SACHSISCHES STAATSMINISTERIUM DER JUSTIZ Hospitalstraße 7 1 01 097 Dresden Präsidenten des Sächsischen Landtages Herrn Dr. Matthias Rößler Bernhard-von-Lindenau-Piatz 1 01067 Dresden STAATSMlNlSTERlUM DER JUSTIZ Kleine Anfrage der Abgeordneten Klaus Bartl, Fraktion DIE LINKE, Drs.-Nr.: 6/3097 Thema: Ausrüstung, Bewaffnung, Eigensicherung und aufgabenbezogene Weiterbildung für an sächsischen Gerichten und Staatsanwaltschaften tätige Justizwachtmeister Sehr geehrter Herr Präsident, den Fragen sind folgende Ausführungen vorangestellt: "Nach dem gewaltsamen Tod der damaligen Prozessbeteiligten Marwa EI-Sherbini am Landgericht Dresden am 1. Juli 2009 wurden Einlasskontrollen und sonstige Sicherheitsmaßnahmen an den sächsischen Staatsanwaltschaften und Gerichten erheblich ausgebaut. Mit der Wahrnahme der entsprechenden Aufgaben wurden überwiegend die Justizwachtmeisterinnen und Justizwachtmeister beauftragt. Nach weiteren Vorkommnissen, im Zuge derer u. a. auch handelnde Justizwachtmeisterinnen und Justizwachtmeister betroffen waren, erfolgte eine "Bewaffnung" dieser Beamtengruppe." Namens und im Auftrag der Sächsischen Staatsregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Seite 1 von 6 Der Staatsminister Durchwahl Telefon +49 351 564-1500 Telefax +49 351 564-1509 staatsminister@ smj .justiz.sachsen.de• Aktenzeichen (bitte bel Antwort angeben) 1 040-KLR-2995/15 Dresden, Z• November 2015 . Hausanschrlft: Sächsisches Staatsministerium der Justiz Hospitalstraße 7 01097 Dresden Briefpost Ober Deutsche Post 01095 Dresden www.justiz.sachsen.de/smj Verkehrsverbindung: Zu erreichen mit Straßenbahnlinien 3, 6, 7, 8, 11 Parken und behindertengerechter Zugang Ober Einfahrt Hospitalstraße 7 "Zugang für elektronisch signierte sowie für verschlOsseile elektronische Dokumente nur Ober das Elektronische Gerichts- und Verwaltungspostfach; nAhere Informationen unter wwwegvpde Frage 1: STAATSMlNlSTERlUM DER JUSTIZ Welche Aufgaben zur Gewährleistung der Sicherheit an sächsischen Gerichten und Staatsanwaltschaften, bezogen auf dort tätiges Personal, Prozessbeteiligte, Besucherinnen und Besucher etc., sind den sächsischen Justizwachtmeisterinnen und Justizwachtmeistern aktuell zugewiesen und welche Aufgaben namentlich auf dem Gebiet der Personenkontrolle? Die Aufgaben der Justizwachtmeister bei den sächsischen Gerichten und Staatsanwaltschaften werden durch Buchstabe C.l.3. der VwV Justizorganisation festgelegt. Hierunter zählen der Sitzungs- und Vorführdienst sowie der Sicherheits- und Ordnungsdienst Zur Gewährleistung der Sicherheit werden Justizwachtmeister zu Verhandlungs - und Versteigerungsterminen oder zu sonstigen Terminen hinzugezogen, wenn im Einzelfall durch die sachbearbeitende Stelle von einer besonders konfliktträchtigen Situation ausgegangen wird. ln solchen Terminen tragen Justizwachtmeister regelmäßig zur Deeskalation bei und stehen für den Fall bereit, dass Beteiligte oder Besucher gewalttätig werden. Im Rahmen des Sitzungs- und Vorführdienstes beaufsichtigen Justizwachtmeister ferner Gefangene nach Maßgabe der VwV Justizvollzugssicherheit und bewachen in Haft genommene oder auf besondere Anordnung zu beaufsichtigende Personen innerhalb des Justizgebäudes. Im Rahmen des Sicherheitsdienstes führen Justizwachtmeister Einlasskontrollen in den Justizgebäuden durch. Eine Personenkontrolle findet vor allem bei der Ausübung dieser Aufgabe statt, ist aber auch in anderen Fällen nicht ausgeschlossen, wenn es die Sicherheitslage erfordert (z.B. Durchsuchung einer sich schon im Sitzungssaal befindlichen Person, wenn Anhaltspunkte für das Mitführen einer Waffe vorliegen). Bei der Personenkontrolle am Einlass obliegt es den Justizwachtmeistern zunächst, Besucher auf das Benutzen des Sicherheitsrahmens (Torsonde) und