STAATSMINISTERIUM FÜR WIRTSCHAFT ARBEIT UND VERKEHR Freistaat SACHSEN Der Staatsminister Sächsisches Staatsministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr Postfach 10 03 29 | 01073 Dresden Präsidenten des Sächsischen Landtages Herrn Dr. Matthias Rößler Bernhard-von-Lindenau-PIatz 1 01067 Dresden Durchwahl Telefon: 0351 564-8001 Telefax: 0351 564-8024 Kleine Anfrage des Abgeordneten Nico Brünler, Fraktion DIE LINKE Drs.-Nr.: 6/3192 Thema: Finanzierung eines sozialen Arbeitsmarkts durch Passiv-Aktiv- Transfer Aktenzeichen (bitte bei Antwort angeben) 22-1053/43/21 Dresden, /. 2015 Sehr geehrter Herr Präsident, den Fragen sind folgende Ausführungen vorangestellt: „Der Anteil von langzeitarbeitslosen Menschen ist in Sachsen unver¬ ändert hoch. Derzeit sind im Freistaat über 65.000 Personen betroffen. Oftmals sind dies Menschen über 50 Jahren, welche seit den 90er Jah¬ ren über gebrochene Erwerbsbiographien verfügen, oder gesundheit¬ lich eingeschränkte Personen, welche trotz Teilnahme an zahlreichen arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen und guter konjunktureller Lage nicht oder nur schwer auf dem ersten Arbeitsmarkt Fuß fassen kön¬ nen." Namens und im Auftrag der Sächsischen Staatsregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: ir Zertifikat seit 2006 audll bcrufundfamlllc Frage 1: Für sogenannte sehr arbeitsmarktferne Personen stehen in Sachsen aus dem Bundesprogramm Soziale Teilhabe am Ar¬ beitsmarkt insgesamt 1.086 Plätze zur Verfügung. Wie hoch ist nach Auffassung der Staatsregierung der tatsächliche Ge¬ samtbedarf über diese 1.086 Plätze hinaus? Der Staatsregierung liegen keine eigenen Erkenntnisse zum Bedarf der im Rahmen des Bundesprogramms „Soziale Teilhabe am Arbeitsmarkt" zu för¬ dernden Personen in Sachsen vor. Nach Informationen der Regionaldirekti¬ on (RD) der Bundesagentur für Arbeit sind folgende statistische Angaben für die in der Förderrichtlinie zum Bundesprogramm Soziale Teilhabe definierte Zielgruppe (siehe Abschnitt II Nr. 3 der Förderrichtlinie, Bundesanzeiger vom 7. Mai 2015) bekannt. Es sind dies Personen, die; a) gegenwärtig bei einem der teilnehmenden Jobcenter gemeldet sind, b) seit mindestens vier Jahren im Leistungsbezug sind und dem Ar¬ beitsmarkt aktuell zur Verfügung stehen, Seite 1 von 3 Hausanschrift: Sächsisches Staatsministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr Wilhelm-Buck-Straße 2 01097 Dresden Außenstelle: Hoyerswerdaer Straße 1 01097 Dresden www.smwa.sachsen.de Verkehrsanbindung: Zu erreichen mit den Straßenbahnlinien 3, 7, 8 Haltestelle Carolaptalz Kein Zugang für elektronisch signierte sowie für verschlüsselte elektronische Dokumente. STAATSMINISTERIUM FÜR WIRTSCHAFT ARBEIT UND VERKEHR c) das 35. Lebensjahr vollendet haben, d) in dieser Zeit nicht oder nur kurz selbstständig oder abhängig beschäftigt waren, e) noch nicht in den allgemeinen Arbeitsmarkt eingegliedert werden können (do¬ kumentierte (erfolglose) Integrationsbemühungen in der Vergangenheit, vorläu¬ fige negative Prognoseentscheidung, mittel- bis langfristig jedoch integrierbar) f) gesundheitliche Einschränkungen haben, die eine Integration in den allgemei¬ nen Arbeitsmarkt erschweren oder in einer Bedarfsgemeinschaft mit minderjäh¬ rigen Kindern leben. Gemäß der statistischen Auswertung der RD Sachsen nach den Buchstaben a, b, c und f - bezogen auf die Bedarfsgemeinschaften mit minderjährigen Kindern - ergibt sich derzeitig eine Anzahl von 21.553 Personen (Juni 2015). Bei den schwerpunktmäßig geförderten Leistungsberechtigten mit gesundheitlichen Einschränkungen ist statistisch nicht nachweisbar, inwieweit die gesundheitlichen Ein¬ schränkungen ein gravierendes Hemmnis bei der Arbeitsmarktintegration darstellen