STAATSM1N1STER1UM l DES INNERN l Freistaat SACHSEN Der Staatsminister SÄCHSISCHES STMTSMINISTERIUM DES INNERN 01095 Dresden Präsidenten des Sächsischen Landtages Herrn Dr. Matthias Rößler Bernhard-von-Lindenau-Platz 1 01067 Dresden Aktenzeichen (bitte bei Antwort angeben) 35-0141.50/8883 (Dresden, ^ . Dezember 2015 Kleine Anfrage der Abgeordneten Kerstin Köditz, Fraktion DIE LINKE Drs.-Nr.: 6/3258 Thema: Umgang mit möglichen fremdenfeindlichen Vorfällen bei der Polizei Sehr geehrter Herr Präsident, namens und im Auftrag der Sächsischen Staatsregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Welche Vorkommnisse sind der Staatsregierung seit November 2014 bekannt geworden, in denen sich Bedienstete der Polizei im Freistaat Sachsen in welcher Weise fremden./ausländerfeindlich, rassistisch, antisemitisch und/oder rechtsextrem geäußert oder auf welche Weise betätigt und/oder mit welchen Bestrebungen der extremen Rechten zusammengearbeitet haben? (Bitte aufschlüsseln nach Vorgang, Zahl der beteiligten Beamten, Dienststelle.) Frage 2: Welche Vorgänge sind der Staatsregierung seit November 2014 bekannt geworden, in denen Bedienstete der Polizei im Freistaat Sachsen durch Beteiligung an welchen Protestveranstaltungen (bitte aufschlüsseln nach Tag, Ort, Veranstalter und Motto der Veranstaltung) bzw. welchen Äußerungen im Zusammenhang mit solchen Veranstaltungen gegen das beamtenrechtliche Mäßigungsgebot verstoßen haben und welche konkreten Konsequenzen folgten hieraus? Zusammenfassende Antwort auf die Fragen 1 und 2: Zur Beantwortung der Fragen wird auf die Anlage verwiesen. Eine darüber hinausgehende Recherche in den Datenbanken der sächsisehen Staatsanwaltschaften (Stand: 16. November 2015) ergab, dass im Sachzusammenhang etwa 1400 Ermittlungsverfahren im Einzelnen händisch auf Vorkommnisse im Sinne der Fragen und 2 ausgewertet werden müssten. Hausanschrift: Sächsisches Staatsministerium des Innern Wllhelm-Buck-Str. 2 01097 Dresden Telefon +49 351 564-0 Telefax +49 351 564-3199 www.smi.sachsen.de Verkehrsanbindung: Zu erreichen mit den Straßenbahnlinien 3, 6, 7. 8. 13 Besucherparkplätze: Bitte beim Empfang Wllhelm-Buck- Str. 2 oder 4 melden. STAATSM1WSTER1UM DES INNERN Freistaat SACHSEN Von einer Beantwortung seitens der Staatsregierung wird abgesehen. Begründung: Gemäß Artikel 51 Absatz 1 Satz 1 der Verfassung des Freistaates Sachsen ist die Staatsregierung verpflichtet, Fragen einzelner Abgeordneter oder parlamentarische Anfragen nach bestem Wissen unverzüglich und vollständig zu beantworten. Nach dem Grundsatz der Verfassungsorgantreue ist Jedes Verfassungsorgan verpflichtet bei der Ausübung seiner Befugnisse den Funktionsbereich zu respektieren, den die hierdurch mitbetroffenen Verfassungsorgane in eigener Verantwortung wahrzunehmen haben. Dieser Grundsatz gilt zwischen der Staatsregierung und dem Parlament sowie seinen einzelnen Abgeordneten, so dass das parlamentarische Fragerecht durch die Pflicht des Abgeordneten zur Rücksichtnahme auf die Funktions- und Arbeitsfahigkeit der Staatsregierung begrenzt wird. Die Staatsregierung muss nur das mitteilen, was innerhalb der Antwortfrist mit zumutbarem Aufwand in Erfahrung gebracht werden kann (vgl. SächsVerfGH, Urteil vom 16. April 1998, Vf. 14-1-97). Im vorliegenden Fall wären zur vollständigen Beantwortung der Fragen somit umfangreiche und zeitaufwendige Recherchen in den Aktenbeständen der sächsischen Staatsanwaltschaften und Gerichte erforderlich. Dabei ist der Zeitaufwand für das Ziehen der Akten aus den Geschäftsstellen und staatsanwaltschaftlichen Archiven. der Aufwand zur Beiziehung versendeter Akten, z. B. von Verteidigern, Gerichten Sachverständigen und Polizei, das Auswerten der Akten und die schriftliche Dokumentation des gefundenen Ergebnisses zu berücksichtigen. Die Staatsregierung kam daher bei der vorzunehmenden Abwägung zwischen dem parlamentarischen Fragerecht einerseits und der Gewährleistung der