STAATSMI NISTERìU]\4 DER JUSTIZ SÄCHSISCHES STAATSMINISTERIUM DER JUSTIZ Hospilalstraße 7 | 01097 Dr€sd€n Präsidenten des Sächsischen Landtages Herrn Dr. Matthias Rößler Bern ha rd-von-Li ndena u-Platz 1 01067 Dresden Kleine Anfrage der Abgeordneten Kerstin Köd¡tz, Fraktion DIE LINKE Drs.-Nr.: 6/3529 Thema: Tötungsdelikte mit möglichem politisch rechts motivierten Tathintergrund im Landkreis Leipzig Sehr geehrter Herr Präsident, den Fragen sind folgende Ausführungen vorangestellt: ,,Aus einer Durchsicht zeitgenössischer Presseberichte ergeben sich für den Landkreis Leipzig Hinweise auf drei Tötungsdelikte bzw. Delikte mit Todesfolge, in denen im Zuge der Berichterstattung Hinweise auf einen möglichen politisch rechts motivierten Tathintergrund ge' nannt worden sind: a (Vgf . LVZ vom 27.12.1995, S. 5, dpa/EB: ,,Grimma: Zwei Haftbefehle nach Messerstecherei auf dem Schulhof"; LYZ vom 28.12.1995, S. 4; dpa: ,,Täter nach Messerstecherei in Grimma geständig"; LYZ vom 12.10.1996, S. 13; S.K.: ,,Mehrjährige Haft für Messerstecher") 22.12.1995, gewalttätiger Übergriff auf Mario Lessig (15) auf einem fl::Jä,ï,*, Schulhof in Grimma. Das Opfer starb infolge des Übergriffs. Die o1os7 Dresden Täter wurden der rechten Szene zugeordnet und sollen am Tattag 3ffiå!;ti.ori.""utsche Post im Stadtgebiet randaliert haben Freistaat SACHSEN Der Staatsminister Durchwahl Telefon +49 (0)351 564-1500 Telefax +49 (0)351 564-1509 staatsminister@ smj.justiz.sachsen.de* Aktenzeichen (bitte bei Antwort angeben) 1 040E-KLR-5053/00 Dresden, J3,. Januat 2016 Hausanschrlft: Sächslsches Staatsmlnlsterlum www.justiz sachsen.de/smj Verkehrsverblndung: Zu erreichen mit Straßen ba h n lin ie n 3,6,7,8,11 Parken und behindertengerechter Zugang über Einfahrt Hospitalskaße 7 'Zugang fiir elekkonisch signi€rt€ sowie fur verschlUssolte eloktron¡sch€ Dokumente nur úber das Elektron¡sch€ Gorichts- und VcMaltungspostfâch; Seite 1 von 5 M êgvp de STAATSMINISTERìUM DER JUSTIZ Freistaat SACHSEN ilV¡rJNlJS €;v a a 30.06.2002, gewalttätiger Übgergr¡ff auf Christel G. (65) in deren Wohnung in der Marienstraße in Wurzen. Das Opfer starb infolge des Übergriffs. Das Opfer sei als ,,Trinkerin" bekannt gewesen. Der Täter wurde der rechten Szene zugeordnet. (Vgl. LVZ vom 02.07.2002, S. 4, Eig. Ber.: ,,Das Motiv war Wut: l7-Jähriger ersticht Rentnerin in Wurzen"; Jungle World vom 04.09.2002, Nr. 2912002, Arthur Leone: ,,Einfach mal getötet") 20.10.2012, gewalttätiger Übergriff auf Helmut E. (63) in dessen Wohnung in Naunhof. Das Opfer verstarb infolge des Übergriffs Anfang Januar 2013. Das Opfer war querschnittsgelähmt und nutzte daher einen Rollstuhl. Die beiden Täter sollen der rechten Szene angehören. (Vgl. LVZ vom 22.10.2012: ,,Einbrecher verletzen querschnittgelähmten Mann in Naunhof schwer"; LYZ vom 23.10.2012, Robert Nößler: ,,Versuchter Mord: Brüder-Paar nach Ü¡ertall auf Behinderten in Naunhof bei Leipzig in Haft"; Bild Online vom 14.01.2013, Julia Kynast: ,,Nach Raubüberfall in seinem Haus - Verprügelter Gelähmter tot!"; LVZ vom 14.01.2013: ,,Gelähmtes Überfall- Opfer aus Naunhof stirbt zwei Monate nach der Tat"; LVZ-Muldental vom 06.02.2013, FP: ,,Raubüberfall - Mordanklage gegen Brüder aus Lindhardt")" Namens und im Auftrag der Sächsischen Staatsregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Zu welchen Verurteilungen wie vieler Täter bzw. Tatbeteiligten wegen welcher jeweiligen Straftatbestände ist es in den vorbezeichneten Fällen jeweils gekommen und inwiefern ist dabei der soziale Status der Opfer sowie die womöglich gegen ihren sozialen Status, ihre Beeinträchtigungen oder ihre politischen Orientierungen gerichteten Motivationen der Tat sowie die politische Einstellung der Täter gewürdigt oder nicht gewürdigt worden? Seite 2 von 5 STAATSMINISTERIUì\4 DER JUSTìZ Freistaat SACHSEN Gewalttätiger Übergriff auf Mario Lessig Wegen der Tötung seines Opfers und weiterer Straftaten wurde der zur Tatzeit heranwachsende Angeklagte unter Einbeziehung zweier Verurteilungen in anderer Sache wegen Totschlags zu der Einheitsjugendstrafe