STAATSMINìSTERIUM DER JUSTIZ SACHSISCHES STAATSMINISTERIUM DER JUSTIZ Hospitalstraße 7 I 01097 Dresden Präsidenten des Sächsischen Landtages Herrn Dr. Matthias Rößler Bernhard-von-Lindenau-Platz 1 01067 Dresden Sehr geehrter Herr Präsident, namens und im Auftrag der Sächsischen Staatsregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Wie viele der sich in sächsischen Justizvollzugsanstalten inhaftierten Personen galten zum Zeitpunkt ihres Haftantritts als suchtkrank und welche Verfahren zur Feststellung einer Suchterkrankung bei Haftantritt und während des Vollzugs kamen dabei zum Einsatz? (Bitte aufschlüsseln für die Jahre 2005- 2015 und entsprechend der einzelnen Justizvollzugsanstalten sowie in Feststellung bei Haftantritt und anderweitige Feststellung .) Feststellungen zu Suchterkrankungen Gefangener erfolgen durch den medizinischen Dienst, den Sozialdienst, den psychologischen Dienst, den allgemeinen Vollzugsdienst und die externen Suchtberater des Justizvollzugs. Zudem erhält der Justizvollzug lnformationen zu Suchterkrankungen durch die Zusammenarbeit mit der Bewährungshilfe, der Jugendgerichtshilfe, ehrenamtlichen oder hauptamtlichen Betreuern oder Angehörigen. Weitere Erkenntnisse Seite 1 von 6 w Freistaat SACHSEN Der Staatsminister Durchwahl Telefon +49 (0)351 564-1500 Telefax +49 (0)351 564-1509 staatsminister@ smj.justiz.sachsen.de* Ihre Nachricht vom 1 5. Januar 201 6 Aktenzeichen (bitte bei Antwort angeben) 1040-LB-229t15 Ëll il[tË WANDEL HINTER GITÍERN 300 Jahrc oefingnls Wâldhclm 3m Jãhr€ rå&Jischr VollzugsgeschÌchte Hausanschrift: Sächslsches Staatsministerium der Justlz Abteilung lV Hospitalstraße 7 01097 Dresden Briefpost über Deutsche Post 01095 Dresden www,justiz.sachsen.de/smj Verkehrsverblndung: Zu erreichen mit Straßenbahnlin¡en 3,6,7,8, 11 Parken und behindertengerechter Zugang über Einfahrt Hospitalstraße 7 *Zugang fùr elektronisch signierte sowie f ür verschlüsselte elektronische Dokumenle nur úbgr das Elektronische Gorichls- und Verwâltungsposfach; nåhers lnlormal¡onen unter www.egvp.de sden, Kleine Anfrage der Abgeordneten Katja Meiern Fraktion BüNDNIS go .Februar2016 DIE GRUNEN Drs.-Nr.: 6/3867 Thema: Suchtkranke im Strafvollzug in Sachsen STAATSM]NìSTERìUIVI DER JUSTIZ Freistaat SACHSEN zur Suchtproblematik eines Gefangen können im Einzelfall aus Urteilen und Gutachten gewonnen werden. Diese lnformationen werden in der Vollzugsplankonferenz gebündelt , mit dem Gefangenen erörtert und bei der Vollzugs- und Eingliederungsplanung berücksichtigt. Jährlich werden durchschnittlich ca. 9.200 Gefangene im sächsischen Justizvollzug aufgenommen. Eine systematische statistische Erfassung der Suchterkrankungen aller Gefangenen erfolgte bislang nicht. Die vollständige Beantwortung der Frage, wie viele der sich in sächsischen Justizvollzugsanstalten inhaftierten Personen zum Zeitpunkt ihres Haftantritts als suchtkrank galten, würde für die Jahre 2005 bis 2015 die Auswertung von ca. 92.000 Gefangenenpersonalakten sowie der entsprechenden Gesundheitsakten erfordern. Dies ist im Hinblick auf die zur Beantwortung einer Kleinen Anfrage zur Verfügung stehende Zeit unverhältnismäßig und ohne gravierende Einschränkung der Funktionsfähigkeit des sächsischen Justizvollzugs nicht zu leisten. Die Staatsregierung kam daher bei der vozunehmenden Abwägung zwischen dem parlamentarischen Fragerecht einerseits und der Gewährleistung der Funktionsfähigkeit der Staatsregierung sowie der ihr nachgeordneten Behörden andererseits zu dem Ergebnis, dass eine Beantwortung der Frage auch unter Berücksichtigung des hohen Rangs des parlamentarischen Fragerechts unverhältnismäßig und ohne erhebliche Einschränkung der Funktionsfähigkeit der Justizvollzugsanstalten nicht zu leisten ist. Um zukünftig genauere und miteinander vergleichbare Zahlen über die Anzahl der suchtkranken Gefangenen zu erhalten, hat der Strafvollzugsausschuss der Länder 2014 eine bundeseinheitliche Erhebung zur stoffgebundenen Suchtproblematik im Justizvollzug beschlossen. Ab 2016 wird in den Ländern jährlich zum Stichtag 31. März die