STAATSMINISTERUJM des mmm Freistaat SACHSEN Der Staatsminister SÄCHSISCHES STAATSMINISTERIUM DES INNERN 01095 Dresden Präsidenten des Sächsischen Landtages Herrn Dr. Matthias Rößler Bernhard-von-Lindenau-Platz 1 01067 Dresden Aktenzeichen (bitte bei Antwort angeben) 16-0141.50/ 2438 Dresden äc . Oktober 2014 Kleine Anfrage der Abgeordneten Kerstin Köditz, Fraktion DIE LINKE Drs.-Nr.: 6/31 Thema: Status des so genannten Löschmoratoriums und weiterer Regelungen bezüglich der Aktenbestände des LfV Sachsen, des LKA Sachsen und der Polizeidirektionen des Freistaates Sachsen 2.^rde&Pmventiör. Sachsen Sehr geehrter Herr Präsident, den Fragen sind folgende Ausführungen vorangestellt: „Der damalige Präsident des LfV Sachsen hat am 19.07.2012 eine Mo-ratoriumsverfügung für das LfV Sachsen zur Aktenvernichtung erteilt, von der der gesamte Aktenbestand des LfV Sachsen umfasst ist. Darüber hinaus hat das SMI das LfV Sachsen am 03.08.2012 schriftlich angewiesen, .vorerst1 keine Vernichtungen von Akten und Aktenteilen sowie keine Löschungen von Dateien und Daten aus diesen Dateien aus dem Bereich ,Rechtsextremismus1 vorzunehmen; die Untersagung gilt darüber hinaus auch für Akten oder Aktenteile aus den Phänomenbereichen ,Linksextremismus1 und ,Ausländerextremismus1, .soweit ein Bezug zum Rechtsextremismus besteht.1 Auch hat das SMI das LKA Sachsen und die PDen des Freistaates Sachsen am 18.07.2012 angewiesen, ,bis zu einer abschließenden Entscheidung1 des Sächsischen Datenschutzbeauftragten ,sämtliche Unterlagen1 mit Bezug zum Fallkomplex NSU aufzubewahren, auch wenn Löschfristen eintreten. Das Vorgehen ist seit schriftlicher Weisung vom 03.08.2012 auf,sämtliche Unterlagen1 anzuwenden, ,die einen Bezug zum Rechtsextremismus aufweisen.1 (Vgl. Drs. 5/9770, 5/9772, 5/9773, 5/9970, 5/12943.)“ Hausanschrift: Sächsisches Staatsministerium des Innern Wilhelm-Buck-Str. 2 01097 Dresden Telefon +49 351 564-0 Telefax +49 351 564-3199 www.smi.sachsen.de Verkehrsanbindung: Zu erreichen mit den Straßenbahnlinien 3, 6, 7, 8, 13 Besucherparkplätze: Bitte beim Empfang Wilhelm-Buck-Str. 2 oder 4 melden. STAATSTVHTM1STBR1U1VI des mmm Freistaat SACHSEN Namens und im Auftrag der Sächsischen Staatsregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: In welchem Umfang gelten die in der Vorbemerkung bezeichneten Regelungen, Anweisungen, Verfügungen fort oder sind zu welchen Zeitpunkten, auf wessen Veranlassung und mit welchem Begründungen inhaltlich modifiziert, zeitlich und/oder sachlich eingeschränkt, erweitert oder aber ausgesetzt bzw. aufgehoben worden? Im Bereich des Landesamtes für Verfassungsschutz (UV) Sachsen gilt das Moratorium vom 19. Juli 2012 in der Fassung der Verfügung des Präsidenten des LfV Sachsen vom 1. Juli 2013 fort. Von der Verfügung vom 19. Juli 2012 war zunächst der gesamte Aktenbestand des LfV Sachsen umfasst. Das Sächsische Staatsministerium des Innern hatte sodann das LfV Sachsen mit Schreiben vom 3. August 2012 angewiesen, vorerst keinerlei Vernichtungen von Akten oder Teilen von Akten beziehungsweise