von acht Jahren und sechs Monaten verurteilt. Der mitangeklagte Heranwachsende wurde wegen gefährlicher Körperverletzung des Geschädigten zu der Jugendstrafe von zwei Jahren, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde, verurteilt. Gewalttätiger Übergriff auf Ghristel G Der zur Tatzeit Jugendliche wurde wegen Totschlags und gefährlicher Körperverletzung unter Einbeziehung zweier Verurteilungen in anderer Sache zu der Einheitsjugendstrafe von sieben Jahren und sechs Monaten verurteilt. Gewalttätiger Ubergriff auf Helmut E Der Angeklagte wurde wegen Mordes in Tateinheit mit Raub mit Todesfolge zu der Freiheitsstrafe von 14 Jahren, der weitere Angeklagte wegen Raub mit Todesfolge zu der Freiheitsstrafe von 13 Jahren verurteilt. ln allen drei Fällen werden in den Udeilsfeststellungen und Urteilsgründen keine Angaben zu einer etwaigen politischen Gesinnung der Täter gemacht. Aus den jeweiligen Feststellungen ergeben sich auch keine Anhaltspunkte dafür, dass der soziale Status der Opfer, deren politische Gesinnung bzw. gesundheitliche Beeinträchtigungen für die Tat eine Rolle gespielt haben. Frage 2: Bei welchen der vorbezeichneten Fälle wird aus welchen jeweiligen Gründen ein politisch rechts motivierter Tathintergrund angenommen oder ausgeschlossen? Sowohl die Ermittlungen als auch die Vorstrafen, soweit in den Urteilen festgestellt, ergaben jeweils keine Anhaltspunkte für eine politisch rechts motivierte Tat. Die Feststellungen Seite 3 von 5 STAATSMINISTERìUI\4 DER JUSTIZ Freistaat SACHSEN ÑF.Ftllill{ÆiFÑg.g -v zu den Personen der Angeklagten, insbesondere zu Alkoholmissbrauch und psychischen Störungen, legen eher nahe, dass die Taten keinen politischen Hintergrund haben. Eine Auseinandersetzung mit der politischen Motivation des Täters wie auch mit anderen Umständen, die nach dem Strafgesetzbuch für den Tatbestand, die Rechtswidrigkeit die Schuld oder die Strafzumessung von Bedeutung sind, ist nur dann erforderlich, wenn sich Anhaltspunkte dafür ergeben. Frage 3: Waren die vorbezeichneten Fälle jeweils Bestandteit einer Überprüfung von ,,Attfällen " von Tötungsdelikten hinsichtlich der Frage, ob und inwieweit ein politisch rechts motivierter Tathintergrund vorliegen könnte, und mit welchem Ergebnis ist diese Überprüfung jeweils abgeschlossen worden? Ausgehend von Erkenntnissen aus dem Ermittlungskomplex zum ,,Nationalsozialistischen Untergrund" (NSU) werden seit 2012 im Rahmen eines bundesweit bestehenden Analyseprojekts unter dem Dach des Gemeinsamen Extremismus- und Terrorismusabwehrzentrums gegen Rechtsextremismus/Rechtsterrorismus (GETZ-R) sogenannte Altfälle auf mögliche Bezüge zum NSU bzw. zur politisch motivierten Kriminalität - rechts - untersucht. Wie in den Antworten der Staatsregierung zu LT-Drs. 5113323,5/13588, 5/13589 und 6/407 dargelegt, wurden in der ersten Phase der Altfallanalyse ungekläfte vollendete und versuchte Tötungsdelikte ohne Tatverdächtige aus den Jahren 1990 bis 2011 überprüft. ln diese Phase mit einbezogen wurde auch die von Journalisten der Zeitungen ,,DER TAGES- SPIEGEL" und ,,DlE ZEIT" recherchierte Liste von 137 Todesopfern rechter Gewalt. Die in der Vorbemerkung bezeichneten Fälle fallen nicht darunter und sind insoweit auch nicht Gegenstand der bisherigen Überprüfung von Altfällen gewesen. Über eine Ausweitung der Altfallanalyse auch auf Tötungsdelikte, deren Täter bereits einer Verurteilung zugeführt wurden, ist bislang noch nicht entschieden worden. Das zwischen Bund und Ländern abgestimmte Vorgehen sieht zunächst eine Evaluierung der o. g. ersten Überprüfungsphase vor. Deren Ergebnisse werden gegenwärtig in den polizeilichen Gremien der Seite 4 von 5 STAATSMINISTERIUM DER JUSTIZ Freistaat SACHSEN lnnenministerkonferenz (lMK) hinsichtlich der Überprüfung weiterer Fallgruppen erörtert. Derzeit ist nicht absehbar, wann die Gremienbehandlung beendet sein wird. Mit freundlichen Grüßen ln Vertretung a Thomas Schmidt Seite 5 von 5 2016-01-06T13:56:20+0100 GRP: Elektronisches Dokumentations- und Archivsystem Erstellung des Nachweisdokumentes