oder andere Ursachen, beispielsweise auch das Fehlen einer Arbeit, zur Verschlechte¬ rung der Gesundheit geführt haben. Des Weiteren können keine Aussagen getroffen werden, ob Personen, die der Zielgruppe zuzuordnen sind, tatsächlich Interesse an der Teilhabe am sozialen Arbeitsmarkt im Rahmen des Förderprogramms haben. Frage 2: Zur Finanzierung öffentlich geförderter Beschäftigung wird von ver¬ schiedenen Seiten regelmäßig die Möglichkeit eines Passiv-Aktiv- Transfers gefordert. Dem stehen - abgesehen von Pilotprojekten - der¬ zeit rechtliche Regelungen entgegen. Was unternimmt die Staatsregie¬ rung um auf eine grundsätzliche Änderung dieser rechtlichen Situation hinzuwirken? Die mit der Einführung eines Passiv-Aktiv-Transfers einhergehende „Umschichtung" von Mitteln aus dem Leistungsrecht zugunsten der Aktivierung von Langzeitarbeitslo¬ sen im Eingliederungstitel setzt eine Änderung des Zweiten Sozialgesetzbuches vo¬ raus. Da es sich beim Zweiten Sozialgesetzbuch um Bundesrecht handelt, bedarf es einer bundesgesetzlichen Änderung um den Passiv-Aktiv-Transfer zu ermöglichen. Die Staatsregierung setzt sich auch auf Bundesebene für eine intensivere Bekämpfung der Arbeitslosigkeit, besonders der Langzeitarbeitslosigkeit, ein. Zu diesem Zweck hat sich Sachsen intensiv an der Erarbeitung des Positionspapiers der Länder zur Bekämp¬ fung der Langzeitarbeitslosigkeit im Rahmen der Neuausrichtung der öffentlich geför¬ derten Beschäftigung beteiligt. Dieser Beschlussvorschlag der Länder wurde bei der 92. Arbeits- und Sozialministerkonferenz (ASMK) am 18. und 19. November 2015 an¬ genommen. Darin wird der Bund aufgefordert, die finanziellen und rechtlichen Rah¬ menbedingungen zu schaffen, um eine intensivere Bekämpfung der Langzeit¬ arbeitslosigkeit auch über öffentlich geförderte Beschäftigung zu ermöglichen. Frage 3: Falls die Staatsregierung bisher keine Schritte in diese Richtung unter¬ nommen hat-warum nicht? Es wird auf die Antwort zu Frage 2 verwiesen. Seite 2 von 3 STAATSMINISTER11JM FÜR WIRTSCHAFT ARBEIT UND VERKEHR Freistaat SACHSEN Frage 4: In anderen Bundesländern - insbesondere Baden-Württemberg - exis¬ tieren derzeit Pilotprojekte zur Auslotung der Möglichkeiten von Passiv- Aktiv-Tausch. Plant die Staatsregierung ähnliches derzeit auch für Sachsen? Wenn ja, wie ist die Finanzierungsstruktur des Projektes und was ist seine arbeitsmarktpolitische Zielstellung; bzw. wenn nein, wa¬ rum nicht? Wie bereits in der Antwort auf Frage 2 beschrieben, fehlen derzeit die notwendigen gesetzlichen Regelungen für die Umsetzung eines sogenannten Passiv-Aktiv-Tauschs in regulären Programmen oder Modellprojekten. Das von Baden-Württemberg durchge¬ führte Modellprojekt konnte aufgrund der rechtlichen Rahmenbedingungen die Effekte nur simulieren und soll 2016 auch nicht verlängert werden. Eine Umsetzung des Passiv-Aktiv- Tausches gab es bisher in keinem Bundesland. Aus diesem Grund gibt es derzeit auch keine existierenden Projektansätze im Freistaat Sachsen auf der Basis des Passiv- Aktiv-Tausches. Die Staatsregierung hat die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit und dabei besonders der Langzeitarbeitslosigkeit zu einer ihrer Schwerpunktaufgaben gemacht. Zusätzlich zu den bereits begonnenen Maßnahmen gibt es auf Basis des Koalitionsvertrages Überle¬ gungen über den Einsatz von weiteren Arbeitsmarktinstrumenten zum Abbau der Langzeitarbeitslosigkeit, mit denen durch den Einsatz aktivierender Angebote auch passive Leistungen eingespart werden könnten. Hierzu ist der Meinungsbildungsprozess innerhalb der Staatsregierung noch nicht abgeschlossen. Seite 3 von 3 2015-12-04T12:15:09+0100 GRP: Elektronisches Dokumentations- und Archivsystem Erstellung des Nachweisdokumentes