Löschungen von Dateien oder Daten in Dateien aus dem Bereich „Rechtsextremismus“ mehr vorzunehmen. Daher wurde am 1. Juli 2013 nach Abstimmung mit dem Sächsischen Staatsministerium des Innern und dem Sächsischen Datenschutzbeauftragten eine ergänzende Verfügung durch den Präsidenten des LfV Sachsen erlassen. Diese legt fest, dass die Vernichtung von Akten oder Aktenteilen im Bereich „Rechtsextremismus“ mit Blick auf die Tätigkeiten der NSU-Untersuchungsausschüsse weiterhin zu unterbleiben hat. Die Verfügung gilt für die Bereiche „Linksextremismus“ und „Ausländerextremismus“ nur noch, soweit ein Bezug zum Rechtsextremismus besteht. Unterlagen ohne Bezug zum Rechtsextremismus sind seither vom Moratorium nicht mehr erfasst. Für den Bereich der sächsischen Polizei wurde mit Erlass des Sächsischen Staatsministeriums des Innern vom 18. Juli 2012 erstmals ein Löschmoratorium in Bezug auf Akten oder Teile von Akten beziehungsweise Dateien oder Daten in Dateien aus dem Bereich Rechtsextremismus verfügt. Danach sind diese solange gesperrt aufzubewahren, bis die im Sachzusammenhang stehenden Untersuchungsausschüsse des Deutschen Bundestages und des Sächsischen Landtages ihre Tätigkeit beendet haben. Eine Präzisierung dieses Löschmoratoriums erfolgte mit den Erlassen vom 3. August 2012 sowie vom 22. Oktober 2012. Die erste mit Schreiben vom 22. August 2012 festgelegte Sperrfrist zum Stichtag „31. Dezember 2013“ wurde mit Erlass des Sächsischen Staatsministeriums des Innern vom 12. Juli 2013 um ein Jahr verlängert. Darüber hinaus erfolgte keine weitere Änderung dieser Erlasslage. Inwiefern sind in etwaige Entscheidungen nach August 2012, die eine Änderung der in der Vorbemerkung bezeichneten Regelungen, Anweisungen und Verfügungen bewirkten, auch Erwägungen, Bewertungen und Entscheidungen des Sächsischen Datenschutzbeauftragten eingegangen und welche Ergebnisse hatten - abgesehen vom bekannten Prüfbericht vom 21. Januar 2013 - etwaige auf den Themenbereich bezogene Prüfvorgänge durch den Sächsischen Datenschutzbeauftragten? Der Sächsische Datenschutzbeauftragte hat die Aktenvernichtungen im LfV Sachsen in den Jahren 2011 und 2012 geprüft und das Ergebnis in dem Bericht vom 21. Januar 2013 zusammengefasst. Weitere Aktenvernichtungen hat er im LfV Sachsen nicht geFrage 1: Frage 2 Seite 2 von 5 STAATSTMlIMISTERlUlVf DES1NNERM Freistaat SACH SEIN] prüft. Die erläuterte Verfügung des LfV Sachsen vom 1. Juli 2013 beruht deshalb maßgeblich auf dem in der Fragestellung genannten Bericht. Für den Bereich der sächsischen Polizei wurde der Sächsische Datenschutzbeauftragte in das genannte Löschmoratorium vom 18. Juli 2012 einbezogen. ln wie vielen Fällen sind seit August 2012 beim UV Sachsen, dem LKA Sachsen sowie Poiizeidirektionen des Freistaates Sachsen welche Unterlagen aufgefunden worden, bei denen anhand nachträglicher Würdigung davon auszugehen ist, dass sie einen Bezug zum Themenkomplex NSU aufweisen oder aufweisen könnten? Im LfV Sachsen wurden im Rahmen der Umsetzung der Empfehlungen der Expertenkommission (Bericht vom 20. Februar 2013) sowie des Sächsischen Datenschutzbeauftragten (Bericht vom 21. Januar 2013) bezüglich einer durchgängigen Registrierung aller Akten im Jahr 2013 unregistrierte Aktenbestände abermals gesichtet. Im Verlauf der Nachregistrierung wurden zehn Aktenordner mit im Sinne der Fragestellung möglicherweise relevantem Material zusammengestellt. Neun dieser Ordner wurden mit den Lieferungen am 14. Juni 2013, 14. August 2013 und am 18. Dezember 2013 an den 3. Untersuchungsausschuss des Sächsischen Landtages übersandt. Am 14. April 2014 wurde eine Aufstellung weiterer Unterlagen an den 3. Untersuchungsausschuss des Sächsischen Landtages übersandt. Im Bereich der Polizei wurden in zwei Fällen Akten aufgefunden, deren inhaltliche Zuordnung zum Themenkomplex NSU offensichtlich ist, deren Feststellung aber im Rahmen der ersten Recherchen, die zur Auffindung einschlägiger Unterlagen durchgeführt wurden, nicht erfolgte. Dies betrifft zum einen Unterlagen zu dem Raubüberfall am 5. Juli 2001 in Zwickau. Konkret handelt es sich um eine Ermittlungsakte, die in der Polizeidirektion Südwestsachsen bei der Akte eines Dritten, der vorübergehend als Beschuldigter in den Fokus der Ermittlungen gerückt war, irrtümlich abgelegt und deshalb damals bei der ersten Recherche nicht aufgefunden wurde. Erst im Zusammenhang mit der Bearbeitung einer Anfrage des Büros des Ermittlungsbeauftragten des 2. Untersuchungsausschusses des Bundestages zu möglichen Ringalarmfahndungen wurde sie im Rahmen der hierzu durchgeführten Recherche festgestellt. Zum anderen handelt es sich um Material zu Informationsveranstaltungen der BAO Bosporus zum Stand der Ermittlungen in der Mordserie „Ceska“ in Sachsen. Diese waren im Rahmen der ersten polizeilichen Recherchen zum „NSU“ ebenfalls nicht entdeckt worden. Die Unterlagen zu beiden vorgenannten Komplexen wurden dem 3. Untersuchungsausschuss des Sächsischen Landtages unmittelbar nach deren Auffinden nachträglich vorgelegt. Im Rahmen eines Sachverhaltes, der nicht unmittelbar dem Themenkomplex „Löschmoratorium“ zuzurechnen ist, beschlagnahmte das Operative Abwehrzentrum am 28. März 2014 im Rahmen von Exekutivmaßnahmen bei einem Angehörigen der rechtsextremistischen Szene in Sachsen eine CD, deren Inhalte derzeit vom Bundeskriminalamt auf mögliche Bezüge zum Tatkomplex um die Terrorzelle „NSU“ geprüft werden. Im Weiteren wird hierzu auf die zusammenfassende Antwort der Staatsregierung auf die Fragen 2 bis 4 zu Drucksache 6/33 verwiesen. Frage 3 Seite 3 von 5 STAATSMINISTERIUM DES INNERN KB.**'1 Freistaat ||| SACHSEN Frage 4: Wie viele Akten und Aktenteile sowie Dateien oder in Dateien eingespeicherte Datensätze des LfV Sachsen sind seit August 2012 durch wen und auf wessen Anweisung zu welchen Zeitpunkten gesperrt, gelöscht, oder vernichtet worden (bitte aufschlüsseln nach Zahl und Art der betroffenen Inhalte, Verschlussgraden, Herkunft aus P-, S- und J-Akten sowie tangierten Phänomenbereichen) und inwieweit hat bezogen auf die betroffenen Inhalte eine individuelle