Der Staatsminister SÄCHSISCHES STAATSMINISTERIUM DES INNERN 01095 Dresden Präsidenten des Sächsischen Landtages Herrn Dr. Matthias Rößler Bernhard-von-Lindenau-Platz 1 01067 Dresden Kleine Anfrage der Abgeordneten Kerstin Köditz, Fraktion DIE LINKE Drs.-Nr.: 6/3757 Thema: Treffobjekte der extremen Rechten im Jahr 2015 im Freistaat Sachsen Sehr geehrter Herr Präsident, namens und im Auftrag der Sächsischen Staatsregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkungen: Die Fragestellerin verwendet in der Kleinen Anfrage den Begriff „extreme Rechte“. Für die Beantwortung wird insoweit auf die Vorbemerkung Nummer I. in der Antwort der Sächsischen Staatsregierung auf die Große Anfrage Drs.-Nr. 5/4956 verwiesen. Der Sächsischen Staatsregierung liegen zu der Kleinen Anfrage auch Erkenntnisse vor, deren Mitteilung überwiegende Belange des Geheimschutzes (Art. 51 Abs. 2 SächsVerf) entgegenstehen. Es handelt sich dabei um Informationen, die gemäß Nummer 8 in Verbindung mit den Nummern 3.3 und 3.4 der Verwaltungsvorschrift der Sächsischen Staatsregierung über die Behandlung von Verschlusssachen vom 4. Januar 2008 (SächsABl. Sonderdruck Jg. 2008) als Verschlusssache eingestuft wurden. Die Einstufung erfolgte zur Sicherstellung der Funktionsfähigkeit des Landesamtes für Verfassungsschutz (LfV) Sachsen und zum Schutz nachrichtendienstlicher Zugänge . Die Informationen sind durch nachrichtendienstliche Mittel (§ 5 Abs. 1 SächsVSG) erlangt worden. Die Weitergabe dieser Informationen würde die eingesetzten Methoden der Nachrichtenbeschaffung den im Rahmen des parlamentarischen Verfahrens zu beteiligenden Personen offenbaren oder Rückschlüsse auf die Art nachrichtendienstlicher Zugänge ermöglichen und somit die Arbeitsfähigkeit des LfV Sachsen gefährden. Im Falle des Einsatzes von Personen nach § 5 Abs. 1 SächsVSG stehen zudem Rechte Dritter im Sinne von Art. 51 Abs. 2 SächsVerf entgegen. Diese Personen wären bei einer Mitteilung in ihren Grundrechten auf Leben, körperliche Unversehrtheit oder Freiheit der Person gefährdet. Die Staatsregierung trifft eine Schutzpflicht gegenüber ihren nachrichtendienstlichen Quel- Aktenzeichen (bitte bei Antwort angeben) 16-0141.50/2685 Dresden, 4. Februar 2016 Hausanschrift: Sächsisches Staatsministerium des Innern Wilhelm-Buck-Str. 2 01097 Dresden Telefon +49 351 564-0 Telefax +49 351 564-3199 www.smi.sachsen.de Verkehrsanbindung: Zu erreichen mit den Straßenbahnlinien 3, 6, 7, 8, 13 Besucherparkplätze: Bitte beim Empfang Wilhelm- Buck-Str. 2 oder 4 melden. Seite 2 von 4 len und sie hat insoweit jegliche Handlungen zu unterlassen, die zu einer Enttarnung der Quelle führen können. Darüber hinaus ist das Vertrauen in die Fähigkeit eines Nachrichtendienstes, die Identität seiner Quellen zu schützen, für seine Funktionsfähigkeit essentiell. Die Mitteilung von Erkenntnissen im gewählten Verfahren, die Rückschlüsse auf nachrichtendienstliche Zugänge zulassen, würde sich nachhaltig negativ auf die Fähigkeit des LfV Sachsen auswirken, solche Zugänge zu gewinnen bzw. solche Kontakte fortzuführen. Diese teils dauerhafte Beeinträchtigung von Rechtsgütern war mit dem Informationsinteresse der Abgeordneten abzuwägen. Die Abwägung ergab, dass dem Geheimschutz und dem Schutz der Rechte Dritter Vorrang vor dem Informationsanspruch der Abgeordneten zukommt. Die Sächsische Staatsregierung hat in die Abwägung einbezogen, ob andere Formen der Informationsübermittlung möglich sind, die das Informationsinteresse des Parlaments unter Wahrung berechtigter Geheimhaltungsinteressen der Regierung befriedigen . Mit Blick auf den im Rahmen der Beantwortung zu beteiligenden Personenkreis kam die Staatsregierung zu dem Ergebnis, dass der erforderliche Geheimschutz sowie der Schutz Dritter nur dann hinreichend gewährleistet werden kann, wenn die Informationsübermittlung unterbleibt. Es wird darauf hingewiesen, dass der Parlamentarischen Kontrollkommission auf deren Verlangen weitergehende Auskunft erteilt wird. Die Fragestellerin begehrt weiterhin zum Teil Auskünfte über personenbezogene Daten , insbesondere Namen von Geschehensbeteiligten. Personennamen unterliegen dem Schutz des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung (Art. 33 Sächs- Verf). Gleiches gilt für Angaben, wenn durch ihre Nennung Rückschlüsse