Aktenzeichen (bitte bei Antwort angeben) 1 040E-KLR-3692/1 5 Dresden, 1 4. Januar 201 6 Kleine Anfrage des Abgeordneten André Schollbach, Fraktion DIE LINKE Drs.-Nr.: 6/3601 Thema: Eingeleitete Ermittlungsverfahren wegen Volksverhetzung und Beleidigung bei Versammlungen von nnLEGlDA" in Leipzig Sehr geehrter Herr Präsident, namens und im Auftrag der Sächsischen Staatsregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Aufgrund welcher Äußerungen oder Handlungen wetcher Rednerinnen bzw. Redner bei welchen Versammlungen von ,,LEGIDA" in Leipzig wurden Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Volksverhetzung oder wegen des Verdachts der Beleidigung eingeleitet? Hausanschr¡ft: Es sind bisher keine Ermittlungsverfahren im Sinne der Fragestellung eingelei- :::ï:1",j*staatsministerium tet worden. Eingeleitete Ermittlungsverfahren aufgrund nicht von der Fragestel- i,'r'Siff:3ff.t lung umfasster Straftatbestände sind bei der Beantwortung unberücksichtigt BrierposrüberDeutscheposr geblieben. oloes Dresden www.justiz.sachsen. de/smj SACHSISCHES STAATSMINISTERIUM DER JUST¡Z Hosp¡talstraße 7 I 01 097 Dresden Präsidenten des Sächsischen Landtages Herrn Dr. Matthias Rößler Bernhard-von-Lindenau-Platz 1 01067 Dresden Frage 2= hetzung oder wegen des Verdachts der Beleidigung eingeleitet? STAATSMINISTERIUM DER JUSTIZ Freistaat SACHSEN Der Staatsminister Durchwahl Telefon +49 (0)351 564-1500 Telefax +49 (0)351 564-1509 staatsminister@ smj.justiz.sachsen.de* Verkehrsverblndung: Zu erreichen mit *Zugang lür elektron¡sch sign¡erte sowie f ür verschlússelle elektronische Dokumente nur úber das Elêktronischs Gerichts- und VeMaltungspostfach; nähere lnformationen unter www.ggvp.de Aufgrund wetcher Äußerungen oder Handtungen welcher Teilnehmerin- 3:'å1:TTi"'"^ nen bzw. Teilnehmer bei welchen Versammlungen von ,,LEG|DA" in parken und behinderten- Leipzig wurden Ermitttungsverfahren wegen des verdachts der Volksver- giå'füÍJo1äì",ffit Seite 1 von 4 STAATSMINìSTERIUM I W Freistaat DERrusÏz I W SACHSEN Es wurden insgesamt die nachfolgend genannten 15 Ermittlungsverfahren im Sinne der Fragestell ung eingeleitet: l Tattag Delikt Äußerung/Handlung 16.02.2015 Beleidigung Beschuldigter zeigte eine beleidigende Geste ge-genüber Polizeibeamten 09.03.2015 Beleidigung,Bedrohung Beschuldigter beleidigte und bedrohte Polizeibeamten mit Worten 23.03.2015 Beleidigung Beschuldigter beleidigte Polizeibeamten mit Worten 23.03.2015 Beleidigung Beschuldigter beleidigte Polizeibeamten mit Worten 20.04.2015 Beleidigung Beschuldigte beleidigte Polizeibeamten 06.07.2015 Beleidigung unbekannter Teilnehmer zeigte Plakat mit beleidi-gendem lnhalt 06.07.2015 Beleidigung Beschuldigter beleidigte den Leiter der Polizeidirek-tion Leipzig mit Worten 14.09.2015 Beleidigung unbekannter Teilnehmer spuckte nach Polizeibeamten 28.09.2015 Beleidigung Beschuldigter beleidigte Teilnehmerin des Gegen-protests mit Worten 28.09.2015 Beleidigung Beschuldigter beleidigte Teilnehmer des Gegenpro-tests mit Worten 05.10.2015 Beleidigung Beschuldigter beleidigte den Leiter der Polizeidirek-tion Leipzig mit Worten 05.10.2015 Beleidigung Beschuldigter beleidigte Teilnehmer des Gegenpro-tests mit Worten 30.11 .2015 Beleidigung Beschuldigte beleidigte Polizeibeamten mit Worten 30.11.2015 Beleidigung Beschuldigter beleidigte Polizeibeamten mit Worten 30.11.2015 Volksverhetzung Beschuldigte äußert sich in volksverhetzenderForm gegenüber Polizeibeamten Seite 2 von 4 STAATSMINISTERIUM DER JUSTIZ Freistaat SACHSEN twlNrJI l¡¡¡ññJI \rry Einer darüber hinausgehenden Beantwortung der Frage stehen Rechte Dritter im Sinne des Artikels 51 Abs. 2 der Verfassung des Freistaates Sachsen (SächsVerf) entgegen. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht aus Artikel 15 i.V.m. Artikel 14 Abs. 1 SächsVert zähltzu den Rechten Dritter im Sinne des ArtikelSl Abs. 2 SächsVerf. Der Nennung der Namen der Teilnehmerinnen bzw. Teilnehmer, gegen die die genannten Ermittlungsverfahren geführt werden, steht im konkreten Fall deren Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung (Artikel 33 SächsVerf) als besondere Ausprägung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts entgegen, an das die Sächsische Staatsregierung und der Landtag als unmittelbar geltendes Recht gebunden sind (Art. 36 SächsVerf). Eine Abwägung der lnformationsinteressen des Abgeordneten mit dem lnteresse der Beschuldigten an der Geheimhaltung führt zum Vorrang der Geheimhaltung. Das lnteresse des Abgeordneten an vollständiger lnformation ist ein hohes, durch Art. 51 Abs. 1 Sächs- Verf verfassungsrechtlich gewährleistetes Gut. Aber auch das Recht des Einzelnen, grundsätzlich über die Bekanntgabe und Verwendung seiner personenbezogenen Daten selbst zu bestimmen, ist ein hohes, verfassungsrechtliches Schutzgut. Dies gilt in besonderem Maße für Beschuldigte eines Ermittlungsverfahrens, da bereits die Einleitung eines solchen Verfahrens für den Ruf und das Ansehen des Beschuldigten von erheblicher Bedeutung sein kann. Aufgrund der besonderen Schutzbedürftigkeit der personenbezogenen Daten Beschuldigter, insbesondere im Hinblick auf die aus dem Rechtsstaatsprinzip folgende Unschuldsvermutung, kommt im konkreten Fall auch die Bekanntgabe der Namen in nichtöffentlicher Form oder mit entsprechendem Geheimhaltungsvermerk nicht in Betracht. Zudem steht der Bekanntgabe weiterer Einzelheiten aus den jeweiligen Ermittlungsverfahren eine gesetzliche Regelung im Sinne des Art.51 Abs.2 SächsVerf entgegen. Nach g 477 Abs. 2 Satz 1 Strafprozessordnung (SIPO) sind Auskünfte aus Akten zu versagen, wenn der Übermittlung Zwecke des Strafverfahrens entgegenstehen. Dies ist hier der Fall. Die Bekanntgabe von Einzelheiten aus laufenden Ermittlungsverfahren würde die Gefahr begründen, dass die laufenden Ermittlungen erschwert oder sogar vereitelt werden können . lnsbesondere könnte die öffentliche Wiederholung konkreter beleidigender Äußerungen die Erinnerung von Zeugen oder deren Aussageverhalten beeinflussen. Eine möglichst unbeeinflusste Wahrheitsfindung in einem Strafverfahren und eine funktionierende Seite 3 von 4 STAATSMINISTERIUM DER JUSTIZ Freistaat SACHSEN IU-Mw Strafrechtspflege sind in einem Rechtsstaat von hohem Stellenwert. Das Fragerecht des Abgeordneten muss daher unter den vorliegenden Umständen zurücktreten. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass weitere Einzelheiten in nichtöffentlicher Form mitgeteilt werden könnten, so z. B. in einer Sitzung des Verfassungs- und Rechtsausschusses im Sächsischen Landtag. Darüber hinaus stehen einer Wiedergabe der beleidigenden/volksverhetzenden Äußerungen bzw. Handlungen Rechte Dritter im Sinne des Art. 51 Abs. 2 SächsVerf entgegen. Eine Wiederholung der Beleidigungen und deren Bekanntmachung an eine große Öffentlichkeit im Wege einer öffentlichen Beantwortung der Kleinen Anfrage würde die Verletzung des Persönlichkeitsrechts der Geschädigten perpetuieren und vertiefen. Die Staatsregierung ist sich der herausgehobenen Bedeutung des parlamentarischen Fragerechts für die in der Verfassung verankerte Funktion des Abgeordneten bewusst. Die Abwägung zwischen dem lnteresse des Abgeordneten an der Beantwortung seiner Frage und dem Persönlichkeitsrecht der Geschädigten fällt zugunsten des Grundrechts aus. Denn eine öffentliche Antwort der Staatsregierung wäre als Landtags-Drucksache auch im lnternet unbefristet zugänglich, wodurch der Angriff auf das Persönlichkeitsrecht der Geschädigten dauerhaft Wirkung entfalten könnte. Dem Auskunftsinteresse des Abgeordneten kann hingegen durch Erteilung weiterer Auskünfte in nichtöffentlicher Form Rechnung getragen werden. Mit freundlichen Grüßen Sebastian Gemkow Seite 4 von 4 2016-01-15T08:55:21+0100 GRP: Elektronisches Dokumentations- und Archivsystem Erstellung des Nachweisdokumentes