Anzahl der suchtmittelabhängigen Personen im Justizvollzug erhoben. Dabei wird nach Hauptsubstanzklassen differenziert. Diese Stichtagserhebung erfasst auch die Anzahl der lnhaftierten mit Suchtmittelmissbrauch sowie der lnhaftierten, die substituiert werden . ln einer ergänzenden Jahresverlaufserhebung werden die Anzahl der medizinisch begleiteten Entgiftungen sowie die Anzahl der Entlassungen in eine stationäre oder ambulante Suchtentwöhnungsbehandlung erfasst. ln Sachsen erfolgt die Erhebung durch den Medizinischen Dienst des Justizvollzugs, wodurch eine hohe Datenqualität sichergestellt ist. Seite 2 von 6 STAATSMINìSTERIUI\4 DER JUSTIZ Freistaat SACHSEN Frage 2: ln wie vielen Fällen in den Jahren 2005-2015 führte eine Suchterkrankung zur (vorübergehenden ) Haftunfähigkeit der Betroffenen und wer traf auf Grund welcher Durchführungsvorschriften eine solche Entscheidung? (Bitte getrennt aufschlüsseln nach Haftunterbrechung und Haftaufschub.) Die Vollstreckungsbehörde kann die Vollstreckung einer Freiheitsstrafe unter den in S 455 SIPO genannten Voraussetzungen aufschieben oder unterbrechen. ln wie vielen Fällen eine Suchterkrankung zur (vorübergehenden) Haftunfähigkeit führte , wird durch die sächsischen Staatsanwaltschaften weder statistisch noch in deren Datenbanken erfasst. Die Beantwortung der Frage würde daher die manuelle Durchsicht und Auswertung aller in Betracht kommenden Ermittlungsakten erfordern. Beispielhaft sei enruähnt, dass die Strafverfolgungsstatistik allein für das Jahr 2014 2.113 zu Freiheitsstrafen ohne Bewährung Verurteilte sowie 1.502 Personen, gegen die Untersuchungshaft angeordnet wurde, ausweist. Zur vollständigen Beantwortung der Frage wären daher umfangreiche und zeitaufwendige Recherchen in den Aktenbeständen der sächsischen Staatsanwaltschaften und Gerichte erforderlich. Dabei ist der Zeitaufwand für das Ziehen der Akten aus den Geschäftsstellen und staatsanwaltschaftlichen Archiven, der Aufwand zur Beiziehung versendeter Akten, z. B. von Verteidigern, Gerichten, Sachverständigen und Polizei, das Auswerten der Akten und die schriftliche Dokumentation des gefundenen Ergebnisses zu berücksichtigen. Die Staatsregierung kam daher bei der vorzunehmenden Abwägung zwischen dem parlamentarischen Fragerecht einerseits und der Gewährleistung der Funktionsfähigkeit der Staatsregierung sowie der ihr nachgeordneten Ermittlungsbehörden andererseits zu dem Ergebnis, dass eine Beantwortung der Frage auch unter Berücksichtigung des hohen Rangs des parlamentarischen Fragerechts unverhältnismäßig und ohne erhebliche Einschränkung der Strafrechtspflege nicht zu leisten ist. Seite 3 von 6 STAATSMINISTERìUM DER JUSTIZ Freistaat SACHSEN Frage 3: Wie und auf Grund welcher Durchführungsvorschriften wird eine Suchtberatung in den Justizvollzugsanstalten realisiert und wie werden die lnhaftierten auf die illög lich keit ei ner solchen Beratu ng h i ngewiesen? Gemäß$9Abs. 1 Nr.9. SächsStVollzG, $9Abs. 1 Nr.6SächsSWollzG und $ 11a Abs. 1 Nr. 9 SächsJStVollzG hat der Vollzugs- und Eingliederungsplan Angaben zur Teilnahme an Maßnahmen zur Behandlung von Suchtmittelabhängigkeit und -missbrauch, einschließlich Suchtberatung, zu enthalten. ln allen sächsischen Justizvollzugsanstalten wird eine Suchtberatung, die durch Mitarbeiter anerkannter Suchtberatungsstellen in freier Trägerschaft geleistet wird, angeboten . Als Richtwert für den sächsischen Justizvollzug gilt, dass für 400 Gefangene bzw. 100 Jugendstrafgefangene jeweils ein Suchtberater tätig wird. Zwischen den Justizvollzugsanstalten und den Trägern der Suchtberatung wird ein Dienstleistungsvertrag geschlossen , der die Beratungsleistung regelt. Die Gefangenen werden im Rahmen des Aufnahmeverfahrens, des Diagnoseverfahrens sowie der Vollzugs- und Eingliederungsplandung durch Mitarbeiter des medizinischen Dienstes, des Sozialdienstes, des psychologischen Dienstes und des allgemeinen Vollzugsdienstes trber die Möglichkeit der Suchtberatung informiert. Zudem werden die Gefangen auf den Stationen mit Aushängen der Suchtberatung über das Angebot