Funktionsfähigkeit der Staatsregierung sowie der ihr nachgeordneten Ermittlungsbehörden andererseits zu dem Ergebnis, dass eine Beantwortung der Frage auch unter Berücksichtigung des hohen Rangs des parlamentarischen Fragerechts unverhältnismäßig und ohne erhebliche Einschränkung der Strafrechtspflege nicht zu leisten ist. Frage 3: Welche Vorgänge sind der Staatsregierung seit November 2014 bekannt geworden, in denen Polizeiinterna - beispielsweise Details über Einsätze oder Informationen aus Ermittlungsverfahren - über Medien (z. B. Profile in sozialen Netzwerken) von "Asylkritikern" und/oder der extremen Rechten veröffentlicht bzw. verbreitet wurden und welche Konsequenzen folgten hieraus? Es wurde ein Vorgang bekannt, bei dem ein Täterlichtbild eines als Intensivtäter einzustufenden algerischen Asylbewerbers auf der Facebook-Seite von "Freigida" platziert wurde. Es besteht daher der Verdacht auf Verstoß gegen das Kunsturhebergesetz , das Datenschutzgesetz und beamtenrechtliche Verstöße gegen Unbekannt . Der Vorgang wurde an die Staatsanwaltschaft Chemnitz abgegeben. Die Staatsanwaltschaft Dresden führt ein Verfahren gegen Unbekannt wegen des Verdachts der Verletzung von Dienstgeheimnissen gemäß § 353b des Strafgesetzbuches (StGB) Das Verfahren hat zum Inhalt die unbefugte Weitergabe von polizeilichen Informationen über gegen Asylbewerber geführte Ermittlungsver-fahren an einen nicht der Polizei angehörenden Dritten, die dieser über seinen Facebook- Account veröffentlicht habe. Seite 2 von 5 STAATSMIN1STER1UM DES INNERN Freistaat SACtiSETM Frage 4: Welche der Vorgänge im Sinne der Fragen 1, 2 und 3 wurden/werden in welcher Weise und ggf. mit welchen bisherigen Konsequenzen straf-, dienstbzw . disziplinarrechtlich verfolgt bzw. geahndet und inwieweit resultieren hieraus Ermittlungsverfahren im Phänomenbereich der PMK-rechts oder IF'rechts? (Bitte 99f- aufschlüsseln nach zuständiger Staatsanwaltschaft, Straftatbestand, Zahl der Beschuldigten.) Es wird Bezug genommen auf die Tabelle zur Antwort auf die Frage 1 zu a: Das Verfahren wegen des Verdachts auf achtungs- und vertrauensunwürdiges Verhalten durch negative dienstbezogene Äußerungen zur Flüchtlingsproblematik in sozialen Medien führte zur Ausdehnung eines bereits anhängigen Disziplinarverfahrens . Die Äußerungen ließen jedoch nicht den Verdacht auf eine strafbare Handlung zu. zu b: Das Verfahren wegen des Verdachts der Volksverhetzung wurde durch die Staatsanwaltschaft Chemnitz_gegen Auflagen gemäß § 153a der Strafprozessordnung (StPO) eingestellt. Die Einleitung eines Disziplinan/erfahrens wird derzeit geprüft. zu c: Das Verfahren wegen des Verdachts der Volksverhetzung wurde an die Staatsanwaltschaft Dresden zur Abstimmung weiterer Ermittlungsschritte abgegeben. Die Einleitung eines Disziplinarverfahrens wird derzeit geprüft. zu d: Das Verfahren wegen des Verdachts der Volksverhetzung wurde an die Staatsanwaltschaft Zwickau abgegeben und gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt. Das Disziplinarverfahren wurde gemäß § 32 Abs. 1 Nr. 2 des Sächsischen Disziplinargesetzes eingestellt. Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass keines der auf o. g. Weise recherchierten Verfahren durch die sächsischen Staatsanwaltschaften mit dem Zusatzattribut "IF-rechts" versehen worden ist. Frage 5: Welche konkreten Maßnahmen ergreift die Staatsregierung derzeit, um bei der Polizeiausbildung sowie begleitend zur Polizeiarbeit auf eine Sensibilisierung gegenüber bzw. Prävention von fremden-/ausländerfeindlichen, rassistischen, antisemitischen und/oder rechtsextremen Einstellungen, Äußerungen und Handlungen hinzuwirken? In der Laufbahnausbildung der Laufbahngruppe 1, zweite Einstiegsebene der Fachrichtung Polizei sind die angefragten Themen Bestandteil verschiedener Ausbildungsfacher mit dem Ziel der Herausbildung umfassender Handlungskompetenzen in der Einheit von Fach-, Methoden-, Selbst- und SozialkompetenzerL Es