auf Personen gezogen werden könnten. Das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung ist ein Recht Dritter im Sinne des Art. 51 Abs. 2 SächsVerf. Die Staatsregierung hat den Informationsanspruch der Fragestellerin mit den Rechten Dritter am Schutz ihrer persönlichen Daten abgewogen. Die Abwägung hat in den Fällen, in denen der Staatsregierung über die in der Beantwortung enthaltenen Angaben hinaus personenbezogene Daten bekannt sind, zu dem Ergebnis geführt, dass dem Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung Vorrang zukommt, so dass die Angabe dieser Daten mit Extremismusbezug unterbleiben musste. Gerade die Unterrichtung darüber, dass bestimmte Daten im Sinne des § 2 SächsVSG über eine Person bekannt sind, betrifft einen auch in Bezug auf den öffentlichen wie nichtöffentlichen parlamentarischen Umgang besonders geschützten Datenkreis, nämlich Daten, die Rückschlüsse auf politische Meinungen zulassen. Der Schutzgedanke hat umso nachhaltiger zu wirken, als es hier nicht allein um eine schlichte politische Betätigung geht, sondern die betroffene Person einem extremistischen Kontext und einem bestimmten – in der Auseinandersetzung mit anderen befindlichen – Lager zugeordnet werden soll. Seite 3 von 4 Frage 1: Welche baulichen Einrichtungen und Grundstücke, gleich welche, wurden im Jahr 2015 nach Kenntnis der Staatsregierung als Treffobjekte (beispielsweise als Tagungs-, Versammlungs-, Veranstaltungs- und Konzertstätte) der extremen Rechten genutzt (bitte aufschlüsseln nach Lage und Bezeichnung der Objekte sowie Art, Umfang und Rhythmus der Nutzung)? Rechtsextremisten nutzten auch im Jahr 2015 diverse Objekte für Veranstaltungen /Treffen mit Szenebezug. Für die Aufgabenerfüllung des Landesamtes für Verfassungsschutz (LfV) Sachsen waren die in der nachgestellten Tabelle aufgeführten Immobilien von besonderer Relevanz: Landkreis/Kreisfreie Stadt Anzahl der Objekte (Gemeinde) Bautzen 1 Erzgebirgskreis 0 Landkreis Görlitz 5 (zwei Objekte in Zittau, je ein Objekt in Waldhufen, OT Jänkendorf und Weißwasser) Landkreis Leipzig 2 (davon ein Objekt in Grimma, OT Roda) Landkreis Meißen 3 (davon ein Objekt in Riesa) Landkreis Mittelsachsen 0 Landkreis Nordsachsen 1 (in Torgau, OT Staupitz) Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge 2 (in Pirna) Landkreis Zwickau 2 (davon ein Objekt in Zwickau) Stadt Chemnitz 2 Stadt Dresden 3 Stadt Leipzig 4 Vogtlandkreis 3 (davon je ein Objekt in Theuma und in Neuensalz, OT Zobes) Wegen weiterer Angaben wird auf die Vorbemerkung verwiesen. Frage 2: Welche Einrichtungen und Grundstücke im Sinne der Frage 1 befinden sich in öffentlicher Hand? Drei der Objekte stehen in kommunalem Eigentum. In diesen Objekten befinden sich jeweils öffentliche Gaststätten. Frage 3: Bei welchen Einrichtungen und Grundstücken im Sinne der Frage 1 sind Besitzer, Mieter und/oder anderweitige Nutzer, die der extremen Rechten zuzurechnen sind, im Besitz der Schlüsselgewalt? Nach derzeitigem Kenntnisstand verfügen Rechtsextremisten bei mindestens 14 dieser Objekte über eine grundsätzliche Zugriffsmöglichkeit auf das Objekt. STAATSM1N1STER1UM DES INNERN Freistaat SÄCHSE1N Frage 4: Hinsichtlich welcher Einrichtungen im Sinne der Frage 1 bestehen Auflagen, Untersagungen und/oder Verbote welcher Art, aus der sich welche konkreten Beschränkungen welcher jeweiligen Nutzungsarten ergeben? Beim Objekt in Torgau, OT Staupitz beschränken baubehördliche Auflagen die Durchführung von Musikveranstaltungen auf max. zehn im Jahr an jeweils höchstens zwei aufeinanderfolgenden Wochenenden. Ausgehend von der Raumgröße dürfen an diesen Veranstaltungen max. 239 Personen teilnehmen. Es muss ein Betriebstagebuch geführt werden. Bei einem der Objekte in Pirna verhindern Bauauflagen und Nutzungsvereinbarungen die Durchführung größerer öffentlichkeitswirksamer Veranstaltungen oder Konzerte. Frage 5: Wie hat sich die Zahl im Jahr 2015 zur Verfügung stehender Treffobjekte gegenüber dem Jahr 2014 entwickelt? /iitd a,uf dieEs wifd a,uf die Antwort der Staatsregierung auf die Kleine Anfrage Drs.-Nr. 6/1799 verwiese i?. Mit freurfdlichen Grüßen ..L Markus Ulbig Seite 4 von 4 6_3757_rs SB2-6PS-Biz16020415140 2016-02-04T16:45:51+0100 GRP: Elektronisches Dokumentations- und Archivsystem Erstellung des Nachweisdokumentes