STAATSM]NISTERìUM DER JUSTìZ SACHSISCHES STAATSMINISTERIUM DER JUSTIZ Hospitalstraße 7 | 01097 Dresden Präsidenten des Sächsischen Landtages Herrn Dr. Matthias Rößler Bernhard-von-Lindenau-Platz 1 01067 Dresden Kleine Anfrage der Abgeordneten Kerstin Köd¡tz, Fraktion DIE LINKE Drs.-Nr.: 613718 Thema: Aktivitäten der extremen Rechten in Sächsischen Justizvollzugsanstalten im Jahr 2015 Sehr geehrter Herr Präsident, namens und im Auftrag der Sächsischen Staatsregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkuno: Die Fragestellerin verwendet in der Kleinen Anfrage den Begriff ,,extreme Rechte". Für die Beantwortung wird insoweit, wie zuletzt in der Antwort auf Drs. 5113451, auf die Vorbemerkung Nummer I in der Antwort der Staatsregierung auf die Große Anfrage Drs. 5/4956 verwiesen. Die Staatsregierung beantwortet daher Fragen unter Verwendung des Begriffs ,,extreme Rechte" oder ,,rechtsextreme Einstellungen", soweit dies nicht mit der Frage im Ubrigen im Widerspruch steht, mit der Maßgabe, dass sie diesen Begriffen die Bedeutung rechtsextremistisch/Rechtsextremismus im Sinne entsprechender verfassungsfeindlicher Bestrebungen gem. SS 2, 3 SächsVSG unterlegt. Zu anderen politischen Strömungen und Anschauungen, auf die die Fragestellungen möglicherweise abzielen, nimmt die Staatsregierung keine Stellung. Freistaat SACHSEN Der Staatsminister Durchwahl Telefon +49 351 564-'1500 Telefax +49 351 564-1509 staatsminister@ smj.j ustiz.sachsen.de* Aktenzeichen (bitte bei Antwort angeben) 1 040E-KLR-1 5711 3 Dresden, ! . Februar 201 6 SI Hltt tË WANDEL HlNTER 6ITTERN 3m Jehrc 6clilngnis Wâldhcim 3OO l¿hre säch5¡sche Vollzugsgehichte Hausanschrlft: Sächslsches Staatsmlnlsterlum der Justlz Hosp¡talstraße 7 01 097 Dresden Briefpost tlber Deutsche Post 01 095 Dresden www lustiz.sachsen de/smj Verkehrsverblndung: Zu erreichen mit Straßenbahnlin¡en 3,6,7, 8, 11 Parken und behindertengerechter Zugang über E¡nfahrt Hosp¡talstraße 7 .zugang fùr elêklronisch s¡gniêrlê sow¡€ fùr verschlüssâlle el€ktron¡sche Dokumentg nur úb€r des ElektronischÊ Ger¡chts- und Veilaltungspostfachi nåhere lnformationen unter www êgvp d€Seite 1 von 4 STAATSMINìSTERìUIVI DER JUSTIZ Freistaat SACHSEN Frage l: Welche Erkenntnisse l¡egen der Staatsregierung über Gefangene mit rechtsextremen Einstellungen banv. deren Aktivitäten vor und während der Haft in sächsischen JVAen im Jahr 2015 vo¡? Der Staatsregierung ist bekannt, dass in sächsischen Justizvollzugsanstalten auch Gefangene inhaftiert sind, die sich vor ihrer Haftstrafe rechtsextremistisch betätigten. Aktivitäten dieser Gefangenen im Sinne der Vorbemerkung während der Haft sind der Staatsregierung nicht bekannt. Frage 2= Welche Bemühungen gingen im Jahr 2015 nach Kenntnis der Staatsregierung von welchen Strukturen de¡ extremen Rechten aus, inhaftierte Gesinnungsgenossen in Sachsen zu unterstüEen undloder zu verneEen, und wie sehen solche Unterstützungsleistungen im Einzelnen aus? Der Staatsregierung ist bekannt, dass Angehörige der ,,Freien Kräfte Leipzig" am 9. August 2015 gemeinsam mit Mitgliedern der,,Jungen Nationaldemokraten" (JN) und des NPD-Kreisverbandes Stadt und Land gegen die damalige lnhaftierung des Vorsitzenden dieses NPD-Kreisverbandes protestierten. Dabei zeigten sie ein Transparent und verteilten Flugblätter. Bereits am 4. August 2015 in Leipzig und am 7. August 2015 in Borna initiierten die JN Solidaritätsbekundungen (Straßenmalaktionen) anlässlich der Verhaftung. lm Übrigen wird im Hinblick auf die Aktivitäten der ,,GefangenenHilfe" auf die Antwort der Staatsregierung zur Kleinen Anfrage Drs.-Nr. 613714 verwiesen. Frage 3: Welche gezielten, auf rechtsextreme Straftäter ausgerichteten Anti-Aggressions- Programme wurden im Jahr 2015 in welchen sächsischen JVAen im Bereich des Jugend- und Erwachsenen-Strafvollzugs angeboten und wie oft wurden solche Programme von wie vielen Gefangenen mit welchen Erfolgen oder Misserfolgen in Anspruch genommen? Seite 2 von 4 STAATSMINISTERIUM DER JUSTIZ Freistaat SACHSEN Das Staatsministerium der Justiz hat seit 2009 den freien Träger ,,Violence Prevention Network e.V. (VPN)" beauftragt, mit extremistisch gefährdeten, gewaltbereiten Jugendstrafgefangenen der Jugendstrafvollzugsanstalt Regis-Breitingen ein umfangreiches