werden die Voraussetzungen geschaffen, dass die Absolventen die übertragenen polizeilichen Seite 3 von 5 STAATSM1N1STER1UM DES INNERN Freistaat SÄCtiSETM Aufgaben rechtskonform, bürgernah, konfliktmindernd sowie selbstständig und eigenverantwortlich erfüllen können. In den Lehrveranstaltungsstunden werden regelmäßig aktuelle politische Themen ausgewertet sowie die damit verbundenen Probleme, denen sich die Polizei stellen muss. Das betrifft auch die Themen Rechts- und Linksextremismus sowie fremden-/ ausländerfeindliche, rassistische und antisemitische Vorkommnisse. Aktuell wurden durch die Polizeifachschule Leipzig Eretaufnahmeeinrichtungen in Leipzig besucht, um die Polizeimeisteranwärter für dieses Problem zu sensibilisieren . Im Jahr 2016 wird durch die Polizeifachschule Chemnitz ein Symposium zum Thema "Interkulturelle Kompetenz" geplant. Zielgruppe sind neben den Polizeimeisteranwärtern beider Schulen auch Bedienstete der Polizeidirektionen. Darüber hinaus führte das Präsidium der Bereitschaftspolizei für die Angehörigen der Einsatzhundertschaften aus aktuellem Anlass für den Dienstort Leipzig" fünf Veranstaltungen (pro Bereitschaftspolizeizug am Standort ein Termin) ä vier Stunden zum Thema "Interkulturelle Kompetenz" durch (28./29.10., 04./05./17.11.). In dieser Veranstaltung wurden folgende Themenschwerpunkte bearbeitet: . Definition "interkulturell" und "Kultur" im Arbeitsalltag, . Bedeutung interkultureller Kompetenz im Arbeitsalltag anhand konkreter Beispiele (Einsatz im Flüchtlingsheim, Razzia in Berlin-Temoelhofer Moschee etc.), . Rolle der Schulungsteilnehmer in möglichen interkulturellen Konflikten, . Kennenlernen des islamischen Wertesystems und des arabisch-islamischen Kulturkreises. Für 2016 ist diese Vortragsreihe für die Dienstorte Dresden und Chemnitz geplant. Es werden noch weitere Veranstaltungen unter Einbeziehung der Polizeifachschulen folgen. Begleitend zu der Veranstaltungsreihe wurden zwei Hefte der Bundeszentrale für politische Bildung bestellt, deren Inhalt sich mit Flucht und den Folgen dieser auseinander -setzt http://www.bDb.de/shoo/zeitschriften/fluter/208588/flucht und htto://www.bDb.de/shoD/zeitschriften/213674/bDbmaaazin-2-2015 de 499 StuckL An der Hochschule der Sächsischen Polizei (FH) wird stets konsequent auf eine wissenschaftlich solide fundierte und daher auch entsprechend aufklärend wirksame Ausbildung gegen extremistische Gefährdungen der freiheitlich-demokratischen Grundordnung von links und rechts geachtet. Dem entsprechend werden fremdenbzw . ausländerfeindliche Fragestellungen im Rahmen der Ausbildung angesprachen , diskutiert und bewertet. Seite 4 von 5 STAATSMIN1STERIUM DES INNERN Freistaat SACHSEN Die Hochschule der Sächsischen Polizei (FH) hat begleitend zur Polizeiarbeit in folgenden Fortbildungsveranstaltungen die Thematik aufgegriffen: Q 0101 Allgemeinfachliche Fortbildung Laufbahngruppe 2. 1 Polizei Q 0102 Allgemeinfachliche Fortbildung Laufbahngruppe 1.2 Polizei Q 0205 Interkulturelle Kommunikation Q 0206 Polizeiliches Konfliktmanagemsnt Q 0207 Kommunikation als Mittel zur Deeskalation Q 0303 Besonderes Polizeirecht Q 0305 Ordnungswidrigkeitenrecht Q 0310 Rechtliche Grundlagen des Ausländer- und Asylrechts FE 0401 Bürgerpolizist K 0101 Kriminalpolizeiliche Sachbearbeitung K 0201 Polizeilicher Staatsschutz - Grundmodul K 0201-01 Polizeilicher Staatsschutz - PMK Links - Aufbaumodul K 0201-02 Polizeilicher Staatsschutz - PMK Ausländer - Aufbaumodul P 0101 Polizeiliche Prävention - Grundmodul P 0205 Prävention Rechtsextremismus Sächsische Beamte können darüber hinaus innerhalb der Sicherheitskooperation an dpr Fortbildung GSW-ST-002 "Umgang mit Ausländern und Migranten im Polizeiv ^llzi^salltag" teilnehmen. Mit frejndlichen Grüßen . ^w Markus Ulbii Anlage Seite 5 von 5 Anlage Kleine Anfrage 6/3258 Frage 1: 2015-12-09T10:32:28+0100 GRP: Elektronisches Dokumentations- und Archivsystem Erstellung des Nachweisdokumentes