in Kenntnis gesetá. Gesonderte Durchfüh ru ngsvorschriften wurden n icht erlassen Frage 4: Welche Maßnahmen zut Behandlung von Suchtmittelabhängigkeit und -missbrauch stehen suchtkranken Gefangenen darüber hinaus zur Verfügung und inwieweit erfolgten im Zeitraum 2005-2015 Überstellungen ins Haftkrankenhaus Leipzig aufg ru nd von S uchtm ittelabhän gi g keiten? Seite 4 von 6 STÀATSMINìSTERIUM DER JUSTIZ Freistaat SACHSEN ilNSrlffiÑJw ln der Justizvollzugsanstalt Zeithain wurde 2014 eine Suchtherapiestation eingerichtet. Diese Station verfügt über 20 Therapieplätze und richtet sich im Schwerpunkt an männliche Gefangene mit erheblicher Crystal- oder anderer Drogenproblematik. Für suchtmittelabhängige Gefangene, die sich von ihrer Erkrankung lösen wollen, wurden in den Justizvollzugsanstalten Bautzen, Waldheim, Torgau, Dresden, Chemnitz und in der Jugendstrafvollzugsanstalt Regis-Breitingen spezielle Motivationsstationen eingerichtet. Auf diesen Stationen werden Gefangene in Einzelgesprächen und Gruppenmaßnahmen auf eine stationäre Suchttherapie nach der Haftentlassung vorbereitet. Eine statistische Erfassung der Anzahl Gefangener, die auf Grund von Suchtmittelabhängigkeit im Krankenhaus der Justizvollzugsanstalt Leipzig aufgenommen werden, erfolgt seit 2009: 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 Aufnahmen 245 245 218 176 126 192 t35 Um Angaben für die Jahre 2005 bis 2008 machen zu können, müssten sämtliche Gefangenenpersonalakten und Gesundheitsakten für diesen Zeitraum ausgewertet werden . Dies ist im Hinblick auf die zur Beantwortung einer Kleinen Anfrage zur Verfügung stehende Zeit unverhältnismäßig und ohne gravierende Einschränkung der Funktionsfähigkeit des sächsischen Justizvollzugs nicht zu leisten. Zur weiteren Begründung wird auf die Ausführungen zu Frage 1 verwiesen. Frage 5: Auf wie viele Angeklagte im Freistaat Sachsen fand S 64 StGB (Unterbringung in einer EnEiehungsanstalt) in den Jahren 2005-2015 Anwendung und in welcher Entziehungsanstalt erfolgte die Unterbringung? (Bitte getrennt aufschlüsseln nach Jahren und nach Personen, die verurteilt wurden und Personen, die nicht Seite 5 von 6 STAATSMINISTERIUM DER JUSTìZ Freistaat SACHSEN verurte¡lt wurden, die eine Schuldunfähigkeit elw¡esen oder nicht auszuschließen war.) Zur Beantwortung wird auf die Anlage venruiesen, in der für den Zeitraum von 2005 bis 2014 die abgeurteilten Personen mit einer Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt nach S 64 StGB auf der Grundlage der Strafverfolgungsstatistik ausgewiesen werden. Die Angaben für 2015 werden voraussichtlich erst im 2. Quartal 2016 vorliegen und können daher noch nicht mitgeteilt werden. ln welcher Entziehungsanstalt jeweils die Unterbringung erfolgte, wird weder statistisch erfasst noch in den Datenbanken der Staatsanwaltschaften vermerkt. Zur vollständigen Beantwortung der Frage müssten daher sämtliche 989 Ermittlungsakten zu den in der Anlage aufgelisteten Anordnungen nach S 64 StGB manuell durchgesehen und ausgewertet werden. Dies ist unverhältnismäßig und ohne erhebliche Einschränkung der Strafrechtspflege nicht zu leisten. Zur weiteren Begründung wird auf die Ausführungen zu Frage 2 verwiesen. Mit ichen Grüßen ln U Anlage 1 Tabelle Seite 6 von 6 total abgeurteilte Personen mit Anordnung der unterbringung in einer EnEiehungsanstalt darunter vermindert Schuldfähige g 21 StGB darunter Schuldunfähige g 20 StGB Eruvachsene *J;t""*;" Jugendtiche zusammen Emrachsene Heranwachsende Jugendliche zusammen En¡vachsene Jugendliche zusammen Heranwachsende 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 70 86 86 84 80 91 100 108 114 95 80 92 101 97 87 97 106 114 119 96 0 1 1 1 0 0 0 0 2 0 5 1 4 5 1 0 5 4 0 1 35 45 33 38 57 46 39 39 37 33 2 2 I 2 0 2 0 0 5 0 I 4 14 11 7 4 6 6 0 1 40 47 38 44 58 46 44 43 39 34 1 2 1 4 3 1 2 2 3 5 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 1 0 0 1 0 0 0 0 0 0 0 2 1 3 3 1 2 2 3 5 KA6-3867 KA6-3867 Anlage 1 2016-02-15T08:54:58+0100 GRP: Elektronisches Dokumentations- und Archivsystem Erstellung des Nachweisdokumentes