eine ggf. durchzuführende Gepäckkontrolle hinzuweisen. Schlägt der Sicherheitsrahmen trotz Ablegens metallischer Gegenstände an, können sich eine Kontrolle der Person mittels Handsonde sowie ein körperliches Durchsuchen (Abtasten) anschließen. Im Rahmen der Personenkontrolle kann auch eine Kontrolle der Personalien durchgeführt werden (z.B. wenn Anhaltspunkte bestehen, dass gegen den Besucher ein Hausverbot ausgesprochen worden war). Seite 2 von 6 Frage 2: STAATSMlNlSTERlUM DER JUSTIZ Mit welcher Sicherheitsseiligen Ausrüstung/Bewaffnung sind Justizwachtmeisterinnen und Justizwachtmeister an Gerichten und Staatsanwaltschaften in Sachsen allgemein und im Konkreten im Zuge der Gewährleistung von Sicherheitsaufgaben , der Personenkontrolle u. Ä. ausgerüstet? Die Justizwachtmeister werden - nach erfolgreicher Teilnahme an einer Basisschulung und unter der Voraussetzung einer regelmäßigen Teilnahme an Fortbildungsveranstaltungen zum sachgerechten Umgang mit dem jeweiligen Hilfsmittel - mit einem Reizstoffsprühgerät und einem Teleskop-Einsatzstack ausgerüstet. Die Zulassungsvoraussetzungen regelt die VwV Justizorganisation. Den Justizwachtmeistern stehen ferner schnittfeste Handschuhe sowie Hand- und Fußfesseln für bestimmte Einsätze zur Verfügung. Im Konkreten stellt sich der gegenwärtige Stand der Ausrüstung wie folgt dar, wobei zu berücksichtigen ist, dass die Justizwachtmeister auch - einige nur - Aufgaben außerhalb des Ordnungs- und Sicherheitsdienstes und Sitzungs- und Vorführdienstes ausüben und die Hilfsmittel grundsätzlich nicht personengebunden ausgegeben werden, so dass trageberechtigte Justizwachtmeister teilweise denselben Ausrüstungsgegenstand zeitlich versetzt mit sich führen. Ferner steht es im Ermessen des Leiters der jeweiligen Dienststelle, ob die Hilfsmittel ständig oder nur im Bedarfsfall mitgeführt werden. Tatsächlich werden Reizstoffsprühgeräte derzeit weit überwiegend ständig mitgeführt. Justizwachtmeister insgesamt: 382 Trageberechtigung Reizstoffsprühgerät und Teleskop-Einsatzstack zugleich: 169 Trageberechtigung (nur) Reizstoffsprühgerät: 112 Trageberechtigung (nur) Teleskop-Einsatzstock: 0 Zur Verfügung stehende Reizstoffsprühgeräte: 307 Zur Verfügung stehende Teleskop-Einsatzstöcke: 186 Seite 3 von 6 Frage 3: STAATSMlNlSTERlUM DER JUSTIZ Existiert für die von Justizwachtmeisterinnen und Justizwachtmeistern vorzunehmende Personenkontrolle und bezüglich der Pflicht ihrer durch den Dienstherrn zu gewährleistenden Eigensicherung ein analoger Leitfaden wie im Fall der Polizei (Leitfaden 371) und wenn nicht, aus welchen sachlichen und rechtlichen Erwägungen wird hierauf bislang verzichtet? Die Eigensicherung der Justizwachtmeister ist ein wichtiger Gesichtspunkt. Die Eigensicherung , insbesondere das Einsatztraining in waffenloser Selbstverteidigung, ist daher Bestandteil der Ausbildung der Justizwachtmeister. Darüber hinaus werden regelmäßig Fortbildungen zur waffenlosen Gefahrenabwehr durch sog. Eingriffs- und Sicherungstechniken angeboten. Die Inhalte des Trainings sind an jene des Trainings im Polizeibereich angelehnt. Die im Jahre 2011 begonnene Ausstattung der Justizwachtmeister mit Reizstoffsprühgeräten und Teleskop-Einsatzstöcken diente auch der Stärkung der Eigensicherung der Justizwachtmeister. Ein Leitfaden in Analogie zu dem Leitfaden 371 der Polizei existiert nicht. Dies beruht nicht auf rechtlichen Erwägungen. ln sachlicher Hinsicht ist die Erstellung eines ähnlichen Leitfadens im Hinblick auf das wesentlich geringere Einsatzspektrum von Justizwachtmeistern nicht geboten. Der Leitfaden 371 thematisiert zahlreiche Situationen, mit denen Justizwachtmeister gemäß ihren Aufgaben nicht, allenfalls theoretisch oder wesentlich seltener in Berührung kommen (z.B. Blutprobenentnahmen; Durchsuchung von Fahrzeugen; erkennungsdienstliche Behandlung; Vernehmung; Eindringen in Räume; Verhalten bei Ansammlungen; Einsatzfahrten; Verkehrsunfallaufnahme; Umgang mit alkoholisierten, drogenbeeinflussten, psychisch kranken oder suizidgefährdeten Personen oder mit Hunden und tollwütigen Tieren). Der Abschnitt zu Personenkontrollen füllt lediglich 2 von 108 Seiten des Leitfadens aus. Den Justizwachtmeistern steht jedoch ein allgemeiner Handlungsleitfaden zur Verfügung , in welchem gängige Situationen bei Einlasskontrollen angeführt und die damit einhergehenden Befugnisse nebst rechtlicher Grundlage benannt werden. Seite 4 von 6 Freistaat SACHSEN Frage 4: STAATSMINISTERIUM DER JUSTIZ Ist es zutreffend, dass die sächsischen Justizwachtmeisterinnen und Justizwachtmeister u. a. mit Reizstoffsprühgeräten ausgerüstet sind (Pfefferspray) und inwieweit ist gewährleistet, dass selbige für die Anwendung in Innenräumen ohne unkalkulierbare Gefahren für Leib, Leben und Gesundheit vom Einsatz Betroffener geeignet sind? Die Justizwachtmeister sind mit Reizstoffsprühgeräten ausgestattet. Gemäß der Vorgabe der VwV Justizorganisation handelt es sich um Reizstoffsprühgeräte mit dem Wirkstoff Capsaicin (Pfefferspray), die den Anforderungen der Technischen Richtlinie Reizstoffsprühgeräte mit Oleoresin Capsicum (OC) oder Pelargonsäurevanillylamid (PAVA) des Polizeitechnischen Instituts der Deutschen Hochschule der Polizei in Münster vom November 2008 entsprechen. Diese Anforderungen gelten für Innen- und Außenräume gleichermaßen. Der Hersteller hat dementsprechend eine Prüfbescheinigung einzuholen und muss hierfür u.a. über die Gehaltsbestimmung des Reizstoffes ein Werkprüfzeugnis auf der Basis des Europäischen/Deutschen Arzneibuches vorlegen. Er hat die einwandfreie Funktion der Geräte von mindestens drei Jahren Dauer ab Lieferung zu gewährleisten. Im Vorfeld der Beschaffung der Geräte wurde eine Marktanalyse durch die Sicherheitsgruppe des Justizvollzuges vorgenommen. Die Justizwachtmeister sind im Übrigen im sachgerechten Umgang mit den Reizstoffsprühgeräten geschult. Frage 5: Existiert für die im Bereich der Justiz vorzunehmende Besucher- bzw. Personenkontrolle an Gerichten, Staatsanwaltschaften, im Strafvollzug etc. eine einheitliche Verwaltungsvorschrift und wenn nicht, auf Grund welcher Erwägungen wird hierauf verzichtet? Eine einheitliche Verwaltungsvorschrift für die genannten Personenkontrollen existiert nicht. Im Hinblick auf die von vornherein grundlegend unterschiedlichen Ausgangslagen und verschiedenen Adressaten - öffentlich zugängliche Gerichte und Justizwachtmeister auf der einen, nicht öffentlich zugänglich Justizvollzugsanstalten und JustizvollzugsSeite 5 von 6 Freistaat SACHSEN STAATSM1N1STER1UM DER JUSTIZ beamte auf der anderen Seite - wäre die Schaffung einer einheitlichen Verwaltungsvorschrift von vornherein auch nicht zweckmäßig. Für die auf Grundlage des öffentlichen Hausrechts durchgeführten Einlasskontrollen bei Gerichten und Staatsanwaltschaften besteht ebenfalls kein Bedarf an Regelungen durch eine einheitliche Verwaltungsvorschrift . Diese würde sich im Hinblick auf die unterschiedlichen örtlichen und organisatorischen Gegebenheiten (z.B. kein öffentlicher Zugang bei Staatsanwaltschaften; durchgängige Kontrollen und Besetzung der Justizwachtmeistereien während der Öffnungszeiten nur an größeren Standorten) auf ohnehin bekannte bzw. geregelte Allgemeinheiten beschränken müssen und damit keinen Mehrwert bilden. Den Justizwachtmeistern steht der vorgenannte Handlungsleitfaden zur Verfügung. Mit freundlichen Grüßen Sebastian Gemkow Seite 6 von 6 Freistaat SACHSEN 2015-11-23T12:32:37+0100 GRP: Elektronisches Dokumentations- und Archivsystem Erstellung des Nachweisdokumentes