Prüfung stattgefunden, um einen Bezug zum Themenkomplex NSU auszuschließen? Im Zeitraum vom 1. August 2012 bis zum 10. Oktober 2014 wurden insgesamt 24766 Aktenstücke vernichtet und 12473 gesperrt. Wenn ein Aktenstück vernichtet wird, wird die entsprechende Speicherung in Dateien ebenfalls gelöscht. Die Aufteilung auf die einzelnen Phänomenbereiche kann der Tabelle entnommen werden: Rechts- extre- mismus Links- extre- mismus Auslän- derextre- misus/lsla- mismus Sonstige Be- schaf- fung Verwal- tung Vernichtete P-Akten 0 158 87 20 5 0 Aktenstücke vernichtete P-Akten 0 6529 2186 330 61 0 Vernichtete Aktenstücke aus fortbestehenden P-Akten 0 1 46 4 0 0 Vernichtete S-Akten 0 4 3 34 7 27 Aktenstücke vernichtete S-Akten 0 700 15 562 52 180 Vernichtete Aktenstücke aus fortbestehenden S-Akten 0 887 144 2397 0 10597 Gesperrte P-Akten 2 2 2 2 803 0 Aktenstücke gesperrte P-Akten 276 283 21 2 10812 0 Gesperrte Aktenstücke aus fortbestehenden P-Akten 0 0 2 0 0 0 Gesperrte S-Akten 0 0 1 0 5 0 Aktenstücke gesperrte S-Akten 0 0 108 0 544 0 Gesperrte Aktenstücke aus fortbestehenden S-Akten 232 51 128 8 0 0 Gesperrte Datensätze in der Amtsdatei 1645 0 0 0 0 0 Gesperrte Personen in der Amtsdatei 1590 0 0 0 0 0 Seite 4 von 5 STAATSM1N1STERHJM DES INNERN Freistaat SACHSEN Eine weitere Differenzierung, wie z. B. nach Verschlussgraden, konnte in der zur Verfügung stehenden Zeit nicht erfolgen, weil hierzu weder automatisierte Abfragemöglichkeiten noch die Möglichkeit entsprechend schneller manueller Abfragen bestehen. Die Anweisung zur Vernichtung wird durch die Leitung des fachlich zuständigen Referats erteilt. Dieses überprüft auch das Vorhandensein von Bezügen zum Rechtsextremismus. Die Vernichtung erfolgt durch eigenes Personal und unter Aufsicht von Bediensteten des Landesamtes für Verfassungsschutz durch ein Unternehmen, das über die Zulassung zur Vernichtung von Verschlusssachen verfügt. Wie viele polizeiliche bzw. bei Polizeidienststellen im Freistaat Sachsen geführten oder aufbewahrten Akten und Aktenteile sowie Dateien oder in Dateien eingespeicherte Datensätze, „die einen Bezug zum Rechtsextremismus aufweisen“, sind seit August 2012 durch wen und auf wessen Anweisung zu welchen Zeitpunkten gesperrt, gelöscht oder vernichtet worden (bitte aufschlüsseln nach Zahl und Art der betroffenen Inhalte, ggf. Verschlussgraden sowie tangierten Phänomenbereichen) und inwieweit hat bezogen auf die betroffenen Inhalte eine individuelle Prüfung stattgefunden, um einen Bezug zum Themenkomplex NSU auszuschließen? Von den auf der Grundlage der in der Antwort auf die Frage 1 dargestellten Erlasslage im Polizeilichen Auskunftssystem Sachsen (PASS) automatisiert gesperrten 73.107 Vorgängen wurden im Ergebnis von anlassbezogenen Einzelfallentscheidungen, zum Beispiel wegen der gerichtlichen Feststellung des Nichtvorliegens einer Straftat oder ' is von Bezügen zum Bereich des Rechtsextremismus 476 Vorgänge ! ischungen wurden in Abstimmung mit dem Datenschutzbeauftragten i alamtes vorgenommen. Frage 5: rüßen Seite 5 von 5