ' ar Zertifikat &eii. 2008 audit beruf'undfamme Hausanschrift: Sächsisches Staatsministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr Wilhelm-Buck-Straße 2 01097 Dresden Frage 1: Wie hoch ist der wirtschaftliche Schaden für die Firma Becker Umweltdienste? Wir bitten um eine genaue Aufstellung, inwieweit sich eine Zeitverzögerung von 48 Sekunden wirtschaftlich negativ auf die Firma Becker Umweltdienste auswirkt, da wir der Meinung sind, dass durch das Fahren einer verminderten Geschwindigkeit sogar Kraftstoff und Abnutzung des Bremsbelages einsparen lassen. Seite 1 von 3 Außenstelle: Hoyerswerdaer Straße 1 01097 Dresden www.smwa.sachsen.de Verkehrsanbindung: Zu erreichen mit den Straßenbahnlinien 3, 7,8 Haltestelle Carolaplatz Kein Zugang für elektronisch signierte sowie für verschlüsselte elektronische Dokumente. ■STAATS-MINISTERIUM FÜR WIRTSCHAFT ARBEIT UND VERKEHR Bei der Entscheidung über die Aufhebung der Geschwindigkeitsbeschränkung auf 30 km/h aus Lärmschutzgründen hatte die höhere Straßenverkehrsbehörde, das Landesamt für Straßenbau und Verkehr (LASuV), im Rahmen des pflichtgemäßen Ermessens sowohl die Belange des Straßenverkehrs und der Verkehrsteilnehmer als auch die Interessen der Anlieger zu würdigen. Die starke Vorbelastung und die Bedeutung der Bornaer Straße als Verbindungsstraße zweier Bundesstraßen (B 95 und B 107) und als Erschließungsstraße für den Chemnitzer Norden und zahlreicher Gewerbeunternehmen war dabei von erheblichem Belang, die es gegen die Interessen der Anwohner abzuwägen galt. Ein möglicher wirtschaftlicher Schaden der Firma Becker Umweltdienste GmbH war keine Entscheidungsgrundlage. Frage 2: Mit welcher Begründung wurden die Messdaten des Umweltamtes Chemnitz für unzureichend erklärt? f Die Rechtsgrundlagen und die Voraussetzungen für straßenverkehrsrechtliche Maßnahmen aus Gründen des Lärmschutzes ergeben sich aus § 45 Abs. 1 und Abs. 9 Straßenverkehrs-Ordnung in Verbindung mit den „Richtlinien für straßenverkehrsrechtliche Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung vor Lärm“. Danach sind die Beurteilungspegel nach den bundeseinheitlich geltenden „Richtlinien für den Lärmschutz an Straßen - RLS-90“ rechnerisch zu ermitteln und mit den vorgegebenen gebietsspezifischen Richtwerten zu vergleichen. Örtliche Schallmessungen sind nicht zu berücksichtigen, da sie im Gegensatz zur Berechnung keine repräsentativen, mit den Richtwerten vergleichbaren und im Nachhinein überprüfbaren Werte liefern können. Das Umweltamt der Stadt Chemnitz beauftragte 2011 ein Ingenieurbüro mit der Erstellung eines schalltechnischen Gutachtens. Es erfolgte lediglich eine flächenhafte Ausbreitungsrechnung für den gesamten Bereich der Bornaer Straße auf der Basis von nur einer Verkehrsdatenerfassung. Die Beurteilungspegel wurden zudem nicht für die drei Szenarien (50 km/h für Pkw und Lkw, 50 km/h für Pkw und 30 km/h für Lkw, 30 km/h für Pkw und Lkw) gebäude- und fassadenbezogen ermittelt und den maßgebenden Richtwerten zur Ermittlung der Betroffenheiten gegenübergestellt. Im Ergebnis machte die Stadt Chemnitz ohne konkrete Ergebnisse schalltechnischer Berechnungen und ohne Berücksichtigung der lufthygienischen Auswirkungen der Geschwindigkeitsbeschränkung die Überschreitung der deutlich niedrigeren Grenzwerte, die in der Verkehrslärmschutzverordnung für den Neubau und die wesentliche Änderung öffentlicher Straßen festgelegt sind, zur tragenden Grundlage ihrer Entscheidung. Sie ging von unvollständigen rechtlichen und tatsächlichen Voraussetzungen aus. Frage 3: Ist es üblich, dass Anträgen von Unternehmen ohne ausreichende Prüfung durch die Landesbehörden entsprochen wird, um die wirtschaftlichen Interessen dieser Unternehmen zu wahren? Der Widerspruch wurde seitens einer Rechtsanwaltskanzlei form- und fristgemäß bei der Stadt Chemnitz eingelegt. Die Widerspruchsakte übergab die Stadt Chemnitz am 1. November 2013 dem LASuV als höhere Straßenverkehrsbehörde. Sie hatte im Rahmen der Widerspruchsbearbeitung gemäß § 73 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) die Überprüfung der am 8. Juni 2011 von der Stadt Chemnitz aus Lärmschutzgründen angeordneten Geschwindigkeitsbeschränkung vorzunehmen und rechtlich zu bewerten. Freistaat SACHSEN Seite 2 von 3 STAATSM1N1STER1UM FÜR WIRTSCHAFT ARBEIT UND VERKEHR Freistaat SACHSEN Im Ergebnis dieser Bewertung sowie mehrerer Vor-Ort-Termine hat das LASuV am 27. August 2014 den Bescheid zur Aufhebung der Geschwindigkeitsbeschränkung aus Gründen des Lärmschutzes erlassen. Mit freundlichen Grüßen Seite 3 von 3