pädagogisches Trainingsprogramm umzusehen. Ziel des Anti-Gewalt- und Kompetenztrainings "Verantwortung übernehmen - Abschied von Hass und Gewalt" ist eine Reintegration, Resozialisierung und Toleranzentwicklung bei den teilnehmenden jungen Männern. Dabei werden Schlüsselqualifikationen wie tolerante Einstellungsmuster und gewaltfreies Konfliktverhalten entwickelt und eingeübt, Das Trainingsprogramm wird in Gruppen mit acht Jugendstrafgefangenen durch zwei Trainer des Vereins umgesetzt . Es erstreckt sich aut 23 Trainingseinheiten und umfasst auch zwei Familiennachmittage , an denen die Angehörigen der Teilnehmer in die Maßnahme einbezogen werden. Die Trainer leisten bei Bedarf auch eine Haftnachbetreuung in Form eines Stabilisierungscoachings bis zu 12 Monate nach der Entlassung. lm Jahr 2015 wurde das Training vom 10. September2OlS bis 18. Dezember2015 durchgeführt; es haben I Jugendstrafgefangene teilgenommen. Seit dem Jahr 2009 haben bereits 61 Jugendstrafgefangene die Maßnahme absolviert. Zur Verstetigung der Zusammenarbeit mit VPN wurde im Jahr 2015 eine Dienstleistungsvereinbarung geschlossen, welche die Umsetzung des o.g. Anti-Gewalt- und Kompetenztrainings sowie Fortbildungen für Bedienstete des Justizvollzugs zur,,Kompetenzbildung im Umgang mit Radikalisierung und lslamismus im Strafvollzug" und die Möglichkeit, Einzeltrainings mit islamistisch motivierten Straftätern durchzuführen, umfasst . Zudem beauftragt das Staatsministerium der Justiz seit dem Jahr 2Q13 den freien Träger OUTLAW e.V., eine Gruppenmaßnahme (SOTRA) für extremistisch gefährdete Gefangene im Justizvollzug umzusetzen. SOTRA ist ein Gruppentraining, an dem bis zu zwöll Gefangene teilnehmen können. Das Gruppentraining wird durch weitere Maßnahmen (Bandproberaum ,,Trarocktou/', RAP im Knast, Akrobatik hinter Gittern, Workshops , Filmstunde, Entlassungsvorbereitung, Einzelfallhilfe und Nachbetreuung) ergänzt . Mit diesen ergänzenden Maßnahmen werden Gefangene an das soziale Gruppentraining herangeführt und nachgehend weiter begleitet. Dezeit wird das Programm in den Justizvollzugsanstalten Bautzen, Dresden, Waldheim, Torgau und Zeithain so- Seite 3 von 4 STAATSMINISTERIUTVI DER JUSTìZ Freistaat SACHSEN wie in der Jugendstrafvollzugsanstalt Regis-Breitingen durchgeführt. Die Maßnahme ist geeignet, ein Abgleiten gefährdeter Gefangener in die extremistische Szene zu verhindern sowie veränderungsbereite und ausstiegswillige Gefangene auf eine Kontaktaufnahme mit dem Aussteigerprogramm Sachsen vozubereiten und eine Überleitung zu gewährleisten. Der Träger OUTLAW e.V. hat eine entsprechende Kooperationsvereinbarung mit dem Aussteigerprogramm Sachsen (APro) abgeschlossen. lm Jahr 2015 haben insgesamt 65 Gefangene an den Gruppenmaßnahmen teilgenommen. Lediglich in vier Fällen kam es zu einer vozeitigen Beendigung der Teilnahme, darunter in zwei Fällen wegen der Verlegung in eine andere Justizvollzugsanstalt. Die Mitarbeiter von VPN und Outlaw e.V. setzen die Deradikalisierungsmaßnahmen sehr professionell und mit hoher pädagogischer Kompetenz um. Dies fiihrt regelmäßig zu einer motivierten Teilnahme der Gefangenen und zu einer sehr geringen Anzahl von Maßnahmeabbrüchen. Die Projekte werden als sehr erfolgreich bewertet. Gemäß einer vom VPN durchgeführten Untersuchung zur Legalbewährung aller an den Trainingskursen teilnehmenden Personen konnte eine Verminderung der Reinhaftierungsquote de r J u gendstrafgefa n genen festg estel lt werden. lm Jahr 2016 ist erstmals vorgesehen, das neu entwickelte Projekt,,Präfix R - Radikalisierungspräventionsprogramm für Kinder inhaftierter Eltern" in der Jugendstrafvollzugsanstalt Regis-Breitingen umzusetzen. Präfix-R ist ein Trainingsprogramm des lnstituts für gendergerechte Gewaltprävention, das sich an inhaftierte Eltern mit extremistischen Haltungen richtet. Das Training soll verhindern, dass sich die Gefangenen radikalen Gruppen anschließen und ihre Übezeugungen an die Kinder weitergeben. Es ist ein Coaching in Einzelfallarbeit und im Gruppensetting möglich. Das Projekt soll in enger Abstimmung mit VPN durchgefuhrt werden. Mit freundlichen Grüßen - Sebastian Gemkow Seite 4 von 4 2016-02-05T08:14:44+0100 GRP: Elektronisches Dokumentations- und Archivsystem Erstellung des Nachweisdokumentes